Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 2. Mai 1991
Aktenzeichen: 8 S 743/91

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 02.05.1991, Az.: 8 S 743/91)

1. Es ist Sache desjenigen, der eine bestimmte Genehmigung - hier zum Abbruch eines Gebäudes - erstrebt, diejenigen Tatsachen vorzutragen und gegebenenfalls durch fachkundige Stellungnahmen eines Architekten zu belegen, die für eine positive Entscheidung der Behörde erforderlich sind. Hierzu gehören bei einer Abbruchsgenehmigung mit denkmalschutzrechtlichem Einschlag auch Fragen der Rentabilität und damit der Zumutbarkeit. Zur Klärung dieser Fragen entstandene Architektenkosten sind nicht erstattungsfähig.

2. Eine Erledigungsgebühr kommt auch dann in Betracht, wenn ein Verwaltungsakt noch nicht ergangen war, die Voraussetzungen für die Untätigkeitsklage aber zu bejahen waren, und die Hauptsache nach außergerichtlichen Verhandlungen durch den Erlaß der erstrebten Genehmigung erledigt worden ist.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat nur teilweise Erfolg.

Allerdings ist dem Verwaltungsgericht insoweit zu folgen, als es hervorhebt, daß sämtliche Aufwendungen, die der Klägerin vor Erhebung der Untätigkeitsklage entstanden sind, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt erstattungsfähig sind.

Zum einen sieht die VwGO eine Erstattung von Aufwendungen, die während des Verwaltungsverfahrens entstanden sind, nicht vor. Zum Verwaltungsverfahren -- und noch nicht zum Vorverfahren im Sinne von § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO -- zählt auch das durch die Mitwirkung einer anderen Behörde, hier der Denkmalschutzbehörde, erforderlich gewordene weitere Verfahren. Daran ändert auch nichts, daß vorliegend die höhere Behörde eingeschaltet worden ist (§ 3 Abs. 3 DSchG); auch dadurch wird noch kein Vorverfahren im Sinne von § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO eingeleitet. Zum anderen ist es Sache desjenigen, der eine bestimmte Genehmigung -- hier zum Abbruch eines Gebäudes -- erstrebt, diejenigen Tatsachen vorzutragen und gegebenenfalls durch fachkundige Stellungnahmen eines Architekten zu belegen, die für eine positive Entscheidung der Behörde erforderlich sind (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 15. 2 1990 -- 5 S 3003/89 --). Hierzu gehören bei einer Abbruchsgenehmigung mit denkmalschutzrechtlichem Einschlag auch Fragen der Rentabilität und damit der Zumutbarkeit (zum Maßstab der Zumutbarkeit vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. 10. 1989 -- 1 S 736/88 --, VBlBW 1990, 182) im Falle der weiteren Erhaltung des Gebäudes. Daraus folgt, daß weder die für die Tätigkeit im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren noch die 1988 entstandenen Honoraransprüche der Architekten erstattungsfähig sind. Diese Architektenkosten sind nach dem eigenen Vortrag der Klägerin für ein Sanierungskonzept und eine Bauuntersuchung im Juli 1988 berechnet worden und zählen damit zu den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur weiteren Erhärtung der Auffassung der Klägerin über die Unrentabilität einer Erhaltung aufgewendeten Kosten. Auch wenn die Untersuchung auf Anregung der Behörden erfolgt sein mag, ändert dies nichts daran, daß sie der Sphäre der Klägerin zuzurechnen ist.

Teilweise anders verhält es sich jedoch mit den nach Klageerhebung entstandenen Kosten. Das Verwaltungsgericht ist in seiner Kostenentscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO davon ausgegangen, nach Vorlage des Sanierungskonzepts und der Bauuntersuchung im Juli 1988 und hinreichender Prüfung der Voraussetzungen des Abbruchsgesuchs habe die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung -- 21. 10. 1988 -- mit einer Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer Abbruchsgenehmigung rechnen dürfen. Auf der Grundlage dieser für die Kostenfestsetzung verbindlichen Feststellung können nach Klageerhebung entstandene Kosten nicht ohne weiteres als nicht "zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig" (vgl. § 162 Abs. 1 VwGO) angesehen werden. Soweit sie nicht innerhalb des gerichtlichen Verfahrens, sondern im Rahmen des trotz Untätigkeitsklage noch fortgeführten Verwaltungsverfahrens entstanden sind, kommt es darauf an, ob sie nach den oben genannten Grundsätzen der Sphäre des im Verwaltungsverfahren darlegungspflichtigen Beteiligten zuzurechnen sind oder der Durchsetzung eines bereits hinreichend untermauerten Anspruchs dienen. Vorliegend ist letztlich offen, ob der Klägerin bereits bei Klageerhebung ein Anspruch auf Erteilung der Abbruchsgenehmigung zustand und die während des bereits anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens laufenden Verhandlungen letztlich allein der prozessualen Durchsetzung dieses Anspruchs dienten.

Daraus folgt, daß die Klägerin die hilfsweise geltend gemachte Erledigungsgebühr (§ 24 BRAGO) beanspruchen kann, wobei die Voraussetzungen dieser Vorschrift in entsprechender Anwendung bejaht werden können, obwohl ein ablehnender Verwaltungsakt noch nicht ergangen war, da das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage angenommen hat, die Klägerin also nicht schlechter gestellt sein darf, als wenn ein solcher Bescheid bereits ergangen wäre (ebenso Gerold/Schmidt u.a., Rdnr. 4 zu § 24 BRAGO). Die beim Regierungspräsidium Stuttgart nach Klageerhebung geführten Verhandlungen haben ohne Zweifel zugleich zur Erledigung des Rechtsstreits beigetragen. Diese Bewertung rechtfertigt sich auch aus der Überlegung, daß durch sie die andernfalls entstandene Verhandlungsgebühr (§§ 114 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) erspart wurde. Durch § 24 BRAGO soll gerade die das verwaltungsgerichtliche Verfahren entlastende außergerichtliche Einigung honoriert werden.

Dagegen sind die ferner geltend gemachten Kosten für die im Jahre 1989 abgegebenen ergänzenden Stellungnahmen der Architekten nicht erstattungsfähig. Sie sind dadurch entstanden, daß das Regierungspräsidium Stuttgart im Rahmen der außergerichtlichen Verhandlungen einen weiteren Alternativvorschlag unterbreitet und die Kläger aufgefordert hatte, die hierfür entstehenden Kosten berechnen zu lassen. Die Klägerin hat hierzu selbst vorgetragen, ohne Vorlage dieses Gutachtens hätte die Entscheidung des Regierungspräsidiums nicht ergehen können. Es ist nicht Aufgabe des Kostenfestsetzungsverfahrens, umfangreiche hypothetische Erwägungen darüber anzustellen, ob ein Anspruch auf Erteilung der Abbruchsgenehmigung auch ohne Klärung der Kosten dieser Alternativen bestanden hätte. Die gemäß § 162 Abs. 2 VwGO ergangene Kostenentscheidung des Verwaltungsgericht äußert sich hierzu nicht näher. Insgesamt spricht somit mehr dafür, anzunehmen, daß auch die Kosten dieser Untersuchung der Sphäre der Klägerin zuzurechnen sind, die damit die Unzumutbarkeit einer Erhaltung des Gebäudes belegt hat. Auch die Klägerin macht nichts in der Richtung geltend, die vom Regierungspräsidium ins Gespräch gebrachte Alternative hätte aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen von vornherein gar nicht erst geprüft werden müssen.

Insgesamt steht der Klägerin über den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 2. 11. 1990 hinaus somit noch eine Gebühr in Höhe von DM 1889,- zuzüglich DM 270,06 Mehrwertsteuer zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 13 Abs. 2 GKG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 02.05.1991
Az: 8 S 743/91


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