Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juli 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 27/05

(BPatG: Beschluss v. 20.07.2005, Az.: 26 W (pat) 27/05)

Tenor

Das Verfahren wird zuständigkeitshalber an das Deutsche Patent- und Markenamt abgegeben.

Gründe

I Die Wortmarkethe dark seriessoll für Waren und Dienstleistungen der Klassen 8, 9, 16, 25, 28, 34, 38 und 41 in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit Beschluss vom 15. Dezember 2004 durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes wegen fehlender Schutzfähigkeit teilweise zurückgewiesen. Der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin am 22. Dezember 2004 zugestellt worden.

Am 20. Januar 2005 hat die Anmelderin einen als "Beschwerde" bezeichneten Rechtsbehelf eingelegt, den die Markenstelle dem Bundespatentgericht zur Entscheidung vorgelegt hat. Die Anmelderin beantragt sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. In einem Zwischenbescheid ist sie auf Absatz 2 der Rechtsbehelfsbelehrung vom 15. Dezember 2004 sowie auf den Umstand hingewiesen worden, dass die "Beschwerde" nach dem 31. Dezember 2004 eingelegt worden ist. Sie hat daraufhin gebeten, die Sache an das Patentamt abzugeben.

II Das Verfahren ist zur Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzugeben, weil der am 20. Januar 2005 fristgerecht eingelegte, als "Beschwerde" bezeichnete und als solche zu diesem Zeitpunkt unzulässige Rechtsbehelf als Erinnerung i.S.d. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 1 MarkenG umzudeuten ist, für deren Entscheidung nicht das Bundespatentgericht, sondern das Patentamt zuständig ist.

Der angefochtene Beschluss der Markenstelle ist von einem Beamten des gehobenen Dienstes erlassen worden. Gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG findet gegen Beschlüsse der Markenstellen und der Markenabteilungen - soweit gegen sie nicht die Erinnerung gem. § 64 Abs. 1 MarkenG gegeben ist - die Beschwerde zum Bundespatentgericht statt. § 64 Abs. 1 MarkenG regelt, dass die Erinnerung dann der statthafte Rechtsbehelf ist, wenn der Beschluss von einem Beamten des gehobenen Dienstes oder einem vergleichbaren Angestellten erlassen worden ist. Durch Art. 9 Nr. 37 des Gesetzes zur Bereinigung der Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 (BlPMZ 2002, 14, 28) hat der Gesetzgeber dem § 165 MarkenG einen Absatz 4 hinzugefügt, der folgenden Wortlaut hat:

"Abweichend von § 64 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 Satz 1 kann im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 an Stelle der Erinnerung auch die Beschwerde eingelegt werden."

Diese als Entlastung für die Markenstellen des Patentamts gedachte Regelung ist ausdrücklich auf drei Jahre befristet. In der Beschlussempfehlung und dem Bericht zum Gesetzentwurf der Bundesregierung führt der Rechtsausschuss insoweit ausdrücklich aus, dass ab dem 1. Januar 2005 die Bestimmungen der geltenden §§ 64 und 66 MarkenG wieder anzuwenden sind (BlPMZ 2002, 65, 66).

Der Verfahrensbevollmächtigte der Anmelderin hat den am 20. Januar 2005 eingelegten Rechtsbehelf als "Beschwerde" bezeichnet, obwohl mit Ablauf des 31. Dezember 2004 die Frist für die Möglichkeit einer Wahl zwischen Erinnerung und Beschwerde ausgelaufen ist. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes in § 165 Abs. 6 S. 1 MarkenG bleibt es bei Erinnerungen und Beschwerden, die vor dem 1. Januar 2002 eingelegt wurden, bei der Anwendung des früheren Rechts. Es wird also nicht auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung und der Zustellung, die die Rechtsmittelfrist in Gang setzt, sondern ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsbehelfs abgestellt. Dies gilt damit auch für das Ende der Entlastungsregelung (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Auflage, § 165 Rdn 19; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 66 Rdn 12 und 16). Dies folgt auch bereits aus der im Gesetz ausgesprochenen zeitlichen Begrenzung auf den 31. Dezember 2004. Anhaltspunkte dafür, dass im Gegensatz zum Beginn der Regelung andere Konditionen für das Ende der Regelung gelten sollten, sind nicht ersichtlich. Hätte der Gesetzgeber für den Ablauf der Dreijahresfrist an den Ablauf der Rechtsmittelfrist anknüpfen und nicht auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels abstellen wollen, hätte es insoweit einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 165 Abs. 6 S. 1 MarkenG und der Feststellung des Gesetzgebers, dass für die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs allein der Einlegungszeitpunkt maßgeblich sei, liegt auch keine im Wege einer ergänzenden Auslegung ausfüllungsbedürftige Regelungslücke vor. Eine extensive Anwendung der Entlastungsregelung über den 31. Dezember 2004 hinaus auf Beschlüsse, die im Dezember 2004 zugestellt wurden und deren Rechtsmittelfrist erst im Januar 2005 abläuft, ist auch deshalb nicht erforderlich, weil den Betroffenen der Rechtsweg erhalten bleibt und ihre Rechtsschutzgarantie nicht eingeschränkt wird.

Die Anmelderin konnte deshalb im vorliegenden Verfahren nur Erinnerung, nicht aber Beschwerde einlegen. Da eine Nachholung der Einlegung des "richtigen" Rechtsbehelfs wegen der Fristgebundenheit der Erinnerung nicht möglich ist, ist im Zweifel zugunsten der Rechtsmittelführerin anzunehmen, dass sie den in Betracht kommenden Rechtsbehelf, also die Erinnerung, einlegen wollte. Die Umdeutung von Rechtsmittelerklärungen in entsprechender Anwendung des § 140 BGB ist in Ausnahmefällen wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes zulässig (BGH NJW 1987, 3263; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Auflage, vor § 511 Rdn 37). In einem vergleichbaren Fall hat der BGH wegen einer auch dort erfolgten Gesetzesänderung die Umdeutung prozessrechtlicher Erklärungen für zulässig erachtet, weil der Rechtsanwalt eindeutig zum Ausdruck gebracht habe, dass er die ergangene Entscheidung überprüfen und das dafür zulässige Rechtsmittel habe einlegen wollen (BGH NJW 1962, 1820). Dem liege, so der BGH, "letztlich der Gedanke zugrunde, dass das Prozessrecht und seine Handhabung nicht Selbstzweck ist, sondern der Verwirklichung des sachlichen Rechts dienen sollen. Einer derartigen Grundhaltung entspricht es, Prozesserklärungen der Parteien nicht nur als bei gegebenen Umständen auslegungsfähig und auslegungsbedürftig zu betrachten, sondern sie, wenn auch mit einer namentlich auch auf die Belange der Gegenseite achtenden Zurückhaltung einer Umdeutung für zugänglich zu erachten."

Hiervon ausgehend hat die Anmelderin fristgerecht den statthaften Rechtsbehelf der Erinnerung eingelegt, über den das Deutsche Patent- und Markenamt zu entscheiden hat.

Albert Kraft Reker Hu






BPatG:
Beschluss v. 20.07.2005
Az: 26 W (pat) 27/05


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