Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. November 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 94/99

(BPatG: Beschluss v. 08.11.2000, Az.: 26 W (pat) 94/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Oktober 1998 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren

"Klasse 20: Möbel, insbesondere Kleiderverwahrschränke für gewerbliche Badebetriebe und Saunen, aus Metall und nicht aus Metall"

angemeldete Wortmarke Rolloboxgemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Bezeichnung "Rollobox" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als unmittelbar beschreibende Bezeichnung für einen Rolladenschrank verstanden werden. Mit dem allgemein bekannten Wort "Rollo" werde ein aufrollbarer Verschluß von Schränken und Behältern bezeichnet. Das aus dem Englischen entlehnte, in den deutschen Sprachschatz übernommene Wort "box" bezeichne einen kastenförmigen Behälter. Es sei deshalb auch zur Beschreibung eines Kleiderverwahrschrankes geeignet. Zwar sei nicht feststellbar, daß die angemeldete Gesamtbezeichnung "Rollobox" bereits gebräuchlich sei. Der Verkehr werde den beschreibenden Sinngehalt des Wortes "Rollobox" aber ohne besondere gedankliche Überlegungen sofort erkennen. Deshalb liege keine schutzfähige Phantasiebezeichnung, sondern eine Sachangabe vor, die allen Mitbewerbern zur freien Verfügung stehen müsse.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, die angemeldete Marke sei deshalb schutzfähig, weil der in ihr enthaltene Wortbestandteil "box" nicht die Bedeutung "Schrank" habe und folglich für die beanspruchten Waren nicht beschreibend sei. Damit sei auch die angemeldete, zusammengesetzte Bezeichnung eintragungsfähig. Für die Schutzfähigkeit spreche ferner die Tatsache, daß das weitere in der angemeldeten Marke enthaltene Wort "Rollo" regelmäßig nur in Alleinstellung Verwendung finde und Wortverbindungen, die diesen Begriff enthielten, nicht feststellbar seien.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich als begründet. Der Eintragung der angemeldeten Wortmarke in das Markenregister stehen die Schutzhindernisse des § 8 MarkenG nicht entgegen.

Bei dem angemeldeten Wort "Rollobox" handelt es sich insbesondere nicht um eine Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung u.a. der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Ein Schutzhindernis i.S. der vorstehend genannten Bestimmung kann zwar auch dann bestehen, wenn eine Benutzung der beanspruchten Bezeichnung als Sachangabe bisher nicht erfolgt ist. Die Zurückweisung einer angemeldeten Marke setzt aber in diesem Fall voraus, daß hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine künftige Verwendung als Sachangabe vorliegen (vgl. BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). Dies ist vorliegend entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht der Fall.

Zwar ist nach den Feststellungen des Senats entgegen der Auffassung der Anmelderin davon auszugehen, daß das in der Marke enthaltene Wort "box" auch zur Bezeichnung kleinerer, kastenförmiger Möbelstücke dienen kann. Beispielhaft wird diesbezüglich auf die von der Fa. Miele für ein Spül- und Vorbereitungsmodul innerhalb einer modularen Küche verwendete Bezeichnung "Rolladenbox" hingewiesen. Es ist aber weder feststellbar, daß die für die Prüfung allein maßgebliche Gesamtbezeichnung "Rollobox" bereits als beschreibende Angabe Verwendung findet, noch gibt es konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß sich die angemeldete Bezeichnung in absehbarer Zeit zu einer beschreibenden Angabe für die beanspruchten Waren entwickeln könnte.

Gegen eine Entwicklung der angemeldeten Marke zu einer Angabe über die Art bzw. Beschaffenheit von Kleiderverwahrschränken spricht insbesondere die Tatsache, daß es - insbesondere im Bürobereich - zwar Schränke gibt, die an Stelle von Türen Rolläden aufweisen, aber keine solchen, die mittels eines Rollos verschlossen werden. Die Begriffe "Rollladen" und "Rollo" kennzeichnen im allgemeinen Sprachgebrauch entgegen der von der Markenstelle unterstellten Annahme zwei unterschiedliche Gegenstände. Während als Rollladen eine Jalousie bezeichnet wird, die aus miteinander verbundenen einzelnen, waagerecht angeordneten Holz-, Kunststoff- oder Metallleisten zusammengesetzt ist, besteht ein Rollo aus einer Stoffbahn und dient zur Verdunkelung von Räumen. Folgerichtig werden - wie auch die oben angeführte, von der Fa. Miele für ein Schrankmodul verwendete Bezeichnung "Rolladenbox" belegt - die mit einem Rollladen versehenen Schränke sprachlich korrekt als "Rollladenschrank" bzw. umgangssprachlich auch als "Rollschrank" zu bezeichnet (vgl. u.a. Duden, Deutsches Universalwörterbuch A-Z, 2. Auflage 1989, S. 1262 f.).

Konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß die Art oder Beschaffenheit einer Rollladenbox künftig mit dem Wort "Rollobox" bezeichnet werden könnte, hat weder die Markenstelle dargetan noch der Senat feststellen können. Auch für die Annahme, es könnten künftig Schränke hergestellt werden, die an Stelle eines Rollladens ein Rollo aufweisen, fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten. Die Herstellung solcher Schränke erscheint nicht zuletzt schon deshalb als wenig wahrscheinlich, weil Rollos - anders als Rollläden - nicht die notwendige Festigkeit aufweisen, um den Inhalt der Schränke vor einem mißbräuchlichen Zugriff durch Dritte zu sichern. Auch von einem zukünftigen Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Bezeichnung kann deshalb nicht ausgegangen werden.

Der angemeldeten Marke fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, die Waren eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei reicht nach der Formulierung des Gesetzes jede wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden. Einer Marke kann dann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, wenn ihr kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um eine gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH BlPMZ 1999, 408 - YES).

Die angemeldete Marke ist jedoch, wie bereits festgestellt, schon wegen des fehlenden und auch künftig nicht zu erwartenden Angebots von Schränken, die mittels eines Rollos verschlossen werden, nicht unmittelbar warenbeschreibend. Der Senat hat - wohl aus dem vorstehend genannten Grund - auch keine Feststellungen zu treffen vermocht, die die angemeldete Bezeichnung als gebräuchliches Wort der Alltagssprache ausweisen. Deshalb ist nicht zu erwarten, daß die Bezeichnung "Rollobox" vom Verkehr stets nur in ihrem Ursprungssinn und nicht als Marke verstanden werden wird, zumal da der Verkehr erfahrungsgemäß wenig geneigt ist, eine Warenbezeichnung begrifflich zu analysieren, sondern sie als Marke zu akzeptieren, wenn sie markenmäßig verwendet wird (BGH BlPMZ 2000, 53, 55 - FÜNFER). Einen besonderen Grad an Eigentümlichkeit oder einen besonderen Phantasiegehalt muß die Marke entgegen der Auffassung der Markenstelle ohnehin nicht aufweisen (BGH GRUR 2000, 722 - LOGO).

Tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen sonstiger Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich.

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Az: 26 W (pat) 94/99


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