Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. April 2002
Aktenzeichen: 14 W (pat) 27/01

(BPatG: Beschluss v. 30.04.2002, Az.: 14 W (pat) 27/01)

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Das Patent 197 15 791 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2002 Beschreibung Seiten 2 bis 5, gemäß Patentschrift mit der Maßgabe, daß auf Seite 4 in Zeile 51 die Worte "In einer bevorzugten Ausführungsform" durch "Bei der Ausführung" ersetzt werden.

5 Blatt Zeichnungen Figur 1 bis 6, gemäß Patentschrift.

Gründe

I Mit dem angefochtenen Beschluß vom 21. Dezember 2000 hat die Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent 197 15 791 mit der Bezeichnung

"Verfahren zur Herstellung keramischer Wärmedämmschichten mit Keulenstruktur und Verwendung des Verfahrens"

widerrufen.

Dem Beschluß liegen die erteilten Patentansprüche 1 bis 7 zugrunde, zu deren Wortlaut auf die Streitpatentschrift verwiesen wird.

Der Widerruf ist im wesentlichen damit begründet, ein Verfahren mit den in Anspruch 1 des Streitpatents angegebenen Merkmalen beruhe gegenüber dem durch die Druckschriften

(D6) Schulz, U.: Wachstum, Mikrostruktur und Lebensdauer von elektronenstrahlaufgedampften Wärmedämmschicht-Systemen für Turbinenschaufeln, Shaker Verlag, Aachen, 1995 und

(D8) US 4 676 994 belegten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Aus (D6) ergäben sich hinsichtlich der Verfahrensmerkmale Bedampfen von keramischen oder metallischen Substraten mit Zirkoniumdioxid oder SE-dotiertem ZrO2 in einem Substrat-Temperaturbereich von 600 bis 1550 C bei einer Umdrehungsgeschwindigkeit des Substrats zwischen 1 und 300 ppm, wobei im Anschluß an die Ankeimphase bei geringer Umdrehungsgeschwindigkeit des Substrats die Beschichtung innerhalb von durch bestimmte Funktionen im Anspruch 1 festgelegten Grenzen der Substrattemperatur und Umdrehungsgeschwindigkeit erfolge, Übereinstimmungen/Überschneidungen mit dem Anspruch 1 des Streitpatents. Hinsichtlich der Variation der Umdrehungsgeschwindigkeit bzw Drehrichtung seien die Aussagen in (D6) nicht eindeutig. Die Formulierung von einer "Erhöhung der Rotationsgeschwindigkeit von 12 auf 30 UPM" spreche zwar für eine kontinuierliche Variation der Umdrehungsgeschwindigkeit, andererseits ließen die Unterschriften zu Bild 28 offen, ob die Erhöhung kontinuierlich erfolge. Dieses Merkmal sei jedoch neben weiteren anspruchsgemäßen Merkmalen aus der Entgegenhaltung (D8) bekannt. Diese beschreibe ein Verfahren zum Aufbringen einer oxidkeramischen Wärmedämmschicht aus Yttriumoxid stabilisiertem Zirkoniumdioxid (YSZ) bestehend aus einer dichten Unterschicht und einer Deckschicht geringerer Dichte mit säulenartiger Mikrostruktur auf einem metallischen oder nicht metallischen Substrat, wobei das Substrat gegenüber einer Verdampferquelle mit > 10 UPM rotiere. Die Substrattemperatur liege dabei zwischen 540 und 1200¡C. Weiterhin werde ausgeführt, daß die Dichte der Schichten von der Substrattemperatur und der Rotationsgeschwindigkeit abhänge, die von 10 auf 50 UPM gesteigert werde, wobei auch die Drehrichtung variieren könne. Somit ergäben sich auch zwischen der Lehre der (D8) und Anspruch 1 des Streitpatents Übereinstimmungen bzw Überschneidungen bezüglich wesentlicher Merkmale; lediglich zur Ankeimphase seien in dieser Entgegenhaltung keine Ausführungen gemacht. Für den zuständigen Fachmann - einen Beschichtungstechniker auf dem Gebiet der Wärmedammschichten - sei es naheliegend, den Inhalt beider Schriften zu beachten und zu kombinieren, weil in beiden Druckschriften die Ausbildung der Morphologie der Wärmedämmschichten in Abhängigkeit von Temperatur und Substratrotation im Vordergrund stehe. Dadurch gelange er - abgesehen von den Definitionsgleichungen für die Bereichseinstellungen für die Drehgeschwindigkeit und die Temperatur - in naheliegender Weise und ohne erfinderische Bemühungen zu dem Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents. In dieser formelmäßigen Bereichsangabe liege der einzige Unterschied gegenüber einer Zusammenschau von (D6) mit (D8). Da in (D6) bzw (D8) jedoch ein Temperaturbereich (900 bis 1080¡C bzw 540 bis 1200¡C) und ein Drehgeschwindigkeitsbereich (12 bis 30 UPM bzw 10 bis 50 UPM) angegeben seien, ergebe sich für den Fachmann unschwer, daß der sich aus der (D6) bzw (D8) unter Anwendung der anspruchsgemäßen Definitionsgleichungen ergebende Bereich im Zentralbereich des durch die Formel umschriebenen Bereichs liege. Die Formel gemäß Anspruch 1 des Streitpatents kleide demnach eine bekannte Lehre lediglich in ein neues mathematisches Gewand (iSv BGH GRUR 1986, S 163, borhaltige Stähle).

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Patentinhabers, mit der er die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 6 verfolgt. Diese Ansprüche haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zum Bedampfen von keramischen oder metallischen Substraten mit einer Zirkoniumdioxidschicht, die durchgehende keulenartige Kristallsäulen sowie gebogenverschlungene schlankere Nachbarsäulen umfaßt, wobei das Zirkoniumdioxid gegebenenfalls mit Seltenerdmetalloxiden oder Oxidgemischen dotiert ist, in einem Temperaturbereich von 600 bis 1550¡C Substrattemperatur bei Drehung des Substrats im Bereich von 1 bis 300 UPM, wobei man im Anschluß an die Ankeimphase mit geringer Umdrehungsgeschwindigkeit des Substrats, die Drehgeschwindigkeit und die Temperatur im Bereich einstellt, die durch die Gleichungen

(a) T = ---------------------------------

0,153 127

(b) T = ---------------------------------

0,153 127 definiert ist, wobei T für die Substrattemperatur in ¡K undfür die Umdrehungsgeschwindigkeit in UPM des Substrats steht, wobei man die Umdrehungsgeschwindigkeit im Verlauf des Verfahrens von minimalen auf maximale Drehzahlen kontinuierlich oder diskontinuierlich, sowie alternativ in wechselnden Drehrichtungen variiert.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Verhältnis der maximalen Drehzahl zur minimalen Drehzahl wenigstens 2 beträgt.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sich nach außen vergröbernde Stengelstrukturen mit einem äußeren Stengeldurchmesser von 10 bis 100 µm gebildet werden.

4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß man die Substrattemperatur während des Verfahrens konstant hält oder reduziert.

5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß man die in das System eingebrachte Leistung reduziert durch

(a) Temperaturabsenkung des Substrats,

(b) Leistungsabsenkung der Elektronenstrahlkanone,

(c) bei Vieltiegelabdampfung durch Abschalten und/oder Inaktivieren einer oder mehrerer Kanonen und/oder Verdampfungsquellen,

(d) Aktivieren einer Kaltwand oder Kälteplatte im Verdampferrezipienten,

(e) Einbringen eines Strahlungsschirms zur Absorption der vom Schmelzbad emittierten Strahlungsleistung,

(f) Vergrößerung des aktiven Innenraums im Verdampferrezipienten, durch Abschalten einer Zusatzleistung und/oder

(g) Vergrößerung des Abstandes zwischen Substrat und Verdampfungsquelle.

6. Verwendung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5 zur Beschichtung von Turbinenschaufeln."

Der Patentinhaber trägt im wesentlichen vor, der Beschluß der Patentabteilung beruhe auf einem grundlegenden Mißverständnis der Entgegenhaltungen (D6) und (D8), das sinngemäß auch die im Beschluß nicht berücksichtigte Entgegenhaltung

(D9) Dissertation Oliver Lemmer, "Über die Abscheidung und Eigenschaften aufgedämpfter Zirkonoxidschichten zum Zwekke der thermischen Isolation hochbeanspruchter Flugzeugturbinenschaufeln", CemeCon GmbH Aachen 1993, Seiten 34/35, 38/39, 42/43, 82/83, 94/95, 104 bis 107 und 116/117 betreffe. Keine dieser Entgegenhaltungen gebe tatsächlich einen Bereich für die Temperatur und Drehgeschwindigkeit des Substrats bei der Bedampfung an, innerhalb dessen bei Variation der Umdrehungsgeschwindigkeit für die Temperatur ein Bereich durch eine Substrattemperatur/Rotationsgeschwindigkeitsbeziehung definiert sei. Es seien lediglich einzelne Meßpunkte beschrieben, die dem ersten Anschein nach in den durch den Anspruch vorgegebenen Korridor fielen. Den Entgegenhaltungen könne daher allenfalls die Aussage entnommen werden, daß eine Beziehung zwischen Substrattemperatur, Rotationsgeschwindigkeit und Schichtaufbau bestehe. Die Erzielung einer Schicht mit keulenartigen Kristallsäulen sowie gebogenverschlungenen schlankeren Nachbarsäulen mittels des komplexen Verfahrens gemäß Hauptanspruch, bei welchem nach einer Ankeimphase bei geringer Rotationsgeschwindigkeit Temperatur und Rotationsgeschwindigkeit in einem ganz bestimmten Korridor eingestellt und variiert werden müßten, sei hierdurch nicht nahegelegt. Eine Schicht mit derartiger Morphologie sei nicht bekannt gewesen; die überlegenen Eigenschaften im Vergleich zu bekannten Schichten mit reiner Keulenstruktur seien als Beleg für das Beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit anzusehen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der von den Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung wieder aufgegriffenen Entgegenhaltungen

(D2) US 5 350 599 A

(D7) D. Rigney et al.: PVD thermal barrier coating applications and process development for aircraft engines, NASA conference publication, 3312 (1995) Seiten 135 bis 149 und

(D10) EP 0 765 951 A2.

Der Patentinhaber beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowieder Beschreibung gemäß Patentschrift mit der Maßgabe, daß in der Patentschrift auf Seite 4 in Zeile 51 die Worte "In einer bevorzugten Ausführungsform" durch "Bei der Ausführung" ersetzt werden und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Die Einsprechenden beantragen übereinstimmend, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, das beanspruchte Verfahren ergebe sich in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik. Aus (D6) sei es bereits bekannt, durch Variation von Umdrehungsgeschwindigkeit und Temperatur den Schichtaufbau zu verändern. Die Umdrehungsgeschwindigkeit im Verlauf eines Beschichtungsvorgangs von minimale auf maximale Drehzahlen zu erhöhen sei eine für den Fachmann übliche Maßnahme; aus (D8) ergäben sich hierauf auch konkrete Hinweise. Die Ausbildung einer keulenartigen Morphologie sei schon in (D6), (D7) und (D9) beschrieben, insbesondere aus (D6) gehe auch bereits das Vorliegen von gebogenverschlungenen schlankeren Nachbarsäulen neben den keulenartigen Kristallsäulen hervor. Die Entgegenhaltungen (D2) und (D10) seien als zusätzlicher Beleg dafür zu werten, daß während des Beschichtungsvorgangs eine Variation von Verfahrensparametern wie Temperatur, Sauerstoffpartialdruck oder Abstand der Beschichtungsquelle zum Bauteil vorgenommen wurde.

Wegen Einzelheiten des schriftlichen Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde des Patentinhabers ist zulässig (PatG § 73); sie führt zu dem im Tenor angegebenen Ergebnis.

1. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig.

Anspruch 1 geht inhaltlich auf die ursprünglichen bzw erteilten Ansprüche 1 und 2 in Verbindung mit Seite 8 Zeilen 21 bis 25 der ursprünglichen Beschreibung bzw Seite 4 Zeilen 18 bis 21 der Streitpatentschrift zurück.

Die geltenden Ansprüche 2 bis 5 entsprechen den ursprünglichen bzw erteilten Ansprüchen 3 bis 6 und die Verwendung nach Anspruch 6 basiert auf dem ursprünglichen bzw erteilten Anspruch 7.

2. Das beanspruchte Verfahren ist neu.

Als nächstgelegener Stand der Technik ist die Dissertation (D6) des Miterfinders U. Schulz anzusehen. Dort sind für ein Verfahren zum Bedampfen von Substraten mit Zirkoniumdioxid die Auswirkungen unterschiedlicher Temperaturen (im Bereich von 900 bis 1080¡C entsprechend 1173 bis 1353 K) und Umdrehungsgeschwindigkeiten des Substrats (bei Werten von 12 und 30 UPM) auf die Schichtstruktur untersucht (vgl insbes S 50 Bild 28, S 51 Abs 1/2, S 85 Bild 56). Die dem Vergleich zugrundeliegenden Versuche wurden aber jeweils mit weitgehend konstanten Parametern durchgeführt Bild 28: Temperatur 900 bis 950¡C oder 1050 bis 1080¡C, Rotationsgeschwindigkeit 12 UPM oder 30 UPM; Bild 56: Temperatur 0,4 Ts oder 0,46 Ts oder 0,55 Ts, Rotationsgeschwindigkeit 0 oder 12 UPM oder 30 UPM). Eine Variation der Umdrehungsgeschwindigkeit im Verlauf des Verfahrens von minimalen auf maximale Drehzahlen im Bereich von 1 bis 300 UPM ist in der Entgegenhaltung nicht angesprochen. Auch aus dem Hinweis auf eine Änderung der Kondensationsbedingungen durch eine zweistufige Beschichtung drehend/stehend oder umgekehrt (S 51 Abs 4) läßt sich eine derartige Variation nicht ableiten, da "stehend" der Umdrehungsgeschwindigkeit null, somit unterhalb von 1, entspricht, was im übrigen nach den Gleichungen (a) und (b) des Anspruchs 1 jeweils unendlich hohe Temperaturen ergeben würde.

Die Entgegenhaltung (D8) lehrt ebenfalls nicht die Maßnahme, die Umdrehungsgeschwindigkeit im Verlauf des Verfahrens von minimalen auf maximale Drehzahlen kontinuierlich oder diskontinuierlich, sowie alternativ in wechselnden Drehrichtungen zu variieren. Die in Spalte 5 Zeilen 9 bis 12 erwähnte Beobachtung, daß das Verhältnis der Beschichtungsdichte zu ihrer theoretischen Maximaldichte nahezu linear ansteigt, wenn die Umdrehungsgeschwindigkeit von 10 auf 50 UPM ansteigt, ist zwanglos als auf einem Vergleich unterschiedlicher Beschichtungsvorgänge mit jeweils konstanter Umdrehungsgeschwindigkeit beruhend zu verstehen. Eine Variation der Umdrehungsgeschwindigkeit im Verlaufe eines einzigen Beschichtungsvorgangs würde - insbesondere bei kontinuierlicher Variation - hinsichtlich der Dichtebestimmung der einzelnen Lagen der Schicht und ihrer Zuordnung zu einer bestimmten Umdrehungsgeschwindigkeit einen ungleich höheren experimentellen Aufwand erfordern, um eine solche Aussage zu ermöglichen. Diese Auslegung wird durch die beiden Beispiele gestützt, nach denen jeweils mit konstanter Umdrehungsgeschwindigkeit gearbeitet wird (Sp 5 Z 56 bis 61, Sp 6 Z 11 bis 14 und Z 50 bis 52). Die (in Sp 5 Z 12/13) folgende Angabe "Reziproke und andere Typen der Substratbewegung sind möglich" muß sich nach ihrem Wortlaut nicht auf die vorangehend beschriebene Rotation beziehen und beinhaltet jedenfalls keine Anweisung, deren Geschwindigkeit im Verlauf der Beschichtung von minimalen auf maximale Drehzahlen in wechselnden Drehrichtungen zu variieren. Auch aus dem sich anschließenden Hinweis auf eine (für die Gleichmäßigkeit und maximale Dichte bevorzugte) durchschnittliche Substratgeschwindigkeit von größer als 76 cm/min (Sp 5 Z 13 bis 16) ist die in Rede stehende Maßnahme nicht abzuleiten, da dieser sich ersichtlich auf eine Lineargeschwindigkeit bezieht und ein Zusammenhang mit einer Umdrehungs- oder Winkelgeschwindigkeit nicht erkennbar ist.

Entgegenhaltung (D9) enthält keine hierüber hinausgehenden Informationen. Soweit über die Auswirkungen unterschiedlicher Substratdrehgeschwindigkeiten berichtet wird (insbes S 105 Abs 2, Brückenabs S 105/106, S 106 Abs 3 u S 107 Abs 2), beruht dies für den Fachmann aus dem Zusammenhang ersichtlich aus der Auswertung von mit unterschiedlichen, dabei jeweils konstanten Substratdrehgeschwindigkeiten erhaltenen Beschichtungen. Vergleichbares gilt für die in (D7) getroffenen Aussagen zum Parameter Rotationsgeschwindigkeit (vgl insbes S 138 f unter "Lineof-Sight and Rotation Effects an PVD TBC Microstructure" sowie S 147 Fig 11).

Das Dokument (D10) beschreibt zwar eine Parameteränderung im Verlauf eines Beschichtungsvorgangs. Hierbei handelt es sich aber nicht um die Umdrehungsgeschwindigkeit des Substrats, sondern um den Abstand der Beschichtungsquelle zur Substratoberfläche (S 8 Z 35/36; S 4 Z 48 bis 50).

Die bereits im Prüfungsverfahren in Betracht gezogene Entgegenhaltung (D2) lehrt die Variation der Umdrehungsgeschwindigkeit im Verlauf eines (einzigen) Beschichtungsverfahrens. Dabei wird zwar nach Anspruch 1 von höheren auf niedrigere Drehzahlen übergegangen; durch die Möglichkeit einer erneuten Bedampfung bei höheren Drehzahlen ist aber auch die Variation in Richtung auf maximale Drehzahlen umfaßt (Ansprüche 3 und 4). Dieses Verfahren führt zur Ausbildung einer Beschichtung mit abwechselnd porösen und dichten Lagen (Anspruch 7 iVm Sp 5 Z 17 bis 22 u Z 33 bis 39, Sp 6 Z 21 bis 35 sowie Sp 6 Z 59 bis Sp 7 Z 2).

Für den Fachmann ergibt sich daher kein Anhaltspunkt für bewußt oder unbewußt eingehaltene Korridore der (in D2 nicht spezifizierten) Substrattemperatur in Abhängigkeit von der Rotationsgeschwindigkeit, die zu einer Morphologie mit durchgehend keulenartigen Kristallsäulen sowie gebogenverschlungenen schlankeren Nachbarsäulen führen.

Die weiteren dem Senat vorliegenden, in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffenen Druckschriften können die Neuheit des beanspruchten Verfahrens nicht in Frage stellen.

3. Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie unter II.1. im einzelnen ausgeführt, ist aus keiner der Entgegenhaltungen (D6) bis (D10) das Variieren der Umdrehungsgeschwindigkeit des Substrats innerhalb des Bereiches von 1 bis 100 UPM von minimalen auf maximale Drehzahlen kontinuierlich oder diskontinuierlich sowie alternativ in wechselnden Drehrichtungen im Verlauf eines einzelnen Beschichtungsvorgangs abzuleiten. Demzufolge kann auch keine dieser Entgegenhaltungen zu einem Verfahren hinführen, welches einen derartigen Schritt umfaßt.

Nach (D2) wird zwar von einer Variation der Umdrehungsgeschwindigkeit in ein- und demselben Beschichtungsprozeß Gebrauch gemacht; Zielsetzung ist jedoch die Ausbildung von aufeinander geschichteten Lagen unterschiedlicher Porosität.

Demgegenüber ist es nicht vorhersehbar, daß bei Variation der Umdrehungsgeschwindigkeit innerhalb eines in Abhängigkeit von dieser durch die Gleichungen (a) und (b) definierten Temperaturkorridors eine Zirkoniumschicht gebildet wird, die durchgehende keulenartige Kristallsäulen sowie gebogenverschlungene schlankere Nachbarsäulen umfaßt. Dabei handelt es sich nicht lediglich um eine möglicherweise ungewöhnliche, aber in der Auswirkung auf die technologischen Eigenschaften im Vergleich zu bekannten Strukturen belanglose Morphologie (etwa iSv BGH GRUR 2001, 730 - Trigonellin; vgl auch Sonderausgabe Abl EPA 2000, 24 (3.3.1)); vielmehr ist in der geltenden Beschreibung überzeugend ausgeführt, daß gerade diese Struktur wesentlich zur Lösung der dem beanspruchten Verfahren zugrunde liegenden Aufgabe - die kritische Haftfläche Me/MeO mit einer optimalen geringen Rauhigkeit auszulegen und die sich darauf abscheidende Wärmedämmschicht mit einer optimalen Schichtstruktur, die unabhängig von der Rauhigkeit der Haftschicht einstellbar ist, aufzubringen - beiträgt (vgl S 3 Z 22 bis 24 iVm S 5 Z 15 bis 21 der geltenden Beschreibung).

Der Senat vermag auch der Auffassung der Einsprechenden, eine derartige Morphologie mit den damit verbundenen Eigenschaften sei im Stand der Technik schon bekannt gewesen, nicht zu teilen. Die auf Seite 85 der (D6) in Bild 56 schematisch wiedergebogenen Strukturen, insbesondere für 0,4 Ts bei 30 UPM, auf die in diesem Zusammenhang besonders hingewiesen wurde, eignet sich hierfür nicht als Beleg. Im gezeigten Schnitt weisen die einzelnen Keulen zwar unterschiedliche Abmessungen auf (wie dies auch an den Bruchflächen b) nach den Bildern 26, 30 und 31 festzustellen ist). Diese unterschiedlichen Abmessungen ergeben sich aber rein aufgrund unterschiedlicher Wachstumsgeschwindigkeiten und unterschiedlicher Anordnung der Kristallsäulen in Bezug auf die Bruchfläche. Von einer gezielten Ausbildung zweier unterschiedlicher Strukturelemente (bauchigkeulige und gebogenverschlungene Säulen) ist an keiner Stelle der (D6) die Rede; demzufolge gibt es auch keinen Hinweis auf die vorteilhafte Auswirkung der engen Nachbarschaft von bauchigkeuligen und gebogenverschlungenen Kristallsäulen.

Die Figuren 7 (b) auf Seite 144 der (D7) und 13 (c) auf Seite 42 der (D9) können zu keiner anderen Beurteilung führen; letztere scheint im übrigen gemäß (D6), Seite 24 Bild 10 (c) dem auf Seite 114 unter 119 referiertem Stand der Technik von 1967 zu entsprechen.

Daß eine der weiteren dem Senat vorliegenden Druckschriften das beanspruchte Verfahren nahelegen oder Hinweise auf die danach erhältliche Schichtmorphologie liefern könnte, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich.

4. Das Verfahren nach dem geltenden Anspruch 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit außer Zweifel steht, weist somit alle Kriterien der Patentfähigkeit auf. Dieser Anspruch ist daher rechtsbeständig.

Die Ansprüche 2 bis 5 beziehen sich auf besondere Ausführungsarten des Verfahrens nach dem geltenden Anspruch 1 und haben daher mit diesem Bestand.

Die Patentfähigkeit der Verwendung nach Anspruch 6 wird sinngemäß von den für das Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5 ausgeführten Gründen getragen, auf dessen bevorzugtes Anwendungsgebiet der Beschichtung von Turbinenschaufeln Anspruch 6 gerichtet ist. Anspruch 6 ist somit ebenfalls rechtsbeständig.

Bei dieser Sachlage war der angefochtene Beschluß aufzuheben und das Patent antragsgemäß beschränkt aufrechterhalten.

Moser Wagner Harrer Feuerlein Pü






BPatG:
Beschluss v. 30.04.2002
Az: 14 W (pat) 27/01


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