Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juli 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 282/02

(BPatG: Beschluss v. 12.07.2005, Az.: 33 W (pat) 282/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 8. Dezember 1999 die Wortmarke

"Krankenversicherungs-Matrix"

für folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:

Klasse 9:

Computer-Hardware, Computer-Software, bespielte Datenträger jedweder Art, insbesondere mit Datenbanken versehene Datenträger; Datenbanken;

Klasse 35:

betriebswirtschaftliche Beratung, Organisationsberatung, Personalmanagementberatung, Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Erstellen von Geschäftsgutachten; Marketing, Marktforschung; Meinungsforschung; Öffentlichkeitsarbeit; Herausgabe von Statistiken; Personal-/Stellenvermittlung, Personalanwerbung; Vermarktung und Vermietung von Werbezeiten und Werbeflächen im Internet;

Klasse 36:

Versicherungswesen, Versicherungsberatung, Vermittlung von Versicherungen, voranstehende Dienstleistungen insbesondere in Bezug auf Krankenversicherungen; Finanzdienstleistungen, finanzielle Beratung, Beratung in Sachen Sparen und Geldanlagen, Investitionsberatung; Finanzanalysen, Vermittlung von Vermögensanlagen, insbesondere in Fonds; Investmentgeschäfte, Vermögensmanagement für Dritte; Beratung beim Immobilienerwerb, Immobilienvermögenskonzepte für Dritte.

Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 10. Juli 2002 gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die begehrte Marke ein System bezeichne, das bestimmte Daten aus dem Bereich der Krankenversicherungen darstelle und schematisch zueinander in Beziehung setze. Im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren beschreibe die Marke unmittelbar den Inhalt und Bestimmungszweck der entsprechenden Produkte dahingehend, dass diese dazu bestimmt und geeignet seien, eine Krankenversicherungsmatrix zu erstellen bzw. hierfür entsprechende Daten enthielten. Dies gelte auch im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde. Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Sie trägt vor, dass der den Naturwissenschaften, der Technik oder den Wirtschaftswissenschaften zugeordnete Begriff "Matrix" vom Verbraucher nicht erkannt werde. Aber auch bei Annahme und Kenntnis der nächstliegenden Bedeutung, nämlich einer Matrix als zweidimensionaler Darstellung von zusammengehörigen Zahlenwerten, mache dies im Hinblick auf das weitere Markenelement "Krankenversicherung" keinen rechten Sinn. Ein Bezug zu den Waren und Dienstleistungen könne nicht hergestellt werden. Sie verweist auf Voreintragungen mit dem Bestandteil "Matrix".

Der Senat hat die Anmelderin unter Übersendung von Ermittlungsunterlagen auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Nach Auffassung des Senats fehlt der als Marke angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen hat.

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (st.Rspr. vgl. BGH GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK; MarkenR 2005, S 145 - BerlinCard). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 1999, 1089 - YES).

Die angemeldete Bezeichnung ist aus den Worten "Krankenversicherung" und "Matrix" verbunden durch einen Bindestrich zusammengesetzt. Den zu berücksichtigenden Verkehrskreisen, hier teils Fachkreise, teils das allgemeine Publikum ist die Bedeutung des Ausdrucks "Matrix" als ein System mathematischer Größen, das in einem Schema von waagerechten Zeilen und senkrechten Spalten geordnet ist, aufgrund entsprechender Tabellenkalkulationsprogramme wie z.B. "exel" bekannt (vgl. insoweit auch 33 W (pat) 89/00 - Matrix"; BPatG 27 W (pat) 138/03 - MatrixView; HABM R 0470/00-3 - ADVANCED MATRIX TECHNOLOGY).

Zu berücksichtigen ist zwar, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit all seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt ohne es einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen, so dass bei aus mehreren Wörtern bestehenden Marken das Vorliegen des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die Wortfolge in ihrer Gesamtheit festzustellen ist (BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE COR-PORATION). Das Gesamtzeichen hat aber im vorliegenden Fall bezogen auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen rein beschreibenden Begriffsinhalt. Die verfahrensgegenständliche Marke bringt zum Ausdruck, dass systematisch geordnet Daten zu Krankenversicherungen - beispielsweise im Rahmen eines Vergleichs verschiedener Versichersanbieter - dargestellt werden.

Die Waren der Klasse 9 können dabei die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, um eine derartige Matrix zu erstellen bzw. darzustellen. Die Dienstleistungen der Klasse 36, insbesondere hier die Versicherungsdienstleistungen, können sich inhaltlich mit der Erstellung, Auswertung oder Erläuterung einer derartigen Krankenversicherungmatrix und den darin enthaltenen Daten beschäftigen. Auch die betriebswirtschaftlichen und Personaldienstleistungen der Klasse 35 können inhaltlich auf ein derartiges System Bezug nehmen.

Im Zusammenhang mit betriebswirtschaftlichen insbesondere auch Versicherungsdienstleistungen ist der Begriff "Matrix" durchaus auch gebräuchlich, wie sich aus einer vom Senat durchgeführten Internetrecherche ergeben hat. So werden beispielsweise unter www.planaring.de verschiedene Versicherungsangebote für Planer Architekten und Ingenieure unter dem Stichwort "Versicherungsmatrix" angeboten; auf der Seite www.profinanzconsult.de befindet sich ein Informationsforum für Steuerberater unter den Stichworten "Bankenmatrix", "Fondsmatrix", "Beteiligungsmatrix", "Versicherungsmatrix" und "Immobilienmatrix". Unter dem Link www.finanzielleallgemeinbildung.de bewirbt ein "Institut für Finanzdienstleistungen e.V." eine "Versicherungsmatrix zu Lebenssituation und Versicherung" und unter www.still.at wird ein System von Dienst- und Technologieleistungen unter der Überschrift "PartnerPlan-Matrix" dargestellt.

Insgesamt werden die angesprochenen Verkehrskreise daher den beschreibenden Charakter des Gesamtzeichens ohne weiteres erkennen und dieses nicht als betriebskennzeichnend auffassen.

Schließlich kann sich die Anmelderin zur Frage der Schutzfähigkeit nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen. Selbst eine Reihe von Eintragungen gleicher oder ähnlicher Marken - die Anmelderin nennt jedoch nur Marken mit dem Begriffsbestandteil "Matrix" - kann nicht zu einer Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts führen und ist erst recht für das Bundespatentgericht unverbindlich (BGH GRUR 1999, 420 - K-SÜD).

Der Senat neigt im übrigen zur Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, was jedoch keiner abschließenden Beurteilung mehr bedarf.

Vors. Ri Winkler kann wegen Urlaub nicht unterschreiben.

Dr. Hock Kruppa Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 12.07.2005
Az: 33 W (pat) 282/02


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