Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. September 2004
Aktenzeichen: 6 W 91/04

(OLG Köln: Beschluss v. 09.09.2004, Az.: 6 W 91/04)

Tenor

1.)

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 803/01 - vom 10.8.2004 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragstellerin wird aufgegeben, bis zum 31.10.2004 Klage zur Hauptsache zu erheben. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist wird die einstweilige Verfügung der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 14.12.2001 - 31 O 803/01 - auf Antrag des Antragsgegners aufgehoben werden.

2.)

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tra-gen.

Gründe

Der Antragsgegner ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn D I. Dieser war Franchisenehmer der Antragstellerin. Gegenstand des Franchisevertrages war der Betrieb eines Schnellrestaurants in der C-Straße in B. Nachdem der Franchisenehmer in Zahlungsverzug geraten war, wurde die Kündigung des Franchisevertrages ausgesprochen und erwirkte die Antragstellerin in der Folgezeit eine einstweilige Verfügung, die das Verbot der Benutzung bestimmter Marken der Antragstellerin zur Bewerbung bzw. Kennzeichnung eines Restaurantbetriebs und/oder von Geflügelprodukten beinhaltete. Der Franchisenehmer legte Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass die Kündigung nicht ordnungsgemäß von der Antragstellerin ausgesprochen worden sei. Das Widerspruchsverfahren ist durch den Eintritt der Insolvenz des Franchisenehmers unterbrochen worden. Dieser hat das Restaurant aufgegeben, in den Räumlichkeiten befindet sich inzwischen ein Schnellrestaurant einer konkurrierenden Schnellimbisskette. Der Antragsgegner hat das Verfahren aufgenommen, den Widerspruch zurückgenommen und beantragt, der Antragstellerin gem. §§ 926 Abs.1, 936 ZPO eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen. Dem hat die Antragstellerin unter Verzicht auf die Vollstreckung aus der das Verbot enthaltenden Ziffer 1) der einstweiligen Verfügung widersprochen.

Die Kammer hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, diesem fehle angesichts des Vollstreckungsverzichts der Antragstellerin und des angenommenen Wegfalls der Wiederholungsgefahr das Rechtsschutzbedürfnis. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Antragsgegners, dem die Kammer nicht abgeholfen hat.

II

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1.) Das als "Beschwerde" bezeichnete Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs.1 Ziff: 2 ZPO statthaft und zulässig.

Allerdings waren die richterlichen Mitglieder die Kammer zur Entscheidung über den Antrag nicht berufen. Funktionell zuständig für die Entscheidung über einen Antrag, dem Antragsteller einer einstweiligen Verfügung gem. §§ 926 Abs.1, 936 ZPO eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen, ist anstelle der richterlichen Mitglieder des Spruchkörpers gem. § 20 Nr.14 RpflG der Rechtspfleger. Gleichwohl ist die sofortige Beschwerde zulässig, weil durch die Entscheidung der funktional unzuständigen Kammer in ihrer richterlichen Besetzung nicht ein Rechtsmittel eröffnet worden ist, das sonst nicht gegeben wäre. Denn gegen die ablehnende Entscheidung wäre gem. § 11 Abs.1 RPflG auch dann gem. § 567 Abs.1 Ziff.2 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft gewesen, wenn sie der Rechtspfleger getroffen hätte.

2.) Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Nachdem die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung gegen den Franchisenehmer erwirkt hat, kann dieser bzw. an seiner Stelle der Antragsgegner als Insolvenzverwalter, ohne dass weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssten, gem. §§ 926 Abs.1, 936 ZPO beanspruchen, dass der Antragstellerin eine Frist zur Erhebung der noch nicht rechtshängigen Hauptsacheklage gesetzt wird.

Zutreffend hat die Kammer allerdings angenommen, dass dem Antrag im Einzelfall das Rechtsschutzbedürfnis fehlen kann. Dafür liegen die Voraussetzungen aber nicht vor. Dem Antrag auf Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis dann, wenn der Gläubiger zum Ausdruck gebracht hat, dass sich die einstweilige Verfügung verfahrensrechtlich erledigt hat, und der materielle Anspruch zweifelsfrei nicht (mehr) besteht. Streitig ist, ob die beiden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, oder ob der Untergang des materiellen Anspruchs genügt (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Auflage, Kap. 56 RZ 8; Köhler/Piper UWG, 3.Aufl. § 25 RZ 44; Zöller-Vollkommer, ZPO, 24. Auflage, § 926 RZ 12). Die Streitfrage kann offen bleiben, weil hier beide Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Durch die einstweilige Verfügung ist der Antragsgegner nicht nur mit dem in Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung ausgesprochenen Verbot, sondern auch mit der in Ziffer 2 dem Grunde nach ausgesprochenen Kostentragungspflicht beschwert. Dementsprechend setzt der Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses voraus, dass der Antragsteller auch auf die Rechte aus der Kostenentscheidung und dem anschließend ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss verzichtet . Das entspricht der Rechtsprechung des BGH für die Fallgestaltung des § 927 ZPO (BGH NJW 93,2687), gilt aber wegen identischer Interessenlage auch für das Verfahren nach § 926 Abs.1 ZPO (so auch Zöller-Vollkommer, a.a.O.). Der Antragsgegner hat wegen der Belastung mit den Kosten ein fortbestehendes Interesse daran, dass die einstweilige Verfügung aufgehoben wird und damit auch seine Pflicht zur Kostentragung entfällt. Der von der Antragstellerin ausgesprochene Verzicht auf die Vollstreckung des Verbotes aus Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung hat die Beschwer des Antragsgegners daher nicht vollständig beseitigt. Es kommt hinzu, dass die Wiederholungsgefahr entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Kammer nicht weggefallen ist. Auf der Grundlage, dass zunächst ein Verfügungsanspruch bestanden hat, der den Erlass der einstweiligen Verfügung gerechtfertigt hat, könnte die Wiederholungsgefahr nur durch die nicht erfolgte Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung entfallen sein (h.M., vgl. z.B. Teplitzky, a.a.O., Kap. 7 RZ 4 ff m.w.N.). Der Umstand, dass derzeit angesichts insbesondere der Insolvenz des Franchisenehmers und der Aufgabe des Geschäftsbetriebs durch ihn neuerliche Verstöße wenig wahrscheinlich sein dürften, schließt nicht sicher aus, dass der Franchisenehmer zukünftig in einer Weise geschäftlich tätig wird, die in den Kernbereich des durch die einstweilige Verfügung ausgesprochenen Verbotes fällt.

Die Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz beruht auf § 91 Abs.1 ZPO. Eine Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren ist nicht zu treffen, weil dort Kosten, die durch die Kosten des Anordnungsverfahrens nicht bereits abgegolten sind, nicht angefallen sind (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 926 Rz 35).

Beschwerdewert: 125.000 EUR. Der Gegenstandswert für die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Fristsetzung gem. § 926 Abs.1 ZPO entspricht dem Wert des Verfahrens (vgl. Zöller-Herget a.a.O. § 3 Rz 16 "einstweilige Verfügung"), der auf 250.000 DM festgesetzt worden ist.






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Beschluss v. 09.09.2004
Az: 6 W 91/04


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