Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. November 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 46/00

(BPatG: Beschluss v. 15.11.2000, Az.: 28 W (pat) 46/00)

Tenor

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wort/Bildmarke TACOBELL, 395 22 815.8 hat die Beschwerdeführerin Widerspruch aus der Marke 2 034 039 eingelegt.

Dieser Widerspruch ist mit Beschluß der Markenstelle vom 18. Februar 1999 zurückgewiesen worden, der am 18. März 1999 den damaligen Vertretern der Widersprechenden, Patentanwälte Thielking und Elbertzhagen, zusammen mit einer beigefügten Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden ist.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Widersprechende mit der am 8. Juni 1999 eingegangenen Beschwerde.

Sie beantragt gleichzeitig mit der Beschwerdeschrift Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Monatsfrist zur Einlegung der Beschwerde.

Zur Begründung wird vorgetragen, die Beschwerdeführerin sei an der Einhaltung der Frist unverschuldet verhindert gewesen. Sie habe in einem Verfahren vor dem OLG Frankfurt, in dem auch die Markeninhaberin Partei gewesen sei, mit dieser am 11. März 1999 in der mündlichen Verhandlung einen Vergleich geschlossen, der ua eine Rücknahme des Widerspruchs im vorliegenden Verfahren beinhalte. Dieser Vergleich sei der Beschwerdeführerin nicht mit vollständigem Text am Ende der Protokollierung noch einmal vorgelesen worden. Deshalb habe sie ihn auch nicht als Text an einem Stück genehmigt. Das Protokoll weise aber den Vermerk "vorgelesen und genehmigt" auf. Daß dieses rechtlich unzulässige Verfahren zur prozessualen Unwirksamkeit des Vergleichs führe, habe die Beschwerdeführerin erst durch die Information und Beratung am 19. April 1999 in der Kanzlei des jetzigen, in diesem Beschwerdeverfahren bestellten Vertreters erfahren. Die Beschwerdeführerin sei also wegen des irrtümlich für wirksam gehaltenen Vergleichs rechtlich gehindert gewesen, Beschwerde einzulegen. Da ihr dies erst am 19. April 1999 klar geworden sei, habe die Zwei-Monats-Frist des § 91 Abs 2 MarkenG erst zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Der Wiedereinsetzungsantrag sei somit rechtzeitig gestellt.

Die Beschwerdegegnerin beantragt den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückzuweisen und die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Sie trägt vor, ein Rechtsirrtum könne grundsätzlich nicht als unverschuldete Fristversäumnis gewertet werden, es sei denn, es liege eine unrichtige Belehrung durch eine Behörde oder ein Gericht vor. Darüber hinaus ergebe sich aus einem Schreiben der Beschwerdeführerin an den Bundesgerichtshof, daß diese bereits seit dem 12. März 1999 auf der Suche nach einer Möglichkeit zur Lösung vom Vergleich gewesen sei. Weiter verweist sie auf einen in Kopie beigefügten Beschluß des OLG Frankfurt vom 13. August 1999, mit dem der Antrag auf Berichtigung des Protokolls der Beschwerdeführerin zurückgewiesen worden war, mit der Begründung "entgegen der Darstellung der Klägerin ... ist der Vergleich mit seinem Gesamttext vorgelesen ... und genehmigt worden".

II.

Die Beschwerde ist gem § 66 Abs 2 MarkenG unzulässig, da sie verspätet eingelegt worden ist.

Der angefochtene Beschluß ist dem Vertreter der Beschwerdeführerin laut Empfangsbekenntnis ihres Vertreters am 18. März 1999 wirksam gem § 94 Abs 1 MarkenG iVm § 5 Abs 2 VwZG zugestellt worden. Die Beschwerde ist am 8. Juni 1999 beim DPMA eingegangen. Damit war die gesetzlich gem § 66 Abs 2 MarkenG iVm §§ 187 Abs 1, 188 Abs 2 BGB vorgesehene Monatsfrist verstrichen.

Es sind für den Senat auch keine Gründe ersichtlich, die die Gewährung der Wiedereinsetzung in diese versäumte Frist gem § 91 Abs 1 MarkenG rechtfertigen. Wiedereinsetzung kann nur gewährt werden, wenn die Fristversäumung unverschuldet war. Dies ist der Fall, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall nach den subjektiven Verhältnissen der Betroffenen zumutbar war. Bei dem von der Beschwerdeführerin hier vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund handelt es sich jedoch - wenn überhaupt - um einen im Geschäftskreis der Beschwerdeführerin liegenden Rechtsirrtum hinsichtlich der Tragweite und Wirksamkeit des von ihr mit der Gegenseite abgeschlossenen Vergleichs. Ein Rechtsirrtum kann jedoch nur in Ausnahmefällen zur Annahme unverschuldeter Fristversäumnis führen (Zöller, ZPO 21. Aufl, § 233 Rdn 23), wie zB bei Veranlassung einer rechtsirrigen Auffassung durch das Gericht, wenn dadurch ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Ganz im Gegenteil muß sogar ausweislich des Beschlusses des OLG Frankfurt vom 13. August 1999 (Az 6 U 235/97) zum Protokollberichtigungsantrag der Beschwerdeführerin davon ausgegangen werden, daß hinsichtlich ihrer Auffassung zur rechtlichen Wirksamkeit des Vergleichs und damit ihrer subjektiven Vorstellung von der Möglichkeit, wirksam Beschwerde zum Bundespatentgericht erheben zu können, bereits kein wirklicher Rechtsirrtum vorlag, denn aus dem Beschluß ergibt sich nämlich, daß das Protokoll tatsächlich im Gesamttext vorgelesen und von der Beschwerdeführerin genehmigt worden war. Des weiteren hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26. März 2000 an den Bundesgerichtshof klar zu erkennen gegeben, daß sie bereits einen Tag nach Vergleichsschluß Anstrengungen unternommen hat, sich vom Vergleich wieder zu lösen. Bei dieser Sachlage bestand für sie dann aber kein Grund, mit der Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluß des DPMA im vorliegenden Widerspruchsverfahren noch abzuwarten.

Der Senat sieht daher keinen Grund für die Gewährung der Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist.

Für eine Kostentscheidung besteht keine Veranlassung gem § 71 Abs 1 MarkenG.

Stoppel Grabrucker Martens Fa/Ja






BPatG:
Beschluss v. 15.11.2000
Az: 28 W (pat) 46/00


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