Verwaltungsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 25. Mai 2009
Aktenzeichen: 3 K 2136/08

(VG Düsseldorf: Urteil v. 25.05.2009, Az.: 3 K 2136/08)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Abs.2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Die angefochtenen Gebührenbescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die angegriffenen Gebührenbescheide finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 GebG NRW, § 1 AVerwGebO NRW i.V.m. der Tarifstelle 15 a 3.15.1 und § 7 Abs. 1 und 3 der sechsundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über elektronische Felder - (26. BImmSchV).

Danach hat der Beklagte für die Entgegennahme und Bearbeitung einer Anzeige über die Inbetriebnahme einer Anlage nach § 7 der 26. BImSchV eine Gebühr in Höhe von jeweils 100 EUR festgesetzt. Diese Entscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die dem Gebührenbescheid zugrunde liegende Tarifstelle 15 a 3.15.1, welche einen Gebührenrahmen zwischen 25 und 250 EUR festsetzt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

Insbesondere ist die Gebührenerhebung auf landesrechtlicher Grundlage nicht durch Bundesgesetz ausgeschlossen. Diesbezüglich entfaltet § 52 Abs. 4 BImSchG keine Sperrwirkung, weil die bundesrechtliche Vorschrift zur Erhebung von Kosten die Materie nicht abschließend und erschöpfend regelt,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2003 - 9 A 183/01 -, DVBl 2003, 1080

Die Erhebung einer Gebühr nach der Tarifstelle Nr. 7 Unter- Nr. 2.18 für die Entgegennahme und Bearbeitung der Anzeige nach § 7 der 26. BImSchV ist auch mit den telekommunikationsrechtlichen Gebührenregelungen vereinbar.

Der Gesetzgeber hat zwar immissionsschutzrechtliche Überprüfungsaspekte mit den nach telekommunikationsrechtlichen Vorschriften bestehenden Anforderungen verknüpft, indem er in § 7 Abs. 1 der 26. BImSchV die Beifügung der nach den telekommunikationsrechtlichen Bestimmungen zu erstellenden Standortbescheinigung vorgeschrieben hat. Durch die in § 7 Abs.1 der 26. BImSchV vorgesehene Beifügung der Standortbescheinigung soll aber nur eine erhebliche Vollzugserleichterung der für die immissionsschutzrechtliche Prüfung zuständigen Behörde erreicht werden. Denn die Standortbescheinigung beinhaltet alle zur Beurteilung einer Sendefunkanlage relevanten Daten. Hierzu besteht insoweit Bedarf, als die Ermittlung der Vorbelastung im Hochfrequenzbereich ohne die nur bei der Regulierungsbehörde vorhandene Kenntnis der für Vorbelastungsbeiträge in Betracht kommenden anderen Hochfrequenzanlagen sehr aufwendig ist.

Auch aus einem Vergleich der Regelungszwecke der telekommunikationsrechtlichen und bundesimmissionsschutzrechtlichen Vorschriften ergibt sich, dass der Überprüfung nach den immissionsschutzrechtlichen Regelungen eigene Bedeutung zukommt. Zwar stellt das Telekommunikationsgesetz (TKG) in § 59 Abs. 2 Nr. 1 als grundlegende Anforderung an Endeinrichtungen wie Hochfrequenzanlagen auch die Sicherheit von Personen. Das Gesetz verfolgt jedoch ausweislich des § 1 hauptsächlich den Zweck, durch Regulierung im Bereich der Telekommunikation den Wettbewerb zu fördern und flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten sowie eine Frequenzordnung festzulegen. Damit stellt das TKG Fragen der technischen Funktionalität und der flächendeckenden Nutzung in den Vordergrund. Demgegenüber hat die 26. BImSchV vorrangig den Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch elektromagnetische Felder im Blick. Dieser maßgeblichen Schutzrichtung der 26. BImSchV hat der Verordnungsgeber dadurch Rechnung getragen, dass er wegen des von Hochfrequenzanlagen ausgehenden hohen Gefährdungspotentials neben der nach telekommunikationsrechtlichen Vorschriften erforderlichen Standortbescheinigung noch eine immissionsschutzrechtliche Anzeigepflicht für Hochfrequenzanlagen der hier zu beurteilenden Art vorgeschrieben hat.

Vgl. VG Saarland, Urteil vom 16.12.2004 - 1 K 10/04 -, Juris.

Auch sind die Voraussetzungen für den Erlass einer Rahmengebühr im Sinne von § 4 Alt. 4 GebG NRW gegeben. Nach § 9 Abs. 1 GebG NRW sind bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden, und die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie auf Antrag dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu berücksichtigen. Die Ausrichtung der Gebührenentscheidung an solch unterschiedlichen Einzelfällen ist hier möglich.

Dies gilt zunächst für den mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand. Dieser kann die Mindestgebühr durchaus übersteigen. Die Verwaltungstätigkeit beschränkt sich hier keineswegs auf die Entgegennahme der Anzeige nach § 7 Abs. 1 der 26. BImSchV. Der Annahme einer bloßen Wissens- oder Willenserklärung steht entgegen, dass - wie bereits dargelegt - ein gesonderter Prüfaufwand für die Immissionsschutzbehörde anfällt. Insbesondere wäre der Standpunkt, , dass die Anzeige nur eine Information liefere, die erst im Rahmen einer späteren Kontrolle bearbeitet werde, nicht zutreffend. Dies würde den mit der Eingangsprüfung verbundenen und der späteren Kontrolle vorgeschalteten Verwaltungsaufwand vernachlässigen.

Auch kann der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen der Anzeige den Mindestwert der Rahmengebühr übersteigen. Die Anzeige nach § 7 Abs. 1 der 26. BimSchV stellt keinen rein formalen Akt dar, der gegenüber der bereits erteilten Standortbescheinigung keinen wirtschaftlichen Vorteil bewirkt. Die Überprüfung der Anzeige durch die Behörde dient vielmehr auch den (wirtschaftlichen) Interessen des Anlagenbetreibers. Denn sie gibt ihm die rechtliche Sicherheit, die Anlage ohne nachträgliche Beschränkungen betreiben zu dürfen. Nimmt die Behörde die Anzeige nach § 7 der 26. BImSchV entgegen, ohne daraufhin tätig zu werden und weitere Anforderungen an den Betreiber zu stellen, so entsteht für den Betreiber eine gesteigerte Rechtssicherheit dahin, dass dem Betrieb der Anlage keine Hindernisse entgegenstehen dürften,

vgl. OVG NRW, a.a.O.

Der Beklagte hat schließlich das ihm zustehende Ermessen bei der Ermittlung der Gebühr von 100 EUR innerhalb des ihm vorgegebenen Rahmens von 25 bis 250 EUR fehlerfrei ausgeübt und die bei Rahmensätzen zu beachtenden Bemessungsgrundsätze des § 9 Abs. 1 GebG NRW eingehalten hat. Danach sind bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden, und die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie auf Antrag dessen wirtschaftliche Verhältnisse. Hiernach ist Ausgangspunkt der Gebührenbemessung der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, der allerdings im Einzelfall nicht genau ermittelt, sondern nur berücksichtigt werden muss und deshalb auch einer Schätzung durch die Behörde zugänglich ist. Die Berücksichtigung der Bedeutung, des wirtschaftlichen Wertes oder sonstigen Nutzens der Amtshandlung für den Gebührenschuldner findet ihre Grenzen am Äquivalenzprinzip, wonach zwischen Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner andererseits ein angemessenes Verhältnis zu bestehen hat.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 2002 - 9 A 2571/99 - und Beschluss vom 18.08.2004 - 9 B 1591/04 -, Juris.

Diesen Anforderungen wird die hier getroffene Entscheidung gerecht. Den Beklagte hat bereits in den angefochtenen Bescheiden dargelegt, dass er die Gebühr nach dem entstandenen Verwaltungsaufwand und nach der Bedeutung der Amtshandlung festgesetzt hat, und dies in der Klageerwiderung weiter erläutert. Dabei bestehen einerseits keine Bedenken, dass er den für die Klägerin aus der Amtshandlung erwachsenen wirtschaftlichen Vorteil, so wie er oben beschrieben wurde, als groß eingeschätzt hat. Andererseits ist nicht zu beanstanden, dass er den Bearbeitungsaufwand für die Entgegennahme und sachgerechte Bearbeitung der Anzeige mit 1 bis 1 ¼ Stunden bestimmt. Beides würde schon für sich betrachtet die Höhe der festgesetzten Gebühr rechtfertigen.

Hält sich die Bestimmung der Höhe der Gebühren im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Ermessens, ergibt sich etwas anderes auch nicht aus dem Gedanken der Selbstbindung der Verwaltung. Zwar folgt aus dem Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, dass eine Reduktion des an sich zustehenden Ermessens auf Null in Betracht kommt, wenn die Behörde ihr Ermessen in der Vergangenheit durch eine bestimmte Verwaltungspraxis gebunden hat. Die Behörde ist in einem solchen Fall gehindert, ihr Ermessen entgegen ihrer bisher geübten Praxis in Einzelfällen ohne zureichenden Grund auszuüben,

vgl. Urteil des BVerwG vom 22.01.1969 - VI C 52.65 -, E 31, 212.

Es sind aber keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin abweichend von der Verwaltungspraxis des Beklagten behandelt wurde. Der Beklagte hat hinreichend substantiiert dargelegt, dass er im Fall der Klägerin entsprechend seiner bisherigen Verwaltungspraxis entschieden hat. Ohne Bedeutung ist dagegen, wie andere Behörden den in Rede stehenden Gebührenrahmen anwenden oder angewandt haben. Die vorgenannte Selbstbindung bezieht sich immer nur auf die jeweils zur Ermessensentscheidung berufene Behörde. Aus der Ableitung des Rechtsinstituts aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes folgt, dass die Selbstbindung nur für die jeweilig zuständige Behörde,

so Gubert, in v. Münch u.a, Grundgesetzkommentar, 5 .Aufl., Art. 3 Rn 39,

beziehungsweise jedenfalls nur für den nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Verwaltungsträger gilt,

so BVerwG, Urteil vom 18.09.1984 - 1 A 4.83 -, E 70, 127, 132, und Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl., § 40 R. 129.

Unabhängig davon hätte die Beklagte aber auch grundsätzlich die Möglichkeit, sich aus sachlichem Grund von einer in der Vergangenheit geübten Praxis zu lösen und für künftige Fälle ihr Ermessen in anderer Weise zu betätigen. Die durch die Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz zum 1. Januar 2008 neu erworbene Zuständigkeit des Beklagten würde hierzu einen hinreichenden Anlass bieten.

Ob dem Beklagten die notwendigen Informationen zur Verfügung standen, um den wirtschaftlichen Vorteil bezogen auf die einzelne angezeigte Anlage unterschiedlich zu beurteilen, kann hier dahinstehen, da der Beklagte seinen Gebührenentscheidungen seiner Verwaltungspraxis entsprechend einheitlich einen Wert von 100 EUR pro Anlage und Anzeige zugrunde legt.

Auch der Hilfsantrag führt nicht zum Erfolg. Er ist unstatthaft, da für ein Bescheidungsurteil im Rahmen einer Anfechtungsklage kein Anlass besteht. Fehlerhafte Ermessenserwägungen führen vielmehr unmittelbar zur Aufhebung des angegriffenen Verwaltungsaktes, hätten hier also bereits dem Hauptantrag zum Erfolg verholfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2, Nr. 3, 4 VwGO liegen nicht vor.






VG Düsseldorf:
Urteil v. 25.05.2009
Az: 3 K 2136/08


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