Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 39/09

(BPatG: Beschluss v. 27.01.2009, Az.: 27 W (pat) 39/09)

Tenor

I. Die Beschlüsse der Markenstelle vom 21. Dezember 2006 sowie vom 15. November 2007 werden insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke der Schutz für "Papier, Pappe, Büroartikel (ausgenommen Möbel), insbesondere Blöcke, Hefte, Kalender, Mappen, Ordner, Radiergummis, Umschläge und Versandtaschen; Werbung" versagt wurde.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarkelearning for leadinghat die Markenstelle mit Beschlüssen vom 21.12.2006 und vom 15.11.2007, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, für die Waren und Dienstleistungen

"Computersoftware (Betriebsund Arbeitsprogramme); elektronische Lehrmaterialien; elektronische Lernmaterialien; Datenträger, soweit in Klasse 9 enthalten, insbesondere CD-ROM, DVD, Disketten; magnetische und optische Datenträger aller Art; Videobänder, Videokassetten; belichtete Filme; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher, Handbücher, Plakate, Prospekte, Zeitschriften; Abbildungen; Fotografien; Publikationen; Büroartikel (ausgenommen Möbel), insbesondere Blöcke, Hefte, Kalender, Mappen, Ordner, Radiergummis, Umschläge und Versandtaschen; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Pläne (Blaupausen), Zeitpläne; Spiele, Spielzeug, insbesondere Kartenspiele, Puzzles, Quiz; Werbung; Unternehmensberatung; Organisationsberatung und betriebswirtschaftliche Beratung; Erziehung; Ausbildung; Betrieb einer Universität, insbesondere in Form von Lehre, Forschung und Ausbildung, Durchführung von MBA-Programmen (Master of Business Administration) und MCS (Master of Science) als Ausund Weiterbildung; Durchführung von wirtschaftswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen, insbesondere in den Bereichen Betriebswirtschaft, internationales Management, Unternehmensführung Volkswirtschaft; Informationsund kommunikationswissenschaftliche Lehrveranstaltungen, insbesondere in den Bereichen Informationstechnologie, Informatik, neue Medien; Lehrveranstaltungen in den Bereichen Kommunikation, Marketing und Elektronik; naturwissenschaftliche Lehrveranstaltungen; Sprachtraining; Koordination der Ausbildung in Universität und Wirtschaft; Koordination der Erzeugung und des Austauschs von Informationen zwischen Universität und Wirtschaft sowie deren Umwandlung in Wissen; Organisation und Veranstaltung von Fernkursen, Seminaren, Workshops, Konferenzen und Kongressen; Ausund Weiterbildung von Führungskräften in staatlichen oder halbstaatlichen Institutionen; sportliche Aktivitäten; kulturelle Aktivitäten zum Zweck des Fund-Raising; Herausgabe von Verlagsund Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet; wissenschaftliche Forschung, insbesondere im wirtschaftlichen Bereich, im Bereich der Naturwissenschaften sowie im informationsund kommunikationswissenschaftlichen Bereich; Einzelund Verbundforschung; wissenschaftliche Recherchen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellen von Vorlesungsmaterialien auf CD-ROM; Forschung, Entwurf, Entwicklung, Aktualisierung und Design von Computer-Software; Erstellen, Vertreiben und Verwalten von Datenbanken"

zurückgewiesen. Das ist damit begründet, insoweit bezeichne "learning for leading" den inhaltlichen Bezug. "leading" sei im Bereich des Coachings ein Fachbegriff (Belege Bl. 11 -15 VA). Der Erinnerungsbeschluss ist der Anmelderin am 21.11.2007 zugestellt worden.

Sie hat am 18.12.2007 Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen, "learning for leading" sei nicht eindeutig beschreibend und verfüge in seiner Zusammensetzung mit Reim und Alliteration über einen Wiedererkennungseffekt. Der Slogan "learning for leading" sei kurz und prägnant. Er erinnere an das auf Seneca zurückgehende Sprichwort "Lernen fürs Leben" (im Englischen: Learning for Living). Eigentlich aber bedeute "learning for leading" "Lernen, um zu führen". Dass das angemeldete Zeichen eintragungsfähig sei, zeigten entsprechende Marken, die eingetragen worden seien.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II.

1) Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 MarkenG) und ohne zeitliche Bindung. Die Anmelderin hat eine mündliche Verhandlung nicht beantragt. Diese ist nach Wertung des Senats auch nicht sachdienlich.

Der Senat musste der Anmelderin den beabsichtigten Termin zur Beschlussfassung nicht zuvor mitteilen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verlangt es lediglich, Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt abzugeben, ihre Auffassung zu Rechtsfragen darzulegen sowie Anträge zu stellen. Hierzu bestand seit Beschwerdeeinlegung hinreichend Gelegenheit.

2) Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die von der Markenstelle versagten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der im Tenor genannten die Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. Ströbele, FS für Ullmann, S. 425, 428). Der Ausschluss solcher zur Beschreibung geeigneter Zeichen oder Angaben dient dazu, dass sie jedermann frei verwenden kann. Es ist daher nicht erlaubt, solche Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorzubehalten (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25 -Windsurfing Chiemsee; GRUR Int. 2003, 632, Rn. 73 -Linde).

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der entsprechende Begriff allgemein verständlich ist, ob ihn eine große oder geringe Zahl von Unternehmen zur freien Verwendung benötigt und ob das, was beschrieben werden kann, wirtschaftlich wesentlich oder nebensächlich ist (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 500, Rn. 77, 58, 102 -Postkantoor). Dass "learning for leading" aus dem Englischen stammt, beseitigt die von der Markenstelle zutreffend erläuterte und belegte beschreibende Bedeutung (insoweit wird auf die angefochtenen Beschlüsse Bezug genommen) nicht, weil die Wörter zu den einfachen englischen Wörtern des Grundwortschatzes gehören, die auch im inländischen Sprachgebrauch häufig eingesetzt werden, und weil learning dem entsprechenden deutschen Begriff "lernen" ähnlich ist (BPatG, Beschluss vom 05.01.2005, Az.: 32 W (pat) 57/04 -NetLearn; BPatG, Beschluss vom 10.12.2003, Az.: 32 W (pat) 411/02 -LearnLine; BPatG, Beschluss vom 05.01.2005, Az.: 32 W (pat) 152/03 -Learning Family). Das englische Wort "Leading" hat die Bedeutung "Leitung, Führung, Lenkung; leitend, führend, wegweisend" (vgl. dazu Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch, Englisch-Deutsch, 6. Aufl., 1981, S. 754). Auch wenn ihm die Eignung fehlt, Waren eindeutig zu beschreiben (BPatG, Beschluss vom 02.02.2000, Az.: 26 W (pat) 70/99 -Leading), ist es im Kontext mit "learning for" eine eindeutige Angabe über das Ziel des Lernens. Außerdem sind vorliegend Kreise, die sich um Führungsqualität bemühen, angesprochen, bei denen also Englischkenntnisse in hohem Maße zu erwarten sind.

Selbst fremdsprachige Wortmarken, deren Bedeutung die inländischen Marktteilnehmer nicht ohne weiteres erkennen, sind beschreibend, wenn sie beim Vertrieb, in Gebrauchsanweisungen, auf Verpackungen, beim Import und Export Verwendung finden können oder wenn sie den mit den Waren bzw. Dienstleistungen befassten Fachkreisen hinreichend verständlich sind (EuGH MarkenR 2006, 157 Rn. 24 -Matratzen Concord; Ströbele, MarkenR 2006, 433, 435 IV, V). Beides ist hier gegeben, da entsprechende Kurse und dafür dienliche Waren und Dienstleistungen länderübergreifend, selbst in Deutschland in englische Sprache und über Medien und Fachleute empfohlen bzw. vermittelt werden.

Alliterationen und Reime sind bei Werbeslogans üblich. Die hier vorliegende Übereinstimmung in den Wortanfängen und -endungen ist nicht so auffallend, dass sie ein markenrechtliches Schutzhindernis überwinden könnte.

Dagegen enthält "learning for leading" keine beschreibende Aussage für Papier, Pappe und Büroartikel. Zwar kommen solche Dinge bei Führungsseminaren durchaus zum Einsatz, werden aber nicht speziell dafür hergestellt. Es sind dem Senat auch keine Eigenschaften bekannt, die solche Gegenstände als dafür ausschließlich oder wenigstens besonders geeignet erscheinen lassen. Bei Werbung differenziert der angesprochene Verbraucher zwischen den Werbedienstleistungen und dem Gegenstand der Werbung. Er wird daher nicht annehmen, die angegriffene Marke beschreibe den Tätigkeitsschwerpunkt des Werbedienstleisters.

b) Unproblematisch nicht unterscheidungskräftig ist die angemeldete Marke für die Waren und Dienstleistungen, bei denen ein Freihaltungsbedürfnis wegen der beschreibenden Bedeutung gegeben ist. Ob dem angemeldeten Zeichen auch darüber hinaus die Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt, kann dahinstehen.

Jedenfalls für Papier, Pappe und Büroartikel ist "learning for leading" unterscheidungskräftig, was im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen sowie auf die Anschauung der maßgeblichen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucherkreise zu beurteilen ist.

Wenngleich bei Wortmarken in Form von Slogans, wie die vorliegende Marke einen darstellt, zu berücksichtigen ist, dass die Verbraucher Werbesprüche nicht in gleicher Weise wahrnehmen wie andere Marken, sondern wegen einer oft im Vordergrund stehenden Werbefunktion daraus gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren schließen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029, Nr. 32 -35 -Das Prinzip der Bequemlichkeit), ist "learning for leading" kein gebräuchlicher oder üblich wirkender Begriff, den die angesprochenen Kreise in Verbindung mit Waren, wie Papier, Pappe und Büroartikeln, und mit der Dienstleistung Werbung nur als solchen ansehen.

3) Die Anmelderin kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse im Übrigen nicht auf Eintragungen entsprechender Marken für Dritte berufen, weil selbst Eintragungen gleicher Marken nicht zu einer Bindung führen (vgl. BGH BlPMZ 1989, 192 -KSÜD), auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG). Sollten andere Eintragungen zu Unrecht erfolgt sein, gäbe dies der Anmelderin keine Ansprüche auf Eintragung der angemeldeten Marke; es gibt nämlich keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke handelt es sich um keine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. BGH BlPMZ 1998, 248, 249 -Today; EuGH GRUR 2004, 428, Rn. 60 ff. -Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351 -Topline).

4) Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.

5) Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung. Der vorliegende Fall wirft keine grundsätzliche Rechtsfrage auf. Die Entscheidung des Senats erschöpft sich vielmehr in der einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich geklärter Beurteilungsgrundsätze.

Dr. Albrecht Schwarz Kruppa Cl






BPatG:
Beschluss v. 27.01.2009
Az: 27 W (pat) 39/09


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