Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. September 2009
Aktenzeichen: 33 W (pat) 8/08

(BPatG: Beschluss v. 22.09.2009, Az.: 33 W (pat) 8/08)

Tenor

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Die Bezeichnung Flughafen Berlin Brandenburg Internationalist am 14. Februar 2007 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 25 und 35 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden, unter anderem für folgende Waren und Dienstleistungen:

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Flugtickets; Photographien; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

Klasse 35: Werbung, insbesondere Werbung aller Art, Flughafenwerbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten.

Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patentund Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Markenanmeldung wegen fehlender Schutzfähigkeit teilweise, und zwar für alle vorstehend aufgeführten Waren und Dienstleistungen, zurückgewiesen.

Die angemeldete Marke sei in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht schutzfähig, weil ihr insoweit die Unterscheidungskraft fehle und auch ein Freihaltungsbedürfnis gegeben sei. Im Zusammenhang mit den Waren "Druckereierzeugnisse, insbesondere Flugtickets; Photographien; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)" gelange der Verkehr zu der Auffassung, dass dadurch lediglich die Bestimmung und der Verwendungszweck sowie die Art der Waren selbst angesprochen werde. Im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Dienstleistungen sei es üblich, durch Werbeund Marketingmaßnahmen einen internationalen Flughafen in den öffentlichen Fokus zu stellen, um einen hohen Bekanntheitsgrad zu erwerben sowie einen großen Kundenkreis aufzubauen. Die Werbung für einen solchen internationalen Flughafen stehe daher in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer inhaltlichthematischen Ausrichtung und einer Bestimmungsangabe. Die angemeldete Wortfolge stelle in ihrer Gesamtheit einen beschreibenden Sachhinweis dahingehend dar, dass die Erzeugnisse und Serviceleistungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem internationalen Flughafen für die Nutzung von internationalen Flügen aus der Region Berlin Brandenburg einsetzbar seien. Ausgehend davon werde der Verkehr in der angemeldeten Wortfolge keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen. Außerdem stelle die angemeldete Wortfolge im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen auch eine beschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar, was weiter ausgeführt wird. Der Hinweis des Anmelders auf nach seiner Auffassung vergleichbare Voreintragungen könne zu keiner anderen Beurteilung führen, weil selbst identische Voreintragungen keine verbindliche Wirkung entfalten würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der damit ohne konkrete Antragstellung die Eintragung der angemeldeten Marke in vollem Umfang, also auch in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen begehrt.

Der Begriff der Marke sei bedeutend weiter gefasst, als es der des Warenzeichens gewesen sei. Gemäß § 3 MarkenG könnten als Marke alle Zeichen eingetragen werden, insbesondere Wörter, einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen, einschließlich der Form der Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellung. Im Verfahren vor der Markenstelle hatte der Anmelder unter anderem behauptet, dass vergleichbare Bezeichnungen als Marke eingetragen seien. Außerdem beanspruche er für die angemeldete Wortfolge das Urheberrecht.

Mit begründetem Bescheid vom 1. September 2009 ist der Anmelder unter Vorlage von umfangreichem Recherchematerial zur beschreibenden Verwendung der angemeldeten Wortfolge darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerde nach vorläufiger Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg hat, weil die angemeldete Wortfolge für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstelle, der auch die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Ohne in der Sache weiter vorzutragen, hat der Anmelder daraufhin um Beschlussfassung gebeten. Ein Antrag auf mündliche Verhandlung ist nicht gestellt worden.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens ist die Anmeldung aufgrund des Antrags auf Umschreibung vom 28.10.2008 vom ursprünglichen Anmelder Herrn Dr. F... auf Frau B... umgeschrieben worden. Auf die Anfrage des Gerichts an beide Personen, wer das Beschwerdeverfahren als Beteiligter weiterführt, wurde von beiden übereinstimmend mitgeteilt, dass der ursprüngliche Anmelder weiterhin Beschwerdeführer sein soll.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Beschwerdeführer und damit Verfahrensbeteiligter ist weiterhin der ursprüngliche Anmelder. Gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 265 Abs. 2 ZPO kann er auch nach Umschreibung der Anmeldung auf eine dritte Person das Verfahren im Wege der Prozessstandschaft mit Wirkung für die Rechtsnachfolgerin weiterführen (h. M. vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 28 Rdn. 14; siehe dazu insbesondere auch BGH -GRUR 2000, 892, 893 -MTS). Dies entspricht ferner dem im Verfahren übereinstimmend geäußerten Willen sowohl des ursprünglichen Anmelders als auch der neuen "Inhaberin der Anmeldung". Die vorliegende Entscheidung wirkt in entsprechender Anwendung des § 325 Abs. 1 ZPO für und gegen die Rechtsnachfolgerin (BGH GRUR 1998, 940, 941 -Sanopharm).

Die zulässige und in Prozessstandschaft weitergeführte Beschwerde des ursprünglichen Anmelders hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Bezeichnung stellt nach der Erkenntnis des Senats in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar, der zudem die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Die Anmeldung war deshalb insoweit von der Markenstelle zu Recht nach § 37 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden.

Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 ff.). Von den streitgegenständlichen Waren der Klasse 16 werden insbesondere die allgemeinen Verkehrskreise angesprochen. Die streitgegenständlichen Dienstleistungen richten sich vor allem an Firmen und Gewerbetreibende.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 (Markenrichtlinie) übereinstimmende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben können, von allen frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 (Nr. 25) "Chiemsee"; GRUR 2004, 146, 147 (Nr. 31) "DOUBLEMINT"; GRUR 2004, 674, 676 (Nr. 54, 56) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 35 -36) "BIOMILD"; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 222 m. w. N.). In diesem Sinne ist die angemeldete Wortfolge nach Auffassung des Senats beschreibend.

Die angemeldete Bezeichnung "Flughafen Berlin Brandenburg International" ist zur Bezeichnung eines Flughafens in der Region Berlin/Brandenburg mit einem über den nationalen Raum hinausgehenden Flugangebot ohne weiteres verständlich. Sie ist auch sprachüblich gebildet und reiht sich schlüssig in bestehende Flughafenbezeichnungen wie "Flughafen Düsseldorf International", "Flughafen Köln/Bonn" oder Flughafen "Leipzig/Halle" ein. Der Umstand, dass ein Städtename mit der Angabe einer Region bzw. eines Bundeslandes kombiniert ist, erscheint nicht ungewöhnlich. Entscheidend ist außerdem, dass die angemeldete Wortfolge als Bezeichnung für den geplanten und im Bau befindlichen Großflughafen Berlin allgemein üblich geworden ist. Dies konnte anhand der Senatsrecherche und der dabei ermittelten Unterlagen eindeutig belegt werden (vgl. dazu die dem Anmelder mit dem Senatshinweis vom 1. September 2009 übersandten Unterlagen, Bl. 24/37 d. A.). Die angemeldete Wortfolge ist inzwischen sogar lexikalisch nachweisbar (siehe dazu den Ausdruck aus Wikipedia, der Enzyklopädie im Internet, Bl. 26/27 d. A.), wobei dort ausgeführt ist, dass der Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) ein im Bau befindlicher Flughafen an der südlichen Stadtgrenze Berlins auf dem Gebiet der Gemeinde Schönefeld im Land Brandenburg ist. Den beschreibenden Zusammenhang zwischen der Wortfolge und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen hat die Markenstelle zutreffend ermittelt, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen darauf verwiesen werden kann, zumal der Anmelder im Beschwerdeverfahren keine neuen Argumente hierzu angeführt hat. Der Umstand, dass der Flughafen derzeit seinen Betrieb noch nicht aufgenommen hat, sondern erst im Bau ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die im Markengesetz in § 8 Abs. 2 Nr. 2 verwendete Formulierung "die zur Bezeichnung ... dienen können" verlangt bei der Beurteilung des beschreibenden Charakters einer Marke ausdrücklich die Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren mögliche künftige beschreibende Verwendung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 241). Dementsprechend hat der EuGH hervorgehoben, dass bei der Prüfung des beschreibenden Charakters einer Marke nicht nur die aktuellen Gegebenheiten zu beachten sind, sondern auch die Möglichkeit zu erörtern ist, ob eine entsprechende beschreibende Verwendbarkeit der fraglichen Marke vernünftigerweise in der Zukunft erwartet werden kann (so ständige Rechtsprechung des EuGH und BGH; vgl. z. B. EuGH GRUR 1999, 723, 726 (Nr. 30, 31) -Chiemsee). Angezeigt ist eine realitätsbezogene Prognose, die aber nicht nur auf die gegenwärtigen Verhältnisse abstellt, sondern auch mögliche, nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegende zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt, welche eine beschreibende Verwendung der betreffenden Angabe vernünftigerweise erwarten lassen. Dies ist vorliegend ohne weiteres zu bejahen.

Nachdem der Flughafen bereits im Bau ist, ist auch seine Inbetriebnahme absehbar. Angesichts der weit verbreiteten Verwendung der Bezeichnung "Flughafen Berlin Brandenburg International" für den im Bau befindlichen Flughafen ist auch nach der Inbetriebnahme eine entsprechende Verwendung nicht nur wahrscheinlich, sondern zumindest als Zweitbezeichnung für einen längeren Zeitraum mit Sicherheit zu erwarten, unabhängig davon, ob bei der Namensgebung eine berühmte Persönlichkeit noch eine Rolle spielen sollte (wie etwa bei dem Flughafen München Franz Josef Strauß). Es versteht sich von selbst, dass die Mitbewerber der Anmelderin im Zusammenhang mit dem absehbaren Flugbetrieb beim künftigen "Flughafen Berlin Brandenburg International" etwa im Zusammenhang mit Flugtickets oder der Flughafenwerbung unbeeinträchtigt von Monopolrechten Dritter auf diesen Flughafen hinweisen können müssen.

Da der Verkehr im vorliegend gegebenen Warenund Dienstleistungszusammenhang in der angemeldeten Bezeichnung zudem lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt und keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen wird, fehlt der angemeldeten Bezeichnung auch die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Soweit der Anmelder behauptet, er sei der Urheber dieser Wortfolge, ist dies nicht entscheidungserheblich. Die Urheberschaft einer Bezeichnung spielt ebenso wenig wie deren eventuelle Neuheit bei der Beurteilung der markenrechtlichen Schutzfähigkeit eine Rolle (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 89, 90 und 335). Da das Formalrecht an der registrierten Marke keine schützenswerte vorherige Leistung des Markenanmelders voraussetzt, ist für die Frage der Unterscheidungskraft und auch der Schutzfähigkeit allgemein unerheblich, ob und inwieweit die angemeldete Marke vom Anmelder "erfunden" worden ist. Das gilt insbesondere für Markenkreationen, die entweder von vornherein sprachüblich gebildet und deshalb als sachbezogene Zeichen oder Angaben aufzufassen waren oder sich nachträglich zu einer Sachbzw. Werbeaussage entwickelt haben (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 90 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen, BGH GRUR 2005, 578, 580 -LOKMAUS).

Auch der Hinweis des Anmelders auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH in seiner auch für das nationale Verfahren maßgeblichen Rechtsprechung mehrfach und zuletzt auf ein dahingehend gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen ausdrücklich nochmals bestätigt (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 -Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 (Nr. 47 -51) -BioID; GRUR 2004, 674 (Nr. 42 -44) -Postkantoor; GRUR 2004, 428 (Nr. 63) -Henkel). Dies entspricht auch der ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093 (Nr. 18) -Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 -Papaya mit ausführlicher Begründung und mit zahlreichen Literaturund Rechtsprechungsnachweisen). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen.

Im Übrigen weichen die vom Anmelder genannten Vergleichsmarken, sofern sie überhaupt existieren, zum größten Teil schon in Bezug auf die Markenbildung deutlich von der vorliegend angemeldeten Wortfolge ab, worauf der Anmelder bereits im Bescheid des Senats vom 1. September 2009 im Einzelnen hingewiesen worden ist.

Bender Kätker Knoll Cl






BPatG:
Beschluss v. 22.09.2009
Az: 33 W (pat) 8/08


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