Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Dezember 2010
Aktenzeichen: 8 W (pat) 35/08

(BPatG: Beschluss v. 09.12.2010, Az.: 8 W (pat) 35/08)

Tenor

Unter Aufhebung des Beschlusses der Prüfungsstelle für Klasse A 01 D des Deutschen Patentund Markenamtes vom BPatG 154 11. März 2008 wird das Patent 38 35 366 mit den folgenden Unterlagen erteilt:

-Patentansprüche 1 bis 10 -neue Beschreibung -neue Zeichnungen (Fig. 1 bis 7) vorgenannte Unterlagen jeweils in der Fassung vom 9. Dezember 2010.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung P 38 35 366.0-23 mit der Bezeichnung "Vorrichtung zur Bodenanpassung der Arbeitswerkzeuge von Heumaschinen" ist am 18. Oktober 1988 beim Patentamt unter Inanspruchnahme der Priorität einer inländischen Voranmeldung (P 38 10 634.5) vom 29. März 1988 eingegangen und von der Prüfungsstelle für Klasse A 01 D mit Beschluss vom 11. Februar 2008 zurückgewiesen worden. In den Beschlussgründen hat die Prüfungsstelle ausgeführt, dass die geltenden Ansprüche 9, 15, 18 und 19 nicht die Vorrichtungen nach den Ansprüchen 1 und 2 weiterbilden, sondern eine hierzu alternative Lösung böten. Somit liege eine gewährbare Anspruchsfassung nicht vor, so dass die Anmeldung bei dieser Sachlage zurückzuweisen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

Auf den Hinweis des Senats vom 25. Februar 2010 auf den Ablauf der Schutzhöchstdauer seiner Patentanmeldung hat der Anmelder mit Schreiben vom 15. Mai 2010 sein Rechtsschutzinteresse an der Patenterteilung damit begründet, dass im Zeitraum der Schutzdauer seiner Patentanmeldung Heumaschinen gemäß seiner Patentanmeldung in Deutschland auf den Markt gekommen, angeboten und verkauft worden seien. Zum Beleg hat der Anmelder den Prospekt "Giroschwader GA 15021" der Firma Kuhn aus dem Jahre 2007 vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder neugefasste Patentansprüche 1 bis 10 überreicht.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Vorrichtung zur Bodenanpassung von Arbeitswerkzeugen einer Heumaschine mit einem Maschinenrahmen (2), an dem ein Fahrwerk (7) und mindestens ein in der Arbeitsebene rotierend antreibbares Arbeitswerkzeug (72) mit Zinkenträgern (8) und Zinken (9) versehen angebracht ist, und einem den Maschinenrahmen (2) mit einem Schlepper verbindbaren Traggestell (1), wobei zwischen den Maschinenrahmen (2) und das Traggestell (1) mindestens eine, eine Winkelbewegung zur Anpassung an die Bodenkontur zulassende Ausgleichseinrichtung eingeschaltet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausgleichseinrichtung als Gelenkviereck ausgebildet ist, wobei ein Teil des Traggestells (1) die Basis (51) und ein Teil des Maschinenrahmens (2) die Schwinge (52) bildet und Koppelglieder (53, 14, 16) die Verbindung zwischen beiden (1, 2, 51, 52) darstellen und die ideelle Schwenkachse (3) eine Querachse ist und innerhalb der vertikalen Projektion der äußeren Begrenzung des Rotationskreises der Zinken (9) und tiefer als die Ausgleichseinrichtung und nahe an der Bodenoberfläche liegt."

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 10 wird auf die Akten Bezug genommen.

Der Anmelder vertritt die Auffassung, dass mit dem geltenden Patentbegehren nunmehr die im Prüfungsverfahren gerügten Mängel beseitigt seien und der Anspruch 1 einen Gegenstand beschreibe, der gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Der Anmelder stellt den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 01 D des Deutschen Patentund Markenamtes vom 11. März 2008 aufzuheben und das Patent 38 35 366 mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen -neue Patentansprüche 1 bis 10, neue Beschreibung und Zeichnungen Fig. 1 bis 7 jeweils in der Fassung vom 9. Dezember 2010 (Anlagen 1 und 2 zum Protokoll) -zu erteilen.

In dem patentamtlichen Prüfungsverfahren ist der folgende druckschriftliche Stand der Technik in Betracht gezogen worden:

EP 0123561A1 DE 3336695A1 DE 3022887A1 AT 281 478 DE 3808931A1 DE 8624528U1 AT 365 883 Volmer, Johannes: Getriebetechnik, Lehrbuch, 2. bearbeitete Auflage, VEB Verlag Technik Berlin, 1972, Seite 32.

Seitens des Anmelders ist noch die DE 28 33 814 A1 genannt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. A. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist das Rechtsschutzinteresse des Anmelders für den Erteilungsantrag mit Ablauf der Schutzhöchstdauer der Anmeldung nicht entfallen.

Der seitens des Anmelders vorgelegte Prospekt "Giroschwader GA 15021" der Firma Kuhn trägt auf der vom Anmelder mit "Blatt 4" bezeichneten Seite am rechten Rand unter anderem den Vermerk "Copyright KUHN 2007". Demnach ist davon auszugehen, dass eine in diesem Prospekt abgebildete und beschriebene Heuwerbungsmaschine ab dem Jahr 2007 beworben und demzufolge zum Verkauf angeboten wurde. Nachdem der Ablauf der maximalen Schutzdauer der Anmeldung erst am 18. Oktober 2008 erfolgt war, ist ferner davon auszugehen, dass die entsprechende Maschine der Fa. Kuhn zumindest auch noch während der laufenden Schutzdauer der Patentanmeldung zum Kauf angeboten worden war.

Der technische Sachverhalt, der im Prospekt auf der mit "Blatt 2, (Foto rechts unten) und "Blatt 3" (Zeichnung "Kardanische Pendelaufhängung", rechts oben) bezeichneten Seite dargestellt und auf "Blatt 3" (Mitte) beschrieben wird, lässt zumindest eine Lenkeraufhängung der Mähkreisel erkennen, wobei die dort gezeigte Einrichtung ebenfalls eine Winkelbewegung der Zinkenkreisel zulassen soll, denn die Rechzinken folgen gemäß "Blatt 3" Mitte, rechte Spalte, präzise dem Bodenrelief, ohne dass es zu einer erhöhten Futterverschmutzung kommt.

Damit kommt der im Prospekt der Fa. Kuhn abgebildete und beschriebene Gegenstand dem Anmeldungsgegenstand in zumindest so hohem Maße nahe, dass sich nach Auffassung des Senats hierdurch und durch den Zeitrang des Prospekts ein Rechtsschutzinteresse des Anmelders an einer Patenterteilung für die Geltungsdauer seiner Anmeldung zweifelsfrei ableiten lässt.

B. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache auch begründet.

1.

Dabei ist trotz Ablauf der Patenthöchstdauer über die Erteilung des nachgesuchten Patents und nicht nur im Rahmen eines Feststellungsbeschlusses über die Patentfähigkeit der Anmeldung zu entscheiden. Der Senat folgt in dieser Vorgehensweise dem 20. Senat des Bundespatentgerichts (BPatGE 42, 256 -Benutzerleitende Information), wonach ein die Patentfähigkeit nur feststellender Beschluss nicht ausreichend wäre. Der Anmelder hat einen allgemeinen öffentlichrechtlichen Anspruch auf Patenterteilung, der mit Ablauf der Schutzdauer nicht untergeht (vgl. Busse, Patentgesetz, 5. Aufl., Rdn. 81 ff. vor § 34) und an dessen Erfüllung er auch dann ein eigenes rechtliches Interesse hat, wenn Ansprüche aus dem Patent nach den §§ 9 bis 13 PatG nicht mehr entstehen können. Dem Anspruch auf Patenterteilung entspricht allerdings auch das Interesse Dritter, im Falle eines eigenen schutzwürdigen Interesses auch gegen ein erloschenes Patent im Wege des Einspruchs vorzugehen (vgl. BGH BlPMZ 1997, 320 -Vornapf; BPatG BlPMZ 1993, 62). Gegen einen die Patentfähigkeit nur feststellenden Beschluss wäre dieser vereinfachte Rechtsbehelf nicht gegeben.

2.

Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1bis §5 dar.

a) Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist eine Vorrichtung zur Bodenanpassung von Arbeitswerkzeugen einer Heumaschine.

Gemäß Seite 1, 2. Abs. der geltenden Beschreibungseinleitung wird bei dem vorbekannten Stand der Technik nach der DE 28 33 814 A1 einer Kopflastigkeit der dort beschriebenen und dargestellten Heuwerbungsmaschine durch eine vorgespannte Gummibuchse oder ein gesondertes Federelement entgegenwirkt, was jedoch das beschriebene Problem der Kopflastigkeit, welches mit unbefriedigender Arbeitsqualität, starker Maschinenbelastung und Verschmutzung des Ernteguts einhergeht, nicht immer zu beseitigen vermag.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt daher gemäß Seite 1, 3. Abs. der geltenden Beschreibungseinleitung die Aufgabe zugrunde, diese Nachteile mit geringem baulichen Aufwand zu vermeiden und die Heumaschine mit den Arbeitswerkzeugen und Zinken dem Bodenverlauf anzupassen. Dabei soll das Fahrwerk mit den Arbeitswerkzeugen, Zinkenträger und Zinken, leichtgängig und schnell reagierend der jeweiligen Bodenkontur folgen und die Zinken in der vorgesehenen Arbeitshöhe über den Boden bzw. die Grasnarbe streichen und das Erntegut vollständig und sauber aufnehmen. Des Weiteren soll die Arbeitsleistung gesteigert, die Maschinenbelastung verringert und Beschädigungen der Grasnarbe vermieden werden.

Der geltende Hauptanspruch (Patentanspruch 1) beschreibt demgemäß eine Vorrichtung zur Bodenanpassung von Arbeitswerkzeugen einer Heumaschine mit den folgenden Merkmalen:

1. Die Heumaschine weist einen Maschinenrahmen auf.

1.1 An dem Maschinenrahmen ist ein Fahrwerk angebracht.

1.2 An dem Maschinenrahmen ist mindestens ein in der Arbeitsebene rotierend antreibbares Arbeitswerkzeug angebracht.

1.2.1 Das Arbeitswerkzeug ist mit Zinkenträgern und Zinken versehen.

2. Die Heuwerbungsmaschine weist ein Traggestell auf.

2.1 Durch das Traggestell ist der Maschinenrahmen mit einem Schlepper verbindbar.

2.2 Zwischen das Traggestell und dem Maschinenrahmen ist mindestens eine, eine Winkelbewegung zur Anpassung an die Bodenkontur zulassende Ausgleichseinrichtung eingeschaltet.

2.2.1 Die Ausgleichseinrichtung ist als Gelenkviereck ausgebildet, wobei ein Teil des Traggestells die Basis und ein Teil des Maschinenrahmens die Schwinge bildet und Koppelglieder die Verbindung zwischen beiden darstellen.

2.2.1.1 Die ideelle Schwenkachse der Ausgleichseinrichtung ist eine Querachse.

2.2.1.2 Die ideelle Schwenkachse der Ausgleichseinrichtung liegt innerhalb der vertikalen Projektion der äußeren Begrenzung des Rotationskreises der Zinken.

2.2.1.3 Die ideelle Schwenkachse liegt tiefer als die Ausgleichseinrichtung.

2.2.1.4 Die ideelle Schwenkachse liegt nahe der Bodenoberfläche.

Die anmeldungsgemäße Heuwerbungsmaschine weist als wesentliche Bauelemente einen Maschinenrahmen (Merkmalsgruppe 1.) und ein Traggestell (Merkmalsgruppe 2.) auf. An dem Maschinenrahmen ist ein Fahrwerk angebracht (Merkmal 1.1) und (mindestens) ein rotierend antreibbares Arbeitswerkzeug (Merkmal 1.2), während das Traggestell der Verbindbarkeit des Maschinenrahmens mit dem Schlepper dient (Merkmal 2.1). Um dem Fahrwerk des Maschinenrahmens und damit auch dem rotierend antreibbaren Arbeitswerkzeug eine bessere Anpassung an die Bodenkontur zu erlauben, ist nach Merkmal 2.2 zwischen Traggestell und Maschinenrahmen eine Ausgleichseinrichtung eingeschaltet, die eine Winkelbewegung zum Zwecke der Anpassung des Maschinenrahmens an das Bodenrelief relativ zum Traggestell ermöglicht.

Die Merkmalsgruppe 2.2.1 ist dann auf die spezielle Ausgestaltung der Ausgleichseinrichtung als Gelenkviereck gerichtet, wobei die folgenden Merkmale 2.2.1.1 bis 2.2.1.4 die Ausrichtung der ideellen Schwenkachse der Ausgleichsvorrichtung (Querachse) sowie deren Lage kennzeichnen. Die Ausgleichseinrichtung stellt jedenfalls eine ideelle Schwenkachse bereit, um die sich das Arbeitswerkzeug relativ zum Traggestell drehen kann, so dass die Heumaschine Bewegungen vollführen kann, die weitgehend unabhängig von denen des Schleppers sind (vgl. geltende Beschreibung, Seite 7, 2. Abs.).

b. Der Gegenstand der geltenden Patentansprüche 1 bis 10 ist in den ursprünglichen Unterlagen als zum Anmeldungsgegenstand gehörend offenbart.

Die oberbegrifflichen Merkmale 1. bis 2.2 des geltenden Patentanspruchs 1 (vgl. Merkmalsgliederung gemäß Punkt III. 1.) beruhen auf dem ursprünglichen Anspruch 1, wie aus der entsprechenden Offenlegungsschrift DE 38 35 366 A1 ersichtlich, wobei der Zusatz "zur Anpassung an die Bodenkontur" zum Ausdruck "Winkelbewegung" bereits aus der ursprünglichen Beschreibungseinleitung gemäß Spalte 1, Zeilen 5 bis 8 sowie der ursprünglichen Beschreibung eines Ausführungsbeispiels gemäß Spalte 2, Zeilen 5 bis 9 der Offenlegungsschrift herleitbar ist. Die Ausgestaltung der Ausgleichsvorrichtung als Gelenkviereck gemäß Merkmal 2.2.1 war bereits Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs 6, während der Verlauf der Schwenkachse dieser Ausgleichsvorrichtung als Querachse im ursprünglichen Anspruch 2 beschrieben war und deren Natur als ideelle Schwenkachse aus den ursprünglichen Zeichnungsfiguren 1, 3, 7 und 9 ersichtlich ist, so dass das Merkmal 2.2.1.1 damit ursprünglich offenbart war. Das Merkmal 2.2.1.2, wonach die ideelle Schwenkachse innerhalb der vertikalen Projektion der äußeren Begrenzung des Rotationskreises der Zinken liegt, findet ebenfalls seine Stütze in den ursprünglichen Zeichnungsfiguren 1, 3, 7 und 9, während die Merkmale 2.2.1.3 und 2.2.1.4 bereits Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs 4 waren.

Die Merkmale der geltenden Unteransprüche 2 bis 10 beruhen auf den ursprünglichen Ansprüchen 3, 5, 6 (letzte zwei Zeilen), 7 (letzte zwei Zeilen) sowie 9 bis 13, wobei lediglich die Nummerierung und die Rückbeziehung angepasst wurden.

c. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist neu.

Von dem die Merkmale des Oberbegriffs aufweisenden Stand der Technik nach der DE 28 33 814 A1, von dem in den geltenden Unterlagen ausgegangen wird, unterscheidet sich der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 in allen seinen auf eine als Gelenkviereck ausgebildete Ausgleichseinrichtung mit einer ideellen Schwenkachse gerichteten Merkmale 2.2.1 bis 2.2.1.4 gemäß Merkmalsgliederung nach Punkt III. 1. Weitere Vorrichtungen zur Bodenanpassung von Arbeitswerkzeugen einer Heumaschine mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 werden in der DE 38 08 931 A1 und der DE 86 24 528 U1 beschrieben und dargestellt. Die anmeldungsgemäße Vorrichtung nach dem geltenden Anspruch 1 unterscheidet sich von den jeweiligen Gegenständen dieser Druckschriften ebenfalls durch ihre als Gelenkviereck ausgestaltete Ausgleichseinrichtung mit einer ideellen Schwenkachse entsprechend den Merkmalen 2.2.1 bis 2.2.1.4. Einen etwas anderen Aufbau als die vorher beschriebenen Heumaschinen weist die Maschine nach der AT 365 883 auf, welche zwar ebenfalls eine Vorrichtung mit den Merkmalen 1. bis 2.1 des Gegenstands nach Anspruch 1 offenbart, bei der aber keine Ausgleichseinrichtung zwischen dem Rahmen und dem Traggestell vorgesehen ist, denn diese beiden Funktionen (Rahmen, Traggestell) werden von einer einzigen, in sich starren Baugruppe erfüllt (vgl. Fig. 1). Die anmeldungsgemäße Vorrichtung zur Bodenanpassung nach Anspruch 1 unterscheidet sich von diesem Stand der Technik daher in allen ihre Ausgleichseinrichtung betreffenden Merkmalen 2.2 bis 2.2.1.4. Von der Federzinkenegge nach der EP 0 123 561 A1 unterscheidet sich die anmeldungsgemäße Vorrichtung zur Bodenanpassung von Arbeitswerkzeugen einer Heumaschine nach Anspruch 1 bereits in allen eine Heumaschine mit Traggestell und Maschinenrahmen beschreibenden Merkmalen 1. bis 2. Zwar ist bei der entgegengehaltenen Federzinkenegge ebenfalls ein als Gelenkviereck ausgebildeter Aufhängemechanismus zwischen dem Hauptrahmen (1) des Geräts und einem die Eggenfelder und Krümelwalzen tragenden Zwischenrahmen vorgesehen, welcher jedoch nicht als eine eine Winkelbewegung des Zwischenrahmens zur Anpassung an die Bodenkontur zulassende Ausgleichseinrichtung wirkt und demzufolge auch keine ideelle Schwenkachse im anmeldungsgemäßen Sinne aufweist. Daher unterscheidet sich der Anmeldungsgegenstand nach Patentanspruch 1 von diesem Stand der Technik zudem auch in allen auf die Positionierung und Ausgestaltung seiner Ausgleichseinrichtung gerichteten Merkmalen 2.2 bis 2.2.1.3. Durch die DE 33 36 695 A1 ist ein aus Packerwalzen bestehendes Nachlaufgerät bekannt geworden, welches ein angehängtes Folgegerät in Form einer Krümelwalze aufweist. Somit unterscheidet sich der Anmeldungsgegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 von diesem Stand der Technik bereits in allen auf eine Heumaschine mit Maschinenrahmen und Traggestell gerichteten Merkmalen 1. bis 2.1. Das Folgegerät (Krümelwalze) ist zwar über eine gebogene Zugstange mit einem als Gelenkviereck ausgebildeten Lenkermechanismus an das Nachlaufgerät (Packerwalzen) angehängt. Dieser Lenkermechanismus ist jedoch nicht dazu vorgesehen, im normalen Betrieb der gesamten Vorrichtung eine Winkelbewegung zur Anpassung des Folgegeräts an die Bodenkontur zuzulassen, sondern dient lediglich dazu, das Folgegerät während der Umschwenkphase des Pflug-Nachlaufgerätes, also bei Fahrtrichtungswechsel, aus dem Boden heraus zu heben, damit sich dieses dabei nicht eingraben kann. Demgemäß kann auch diese Lenkeranordnung nicht als Ausgleichseinrichtung im Sinne des Anmeldungsgegenstandes wirken, so dass der Stand der Technik nach der DE 33 36 695 A1 auch die auf eine Ausgleichsvorrichtung gerichteten Merkmale des Gegenstandes nach Anspruch 1 (Merkmale 2.2 bis 2.2.1.4) nicht aufweist.

Die verbleibenden noch im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen vom Anmeldungsgegenstand nach Anspruch 1 weiter ab, weil sie entweder den Anbau eines Frontmähwerks (DE 30 22 887 A1) oder eine Anhängungseinrichtung für Pflüge (AT 281 478) oder lediglich allgemeine maschinenbauliche Elemente von Gelenkverbindungen (Lehrbuch "Getriebetechnik") zum Gegenstand haben und weder eine Heumaschine mit den Merkmalen 1. bis 2.1 noch eine (als Gelenkviereck ausgebildete) Ausgleichsvorrichtung mit den Merkmalen 2.2 bis 2.2.1.4 offenbaren.

d. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik sind eine Mehrzahl von Vorrichtungen zur Bodenanpassung von Arbeitswerkzeugen einer Heumaschine bekannt geworden, bei denen ebenfalls zwischen das Traggestell und den Maschinenrahmen mindestens eine eine Winkelbewegung zur Anpassung der Heumaschine an die Bodenkontur zulassende Ausgleichseinrichtung -wie in Merkmal 2.2 des Anspruchs 1 (vgl. Merkmalsgliederung gemäß Punkt III. 1.) gefordert wird -eingeschaltet ist.

Die DE 28 33 814 A1 offenbart eine derartige Ausgleichseinrichtung, die aus einem Gelenk (18) bzw. einer Gummibuchse (19) besteht (vgl. Fi. 3, 4), welche gegebenenfalls auch noch mit einem gesonderten Federelement (20) zusammen wirken. Diese Ausgleichseinrichtung ist am oberen Teil der eigentlichen Heumaschine am maschinenseitigen Ende des Traggestells (Dreipunktankopplungsvorrichtung 11; Schubbzw. Zugdeichselteil 12) angeordnet (vgl. Fig. 3) und lässt ein Verschwenken (Winkelbewegung) zwischen Heumaschine (2) und Zugdeichselteil (12), also dem Traggestell zum Zwecke der Anpassung an die Bodenkontur zu (vgl. hierzu auch Seite 5, 4. Abs. der DE 28 33 814 A1). Eine ähnlich wirkende Ausgleichseinrichtung im oberen Bereich der Heumaschine zwischen deren Maschinenrahmen (4) und dem Traggestell (Dreipunktrahmen 1) wird durch die Achsen (2, 3) gemäß der DE 38 08 931 A1 (Fig. 1) oder auch die Achsen (8, 9) nach dem DE 86 24 528 U1 (Fig. 1, 5) gebildet. Alle diese bekannten Vorrichtungen zeigen eine Ausgleichseinrichtung, die aus einer oder mehreren realen Schwenkachse(n) im oberen Bereich der Maschine besteht. Einen hiervon etwas abweichenden Aufbau zeigt die Vorrichtung nach der AT 365 883, bei der Rahmen und Traggestell aus einer einzigen in sich starren Baugruppe (8, 10, 11, 14) bestehen (vgl. Fig. 1) und bei der das die Rechkreisel direkt tragende Fahrwerk (16, 16') unterhalb der Zinkenträger (3) an einem gesonderten Querrahmen (19) über reale Längsund Querachsen (d, d'; b) (vgl. Fig. 5) beweglich angeordnet ist (vgl. auch Seite 4, Zeilen 16 bis 20). Somit verschwenken die Heumaschinen nach den oben abgehandelten Druckschriften allesamt um reale, am oberen Ende der Heumaschine angeordnete Schwenkachsen bzw. im Falle der Vorrichtung nach der AT 365 883 um reale, unter den Zinkenträgern angeordnete Schwenkachsen, um eine ausreichende Bodenanpassung zu ermöglichen. Dieser einschlägige Stand der Technik vermag indes einen Fachmann, einen Diplom-Ingenieur des allgemeinen Maschinenbaus bzw. einen Diplom-Agraringenieur mit zumindest Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion landwirtschaftlicher Erntemaschinen, nicht dazu anzuregen, eine entsprechende Ausgleichseinrichtung als Gelenkviereck auszubilden (Merkmal 2.2.1), welche um eine ideelle Schwenkachse nach den Merkmalen 2.2.1.1 bis 2.2.1.4 verschwenkbar ist.

Auch der Stand der Technik nach der EP 0 123 561 A1 vermag dem einschlägigen Fachmann keinerlei Hinweise auf eine als Gelenkviereck ausgebildete Ausgleichseinrichtung zu vermitteln. Zwar werden bei der dort beschriebenen und dargestellten Federzinkenegge zur Saatbettbereitung die Eggenfelder (4) sowie die zugehörigen Krümelwalzen (10) von einem sog. Zwischenrahmen (9) getragen, der seinerseits über einen Lenkerhebel (13) und einen weiteren längenveränderlichen Lenker (14) an einem Hauptrahmen (1) angelenkt ist, wobei diese Anlenkung an sich als Gelenkviereck ausgebildet ist (vgl. einzige Fig.). Allerdings hat diese Gelenkviereck-Anlenkung nicht die Aufgabe einer Ausgleichseinrichtung, welche Winkelbewegungen zwischen den beiden Rahmen zum Zwecke der Anpassung an die Bodenkontur zulassen soll. Vielmehr dient die hier offenbarte Anlenkung einer Parallelverschiebung von Zwischenrahmen und Hauptrahmen dazu, die Arbeitstiefe der Eggenzinken einzustellen und konstant zu halten. Auch bei wechselnden Bodenwiderständen soll die Egge immer in horizontaler Ausrichtung gehalten werden. Ein Hochspringen und Aufkippen bzw. Aufbäumen der Egge soll sicher vermieden werden, wie dies insbesondere auf Seite 2, Zeile 4 bis Seite 3, Zeile 3 sowie auf Seite 4, Zeilen 14 bis 27 der Entgegenhaltung beschrieben ist. Aus den o. g. Textstellen ist ersichtlich, dass der durch die Verlängerungen der Lenker (13) und (14) entstehende Schnittpunkt (19) der Geraden nicht einen ideellen Schwenkpunkt bzw. eine ideelle Schwenkachse darstellt, sondern einen Punkt bildet, in dem die Zugkräfte (des Lenkers (13)) und die Schubkräfte (des Lenkers (14)) zu einer horizontal wirkenden Resultierenden zusammengefasst werden, so dass dieser Punkt (19) einen Zugpunkt bildet und nicht eine (ideelle) Schwenkachse. Dieser Effekt wird bei der entgegengehaltenen Federzinkeneggeu. a. dadurch erreicht, dass der hintere schiebende Lenker (14) nicht etwa am Ende des Zwischenrahmens (9), sondern nahe dessen Mitte angeordnet ist, während der vordere ziehende Lenker (13) nahe dem vorderen Ende des Zwischenrahmens angelenkt ist. Die Anlenkung des hinteren schiebenden Lenkers (14) nahe der Mitte des die Egge und die Krümelwalzen tragenden Zwischenrahmens (9) verleiht diesem Zwischenrahmen im Betrieb der Egge durch das Eingreifen der Zinken in den Boden ein nach vorne und unten gerichtetes Moment, dem der vordere Lenker entgegenwirkt. Dadurch bleibt dieser Zwischenrahmen mit den von ihm getragenen Arbeitsorganen in horizontaler Lage ohne seine Winkelstellung zum Hauptrahmen (1) zu verändern.

Nach alledem stellt die Aufhängung des Zwischenrahmens (9) am Hauptrahmen (1) vermittels eines Gelenkvierecks bei der Federzinkenegge nach der EP 0 123 561 A1 keine Ausgleichseinrichtung dar, welche zum Zwecke der Bodenanpassung des Geräts Winkelbewegungen zwischen Hauptund Zwischenrahmen zulassen soll. Vielmehr soll durch diese als Gelenkviereck ausgebildete Aufhängung gerade das Gegenteil, nämlich die Unterbindung einer Winkelbewegung zwischen diesen beiden Rahmenbauteilen erreicht werden. Somit kann die Gelenkviereck-Aufhängung nach der EP 0 123 561 A1 für den Fachmann einerseits nicht als Vorbild für eine Ausgleichsvorrichtung, welche Winkelbewegungen zulassen muss, dienen und kann andererseits auch keine ideelle Schwenkachse lehren, denn der dort gezeigte Schnittpunkt der die Lenker verlängernden Geraden ist ein Zugpunkt. Demnach vermag auch eine fachmännische Zusammenschau von Ausgleichsvorrichtungen für Heumaschinen lehrenden Entgegenhaltungen wie die DE 28 33 814 A1 oder die DE 38 08 931 A1 oder die DE 86 24 528 U1 -die Vorrichtung nach der AT 365 883 liegt wie oben dargestellt noch weiter ab -mit der Aufhängung einer Egge nach der EP 0 123 561 A1 nicht zu einer Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 zu führen, selbst wenn eine derartige Zusammenschau auf Grund der unterschiedlichen Wirkungsweise der dort offenbarten Vorrichtungen, nämlich einerseits über dem Erdboden arbeitende und von Fahrwerken getragene Heumaschinen und andererseits eine in den Boden eingreifende Egge, überhaupt veranlasst gewesen wäre.

Durch die DE 33 36 695 A1 wird die Verbindung zwischen einem Nachlaufgerät für Pflüge (Packerwalzen) und einem diesem Nachlaufgerät nachfolgenden Folgegerät (Krümelwalze) beschrieben und dargestellt. Das Folgegerät (2) ist hierzu über eine gebogene Zugstange (3) mit dem vorauslaufenden Gerät (1) (Pflug-Nachlaufgerät) verbunden (vgl. Fig. 1). Die Anlenkung der Zugstange (3) an das Gerät (1) erfolgt dabei über die beiden Lenker (11, 12) und ist demgemäß als Gelenkviereck ausgebildet. Die Verlängerung der Wirklinien dieser Lenker führt -wie aus Fig. 1 ersichtlich -zu einem ideellen Punkt, den die Entgegenhaltung als "Führungspunkt" (20) bezeichnet (vgl. Seite 11, 2. und 3. Absatz). Im Betrieb, also bei Vorausfahrt der gesamten Vorrichtung wird durch diese Anlenkung eine Druckerhöhung auf das Folgegerät (Krümelwalze) bei steigendem Bodenwiderstand erreicht (Seite 11, 3. Absatz). Bei einer Umschwenkbewegung, also bei dem Normalbetrieb entgegengesetzter Fahrtrichtung führt die Gelenkviereck-Anordnung dazu, das Folgegerät aus dem Boden auszuheben. Dadurch wird ein Eingraben in den Boden verhindert (Seite 5, 4. Absatz). Bei dem Gelenkviereck nach der DE 33 36 695 A1 handelt es sich demnach nicht um eine Ausgleichsvorrichtung, welche Winkelbewegungen zwischen Traggestell und Rahmen einer einzigen Maschine zulässt, sondern um einen Mechanismus, der ein Folgegerät eines vorauslaufenden Bodenbearbeitungsgeräts bei steigendem Bodenwiderstand fest an den Boden andrücken soll und bei der Umschwenkphase das Folgegerät entlasten und evtl. aus dem Boden ausheben soll. Bei dieser Funktion mag der ideelle Führungspunkt (20) auch als ideelle Schwenkachse wirken, jedoch eben nicht als Schwenkachse einer Ausgleichsvorrichtung zum Zwecke der Anpassung an die Bodenkontur, welche im Betrieb in einer Fahrtrichtung Bewegungen in beide Richtungen erlaubt. Daher vermag auch der Stand der Technik nach der DE 33 36 695 A1 einem Fachmann keinerlei Hinweise auf die Ausgestaltung einer Ausgleichsvorrichtung zum Zwecke der Bodenanpassung zu vermitteln, so dass auch eine fachmännische Zusammenschau mit denjenigen Entgegenhaltungen, die Ausgleichsvorrichtungen an Heumaschinen offenbaren, nicht zu einer Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 führen kann.

Die verbleibenden im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen offenbaren weder als Gelenkviereck ausgestaltete Geräte-Aufhängungen noch Ausgleichsvorrichtungen an Heumaschinen und liegen -wie bereits beim Neuheitsvergleich gezeigt wurde (vgl. Punkt III. 3.) -weiter ab, so dass diese weder einzeln für sich betrachtet noch in Zusammenschau mit anderen Entgegenhaltungen aus dem vorliegenden Verfahren dem Fachmann Hinweise zum Auffinden der anmeldungsgemäßen Lehre nach Patentanspruch 1 vermitteln können.

Nach alledem war die Ausbildung einer Ausgleichseinrichtung zum Zwecke der verbesserten Anpassung von Heumaschinen an die Bodenkontur im entgegengehaltenen Stand der Technik ohne Vorbild, so dass es über fachübliche Überlegungen hinausgehender Schritte bedurfte, eine an sich bekannte Gelenkviereckanordnung als Winkelbewegungen zulassende Ausgleichseinrichtung auszubilden.

Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 ist demnach patentfähig und der Anspruch 1 somit gewährbar.

e) Mit diesem zusammen sind auch die Unteransprüche 2 bis 10 gewährbar, die auf vorteilhafte Ausgestaltungen einer Vorrichtung nach Anspruch 1 gerichtet sind.

Dr. Zehendner Dr. Huber Schwarz Dr. Prasch Cl






BPatG:
Beschluss v. 09.12.2010
Az: 8 W (pat) 35/08


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