Bundespatentgericht:
Urteil vom 5. Dezember 2006
Aktenzeichen: 3 Ni 42/04

(BPatG: Urteil v. 05.12.2006, Az.: 3 Ni 42/04)

Tenor

I. Das deutsche Patent 197 56 864 wird teilweise für nichtig erklärt und zwar hinsichtlich des Patentanspruchs 1, soweit er Zellen umfasst, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werdenund weiterhin hinsichtlich der Patentansprüche 12 und 16, soweit diese die Herstellung von Zellen umfassen, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt , der Beklagte der Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 19. Dezember 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten Patents DE 197 56 864 C1 (Streitpatent), das "neurale Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten" betrifft und 25 Patentansprüche umfasst. Die Patentansprüche 1, 6 und 8 lauten - unter Korrektur von Schreibfehlern - wie folgt:

1. Isolierte, gereinigte Vorläuferzellen mit neuronalen oder glialen Eigenschaften aus embryonalen Stammzellen, enthaltend höchstens etwa 15 % primitive embryonale und nichtneuronale Zellen, erhältlich durch folgende Schritte:

a) kultivieren von ES-Zellen zu Embryoid Bodies, b) kultivieren der Embryoid Bodies zu neuralen Vorläuferzellen, c) proliferieren der neuralen Vorläuferzellen in einem Wachstumsfaktorhaltigen serumfreien Medium, d) proliferieren der neuralen Vorläuferzellen aus Schri t c) in einem weiteren Wachstumsfaktorhaltigen serumfreien Medium und isolieren der gereinigten Vorläuferzellen, unde) proliferieren der neuralen Vorläuferzellen aus Schritt d) in einem weiteren Wachstumsfaktorhaltigen serumfreien Medium und isolieren der gereinigten Vorläuferzellen, mit neuronalen oder glialen Eigenschaften, odera') kultivieren von ES-Zellen zu Embryoid Bodies, b') kultivieren der Embryoid Bodies zu neuralen Vorläuferzellen, c') proliferieren der neuralen Vorläuferzellen in einem Wachstumsfaktorhaltigen serumfreien Medium, d') proliferieren der neuralen Vorläuferzellen aus Schritt c') in einem weiteren Wachstumsfaktorhaltigen serumfreien Medium zu Sphäroiden mit neuronalem und glialem Differenzierungspotential und isolieren der neuralen Sphäroide unde') proliferieren der neuralen Sphäre aus Schritt d') in einem Wachstumsfaktorhaltigen serumfreien Medium bis zur Ausbildung eines aus glialen Vorläuferzellen bestehenden Zellrasens und isolieren der gereinigten Vorläuferzellen mit glialen Eigenschaften.

6. Zellen nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei die embryonalen Stammzellen aus embryonalen Keimzellen erhalten worden sind.

8. Zellen nach Anspruch 7, wobei die Zellen aus der Gruppe umfassend Maus, Ratte, Hamster, Schwein, Rind, Primaten oder Mensch isoliert worden sind.

Patentanspruch 12 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von gereinigten Vorläuferzellen mit neuronalen oder glialen Eigenschaften, das die Schritte a bis e gemäß Patentanspruch 1 umfasst. Das Verfahren nach Patentanspruch 16 umfasst die Schritte a' bis e' gemäß Patentanspruch 1.

Die Patentansprüche 22 bis 24 sind auf die Verwendung der gereinigten Vorläuferzellen mit neuralen oder glialen Eigenschaften zur Therapie von neuralen Defekten, zur Rekonstitution neuronaler Zellen oder zur Remyelinisierung demyelinisierter Nervenzellen und für zellvermittelten Gentransfer ins Nervensystem gerichtet. Patentanspruch 25 betrifft die Verwendung der Vorläuferzellen zur in vitro Gewinnung von Polypeptiden.

Der Kläger hält das Streitpatent, soweit seine Patentansprüche neurale Vorläuferzellen umfassen, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden, wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten gemäß § 2 Nr. 1 PatG für nichtig. Aus Patentanspruch 8 in Verbindung mit der Beschreibung des Streitpatents gehe hervor, dass die erfindungsgemäßen neuronalen Vorläuferzellen auch aus embryonalen Stammzellen vom Menschen erhalten werden könnten. Die Gewinnung von embryonalen Stammzellen durch Entnahme aus der inneren Zellmasse eines Embryos führe zwangsläufig zu dessen Vernichtung. Die Vernichtung menschlicher Embryonen zu gewerblichen und damit kommerziellen Zwecken, die von dem Gegenstand des Streitpatents somit auch umfasst sei, verstoße gegen die dem menschlichen Embryo bereits mit der Verschmelzung von Ei und Samenzelle zukommende Menschenwürde und sein Recht auf Leben. Seiner Verpflichtung zum Schutz dieser gemäß Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich garantierten elementaren Rechtsgüter habe der Gesetzgeber durch die Strafvorschriften des Embryonenschutzgesetzes vom 13. Dezember 1990 (ESchG) Rechnung getragen. Für die Auslegung der Begriffe der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten seien aber auch die Vorschriften des erst nach der Erteilung des Streitpatents in Kraft getretenen Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 21. Januar 2005 (BioPatG) und des Stammzellgesetzes vom 28. Juni 2002 (StZG) heranzuziehen, die den Schutz des menschlichen Lebens bereits von der Befruchtung an als tragenden Grundsatz der deutschen Rechtsordnung bestätigten. Ausgehend von diesen Normen sei das Streitpatent in rechtswidriger Bevorzugung des Einzelinteresses des Patentinhabers gegenüber den überragenden Rechtsgütern der Menschenwürde und des Rechts auf Leben zu Unrecht erteilt worden.

Zur Begründung seines Vorbringens verweist der Kläger u. a. auf folgende Dokumente:

K1 DE 197 56 864 C1 K4 BT-Drs. 14/8846, S. 13 K5 BT-Drs. 11/5460, S. 6 K6 BVerfGE 88, S. 251 K7 Ernst Benda, NJW 2001, S. 2148 K8 BGBl. I S. 2277 (Stammzellgesetz- StZG) vom 28. Juni 2002 K11 BT-Drs. 15/1709 vom 15. Oktober 2003 K14 Jahrbuch für Wissenschaft und Ethik Bd. 9, 2004, S. 367 bis 371 K15 Internet-Auszug: spektrumdirekt, Ausgabe vom 29. August 2006, "Nature korrigiert: Embryonen bei Stammzellstudie doch zerstört"

K16 Auszug aus der parallelen europäischen Akte.

Der Kläger beantragt, das deutsche Patent 197 56 864 hinsichtlich des Patentanspruchs 1 soweit er Zellen umfasst, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden, sowie Patentanspruch 8 in Bezug auf menschliche Zellen und hinsichtlich der Patentansprüche 12 und 16 soweit sie Zellen umfassen, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden, teilweise für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Hilfsweise verteidigt er das Streitpatent mit den Patentansprüchen gemäß den in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsanträgen 1 und 2 und beantragt insoweit Klageabweisung.

Die gemäß Hilfsantrag 1 verteidigte Fassung der Patentansprüche 1, 12 und 16 des Streitpatents betrifft isolierte, gereinigte Vorläuferzellen mit neuronalen oder glialen Eigenschaften aus pluripotenten embryonalen Stammzellen. Nach der gemäß Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung der Patentansprüche 1, 12 und 16 liegen die embryonalen Stammzellen als ES-Zelllinie vor.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Verwertung der Erfindung des Streitpatents nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Patentanmeldung, die für das Nichtigkeitsverfahren maßgeblich sei, nicht gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen habe. Ein solcher Verstoß liege auch nach den - allenfalls für das Verständnis der Generalklausel der öffentliche Ordnung oder der guten Sitten im jetzigen Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtigkeitsklage heranzuziehenden - Vorschriften des durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über den Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 21. Januar 2005 geänderten Patentgesetzes und des Stammzellgesetzes nicht vor. Bei den embryonalen Stammzellen, aus denen die erfindungsgemäßen neuronalen Vorläuferzellen hergestellt würden, handele es sich um pluripotente Zellen, die nicht die Fähigkeit besäßen, sich zu einem vollständigen menschlichen Organismus zu entwickeln. Sie seien daher keine gemäß § 8 Abs. 1 ESchG einem Embryo gleichstehende totipotente Zellen. Die Patentansprüche des Streitpatents seien auch nicht auf eine nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG vom Patentschutz ausgeschlossene Verwendung menschlicher Embryonen gerichtet. Der erste Verfahrensschritt a bzw. a' der Patentansprüche 1 und 16 betreffe vielmehr ausdrücklich nur die Kultivierung pluripotenter embryonaler Stammzellen zu Embryoid Bodies. Die bloße Möglichkeit, dass in einem diesem Verfahrensschritt vorgelagerten Schritt menschliche Embryonen verbraucht würden, begründe keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung. Dagegen spreche, dass die Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen unter den im Stammzellgesetz genannten Voraussetzungen erlaubt sei. Eine vom Gesetzgeber bewusst zugelassene Verwendung, die zudem auf nationaler und europäischer Ebene im Rahmen von Forschungsprojekten mit Forschungsgeldern gefördert werde, könne nicht sittenwidrig sein. Der Beklagte macht ferner geltend, dass es auch Möglichkeiten der Gewinnung embryonaler Stammzellen ohne zerstörenden Verbrauch menschlicher Embryonen gebe. Es treffe daher nicht zu, dass es an jeglicher zulässigen Verwertungsmöglichkeit der Erfindung fehle, die Voraussetzung für den Ausschluss vom Patentschutz wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten sei.

Zur Stützung seines Vorbringens verweist der Beklagte auf folgende Dokumente:

B1 Embryonenschutzgesetz (ESchG) vom 13. Dezember 1990 B2 "Jungfräuliche Stammzellen" GenomXPress 4/04, S. 48 bis 49 B3 Stellungnahme des Nationalen Ethikrats zur Patentierung biotechnologischer Erfindungen unter Verwendung biologischen Materials menschlichen Ursprungs B4 "Stellungnahme Nr. 16" der Europäischen Gruppe für Ethik in Naturwissenschaften und neuen Technologien bei der Europäischen Kommission zur Fragestellung "Ethische Aspekte der Patentierung von Erfindungen im Zusammenhang mit menschlichen Stammzellen"

B5 Tauplitz J. "Die Aufgaben der Zentralen Ethik-Kommisson für Stammzellenforschung" in "Strafrecht Biorecht Rechtsphilosophie", C. F. Müller Verlag Heidelberg, 2003 S. 903 bis 912 B6 Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Forschung mit menschlichen Stammzellen (vom 3. Mai 2001)

B7 Rogge R. "Patente auf genetische Informationen im Lichte der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten", GRUR 1998 S. 303 bis 309 B8 Abbildung: Übersicht über die ersten 35 Tage der Embryogenese beim Menschen B9 Abbildung: Gewinnung und Verwendung von embryonalen Stammzellen B10 ausgesuchte Beispiele für öffentliche Forschungsförder-Programme an humanen embryonalen Stammzellen B11 RKI Register genehmigter Anträge nach § 1 Stammzellgesetz, u. a. der Fa. ProteoSysAG B12 "Stammzellforschung in Deutschland - Möglichkeiten und Perspektiven" Stellungnahme der deutschen Forschungsgemeinschaft Oktober 2006 B13 Internetauszug: BMBF Fördermaßnahme "Zellbasierte, regenerative Medizin" (eine Seite)

B14 http://www.bats.ch /publications/stammzellreport/04.htm "Abb. 2: Gewinnung von ES-Zellen aus Blastozysten und Föten"

B15 R. S‡nchez-Pernaute et al., Stem Cells 2005, S. 914 bis 922 B17 K. Takahashi et al., Cell 2006, 126, S. 1 bis 14 B18 DFG Schwerpunktprogramm 1109 "Embryonal and Tissue-Specific Stem Cells - Regenerative Systems for Cell and Tissue Repair"

B19 Internetauszug: EuroStemCell - sechstes Rahmenprogramm der EU-internationale Verbundobjekte akademischer und kommerzieller Partner zur Nutzung humaner embryonaler Stammzellen B20 Entwurf zum siebten Rahmenprogramm der EU (2007-2013) zur Förderung von Arbeiten mit humanen Stammzellen B21 A. Meissner et al., Nature 2006, 439, S. 212 bis 215 B22 Merkblatt BNBest-BMBF 98, Stand April 2006: Besondere Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis B23 WO 96/22362 A1.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Akteninhalt nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als teilweise begründet.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund führt zur Nichtigkeit des Streitpatents in dem im Tenor genannten Umfang (§ 22 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG i. d. F. vom 21. Januar 2005). Die Nichtigkeit des Patentanspruchs 8 ergibt sich, soweit er embryonale Stammzellen des Menschen betrifft, aus dem Rückbezug auf Patentanspruch 1. Dagegen war die Klage abzuweisen, soweit Patentanspruch 1 Zellen umfasst bzw. Patentansprüche 12 und 16 die Herstellung von Zellen umfassen, die aus embryonalen Keimzellen erhalten worden sind.

I.

Das Streitpatent betrifft isolierte und gereinigte neurale Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung aus embryonalen Stammzellen in unbegrenzter Menge, die Verwendung der neuralen Vorläuferzellen zur Therapie von neuralen Defekten und zur Gewinnung von Polypeptiden.

1. Nach den Angaben im Streitpatent besteht der Bedarf, neurale Vorläuferzellen zu entwickeln, weil das ausgereifte Nervensystem selbst nur eine außerordentlich geringe Regenerationsfähigkeit aufweist. Gegenüber den in der Beschreibung einleitend geschilderten bisherigen, mit großen ethischen Problemen behafteten Bemühungen, neurale Vorläuferzellen als Transplantationsmaterial zu erhalten, nennt die Streitpatentschrift embryonale Stammzellen (ES-Zellen) als eine neue Perspektive. ES-Zellen könnten z. B. aus sehr frühen Embryonen im Blastozystenstadium gewonnen werden. Das einzigartige an derartigen Zellen sei, dass es sich um totipotente Zellen handele, die über viele Passagen in einem undifferenzierten Zustand gehalten werden könnten und die Fähigkeit besäßen, in alle Gewebe und Zelltypen auszudifferenzieren. Dies werde heute vielfach dazu benutzt, die Zellen in vitro genetisch zu modifizieren, um dann nach Injektion dieser Zellen in eine Blastozyste genetisch veränderte Tiere herzustellen. Ein weitaus weniger häufig begangener Weg sei die in vitro Differenzierung von ES-Zellen. Diese Technik erlaube es u. a., die frühen Schritte der Gewebeentwicklung unter kontrollierten Bedingungen in vitro ablaufen zu lassen und experimentell zu untersuchen. So sei es mehreren Forschungsgruppen bereits gelungen, ES-Zellen in vitro in Zellen des Nervensystems auszudifferenzieren. Dieses erfolge im allgemeinen durch die Zugabe von Retinsäure. Diese Maßnahme sei jedoch mit den Nachteilen verbunden, dass zum einen eine neurale Differenzierung nur in einem Teil der Zellen erfolge und eine befriedigende Aufreinigung dieser Zellen bisher nicht möglich sei, zum anderen eine sehr starke Differenzierung erfolge, so dass der überwiegende Teil der Zellen das Vorläuferstadium bereits überschritten habe und sich vielfach in einem postmitotischen Zustand befinde. Auch das Ausplattieren von zu sog. Embryoid Bodies aggregierten ES-Zellen in serumfreiem Medium und Kultivieren über mehrere Tage sei schon beschrieben worden. Solche Zellpopulationen enthielten aber immer noch zahlreiche undifferenzierte embryonale und nichtneural differenzierte Zellen, weshalb Zellpopulationen mit solchen Kontaminationen, die zu Tumoren und der Ausbildung von nichtneuralem Gewebe im Transplantat führen könnten, nicht für mögliche rekonstruktive Transplantationen geeignet seien (vgl. Streitpatent S. 2 Z. 6 bis S. 4 Z. 10).

2. Dem Streitpatent liegt danach die Aufgabe zu Grunde, isolierte, gereinigte Vorläuferzellen, mit neuronalen und glialen Eigenschaften aus embryonalen Stammzellen (ES-Zellen), insbesondere gereinigte Neurone und Gliazellen, sowie Verfahren zur Herstellung der neuralen Vorläuferzellen in praktisch unbegrenzter Menge bereitzustellen (vgl. Streitpatent S. 4 Z. 11 bis 13). Gelöst wird diese Aufgabe durch die in dem erteilten Patentanspruch 1 angegeben Vorläuferzellen sowie die Verfahren nach Patentansprüchen 12 und 16, die jeweils die im Patentanspruch 1 genannten Verfahrensmaßnahmen umfassen.

3. Als Ausgangsmaterial für die Gewinnung von ES-Zellen werden in der Streitpatentschrift sehr frühe Embryonen im Blastozystenstadium genannt (Streitpatent S. 4 Z. 33-34), z. B. 3,5 Tage alte Mausembryonen (vgl. S. 2 Z. 59) bzw. 3 bis 4 Tage alte Blastozysten der Maus (vgl. S. 7 Z. 49, 50). Ferner können nach den Angaben in der Beschreibung ES-Zellen auch aus anderen Spezies gewonnen werden. Als Beispiel sind u. a. Primaten und der Mensch sowie das menschliche Embryonalgewebe genannt (S. 7 Z. 51 bis 56; S. 9 Z. 49, 50). Nach der Streitpatentschrift können die ES-Zellen auch als ES-Zelllinie (vgl. S. 9 Z. 50 bis 51) vorliegen. Unter der Überschrift "Definitionen" wird in der Streitpatentschrift ferner ausgeführt, dass der dort verwendete Begriff toti-, pluri-, multi- und bipotente Zellen Vorläuferzellen bedeute, welche in alle (totipotent), viele verschiedene (pluri- und multipotent) oder zwei (bipotent) reife Zelltypen ausdifferenzieren könnten (S. 4 Z. 53 bis 55).

II.

1. Grundlage für die Beurteilung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten ist § 2 PatG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 21. Januar 2005 (BioPatG). § 2 Abs. 1 PatG entspricht im Wesentlichen dem am Anmeldetag des Streitpatents geltenden § 2 Nr. 1 PatG i. d. F vom 27. März 1992. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 PatG ist neu eingefügt und enthält beispielhaft eine Reihe besonders wichtiger Fälle, in denen auf jeden Fall ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vorliegt und ein Patent nicht erteilt werden darf (Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen biotechnologischer Erfindungen, BlPMZ 2005, 95, 97 re. Sp.). Hierzu gehört die - für die Beurteilung des Streitpatents relevante - Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG.

2. Die Prüfung der Rechtsbeständigkeit eines Patents im Nichtigkeitsverfahren richtet sich zwar grundsätzlich nach dem im Zeitpunkt der Patenterteilung geltenden Recht, das in der Regel dem Recht am Anmelde- oder Prioritätstag entspricht (vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 22 Rdn. 56; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 81 Rdn. 82). Dieser Grundsatz ist in dem Fall des Nichtigkeitsgrundes der mangelnden Patentierbarkeit wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten aber nicht anzuwenden. Das folgt aus dem Sinn und Zweck dieses Patentierungsausschlusses. Er bezieht sich im Gegensatz zu den anderen Nichtigkeitsgründen des § 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 PatG nicht auf die Erfindung selbst und ihre nach der Rechtslage am Anmelde- der Prioritätstag vorzunehmende technische Prüfung, sondern knüpft an die Verwertung der Erfindung nach Patenterteilung an. Als zukunftsbezogener Vorgang ist die Verwertung grundsätzlich nicht Gegenstand der patentrechtlichen Prüfung. Sie ist nur ausnahmsweise dann zu berücksichtigen, wenn sich aus dem Gesamtinhalt der Lehre der Erfindung offenkundig ergibt, dass sie - entweder insgesamt oder teilweise - in jedem Fall ihres bestimmungsgemäßen Gebrauchs gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde. Eine solche Erfindung darf vom Staat nicht als patentwürdig anerkannt und durch die Erteilung eines Patents belohnt und geschützt werden (vgl. BGH GRUR 1973, 585 - IUP). Der jeweilige Entscheidungsträger, sei es das Patentamt oder das Patentgericht, muss als Ausdruck der Achtung der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten jeden Anschein einer staatlichen Billigung gesetzes- oder sittenwidriger Handlungen oder gar der Mitwirkung an der Vorbereitung solcher Handlungen vermeiden (vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 2 Rdn. § 3b und 3c).

3. Der Senat ist daher mit dem weit überwiegenden Teil der Literatur (vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 2 Rdn. 3c; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 2 Rdn. 17; MGK/Moufang, Art. 53 EPÜ, Rd. 44; Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl., § 15 S. 255; Schatz, Öffentliche Ordnung und gute Sitten im europäischen Patentrecht, GRUR Int. 2006, 879, 885 li. Sp. m. w. Nachw.; wohl auch Busse, PatG, 6. Aufl., § 2 Rdn. 21) der Ansicht, dass auch ein bereits erteiltes Patent nicht in seinem Bestand erhalten bleiben darf, wenn jedenfalls nach den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen in dem für die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage maßgebenden Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung feststeht, dass die Erfindung nicht anders als unter Verstoß gegen die Rechts- oder Sittenordnung verwertet werden könnte. Änderungen der Rechtslage oder der tatsächlichen Umstände, z. B. technische Fortentwicklungen, sind bei der Entscheidung aber auch mit Wirkung zugunsten des Patentinhabers zu berücksichtigen.

4. Selbst wenn man im Hinblick auf die ex tunc-Wirkung der Nichtigerklärung (§§ 22 Abs. 2, 21 Abs. 3 Satz 1 PatG) davon ausgeht, dass der Nichtigkeitsgrund des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten auch schon im Zeitpunkt der Patenterteilung vorgelegen haben muss, führt dies in dem vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis, denn die Patentierungsverbote im Zusammenhang mit biotechnologischen Erfindungen haben sich bereits vor der Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998 (im Folgenden: Richtlinie) aus der Auslegung des Rechtsbegriffs der öffentlichen Ordnung ergeben (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf a. a. O, S. 95 re. Sp.). Schon im Zeitpunkt der Erteilung des Streitpatents (29. April 1999) waren im Rahmen der damals geltenden Vorschrift des § 2 Nr. 1 PatG die Verbotsnormen des Embryonenschutzgesetzes vom 13. Dezember 1990 (ESchG) zu berücksichtigen, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den ordre public in der Bundesrepublik Deutschland nunmehr auch für die Anwendung der Vorschriften des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 PatG maßgebend sind (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, BlPMZ 2005, 95, 98 li. Sp.). Das Patentamt war ferner verpflichtet, die durch § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 PatG nahezu wortgleich umgesetzten Regelungen des Art. 6 Abs. 2 lit a) bis d) der Richtlinie so weit als möglich bei der Auslegung der Generalklausel der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten heranzuziehen (vgl. EuGH, Slg 1990, I-4135, BeckRS 2004, 74075 Nr. 8 - Marleasing; EuGH NJW 2006, 2465 Nr. 108 - ELOG m. w. Nachw.). Mit Ausnahme der erst am 28. Juni 2002 erlassenen Verbotsnormen des Stammzellgesetzes, auf deren Erlaubnisvorbehalt hinsichtlich der Einfuhr und Verwendung embryonaler Stammzellen sich der Beklagte in dem vorliegenden Verfahren zu seinen Gunsten stützt, hat also im Zeitpunkt der Erteilung des Streitpatents keine andere Rechtslage bestanden als in dem heutigen Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtigkeitsklage.

III.

1. Die Verwendung von menschlichen Embryonen für industrielle oder kommerzielle Zwecke gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG unterliegt als spezieller Fall eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten gemäß § 2 Abs. 1 PatG denselben Anforderungen, die für das Patentierungsverbot wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten allgemein im Rahmen des § 2 Abs. 1 PatG gelten. Danach ist eine Erfindung nur dann von der Patentierung ausgeschlossen, wenn sie in jedem Fall ihres bestimmungsgemäßen Gebrauchs, wie er sich aus den Patentansprüchen und der Beschreibung ergibt, zu einer Verletzung elementarer Rechtsgüter führen würde. Die bloße Möglichkeit einer missbräuchlichen Verwertung reicht nicht aus (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 2 Rdn. 15; Benkard, PatG, 10. Aufl., § 2 Rdn. 4b).

2. Die Patentansprüche 1, 12 und 16 betreffen zwar Vorläuferzellen mit neuralen oder glialen Eigenschaften aus embryonalen Stammzellen allgemein und umfassen daher auch aus Stammzellen tierischer Herkunft gewinnbare Vorläuferzellen. Der Ansicht des Beklagten, die Herstellung der neuralen Vorläuferzellen aus solchen embryonalen Stammzellen sei jedenfalls eine Möglichkeit der zulässigen Verwertung, die einem Patentierungsausschluss für das Streitpatent insgesamt entgegenstehe, kann der Senat aber nicht folgen. Mit dem Streitpatent werden gemäß Patentanspruch 8 in Verbindung mit der Beschreibung (Streitpatentschrift S. 7 Z. 55, 56; S. 9 Z. 50, 51) ausdrücklich menschliche Embryonen als Edukte für die Gewinnung embryonaler Stammzellen beansprucht. Es handelt sich also nicht um eine lediglich hypothetisch mögliche Form der Benutzung der Erfindung, die nicht zu Lasten des Beklagten unterstellt werden dürfte, sondern um einen von ihm selbst konkret genannten bestimmungsgemäßen Gebrauch. Es widerspräche dem Sinn und Zweck des Patentierungsverbots nach § 2 PatG, die erklärte Benutzungsabsicht des Patentinhabers außer Betracht zu lassen und die Patentierbarkeit im Hinblick auf die zulässige Form der Benutzung der Erfindung mit tierischen embryonalen Stammzellen oder menschlichen embryonalen Keimzellen (dazu nachstehend unter Ziff. V) in vollem Umfang unter Einschluss des gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßenden Teils der Erfindung anzuerkennen (vgl. Schulte, PatG, 7. Aufl., § 2 Rdn. 34; B7: Rogge, GRUR 1998, 307, 306 re. Sp. unten, 307).

3. Soweit der Beklagte auf zahlreiche alternative Verfahren hinweist, mit denen heute die Gewinnung von menschlichen Stammzellen - vom Beklagten als embryonale Stammzellen bezeichnet - ohne Verwendung eines Embryos bzw. unter Umgehung des Totipotenzstadiums möglich sein soll (vgl. z. B. Anlagen B16, B17, B21), ist dieser Vortrag schon deshalb unbeachtlich, weil die so gewonnenen Zellen, selbst wenn sie in ihrer Potenz embryonalen Stammzellen vergleichbar sein mögen, keine menschlichen embryonalen Stammzellen aus Embryonen nach der Definition des Streitpatents sind und deshalb von der Nichtigerklärung nicht umfasst sind.

IV.

1. Die Patentansprüche 1, 12 und 16 gemäß Haupt- und Hilfsanträgen 1 und 2 betreffen, soweit die isolierten, gereinigten Vorläuferzellen menschlichen Ursprungs sind, eine Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken, für die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG ein Patent nicht erteilt wird. Bei der Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG sind die entsprechenden Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes maßgebend (§ 2 Abs. 2 Satz 2 PatG).

1.1. Die mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsanträgen 1 bzw. 2 beanspruchten isolierten, gereinigten Vorläuferzellen mit neuronalen oder glialen Eigenschaften bzw. die nach den Patentansprüchen 12 und 16 beanspruchten Verfahren zur Herstellung von gereinigten Vorläuferzellen mit neuronalen oder glialen Eigenschaften unterscheiden sich von den gemäß den Patentansprüchen 1, 12 und 16 nach Hauptantrag beanspruchten Gegenständen darin, dass pluripotente embryonale Stammzellen bzw. ES-Zelllinien als Edukte zur Anwendung kommen.

Gemäß § 8 Abs. 1 ESchG gilt als Embryo im Sinne dieses Gesetzes u. a. jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag. Bei pluripotenten Stammzellen handelt es sich nach den Angaben in der Streitpatentschrift um Vorläuferzellen, welche in viele verschiedene reife Zelltypen ausdifferenzieren können.

1.2. Es bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob die Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1, wie es auch vom Kläger geltend gemacht wurde, überhaupt das Erfordernis der ursprünglichen Offenbarung erfüllen und ob der Fachmann am Anmeldetag die im Streitpatent ausschließlich genannten totipotenten Stammzellen auch als pluripotente Stammzellen gelesen hat. Die in Rede stehenden Stammzellen werden im Streitpatent nämlich nicht nur durchgehend ausschließlich als totipotent beschrieben (vgl. Beschreibung S. 4 Z. 33 bis 36, S. 2 Z. 56 bis 65 und S. 3 Z. 50 bis 53), sondern es wird streitpatentgemäß im Zusammenhang mit den verwendeten Begriffen zugrunde liegenden Definitionen überdies expressis verbis zwischen pluripotent und totipotent unterschieden (vgl. Beschreibung S. 4 Z. 53 bis 55). Ein Weg zur Herstellung von humanen embryonalen Stammzellen, anhand dessen der Fachmann am Anmeldetag hätte ersehen können, welche Stammzellen zur Verwendung gemäß Streitpatent vorgesehen gewesen sein könnten, wird nicht angegeben. Das unter Verweis auf S. 4 Z. 34 bis 36 der Streitpatentschrift vorgetragene Argument des Beklagten, alleine schon an der dort angegebenen Definition der Zellen über ihre Eigenschaften, dass sie nämlich die Fähigkeit besäßen, in alle Gewebe und Zelltypen auszudifferenzieren sei erkennbar, dass es sich bei den in Rede stehenden Zellen nur um solche handeln könne, die pluripotent sind, kann den Senat nicht überzeugen. Ständiger Rechtsprechung folgend stellen Patentschriften im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe nämlich gleichsam ihr eigenes Lexikon dar, so dass letztlich nur der sich aus der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgeblich ist (vgl. BGH GRUR 1999, 909, 2. Ls. - Spannschraube). Die vom Beklagten zitierte Definition bezieht sich auf totipotente Zellen, während es sich bei pluripotenten Zellen gemäß Streitpatentschrift um solche handelt, die sich in viele verschiedene Zelltypen ausdifferenzieren können (vgl. dazu Beschreibung S. 4 Z. 53 bis 55). Dabei handelt es sich im übrigen um eine Definition, die auch heute noch so verwendet wird (vgl. B12: "Stammzellforschung in Deutschland - Möglichkeiten und Perspektiven", Stellungnahme der deutschen Forschungsgemeinschaft Oktober 2006, S. 15, Erläuterung 1). Zudem war der Begriff "totipotente" Stammzelle bereits zu dem für die Offenbarung maßgeblichen Zeitpunkt der Patentanmeldung für den Fachmann eindeutig in § 8 Abs. 1 ESchG in dem oben genannten Sinne definiert, weshalb solche Zellen selbst als Embryonen im Sinne des Gesetzes gelten.

1.3. Diese Frage kann nach Auffassung des Senats jedoch für die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage dahin gestellt bleiben, weil unabhängig davon, ob die Stammzellen totipotent oder pluripotent sind oder ob gemäß Hilfsantrag 2 ES-Zelllinien verwendet werden, zu ihrer Gewinnung am Anmeldetag stets Embryonen verbraucht werden mussten. Der Beklagte hat weder zur Überzeugung des Senats vorgetragen noch ist ersichtlich, dass sich hieran bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtigkeitsklage Grundlegendes geändert hätte.

2. Die Bereitstellung der patentgemäßen neuralen Vorläuferzellen bzw. das Verfahren zu ihrer Herstellung setzt, soweit es sich um humane Vorläuferzellen handelt (in der humane Zellen betreffenden Ausführungsform), nach der Beschreibung in der Streitpatentschrift die Verwendung von menschlichen Embryonen als unerlässliche Maßnahme voraus. Auf andere Weise können die embryonalen Stammzellen oder die ES-Zelllinien, die das Ausgangsmaterial für die Bereitstellung der neuralen Vorläuferzellen gemäß Patentanspruch 1 bzw. für die Durchführung des Herstellungsverfahrens nach Patentansprüchen 12 und 16 bilden, nicht gewonnen werden. Die Herstellung eines Erzeugnisses umfasst nämlich die gesamte Tätigkeit von Beginn an, die auf die Schaffung eines Erzeugnisses abzielt. Demnach beginnt die Herstellung mit der Handlung, die eine eindeutige Beziehung zur geschützten Erfindung erkennen lässt (vgl. Schulte, 7. Aufl., § 9 Rdn. 40). Im vorliegenden Fall ist dies die Gewinnung der embryonalen Stammzellen aus Embryonen. Die Entnahme von embryonalen Stammzellen aus der Blastozyste menschlicher Embryonen führt dabei zwangsläufig zur Zerstörung der Embryonen (B6 Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Forschung mit menschlichen Stammzellen, 3. Mai 2001, S. 35). Auch die Streitpatentschrift offenbart keinen anderen Weg der Gewinnung. Soweit sich der Beklagte auf alternative Methoden der Erzeugung eines menschlichen Embryos als Quelle für die Gewinnung embryonaler Stammzellen stützt, wie z. B. die Parthenogenese gemäß Anlage B15, entsteht auch hier ein Embryo, dessen Entwicklungsfähigkeit nicht widerlegt werden kann (B12, a. a. O., S. 42). Nachdem sich anderslautende wissenschaftliche Berichte bisher nicht bestätigt haben (B12, a. a. O., S. 17; K 15 spektrum direkt, Ausgabe vom 29. August 2006 - Nature korrigiert: Embryonen bei Stammzellstudie doch zerstört), hat sich an dieser Sachlage bis heute nichts geändert.

2.1. Der Ansicht des Beklagten, die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG sei auf das Streitpatent deshalb nicht anwendbar, weil der Gegenstand der Patentansprüche 1, 12 und 16 lediglich das Vorhandensein von embryonalen Stammzellen voraussetze, nicht aber die Verwendung von menschlichen Embryonen selbst betreffe, kann nicht gefolgt werden. Für eine derartige auf den Gegenstand der Patentansprüche beschränkte enge Auslegung des Begriffs der "Verwendung von menschlichen Embryonen" ohne Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Erfindung gibt weder der Wortlaut dieser Vorschrift noch ihr Sinn und Zweck Veranlassung.

2.2. Dagegen spricht bereits, dass nach den Vorgaben des Art. 28 Abs. 1 lit. a) und b) des WTO-TRIPS-Übereinkommens, dem § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 PatG entspricht, die Verwendung als Patentkategorie nicht vorgesehen ist. Gegenstand des Patents kann danach nur ein Erzeugnis oder ein Verfahren sein. Auch das auf die missbilligte Zweckrichtung der Verwertung abstellende weitere Tatbestandsmerkmal "für industrielle oder kommerzielle Zwecke" steht dem auf eine Patentkategorie reduzierten Verständnis des Begriff "Verwendung" entgegen, denn die Zweckrichtung der Verwendung ist vielfach nur unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Erfindung zu bestimmen. Schließlich spricht auch die Entstehungsgeschichte des - durch § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG umgesetzten - Art. 6 Abs. 2 lit. c) der Richtlinie nicht für eine enge Auslegung des Verwendungsbegriffs, wie der Beklagte geltend macht. Vielmehr deutet die kurz vor Erlass der Richtlinie vorgenommene Änderung der ursprünglich vorgesehenen Fassung des Art. 6 Abs. 2 lit. c), die "Verfahren, bei denen menschliche Embryonen verwendet werden" lautete, in "Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken" (vgl., Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 19/98, ABl. C 110 vom 8. April 1998, S. 17, 30) darauf hin, dass die gesetzgebenden Organe mit dem Verwendungsverbot in erster Linie das ethisch verwerfliche Geschäftemachen mit Embryonen zum Ausdruck bringen wollten, ohne im Rahmen einer Patentkategorie zu denken.

2.3. Eine auf den Gegenstand der Erfindung beschränkte Auslegung des Begriffs der Verwendung von menschlichen Embryonen widerspricht auch dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG, der gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 PatG von den Grundsätzen des Embryonenschutzgesetzes bestimmt wird. Das Embryonenschutzgesetz verbietet ua die gezielte Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 EschG) und jegliche Verwendung eines menschlichen Embryo zu nicht seiner Erhaltung dienenden Zwecken (§ 2 Abs. 1 EschG). Dies schließt das Verbot der Gewinnung totipotenter und pluripotenter Stammzellen aus menschlichen Embryonen ein. Der uneingeschränkte Schutz menschlicher Embryonen, mit dem der Gesetzgeber der Wertentscheidung der Verfassung zugunsten der Menschenwürde und des Lebens Rechnung trägt (K5 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Embryonen, BT-Drs. 11/5460, S. 6 unter Ziffer I und III), lässt eine Differenzierung zwischen Erfindungen, deren Schutzgegenstand unmittelbar auf die Verwendung von menschlichen Embryonen gerichtet ist, und Erfindungen, bei deren Ausführung - wie in dem Fall des Streitpatents - menschliche Embryonen in einer Vorstufe verbraucht werden müssen, nicht zu. Stellt der Verbrauch menschlicher Embryonen einen Schritt dar, der zur Bereitstellung des beanspruchten Erzeugnisses oder zur Durchführung des Verfahrens unabdingbar und in der Patentschrift zudem ausdrücklich beschrieben ist, kann er nicht deshalb als unbeachtlich ausgeklammert werden, weil er vorgelagert ist und damit nur mittelbar zu dem Gegenstand der Erfindung gehört. Eine derartige Sichtweise würde den vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz der verfassungsrechtlich garantierten menschlichen Würde der Embryonen auf eine ungerechtfertigte und nicht nachvollziehbare Weise umgehen.

2.4. Eine auf den Gesamtinhalt der Erfindung bezogene weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "Verwendung von menschlichen Embryonen" wird ferner gestützt durch die rechtlichen Erwägungen, die dem Gesetz zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen vom 28. Juni 2002 (Stammzellgesetz - StZG) zugrunde liegen. Wie der Gesetzgeber ausdrücklich betont, dürfen menschliche embryonale Stammzellen i. S. v. § 3 Nr. 2 StZG, auch wenn sie keine Embryonen sind, in ethischer Hinsicht doch nicht wie jedes andere menschliche biologische Material angesehen werden, sondern es ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass zu ihrer Gewinnung Embryonen verbraucht werden müssen (vgl. K8: BT-Drs. 14/8394 Allgemeiner Teil I, S. 7 re. Sp. unten). In der Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen sieht der Gesetzgeber daher eine mittelbare Gefährdung des Grundrechtsschutzes der Embryonen. Dementsprechend hat er die - von dem Embryonenschutzgesetz noch nicht erfasste - Einfuhr und Verwendung von menschlichen embryonalen Stammzellen in § 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 StZG grundsätzlich verboten und nur unter den in § 4 Abs. 2 und 3, §§ 5 und 6 StZG genannten sehr strengen Voraussetzungen die Erlaubnis einer Einfuhr und Verwendung zu hochrangigen Forschungszwecken vorgesehen. Diese Erwägungen bestätigen, dass menschliche Embryonen und die daraus gewonnen embryonalen Stammzellen in einem untrennbaren tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang stehen und ein Verständnis des Verwendungsbegriffs des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG dahingehend, dass die Verwendung von menschlichen Embryonen selbst Gegenstand der Erfindung sein muss um dieses Patentierungsverbot eingreifen zu lassen, dem Schutzzweck dieser Norm widerspricht.

3. Auch das in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG enthaltene weitere Tatbestandmerkmal der Verwendung zu industriellen oder kommerziellen Zwecken ist in dem vorliegenden Fall erfüllt.

Die Tatsache, dass die Verwendung menschlicher Embryonen im Rahmen der wirtschaftlichen Verwertung eines Patents erfolgt, kann zwar nicht per se als industrieller oder kommerzieller Zweck angesehen werden. Das ergibt sich aus Erwägungsgrund 42 der Richtlinie, der zwischen Erfindungen zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken und solchen mit anderer Zielrichtung differenziert. Für Erfindungen mit therapeutischer oder diagnostischer Zielrichtung, die dem menschlichen Embryo zu dessen Nutzen dient, soll nach dem Erwägungsgrund 42 der Ausschluss von der Patentierbarkeit auf keinen Fall gelten. Mit dem Erfordernis eines Nutzens für den Embryo - wobei diese Formulierung nur in dem Sinne einer Nützlichkeit für den betroffenen individuellen (Donor) - Embryo und nicht einer künftigen Nützlichkeit für andere Embryonen verstanden werden kann - bringt der Erwägungsgrund 42 die besondere, keiner Abwägung mit anderen Rechtsgütern zugängliche Schutzwürdigkeit des menschlichen Embryo zum Ausdruck. Von dem gleichen Maßstab geht auch die bei der Anwendung von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG zu berücksichtigende Vorschrift des § 2 Abs. 1 ESchG aus, die das Verbot der Verwendung eines menschlichen Embryo zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck enthält, ohne einen Vorbehalt zugunsten anderer hochrangiger Rechtsgüter vorzusehen, etwa der Rettung von Menschenleben durch die Entwicklung neuer Therapien. Mit dem unbeschränkten Verbot des § 2 Abs. 1 ESchG soll nach dem Willen des Gesetzgebers verhindert werden, dass ein Embryo zum Objekt fremdnütziger Zwecke gemacht wird (K5 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Embryonen, BT-Drs. 11/5460, BT-Drs., zu § 2, S. 10). Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass die patentgemäßen menschlichen neuralen Vorläuferzellen, auch wenn ihre Verwendung nach den Patentansprüchen 22 bis 24 auf therapeutische Zwecke gerichtet ist, auf einem fremdnützigen Verbrauch menschlicher Embryonen i. S. v. § 2 Abs. 1 ESchG basieren.

4. Der teilweisen Nichtigerklärung des Streitpatents wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten steht auch der in dem Stammzellgesetz vorgesehene Erlaubnisvorbehalt zugunsten der Einfuhr und Verwendung von embryonalen Stammzellen, die vor dem 1. Januar 2002 im Herkunftsland gewonnen worden sind, nicht entgegen.

4.1. Es entspricht zwar einem anerkannten Grundsatz, dass ein Rechtsgut, dessen Benutzung unter einem gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt steht, im allgemeinen nicht als so hochrangig einzustufen ist, dass seine Verwertung im Rahmen einer patentgeschützten Erfindung als Gefährdung der tragenden Grundlagen der Rechtsordnung anzusehen wäre (vgl. Schulte, PatG, 10. Aufl., § 2 Rdn. 24; Busse, PatG, MKG/Moufang, Art. 53 EPÜ, Rdn. 34; B7, Rogge, a. a. O., S. 305 re. Sp.). Der Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt, sondern erfordert in jedem Einzelfall eine Prüfung, welchem Zweck der Erlaubnisvorbehalt dient und welches Rechtsgut konkret betroffen ist.

4.2. Das Stammzellgesetz gewährleistet - wie das Embryonenschutzgesetz - die Menschenwürde und das Recht auf Leben als Fundamente der Rechts- und Werteordnung (K8: Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 14/8394 Allgemeiner Teil, S. 7 re. Sp.). Mit dem grundsätzlichen Verbot der Einfuhr und Verwendung von menschlichen embryonalen Stammzellen (§ 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 StZG) hält der Gesetzgeber an dem hohen Schutzniveau des Embryonenschutzgesetzes ausdrücklich und uneingeschränkt fest (K8: a. a. O., Allgemeiner Teil II, S. 8 Abs. 3). Eine Ausnahme besteht allerdings hinsichtlich solcher embryonaler Stammzellen bzw. Stammzelllinien, die im Herkunftsland schon vor dem 1. Januar 2002 gewonnen worden sind, die Vernichtung der hierfür erforderlichen Embryonen bei Erlass des Stammzellgesetzes also bereits eine vollendete Tatsache war. Diese Regelung beruht auf der Erwägung, dass embryonale Stammzellen keine Embryonen sind und dem vorbehaltlos garantierten Grundrecht der Freiheit von Wissenschaft und Forschung somit auch keine unmittelbar kollidierenden Grundrechte von Embryonen gegenüberstehen (K8 a. a. O., Allgemeiner Teil I, S. 7 re. Sp. 3. Abs.) Um einerseits einen rechtlichen und ethischen Wertungswiderspruch zu dem hohen Schutzniveau des Embryonenschutzgesetzes zu vermeiden (K8 a. a. O., Allgemeiner Teil II, S. 8 li. Sp. 3. Abs.) und der mit dem Embryonenverbrauch verbundenen mittelbaren Gefährdung des Würdeschutzes vorzubeugen, andererseits aber auch dem Grundrecht der Forschungsfreiheit so weit als möglich Geltung zu verschaffen, hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung des Gebots der "praktischen Konkordanz" die Erlaubnis der Einfuhr und Verwendung der "Stichtags"-Stammzellen an sehr strenge Auflagen geknüpft (K8 a. a. O., Allgemeiner Teil I, S. 7 re. Sp. 3. Abs.). Darüber hinaus darf von Deutschland aus jedoch keine weitere Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen oder eine Erzeugung von Embryonen zur Gewinnung solcher Stammzellen ausgehen (K8 a. a. O., Allgemeiner Teil II, li. Sp. 4. Abs. i. V. m. § 1 Nr. 2 StZG).

4.3. Die übergeordneten Ziele und strengen Vorgaben des Stammzellgesetzes lassen keinen Raum für die von dem Beklagten vertretene Ansicht, dass eine Verwendung von "Stichtags" -Stammzellen auch für andere als hochrangigen Forschungsvorhaben dienende Zwecke, insbesondere die gewerbliche Verwertung einer patentgeschützten Erfindung quasi "automatisch" zulässig ist. Der verfassungsrechtlich garantierte Würdeschutz menschlicher Embryonen erlaubt weder eine Differenzierung nach ihrer Herkunft (Inland/Ausland) noch nach dem Tag ihres Verbrauchs zur Gewinnung von embryonalen Stammzellen. Auch bei den vor dem Stichtag 1. Januar 2002 gewonnenen embryonalen Stammzellen muss also die Tatsache, dass sie in ethischer Hinsicht nicht wie jedes andere menschliche biologische Material angesehen werden dürfen, sondern zwangsläufig mit dem Verbrauch menschlicher Embryonen verbunden sind, stets im Blickfeld bleiben. Diesem Gesichtspunkt ist bei der Entscheidung über die Patentierbarkeit einer Erfindung, bei deren Verwertung "Stichtags" - Stammzellen verwendet werden, in noch wesentlich stärkerem Maße Rechnung zu tragen als bei der Zulassung der Verwendung für hochrangige Forschungszwecke, denn das Grundrecht der Freiheit von Wissenschaft und Forschung ist nach Art. 5 Abs. 3 GG vorbehaltlos garantiert, während das Recht, eine Erfindung zum Patent anzumelden und die patentgeschützte Erfindung zu verwerten, als Eigentumsrecht im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 36, 281, 290; BVerfG GRUR 2001, 43, 44 li. Sp.) den gesetzlich vorgegebenen Schranken unterliegt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Mit der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG und den bei ihrer Anwendung maßgeblichen Grundsätzen des Embryonenschutzgesetzes hat der Gesetzgeber aber bereits zum Ausdruck gebracht, dass der nach Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Grundrechtsschutz menschlicher Embryonen Vorrang vor der ihrer Natur nach eigennützigen wirtschaftlichen Interessen dienenden Verwertung einer Erfindung hat, die unmittelbar oder mittelbar auf dem ethisch verwerflichen Verbrauch menschlicher Embryonen beruht. Das Patentierungsverbot nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG kann auch nicht deshalb als obsolet betrachtet werden, weil die in der Vernichtung der Embryonen liegende Grundrechtsverletzung bei den "Stichtags" - Stammzellen bereits stattgefunden hat. Auch bei einem in der Vergangenheit liegenden unrechtmäßigen Verhalten darf nicht durch die Anerkennung der Patentierbarkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG der Eindruck erweckt werden, als ob der Staat die gewerbliche Verwertung einer solchen Erfindung sanktionieren würde.

5. Soweit der Beklagte schließlich auf die für Forschungsvorhaben allgemein geltenden Nebenbestimmungen für die Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Projektförderung auf Ausgabenbasis Stand 2006 (B22) verweist, nach denen der Zuwendungsempfänger vor der Veröffentlichung das Ergebnis des Vorhabens durch Anmeldung gewerblicher Schutzrechte sichern muss (Punkt 6.1. i. V. m. Punkt 5.1.), folgt daraus nicht, dass der Staat die Bewilligung staatlicher Fördergelder zwingend an die Patentanmeldung knüpft und die Sicherung durch Schutzrechte auch in dem Fall von Erfindungen fordert, die nach § 2 PatG nicht patentierbar sind. Der Beklagte hat hierzu auch kein konkretes Beispiel nennen können.

V.

Der Gegenstand der Patentansprüche 1, 12 und 16 erweist sich dagegen in dem Umfang als patentfähig, als er isolierte, gereinigte Vorläuferzellen mit neuralen oder glialen Eigenschaften aus embryonalen Stammzellen betrifft, bei denen es sich um solche handelt, die aus menschlichen embryonalen Keimzellen erhalten worden sind.

Menschliche embryonale Keimzellen werden aus den Vorläuferzellen von Ei- und Samenzellen, sogenannten primordialen Keimzellen, gewonnen, die wiederum aus mehrere Wochen alten abgegangenen menschlichen Foeten isoliert werden (vgl. B6 S. 6/7 übergreifender Absatz und S. 46 Abs. 1). Damit aber ist zu deren Gewinnung der Verbrauch von Embryonen im Sinne des § 8 ESchG nicht erforderlich. Dieses dürfte auch der Grund dafür sein, dass embryonale Keimzellen üblicherweise nicht unter die Bezeichnung embryonale Stammzellen subsumiert werden (vgl. B6 S. 3 und S. 7 bis S. 9 1. Abs.). Die vom Kläger geltend gemachten Gründe treffen nach Auffassung des Senates daher auf diese im Patentanspruch 1 i. V. m. Patentanspruch 6 beanspruchte Ausführungsform nicht zu.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.






BPatG:
Urteil v. 05.12.2006
Az: 3 Ni 42/04


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