Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Januar 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 421/02

(BPatG: Beschluss v. 14.01.2004, Az.: 32 W (pat) 421/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 11 - vom 31. Oktober 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Die für Leuchtenangemeldete Wortmarkeerayhat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 21. Oktober 2002 als nicht unterscheidungskräftige Angabe von der Eintragung zurückgewiesen.

Der Bezeichnung komme wegen ihrer allgemeinverständlichen beschreibenden Aussage (elektrischer/elektronischer Strahl; Leuchten, die mittels elektronischer Strahlen funktionierten, solche aussendeten) nicht die Eignung zu, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren eines Unternehmens aufgefasst zu werden. Selbst wenn es sich um eine neue Wortzusammensetzung handeln sollte, sei diese durchaus sprachüblich gebildet und weise kein Mindestmaß an phantasievoller Eigenart auf. Der unmittelbar beschreibende Sinngehalt sei für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher ohne weiteres erkennbar.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens das Warenverzeichnis wie folgt eingeschränkt:

Leuchten, ausgenommen für refraktometrische Messungen oder Anwendungen für naturwissenschaftliche, technische oder medizinische Zwecke.

Leuchten sendeten im Betrieb zwar Licht- oder Wärmestrahlen aus, die jedoch vom Fachmann nicht als elektrische oder elektronische Strahlen bezeichnet würden. Gegenüber Anwendungen, wie etwa refraktometrischen Messungen zur Bestimmung von Materialeigenschaften (z.B. von Kristallen) mittels eines "außerordentlichen Strahls", sei durch die Aufnahme des Disclaimers eine ausreichende Abgrenzung erfolgt.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren anzuordnen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und nach Einschränkung des Warenverzeichnisses in der Beschwerdeinstanz auch begründet, weil einer Registrierung der angemeldeten Bezeichnung keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG mehr entgegenstehen.

1.) Die Marke eray entbehrt nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Ein für breite Verbraucherkreise im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt von eray läßt sich nicht feststellen. Diese Beurteilung gilt unabhängig davon, in welchem Sinne man den Warenbegriff "Leuchten" versteht. Nach neuerem Sprachgebrauch bezeichnet Leuchte ein Gerät zur Aufnahme und zum Betrieb künstlicher Lichtquellen (Lampen, z.B. Glühlampen, Leuchtstofflampen, Leuchtröhren), d.h. ohne diese Leuchtmittel selbst (vgl BROCKHAUS Enzyklopädie, 20. Aufl, Bd. 13, S. 338). Danach wäre eine Leuchte keine Lichtquelle und somit gar nicht in der Lage, einen Strahl (englisch: ray) auszusenden. Aber selbst wenn man den Begriff Leuchte im herkömmlichen Sinn mit Lampe oder sonstiger Lichtquelle gleichsetzt (vgl DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl., Bd. 6, S. 2415) - in diesem Sinne verwendet ersichtlich auch die Anmelderin selbst die beanspruchte Warenbezeichnung -, ist eray, unabhängig von der exakten Bedeutung dieses Kürzels, für das angesprochene breite Publikum nicht beschreibend, da dieses mit der naturwissenschaftlichtechnischen Fachterminologie und den dort gebräuchlichen Abkürzungen im Regelfall - und so auch hier - nicht vertraut ist. Diese Bewertung gilt erst recht, nachdem die Anmelderin durch die Einschränkung des Warenverzeichnisses ausdrücklich Anwendungen naturwissenschaftlicher, technischer und medizinischer Art ausgenommen hat, mithin nicht (auch) auf Fachkreise und deren Verständnis abgestellt werden darf.

2.) Die angemeldete Marke stellt auch keine Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Danach sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung u.a. der Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Dass eray - wie von der Markenstelle ohne nähere Belege behauptet - eine Abkürzung für die Fachbezeichnungen Elektronenstrahl, elektronischer Strahl (bzw. die entsprechenden englischsprachigen Ausdrücke) wäre, konnte der Senat trotz eingehender Nachforschungen in der Fachliteratur und im Internet nicht ermitteln. Zu belegen ist insoweit allein der Gebrauch von ebeam (für electron beam). Demgegenüber wird die Abkürzung eray für den physikalischen (optischen) Fachbegriff "extraordinary ray" (im Gegensatz zum "ordinary ray" = oray) verwendet, z.B. in der Mineralogie (Kristallographie) und möglicherweise auch auf anderen Gebieten wie etwa der Astrophysik. Nachdem die Anmelderin aber durch den Disclaimer im Warenverzeichnis ausdrücklich auf Anwendungen der beanspruchten Leuchten für refraktometrische Messungen und sonstige naturwissenschaftliche, technische und medizinische Zwecke verzichtet hat, stellt eray für die verbleibenden Leuchten - soweit man diese als Strahlen emittierend ansieht - keine ausschließlich beschreibende Angabe dar. Behinderungsmöglichkeiten für einen deskriptiven Gebrauch durch Konkurrenzunternehmen sind weder aktuell, noch zukünftig ersichtlich.

Winkler Sekretaruk Viereck Hu






BPatG:
Beschluss v. 14.01.2004
Az: 32 W (pat) 421/02


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