Landesarbeitsgericht Hamm:
Beschluss vom 11. März 2011
Aktenzeichen: 13 TaBV 8/11

(LAG Hamm: Beschluss v. 11.03.2011, Az.: 13 TaBV 8/11)

Tenor

Auf die Beschwerde des Konzernbetriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 21.12.2010 - 7 BV 107/10 - abgeändert.

Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle betreffend den Arbeits- und Gesundheitsschutz bezüglich der Schmutzwäsche auf den City-Night-Line-Zügen, den scharfkantigen Schreibtischen in den Dienstabteilen der Autozüge, der

Mikrowellen in den Schlafwagen der Bauart 173.1 und der in den Wintermonaten vorkommenden Vereisungen von Übergängen und Trittstufen auf den Zügen wird der Vizepräsident des Landesarbeitsgerichts Dr. S1 bestellt.

Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf drei festgesetzt.

Gründe

A. Hinsichtlich des Tatbestandes wird verwiesen auf I. der erstinstanzlichen Entscheidung; von einer weitergehenden Darstellung wird abgesehen (vgl. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO).

B. Die zulässige Beschwerde des Konzernbetriebsrates ist begründet.

Denn entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist eine Einigungsstelle zu bestimmten Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes einzurichten, weil keine offensichtliche Unzuständigkeit im Sinne des § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG gegeben ist.

Offensichtlich unzuständig ist eine Einigungsstelle allgemein immer nur dann, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass in der fraglichen Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht der antragstellenden Arbeitnehmervertretung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt (vgl. z.B. LAG Hamm, 04.10.2010 - 10 TaBV 75/10; 18.12.2009 - 13 TaBV 52/09; GMP/Matthes/Schlewing, 7. Aufl., § 98 Rn. 8, jeweils m.w.N.). Durch die damit verbundene weitgehende Einschränkung der Zuständigkeitsprüfung wird das Bestellungsverfahren nicht mit der gegebenenfalls zeitraubenden Lösung schwieriger rechtlicher Probleme belastet, wodurch wiederum gewährleistet ist, dass den Betriebspartnern bei Meinungsverschiedenheiten möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung steht (BAG, 24.11.1981 - 1 ABR 42/79 - AP BetrVG 1972 § 76 Nr. 11).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Einigungsstelle hier zur Regelung bestimmter Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) nicht offensichtlich unzuständig.

Die Frage, ob sich der antragstellende Konzernbetriebsrat im Jahre 2008 nach Maßgabe des § 54 BetrVG i.V.m. § 18 Abs. 1 AktG wirksam konstituiert hat, erfordert neben der Würdigung komplexer tatsächlicher Umstände auch die Beantwortung schwieriger rechtlicher Fragestellungen (vgl. BAG, 23.08.2006 - 7 ABR 51/05 - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 12). Hierüber kann in Kammerbesetzung z.B. im Rahmen eines entsprechenden Feststellungsbegehrens entschieden werden, nicht aber im Zuge einer Offensichtlichkeitsprüfung gemäß § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG durch den Vorsitzenden allein. Der konkrete Fall macht dies auch besonders anschaulich.

I. So hat die Arbeitgeberin in ihrem ersten Schriftsatz vom 02.09.2010 über 21 (!) Seiten ausgeführt, warum es innerhalb des von der D3 AG geführten Konzerns keinen von ihr, der D3 A1 GmbH, als beherrschendem Unternehmen geführten "Konzern im Konzern" geben und deshalb eine offensichtliche Unzuständigkeit vorliegen soll. Die mit dieser Problemstellung verbundenen Fragen, ob die D3 A1 GmbH als konzernangehörige Gesellschaft ihrerseits gegenüber den Arbeitnehmern der D3 E1 R1 GmbH über wesentliche Entscheidungsbefugnisse in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten verfügt (vgl. BAG, 16.05.2007 - 7 ABR 63/06 - AP ArbGG 1979 § 96a Nr. 3), sind komplex und rechtlich schwierig; sie können nicht im Verfahren nach § 98 ArbGG einer Klärung zugeführt werden, worauf bezeichnenderweise auch die Arbeitgeberin selbst in ihrem Schriftsatz vom 13.12.2010 auf Seite 4 unter 4. hingewiesen hat.

II. Wegen der durch § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG vorgegebenen beschränkten Prüfungskompetenz wäre auch erst in der Einigungsstelle gegebenenfalls die schwierige Anschlussfrage zu klären, ob tatsächlich der antragstellende Konzernbetriebsrat, sollte er denn wirksam errichtet worden sein, nach § 58 BetrVG zuständig ist, die aufgeworfenen Probleme des Arbeits- und Gesundheitsschutzes mit der von ihm in Anspruch genommenen Arbeitgeberin zu klären.






LAG Hamm:
Beschluss v. 11.03.2011
Az: 13 TaBV 8/11


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