Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Januar 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 236/04

(BPatG: Beschluss v. 31.01.2006, Az.: 27 W (pat) 236/04)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juli 2004 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch den angegriffenen Beschluss nach vorangegangener Beanstandung die Anmeldung der Wortmarke DATAGROUP für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Bei der angemeldeten Marke handele es sich um eine in Großschreibweise wiedergegebene Zusammensetzung aus den beiden Wortelementen "Data" und "Group", die auch in ihrer Gesamtheit keinen eintragungsfähigen Gesamtbegriff bilden könnten. Auf dem hier maßgeblichen Datenverarbeitungssektor werde das Wortelement "group" nicht nur als wirtschaftlichkaufmännischer Hinweis auf eine Unternehmensgruppe verstanden, sondern stelle auch einen einschlägigen Fachbegriff dar, nämlich in der Software- beziehungsweise Datenbankorganisationsterminologie eine Sammlung von Elementen, die als Ganzes behandelt werden könnten. In diesem Sinne erfahre dieser Begriff durch das Bestimmungswort "Data" eine nähere Präzisierung, die dazu führe, dass der Gesamtbegriff einen beschreibenden Charakter erhalte.

Die Frage eines Freihaltungsbedürfnisses im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 könne bei dieser Sachlage dahinstehen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Eintragung der angemeldeten Marke begehrt. Dabei schränkt sie das Verzeichnis der angemeldeten Waren und Dienstleistungen wie folgt ein:

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Ton und Bild, nämlich Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computer-Hardware; Mikroprozessoren; Peripheriegeräte für Computer, nämlich Drucker, Bildschirme, elektromechanische, elektronische, optische und akustische Ein- und Ausgabegeräte, Tastaturen, Schnittstellengeräte, Cursor-Steuerungsgeräte für die Verwendung mit Computeranzeigegeräten; Grafikkarten; Computer-Fernsehenkarten; Micro Computer; Modems; Telekommunikation, nämlich elektronische Übertragung von Daten, Bildern, Dokumenten via Computerterminals und Daten- und Stimmentelekommunikation; Computerdienstleistungen, nämlich Vermietung von Zugangszeiten zu Computerbasen; Computerberatungsdienstleistungen; Erstellen, Entwerfen, Bearbeiten und Betreuen von Websites; Dienstleistungen eines Ingenieurs; Erstellen von technischen Gutachten; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten; digitale Bildbearbeitung".

Zur Begründung führt sie aus, die angemeldete Marke sei für die genannten Waren und Dienstleistungen unterscheidungskräftig, weil sie entgegen der Auffassung der Markenstelle keine produktbeschreibenden Inhalte aufweise. Wenngleich die Wortbestandteile der angemeldeten Marke für sich genommen verständlich und üblich seien, ergebe sich aus der Zusammenfügung ein Gesamtbegriff, der jedenfalls im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen greifbaren Sachbezug mehr habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten und die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen entbehrt die angemeldete Marke weder der Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch stellt sie eine unter das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallende beschreibende Angabe dar.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Zeichen, die keine Unterscheidungskraft aufweisen, nicht als Marke eingetragen werden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch nicht um eine sprachliche, bildliche oder gestalterische Darstellung handelt, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m. w. N.). Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).

Um eine in Bezug zu den noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen derartige Beschreibung handelt es sich bei der angemeldeten Marke jedoch nicht. Mit der Markenstelle geht der Senat davon aus, dass das angesprochene allgemeine Publikum die in der Marke enthaltenen Wortelemente erkennen und auch als "Datengruppe" unmittelbar verstehen wird. Ein solcher Sinngehalt der angemeldeten Marke stellt sich indes nicht als eine rein produktbezogene Sachaussage dar, die der Verkehr nur als solche verstehen würde. Denn selbst mit dem Hintergrundwissen eines Informatikers, dem die Gruppierung von Daten im Sinne der von der Markenstelle zutreffend herangezogenen Definition im Zusammenhang mit der Datenbankorganisation geläufig ist, wird sich dem verständigen Betrachter, dem diese Bezeichnung im Zusammenhang mit den noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen begegnet, ein auf diese Waren und Dienstleistungen zu beziehender Sinngehalt nicht ohne weiteres erschließen. Die Gruppierung von Daten stellt einen spezifischen Ausschnitt aus dem Gesamtkomplex etwa einer Datenbankorganisation und den damit verbundenen Programmen und Dienstleistungen dar. Dieser Ausschnitt aus dem Gesamtkomplex ist aber gleichzeitig im Hinblick auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen selbst völlig nichtssagend, weil die Notwendigkeit einer Datengruppierung von der Durchführung bestimmter Aufgaben abhängt, für die die betreffenden Waren und Dienstleistungen eingesetzt werden sollen. Für diese selbst ist der Begriff trotz seines - abstrakt gesehen - klaren Bedeutungsgehalts dagegen inhaltsleer. Da bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke aber nicht auf den abstrakten Bedeutungsgehalt abzustellen ist, sondern auf die Bedeutung im Hinblick auf die beanspruchten Produkte, kann der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Mangels anderer Anhaltspunkte hat der Verkehr keine Veranlassung, sie als etwas anderes denn als herstellerbezogenen Ursprungshinweis anzusehen.

Ein Freihaltebedürfnis, das der Eintragung des angemeldeten Zeichens gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen würde, ist damit mangels beschreibenden Inhalts ebenfalls nicht erkennbar.






BPatG:
Beschluss v. 31.01.2006
Az: 27 W (pat) 236/04


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