Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Oktober 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 82/00

(BPatG: Beschluss v. 10.10.2000, Az.: 33 W (pat) 82/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung vom Bundespatentgericht geht es um die Zurückweisung einer Beschwerde. Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung der Bezeichnung "select card" für verschiedene Dienstleistungen im Geschäftsbereich abgelehnt. Zur Begründung führte sie aus, dass die Bezeichnung eine sachliche Aussage über die Art der angebotenen Karten darstellt und daher nicht als Marke eingetragen werden kann.

Der Anmelder hat daraufhin Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass "select card" eine Unterscheidungskraft aufweist und nicht freihaltungsbedürftig ist. Er betont, dass es sich um einen englischen Begriff handelt, der keine Dienstleistungen beschreibt, die mit Hilfe einer Karte vergünstigt in Anspruch genommen werden können.

Das Bundespatentgericht weist die Beschwerde jedoch ab. Es kommt zu dem Schluss, dass die Bezeichnung "select card" die Schutzhindernisse nach § 8 Absatz 2 Nr. 1 und 2 MarkenG erfüllt. Nach Nr. 2 dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Beschreibung von Waren dienen können. Das Gericht argumentiert, dass die englische Wortkombination "select card" im deutschen Sprachraum ohne weiteres verständlich ist und auf verschiedene Karten mit unterschiedlichen Merkmalen und Funktionen hinweist. Es handelt sich daher um eine glatt beschreibende Angabe, die nicht als Marke eingetragen werden kann.

Die Entscheidung des Bundespatentgerichts kann nicht weiter angefochten werden, da keine Rechtsbeschwerde zugelassen wird. Die Frage, ob "select card" eine konkrete Bedeutung hat und damit freihaltungsbedürftig ist oder Unterscheidungskraft besitzt, ist eine Tatfrage und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

Zusammenfassend wird die Beschwerde des Anmelders gegen die Zurückweisung seiner Marke "select card" für verschiedene Dienstleistungen abgewiesen. Das Bundespatentgericht kommt zu dem Schluss, dass die Bezeichnung eine glatt beschreibende Angabe ist und somit nicht als Marke eingetragen werden kann.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 10.10.2000, Az: 33 W (pat) 82/00


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Dienstleistungen "Ermittlungen in Geschäftsangelegenheiten, nämlich Nachforschungen in Rechts- und Geschäftsangelegenheiten sowie Durchführung von Recherchen in rechtlichen, technischen und geschäftlichen Angelegenheiten; Beratung Dritter in finanziellen Angelegenheiten; Anlageberatung; Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren; Durchführung von Tiefstpreisrecherchen; Herausgabe von Informationen über Geschäfts- und Finanzangelegenheiten; Vermittlung von Miet-, Dienst-, Reise- und Werkverträgen; Ausgabe von Kredit- und Kundenkarten; Kreditberatung; Kreditvermittlung; Vermittlung von Versicherungen; Versicherungswesen" bestimmten Bezeichnungselect cardmit Beschluss vom 1. Februar 2000 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die aus den allgemein bekannten Ausdrücken "Select" und "Card" kombinierte Bezeichnung weise auf Dienstleistungen hin, die der Kunde mit Hilfe einer Kredit- oder Kundenkarte bargeldlos in Anspruch nehme, wobei das Angebot eine Auswahlmöglichkeit biete. Hinsichtlich der Dienstleistung "Ausgabe von Kreditkarten" stelle die angemeldete Bezeichnung eine Sachaussage über die Art der angebotenen Karten dar. Als ohne weiteres verständliche beschreibende Angabe sei die angemeldete Marke nicht nur zu Gunsten der Mitbewerber freizuhalten, sondern entbehre auch jeglicher Eigenart, die sich der Verkehr als individuellen betrieblichen Herkunftshinweis einprägen könnte.

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde; er beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 1. Februar 2000 aufzuheben, und hilfsweise, die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie zu der Frage zuzulassen, inwieweit aus einer neuartigen englischsprachigen Wortschöpfung eine konkrete Bedeutung abgeleitet werden könne und inwieweit ein Bezug einer angemeldeten Marke zu den angemeldeten Waren/Dienstleistungen vorliegen müsse.

Zur Begründung seiner Anträge trägt er vor, "select card" weise in seiner Kombination Unterscheidungskraft auf und sei nicht freihaltungsbedürftig. Es handle sich um einen englischen, nur wenig bestimmten Begriff. Die Marke beschreibe keine Dienstleistungen, die mit Hilfe einer Karte vergünstigt in Anspruch genommen werden könnten.

Nachdem der Senat den Anmelder auf die Entscheidung des 26. Senats vom 18. September 1996, 26 W (pat) 122/95 - SELECT COMFORT, hingewiesen hatte, erklärte der Anmelder ergänzend, wollte man "select card" mit "ausgewählte/exklusive Karte" übersetzen, stelle sich die Frage, wofür diese Karte diene. Es fehle der Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen; während die Waren bei SELECT COMFORT (Betten, Sofas etc) tatsächlich behaglichen Komfort haben könnten.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung derangemeldeten Bezeichnung "select card" als Marke stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Nach Nr 2 dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Um den berechtigten Interessen der Mitbewerber gerecht zu werden, sind auch fremdsprachige Wortschöpfungen nicht als Marke eintragbar, insbesondere wenn wesentliche Teile des Verkehrs sie als glatt beschreibende Angaben auffassen (vgl BGH GRUR 1990, 517 - SMARTWARE).

Die englischsprachige Wortzusammenstellung "select card" bedeutet im Deutschen soviel wie "auserlesene, hervorragende Karte". Diese Bedeutung ist im deutschen Sprachbereich ohne weiteres verständlich, da beide Wörter zum einfachen englischen Wortschatz gehören und an deutsche bzw eingedeutschte Begriffe, zB selektiv, selektiert, Selektion und Karte, erinnern (ebenso BPatG aaO - SELECT COMFORT).

Hinzu kommt, dass Wortzusammenstellungen mit dem Adjektiv "select" sprachüblich sind (vgl Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Wörterbuch in vier Bänden, Englisch-Deutsch, 1990, S 620: select command, select society).

Als englische Bezeichnung für den deutschen Begriff "Karte" ist "Card" längst in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen. Es handelt sich sogar um einen zentralen Begriff der hier einschlägigen Fachsprache für mit Datenträgern versehene Karten (BPatG, Beschluss vom 24. März 1998, 24 W (pat) 107/97 - CARD; vom 14. Februar 2000, 30 W (pat) 141/99 - CARECARD). Als "card" werden im Geschäftsverkehr Wert-, Berechtigungs- und Ausweiskarten bezeichnet (BPatG, Beschluss vom 3. Februar 1999, 29 W (pat) 196/98 - car security card). Deren Einsatzbereich nimmt immer mehr zu: Bahncard, Eurocard, Paycard usw. Das Publikum ist an viele verschiedene Karten gewöhnt und zwar auch bei Besorgungen und Erledigungen im täglichen Leben, wie Einkaufen, Telephonieren, Arztbesuch (BPatG, Beschluss vom 26. Februar 1998, 30 W (pat) 12/97 - CARCARD). Dabei werden in ständig zunehmendem Maße auch Karten mit verschiedenen Ausstattungen und Eigenschaften ausgegeben (BPatG, Beschluss vom 8. Mai 1998, 33 W (pat) 136/98 - PayCard). Dieses breite Anwendungsfeld verlangt vom Verbraucher eine Selektion nach seinen Bedürfnissen. Die Anbieter von Karten haben deshalb ein Bedürfnis, mit "select card" auf Art, Beschaffenheit oder Bestimmung ihrer Karten hinzuweisen. Dies gilt nicht nur für die Ausgabe von Kredit- und Kundenkarten, wo Karten direkt angesprochen sind, sondern auch für alle übrigen Dienstleistungen, bei denen "cards" zur Anwendung kommen können. Heutzutage sind nämlich Karten oft Berechtigungsnachweise, die ihre Inhaber zur Inanspruchnahme von bestimmten Dienstleistungen legitimieren (vgl BPatG Mitt 1982, 35 - Kapitalsparbuch). Sie können den Umfang dieser Berechtigung nachweisen oder als Speicher von Kundendaten dienen. Die Ausgeber von Karten bieten deren Inhabern zudem Leistungen zum Teil exklusiver Art an (BPatG, Beschluss vom 6. Dezember 1996, 12 W (pat) 2/96 - TENNISCARD). Auch hierfür gibt "select card" einen beschreibenden Sinn, etwa im Zusammenhang mit der Vermittlung von Waren aller Art, Mietwägen, Hotels oder Geldanlagen sowie mit Informationsbriefen etc. Die Angebote können ausgewählt sein oder nur einem ausgewählten Kreis zur Verfügung stehen. Bei Versicherungskarten kann deren Umfang unterschiedlich sein (Kfz-Schutzbriefe, Versicherungsleistungen). Daher gibt es Karten in verschiedener Qualität (zB 1. oder 2. Klasse der Bahncard; Normal-, Gold- oder Platinkarten), die unterschiedliche Angebote eröffnen - also durchaus selektieren.

Selbst Publikumskreise ohne Englischkenntnisse erfassen deshalb den Sinngehalt "auserlesene/exklusive Karte" ohne weiteres, zumal in der Werbesprache die Verwendung englischer Wörter immer gebräuchlicher wird.

Die Schutzfähigkeit der damit beschreibenden Bezeichnung "select card" kann auch nicht mit dem Argument begründet werden, im Eintragungsverfahren könne nicht allen denkbaren Beeinträchtigungen des freien Gebrauchs beschreibender Angaben vorgebeugt werden. Aus der Möglichkeit, gemäß § 23 MarkenG den Interessenausgleich zwischen Markeninhaber und beteiligtem Verkehr in späteren Verfahrensabschnitten vorzunehmen (vgl BGH GRUR 1994, 366 - RIGIDITE II; 1994, 370 - rigidite III), folgt nicht, dass im Eintragungsverfahren bereits erkennbare Behinderungsgefahren nicht zu beachten wären (vgl auch EuGH GRUR 1999, 723 "Chiemsee").

Der angemeldeten Marke fehlt auch die Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Eine Marke besitzt nur dann die erforderliche Unterscheidungskraft, wenn sie geeignet ist, die Angebote eines Unternehmens von denjenigen eines anderen zu unterscheiden, wobei auf die inländischen Verkehrskreise abzustellen ist. Es genügt nicht, sie nach ihrer Qualität oder Bestimmung unterscheidbar zu machen (vgl BPatG, Beschluss vom 19. Mai 1998, 24 W (pat) 175/97 - Combi-Card).

Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke den Schutz daher zu Recht versagt; die Beschwerde ist zurückzuweisen.

Es ist keine Zulassung der Rechtsbeschwerde geboten. Ob "select card" eine konkrete Bedeutung und mit ihr einen Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen hat, der es freihaltungsbedürftig macht bzw ihm die Unterscheidungskraft nimmt, ist in erster Linie Tatfrage und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, für die eine Klärung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeigeführt werden müßte (§ 83 Abs 2 MarkenG).

Winklerv. Zglinitzki Dr. Albrecht Hu






BPatG:
Beschluss v. 10.10.2000
Az: 33 W (pat) 82/00


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