Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juni 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 382/02

(BPatG: Beschluss v. 14.06.2005, Az.: 33 W (pat) 382/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 28. August 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 5. Oktober 2001 die Wortmarke Kneipensurferfür verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35 und 41 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 28. August 2002 teilweise, nämlich für folgende Dienstleistungen zurückgewiesen:

"Bannerexchange, nämlich Vermietung von Werbeflächen im Internet; Dateienverwaltung mittels Computer; Dienstleistung einer Werbeagentur; Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur, nämlich Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur, nämlich Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, auch im Internet; ecommerce Dienstleistungen, nämlich Bestellannahme und Lieferauftragsservice; ecommerce Dienstleistungen, nämlich Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme; ecommerce Dienstleistungen, nämlich Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften über Online-Shops; ecommerce Dienstleistungen, nämlich Waren- und Dienstleistungspräsentation und Bestellannahme; Erstellen von Abrechnungen; Erstellen von Statistiken; Fernsehwerbung; Franchising, nämlich Vermittlung von wirtschaftlichen Know-How; Herausgabe von Statistiken; Herausgabe von Werbetexten; Marketing; Marktforschung; Meinungsforschung; Merchandising; Organisation und Veranstaltung von Events, nämlich von Werbe-Veranstaltungen; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; organisatorische Beratung; Plakatanschlagwerbung; Preisermittlungen; Public Relations; Rundfunkwerbung; Schaufensterdekoration; Sponsoring in Form von Werbung; Sponsoring, nämlich Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Dritte; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Telemarketing; Textverarbeitung; Verbreitung von Werbeanzeigen; Verkaufsförderung für Waren und Leistungen Dritter; Vermietung und Vermittlung von Werbeflächen, auch im Internet; Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet; Vermietung von Werbematerial; Vermitteln von Handels- und Angebotskontakten über das Internet; Vermittlung von Adressen; Vermittlung von Wirtschaftskontakten im Internet; Versandwerbung; Versenden von Werbesendungen; Verteilung von Werbematerial; Vervielfältigung von Dokumenten; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Webvertising, nämlich Marketing für Dritte in digitalen Netzen; Werbung; Werbung durch Werbeschriften; Werbung im Internet für Dritte; Zusammenstellen von Daten in Computerdatenbanken".

Sie hat ausgeführt, dass hinsichtlich der Marke von fehlender Unterscheidungskraft und einem Freihaltbedürfnis gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG auszugehen sei. "Kneipe" sei ein kleines einfaches aber auch gemütliches Lokal, das man aufsuche, um dort etwas Alkoholisches zu trinken. "surfer" sei ein ebenfalls aus dem Englischen stammendes Fremdwort, das im Internet eine Seite kennzeichne, die Datenbanken und Links zu einem bestimmten Thema enthalte. "Kneipensurfer" bezeichne demnach eine Internetsite, die Informationen über Kneipen, deren Ambiente, Preise etc. enthalte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Dieser beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Er räumt ein, dass die Markenbestandteile "Kneipe" und "Surfer" beschreibende Angaben seien, die für sich genommen ohne Zweifel freihaltebedürftig seien. Insgesamt handle es sich jedoch um eine nicht ohne weiteres verständliche ungewöhnliche und phantasievoll zusammengesetzte Markeneinheit. Unter der Marke werde ein virtueller Kneipenstadtplan betrieben und veröffentlicht, bei dem auch Meinungen zu einzelnen Lokalitäten abgegeben werden könnten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Der Senat hält die angemeldete Marke im Hinblick auf die zurückgewiesenen Dienstleistungen für nicht freihaltungsbedürftig und unterscheidungskräftig, so dass ihr keine Eintragungshindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (BGH Mitt 2001, 666 - Test it; 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).

Die hier zu beurteilende Marke setzt sich aus den Bestandteilen "Kneipen" und "surfer" zusammen. "Kneipe" ist in diesem Zusammenhang ein ohne weiteres geläufiger Ausdruck für ein kleines Lokal, eine Gaststätte.

Unter "Surfen" versteht man den Vorgang, dass ein Teilnehmer durch das Internet steuert, bzw im World Wide Web von Dokument zu Dokument springt, wobei der Inhalt nicht näher betrachtet wird, sondern lediglich Ausschau nach neuen Links gehalten wird (vgl Jasper, Das aktuelle ECON Online-Lexikon, S 215 - vgl weiter die Entscheidungen BPatG 30 W (pat) 48/98 - SmartSurf; BPatG 24 W (pat) 145/96 - SURF; BPatG 24 W (pat) 126/02 - surf24; BPatG 29 W (pat) 139/97 - CyberSurf). Es handelt sich insoweit um einen im Internet weit verbreiteten Begriff. Eine diesbezügliche Recherche des Senats unter www.google.de ergab für die Kombination der Begriffe "surfer" und "Internet" ungefähr 650.000 Seiten.

Die hier begehrte Marke in ihrer konkreten Zusammensetzung als "Kneipensurfer" konnte der Senat allerdings im Internet-Surfer nicht nachweisen. Als "Kneipensurfer" könnte wohl allenfalls eine Person bezeichnet werden, die im Internet auf der Suche nach Restaurants und Gaststätten ist; die Internetseite selbst, die Informationen über Gaststätten enthält, wird nicht unmittelbar mit dem Begriff "surfer" näher erläutert.

Ein "Kneipensurfer" kann daher auch keine Sachangabe hinsichtlich der zurückgewiesenen Dienstleistungen sein, die sämtlich mit Public Relations und Werbung in mittelbarem oder unmittelbarem Zusammenhang stehen. Es würde gedanklicher Zwischenschritte bedürfen, um einen Zusammenhang zwischen diesen Waren und Dienstleistungen und der angemeldeten Gesamtbezeichnung herzustellen, da diese zunächst eher auf potentielle Kunden des Anmelders hinweist.

Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Dienstleistungen in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

2. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH WRP2001 1082 - marktfrisch; MarkenR 2005, 145 - BerlinCard). Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr BGH aaO - marktfrisch; BGH GRUR 1999, 1089 - YES).

Im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Dienstleistungen fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise - hier teils Fachkreise, teils das allgemeine Publikum - die begehrte Marke im Sinne einer Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges entscheidendes Merkmal der damit gekennzeichneten Dienstleistungen, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.

Winkler Kätker Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 14.06.2005
Az: 33 W (pat) 382/02


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