Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht:
Beschluss vom 10. März 2003
Aktenzeichen: 8 LA 2/03

(Niedersächsisches OVG: Beschluss v. 10.03.2003, Az.: 8 LA 2/03)

1. Die Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft setzt den Nachweis voraus, dass die Gesellschaft von Steuerberatern verantwortlich geführt wird. Das ist der Fall, wenn die Steuerberater auch auf die Angelegenheiten der Steuerberatungsgesellschaft als Ganzes maßgeblich Einfluss nehmen können und insbesondere Art, Weise und Umfang der steuerberatenden Aktivitäten maßgeblich bestimmen.2. Die dem Aufsichtsrat der Steuerberatungsgesellschaft durch Satzung verliehene Befugnis, einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung aufzustellen und seine Zustimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung zu verweigern, kann die verantwortliche Führung der Steuerberatungsgesellschaft durch den als Geschäftsführer tätigen Steuerberater ausschließen.

Gründe

Der Senat entscheidet unter Zurückstellung erheblicher Zweifel an der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO) über den Zulassungsantrag, weil das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache befindet, nach § 17 a Abs. 5 GVG nicht zu prüfen hat, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil der von der Klägerin geltend gemachte Berufungszulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft nach § 55 Abs. 1 StBerG zurückzunehmen ist, wenn die Klägerin die Bestimmungen ihrer Satzung über die Aufgaben und Befugnisse ihres Aufsichtsrates nicht ändert.

Nach § 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG setzt die Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft den Nachweis voraus, dass die Gesellschaft von Steuerberatern verantwortlich geführt wird. Daher genügt es nicht, wenn die eigentliche steuerberatende Tätigkeit Steuerberatern obliegt (BFH, Urt. v. 23.11.1998 - VII B 215/98 -). Erforderlich ist vielmehr, dass die Steuerberater auch auf die Angelegenheiten der Gesellschaft als Ganzes maßgeblichen Einfluss nehmen können. Das setzt voraus, dass auch Art und Weise und Umfang der steuerberatenden Aktivitäten maßgeblich von Steuerberatern bestimmt werden, da zwischen der eigentlichen steuerberatenden Tätigkeit und der Erledigung der sonstigen für den Geschäftsbetrieb erforderlichen Angelegenheiten in der Regel enge, im Einzelfall nicht ohne weiteres fassbare Wechselwirkungen bestehen (vgl. BFH, Urt. v. 23.11.1998, a.a.O.). Dabei sind erhöhte Anforderungen an den Nachweis der eigenverantwortlichen Führung der Gesellschaft durch Steuerberater zu stellen, wenn die Steuerberatungsgesellschaft € wie im vorliegenden Fall € gesellschaftsrechtlich von Berufsfremden beherrscht wird (BFH, Urt. v. 23.11.1998, a.a.O.; FG Bad.-Württ., Urt. v. 9.6.1998 - 4 K 352/97 -).

Diesen Nachweis kann die Klägerin nicht erbringen, da die Befugnisse, die § 8 Nr. 3 ihrer Satzung dem Aufsichtsrat verleiht, den Steuerberater, der als Geschäftsführer der Klägerin tätig ist, daran hindern, Art und Weise und Umfang der steuerberatenden Aktivitäten maßgeblich zu bestimmen.

Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sowohl die dem Aufsichtsrat zustehende Befugnis zur Aufstellung einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung als auch sein Recht, die Zustimmung zu den in § 5 Nr. 4 der Satzung aufgeführten Maßnahmen zu verweigern, die eigenverantwortliche Führung der Klägerin durch ihren Geschäftsführer erheblich beschränken. Bedarf der Geschäftsführer nach § 5 Nr. 4 der Satzung der vorigen Zustimmung des Aufsichtsrates, z. B. für die Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern in leitender Funktion, für die Durchführung von Investitionen, die im Einzelfall über einen Betrag von 50.000,- DM hinausgehen, für die Aufnahme von Krediten mit Ausnahme kurzfristiger Kontoüberziehungen, für die Einrichtung von Zweigniederlassungen, für die Gründung, Verlegung und Stilllegung von Geschäftsstellen und für die Stilllegung wesentlicher Betriebsteile, ist er nicht in der Lage, Art und Weise und Umfang der steuerberatenden Aktivitäten maßgeblich zu bestimmen und die Gesellschaft verantwortlich zu führen. Die verantwortliche Führung der Klägerin durch den Geschäftsführer wird auch dadurch eingeschränkt, dass seine übrigen Rechte und Pflichten nach § 5 Nr. 5 der Satzung auch in einer Geschäftsordnung geregelt werden, die nach § 8 Nr. 3 der Satzung vom Aufsichtsrat aufgestellt wird. Die Aufstellung und die Änderung der Geschäftsordnung ermöglichen es dem Aufsichtsrat nämlich, zumindest mittelbar nicht unwesentlich Einfluss auf die Führung der Gesellschaft zu nehmen.

Dem kann die Klägerin nicht entgegen halten, dass der Aufsichtsrat nach § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 111 Abs. 1 AktG die Geschäftsführung lediglich zu überwachen habe. Sie übersieht dabei, dass § 111 Abs. 1 AktG nach § 52 Abs. 1 GmbHG nur entsprechend anwendbar ist, soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt ist. Außerdem kann die Satzung nach § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Daher hindern die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen den Aufsichtsrat der Klägerin nicht daran, die ihm durch § 8 Nr. 3 der Satzung übertragenen Befugnisse auszuüben, was eine verantwortliche Führung der Gesellschaft durch den Geschäftsführer unmöglich macht.

Die Klägerin kann auch nicht einwenden, dass ihre Anerkennung nicht widerrufen werden dürfe, weil sie nach § 155 Abs. 4 StBerG Bestandsschutz genieße. Zwar bleiben Steuerberatungsgesellschaften, die am 16. Juni 1989 anerkannt waren, nach § 155 Abs. 4 Satz 1 StBerG anerkannt. Dieser Bestandsschutz steht einer Rücknahme der Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft aber nicht entgegen, weil er lediglich bezweckt, denjenigen Steuerberatungsgesellschaften, die die durch das 4. StBerÄndG eingeführten Vorschriften über die Kapitalbindung (§ 50 a StBerG) nicht erfüllen, aus historischen und verfassungsrechtlichen Gründen die Anerkennung zu belassen (vgl. BFH, Urt. v. 29.4.1997 - VII R 44/96 -; BFH, Urt. v. 17.9.1991 - VII R 20/90 - BStBl. II 1992, 156; FG Köln, Urt. v. 10.3.1998 - 8 K 963/95 -). Daher hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich entschieden, dass § 155 Abs. 4 StBerG den Bestand der Steuerberatungsgesellschaften nicht garantiert, die schon vor Inkrafttreten des 4. StBerÄndG die Anerkennungsvoraussetzungen, zu denen auch § 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG gehört, nicht erfüllt haben und deshalb nach § 55 Abs. 1 StBerG mit der Rücknahme ihrer Anerkennung rechnen mussten (BFH, Urt. v. 29.4.1997, a.a.O.).






Niedersächsisches OVG:
Beschluss v. 10.03.2003
Az: 8 LA 2/03


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