Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. April 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 73/01

(BPatG: Beschluss v. 16.04.2002, Az.: 33 W (pat) 73/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt sind gegen die - am 14. Januar 1999 veröffentlichte - Eintragung der Marke 398 56 019 MEHA für die Waren

" Klasse 17: Dämmstoffe, Isolierstoffe;

Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall), Abdeckpappen, Randstreifen"

vom 8. Dezember 1998 auf Grund der für die Waren

"Mehrzweckfenster und Zargenfenster aus Kunststoff und/oder Metall, Stahlkellerfenster, Kellerfenster-Schalungen aus Stahl und Styropor, Kunststoff-Fenster, Gitterroste und Fußmatten, Polyester-Lichtschächte, Schiebekarren, Schiebetorrollen"

am 12. April 1979 eingetragenen Marke 984 423 siehe Abb. 1 am Endesowie der für die Waren

"Dachgauben aus Metall und/oder Kunststoff"

am 29. Februar 1996 eingetragenen Marke 2 099 709 MEA Widersprüche erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 17 des Patentamts hat die Widersprüche durch Beschluß vom 13. Oktober 1999 zunächst zurückgewiesen, auf die Erinnerung der Widersprechenden jedoch diese Entscheidung durch Beschluß vom 16. November 2000 aufgehoben und die Löschung der angegriffenen Marke wegen Verwechslungsgefahr mit den Widerspruchsmarken gemäß §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG angeordnet. In den Gründen des Erinnerungsbeschlusses ist ausgeführt worden, bei sämtlichen Waren der angegriffenen Marke handele es sich im Prinzip um "Baumaterialien", die mit den Bauteilen der Widerspruchsmarken ähnlich seien. Da bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine Wechselbeziehung der in Betracht kommenden Faktoren zu berücksichtigen sei, werde ein geringer Warenähnlichkeitsgrad durch einen höheren Ähnlichkeitsgrad der Marken ausgeglichen. Die beiden Marken seien klanglich hochgradig ähnlich.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde eingelegt. Sie trägt im wesentlichen vor, der Widersprechenden fehle die Aktivlegitimation. Die Umschreibung der Widerspruchsmarken auf die Widersprechende im Jahr 1992 sei rechtsfehlerhaft erfolgt. Der in dem Umschreibungsantrag vom 3. September 1991 genannte Grund der Umfirmierung treffe sachlich nicht zu. Nach den vorgelegten Handelsregisterauszügen handele es sich bei der ursprünglichen Inhaberin der Widerspruchsmarken und der Widersprechenden nämlich um zwei unterschiedliche Unternehmen. Ein Rechtsübergang der Widerspruchsmarken zusammen mit dem dazugehörenden Geschäftsbetrieb gemäß § 8 WZG lasse sich aus den Eintragungen im Handelsregister nicht entnehmen und sei auch nicht nachgewiesen worden. Die Zweifel an der Aktivlegitimation der Widersprechenden seien auch durch den vorgelegten Übertragungsvertrag vom 20. Februar 1992 nicht ausgeräumt worden.

Sie beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle des Patentamts vom 16. November 2000 aufzuheben, die Zurückweisung der Widersprüche aufrechtzuerhalten und der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchs- sowie Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Die Widersprechende beantragt konkludent, die Beschwerde zurückzuweisen und keine Kosten aufzuerlegen.

Sie hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens den notariell beglaubigten Übertragungsvertrag vom 20. Februar 1992 in Kopie vorgelegt, nach dem die ursprüngliche Inhaberin der Widerspruchsmarken unter anderen die Widerspruchsmarken auf die Widersprechende übertragen hat und in dem es ausdrücklich heißt: "Der zugehörige Teil des Geschäftsbetriebs wird mitübertragen."

Hierzu trägt sie vor, auf Grund dieses Vertrages seien vom Patentamt die Umschreibungen im Mai bzw August 1992 ordnungsgemäß vermerkt worden. Da sie nachweislich Inhaberin der Widerspruchsmarken sei, bestehe kein Anlaß, ihr die Kosten aufzuerlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist unbegründet.

Der Senat muß - jedenfalls im vorliegenden Falle - von der Widerspruchsberechtigung der Widersprechenden und somit ihrer Aktivlegitimation ausgehen. Die Widersprechende ist - und war auch schon zur Zeit der Einlegung der Widersprüche - als Inhaberin der Widerspruchsmarken im Register eingetragen, so daß ihre Rechtsinhaberschaft gemäß § 28 Abs 1 MarkenG gesetzlich vermutet wird. Diese Legitimationswirkung der Registereintragung entfällt jedoch, wenn die Vermutung widerlegt wird (vgl RegBegr zu § 28 MarkenG, BlPMZ 1994, Sonderheft, S 78 f; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Auflage 2000, § 28 Rdn 4 - 6). Dazu bedarf es des Nachweises, daß der eingetragene Inhaber nicht der materiell Berechtigte ist. Die dem Senat auf Grund des Inhaltes der Akten, insbesondere des Vortrages der Beteiligten bekannten Umstände vermögen hier jedoch die materielle Berechtigung der als Inhaberin eingetragenen Widersprechenden nicht zu widerlegen. Zwar trifft es zu, daß eine im Umschreibungsantrag vom 3. September 1991 angegebene Umfirmierung nicht stattgefunden hat. Die Umschreibungen der Widerspruchsmarken sind aber vom Patentamt auch nicht wegen einer - als unzureichend abgelehnten - Umfirmierung, sondern auf Grund des Übertragungsvertrages vom 20. Februar 1992 wegen Rechtsübergangs ausgeführt worden, wie sich eindeutig aus der Verfügung des Patentamts vom 28. April 1992 sowie dem der Beschwerdeführerin zugestellten Bescheid der Markenabteilung der Dienststelle Jena vom 1. März 2001 ergibt. Es liegen hier auch keine Anhaltspunkte für eine damals gemäß § 8 Abs 1 Satz 2 und 3 WZG unwirksame Leerübertragung vor. Vielmehr ist im Übertragungsvertrag vom 20. Februar 1992 ausdrücklich vereinbart worden, daß der zugehörige Teil des Geschäftsbetriebes mitübertragen wird. Der auf die einzelnen übertragenen Marken entfallende Teil des Geschäftsbetriebes ist in dem Übertragungsvertrag zwar nicht konkretisiert worden; diese in den Vertrag aufgenommene Vereinbarung kann aber nicht schon deshalb als inhaltsleere salvatorische Floskel angesehen werden, da sie nach den genaueren Kenntnissen der Vertragsparteien unter Umständen bestimmt genug erschien. Im übrigen kann eine weitere umfassende Überprüfung des materiell berechtigten Inhabers der Widerspruchsmarken im registerrechtlichen Eintragungsverfahren nicht erfolgen, sondern bleibt gegebenenfalls einer Klärung vor den ordentlichen Gerichten - insbesondere im Wege der Eintragungsbewilligungsklage gemäß § 44 MarkenG - vorbehalten (vgl dazu: BPatGE 16, 184 ff).

Der Senat hält - im Ergebnis ebenso wie die Markenstelle im Erinnerungsbeschluß - die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG iVm § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG zwischen der angegriffenen Marke 398 56 019 "MEHA" und jeweils den Widerspruchsmarken "MEA" (Wortbildmarke 984 423 und Wortmarke 2 099 709) für gegeben. Die Markenstelle des Patentamts hat somit die Löschung der angegriffenen Marke letztlich zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG angeordnet.

Die umfassende, alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Beurteilung der Verwechslungsgefahr beruht auf einer Würdigung aller in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, auch in ihrer Wechselbeziehung untereinander; so kann ein geringer Ähnlichkeitsgrad der Waren durch einen höheren Ähnlichkeitsgrad der Marken ausgeglichen werden (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 Ez 16, 17, 18 - Canon; EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Ez 18, 19, 20 - Lloyd; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA; BGH GRUR 1999, 241, 242 f. - PATRIC LION).

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken "MEA" bewertet der Senat als normal. Die angesprochenen Verkehrskreise fassen das Markenwort "MEA" regelmäßig als Phantasiewort auf, denn es besteht noch nicht einmal ein ersichtlicher Anlaß, "MEA" als lateinisches Possessivpronomen oder Abkürzung zu verstehen. Umstände, die infolge intensiver Benutzung und Bekanntheit der Widerspruchsmarken zu einer erhöhten Kennzeichnungskraft geführt haben könnten, sind von der Widersprechenden nicht vorgetragen worden.

Die sich gegenüberstehenden Markenwörter "MEHA" und "MEA" sind klanglich außerordentlich ähnlich. Denn bei verkehrsüblich flüssiger Sprechweise und Betonung der angegriffenen Marke "MEHA" auf der ersten Silbe ist ein Unterschied kaum hörbar, da der Laut "h" lediglich leicht aspirierend wirkt.

Die Waren der angegriffenen Marke und jeweils die Waren der beiden Widerspruchsmarken hält der Senat durchaus für ähnlich, wenngleich überwiegend eine gewisse Warenferne vorliegen mag. Die beiderseitigen Waren werden nämlich als Baumaterialien und Bauteile gleichermaßen zur Errichtung von Gebäuden verwendet, und zwar insbesondere auch in einander ergänzendem Einsatz (vgl dazu auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 11. Auflage 1999, S 78 ff, 184; BPatG 12 W (pat) 6/96, 28 W (pat) 210/80, 28 W (pat) 112/87, 28 W (pat) 167/94, 28 W (pat) 191/95; BGH WRP 1998, 747). Die Waren "Kellerfenster-Schalungen aus Styropor" der Widerspruchsmarke 984 423 können mit den Waren "Dämmstoffe, Isolierstoffe; Baumaterialien (nicht aus Metall)" der angegriffenen Marke sogar identisch sein.

In der Gesamtbeurteilung unter Abwägung der großen klanglichen Markenähnlichkeit, der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken sowie einer zumindest geringeren Warenähnlichkeit in ihrer Wechselbeziehung läßt sich die Verwechslungsgefahr nicht ausschließen. Dabei berücksichtigt der Senat, daß die beiderseitigen Waren weitgehend von Fachleuten oder jedenfalls fachlich versierten Personen ausgewählt und erworben werden. Aber auch durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittskäufern als fachkundigen Abnehmern der beiderseitigen Waren bietet sich nur selten die Möglichkeit, die verschiedenen Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, so daß bei mündlichen Empfehlungen, Bestellungen, Anweisungen, Besprechungen oä allein die klangliche Markenähnlichkeit ohne weiteres zu Verwechslungen führen kann (vgl dazu: EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 25 - 28 - Lloyd), insbesondere wenn die beiderseitigen Waren für dieselbe Baustelle bestimmt sind.

III Zu einer Kostenauferlegung besteht kein Anlaß, insbesondere kann dem Kostenantrag der Beschwerdeführerin schon aus den dargelegten Gründen nicht stattgegeben werden.

Die Beteiligten tragen die ihnen erwachsenen Kosten jeweils selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).

Winkler Dr. Hockv. Zglinitzki Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/33W(pat)73-01.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 16.04.2002
Az: 33 W (pat) 73/01


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