Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Januar 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 129/00

(BPatG: Beschluss v. 23.01.2002, Az.: 29 W (pat) 129/00)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Oktober 1999 aufgehoben.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortfolge "Die Lizenz zum Fragen" soll als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9 bespielte mechanische, magnetische, magnetooptische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Spielprogramme für Computer; Bildschirmschonerprogramme, Brillen und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis;

Datenbankprogramme;

Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software (Netware); Firmware;

Klasse 16 Waren aus Papier und Pappe (Karton), nämlich Papierhandtücher, Papierservietten, Filterpapier, Papiertaschentücher, Papierschmuck, Briefpapier, Toilettenpapier, Papierwindeln, Verpackungsbehälter, Verpackungstüten und Einwickelpapier; Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Fotomappen, Bücher, Kalender, Plakate (Poster), auch in Buchform, Transparente, nichtcodierte Telefonkarten, Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten, Postkarten, auch in Form von Adhäsionspostkarten, nicht codierte Ausweise;

Schreibwaren einschließlich Schreib- und Zeichengeräte; Büroartikel, nämlich Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Brieföffner, Papiermesser, Briefkörbe, Aktenordner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Büro- und Heftklammern, Aufkleber (auch selbstklebende);

Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen, Spielen, Globen, Wandtafeln und Wandtafelzeichengeräten; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel, Taschen, Folien (letztere auch selbstklebend und für Dekorationszwecke); Spielkarten und Kartenspiele;

Klasse 28 Spiele einschließlich elektrische und elektronische, soweit in Klasse 28 enthalten; Spielwaren, Spielzeug; Figuren zu Spielzwecken einschließlich Stoff- und Gummitiere sowie Maskottchen; Scherzartikel;

Turn-, Fitness- und Sportgeräte;

Klasse 38 Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten;

Klasse 41 Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme;

Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion;

Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnisse; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen und Vorträgen;

Veranstaltung von Sportwettbewerbenin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach Beanstandung durch Formalbeschluß vom 14. Oktober 1999 zurückgewiesen, weil ihr jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die angemeldete Marke sei in Anlehnung an den Slogan "Lizenz zum Töten" gebildet. Der Verkehr werde den Werbespruch in der Bedeutung "die Erlaubnis zum Stellen von Fragen" lediglich als Hinweis verstehen, daß die Anmelderin auf Anfrage sämtliche Informationen und Antworten zur Abfrage von Daten gleich welcher Art bereitstelle und erteile. Ohne jeglichen phantasievollen und damit schutzbegründenden Zusatz fehle dem angemeldeten Werbespruch die konkrete Unterscheidungseignung.

Mit ihrer Beschwerde beantragt die Anmelderin, den angefochten Beschluß aufzuheben.

In der Beschwerdeschrift regte sie an, der Beschwerde gemäß § 66 Abs 6 MarkenG abzuhelfen und beantragte hilfsweise, der Anmelderin die Beschwerdegebühr wegen Versagung des rechtlichen Gehörs zurückzuzahlen, weil ihr der Beanstandungsbescheid nicht zugestellt worden sei. Nach der Zustellung des Beanstandungsbescheides begründet die Anmelderin die Beschwerde mit dem Hinweis auf die Parallelanmeldung der Marke 398 32 763.7-28 "Die Lizenz zum Flirten", die ebenfalls an den Slogan "Lizenz zum Töten" angelehnt sei und dennoch u.a. für Waren der Klasse 16 eingetragen worden sei. Ferner bittet sie erneut um Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

II.

Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats steht der angemeldeten Wortfolge weder das Eintragungshindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG noch des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.

1. Die angemeldete Marke unterliegt als Wortfolge den gleichen Grundsätzen bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit, wie sie bei Wortmarken anzusetzen sind. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bei einem Werbeslogan keine strengeren Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen als bei anderen Wortmarken (stRspr seit den Beschlüssen I ZB 2/97, GRUR 2000, 321, 322 = MarkenR 2000, 48 - Radio von hier und I ZB 21/97, GRUR 2000, 323, 324 = MarkenR 2000, 56 - Partner with the Best jeweils vom 8.12.1999; zuletzt BGH, Beschluß vom 17.5. 2001 - I ZB 60/98, BlfPMZ 2001, 395, 396 - Gute Zeichen - Schlechte Zeiten). Insbesondere ist es nicht gerechtfertigt, einen selbständig kennzeichnenden Zusatz oder einen weitreichenden phantasievollen Überschuß in der Aussage oder in der sprachlichen Form zu fordern, wovon in dem angefochtenen Beschluß noch ausgegangen worden ist. Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge - sei sie ein Werbespruch oder ein Werbetitel - einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH aaO BlfPMZ 2001, 396).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist festzustellen, daß die Wortfolge "Die Lizenz zum Fragen" keinen die Waren und Dienstleistungen der Anmeldung beschreibenden Begriffsinhalt aufweist. Das Fragen bedarf in der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung keiner staatlichen Genehmigung oder sonstigen Erlaubnis eines Rechtsinhabers, wie sie etwa zur Benutzung gewerblicher Schutzrechte oder für Fälle der Berufszulassung erforderlich sind (vgl Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden, Vierter Band, 1982, 504). Für das Fragen werden in der Regel auch keine Gebühren oder ein Entgelt verlangt. Die Verbindung des Begriffs Lizenz mit dem Fragen in der konkret angemeldeten Form ist daher von der Aussage her ungewöhnlich. Außerdem ist nicht erkennbar, inwiefern "die Erlaubnis zum Fragen", die sich an eine Person richtet, für die angemeldeten Waren der Klasse 9, 16 und 28 wie z.B. "Brillen, Brillenetuis, Papierhandtücher, Schreibwaren, Büroartikel, Turn-Fitness- und Sportgeräte" bedeutsame Merkmale oder Umstände zum Ausdruck bringt. Das gilt auch soweit "Datenbankprogramme, Computer-Software" und die Dienstleistungen der Klasse 38 beansprucht werden. Denn es ist ungebräuchlich, die entgeltliche Nutzung einer Datenbank mit "der Lizenz zum Fragen" zu bezeichnen oder mit dem Bereitstellen von Daten für Anfragen und Abfragen gleichzusetzen. Dies gilt um so mehr, als sich die angemeldete Marke gerade an dem Titel "Lizenz zum Töten" anlehnt, der seinerseits als Zulassung von etwas grundsätzlich Verbotenen keine produkt- oder dienstleistungsbezogenen Eigenschaften der Anmeldung bezeichnet.

Soweit schließlich der Bestandteil "Fragen" in Bezug auf "Bücher und Spiele" oder auf die Dienstleistungen der Klasse 41 als Hinweis auf Fragespiele, Titel oder Quizsendungen gewertet wird, handelt es sich um eine zulässige Andeutung der insgesamt widersprüchlichen und insofern unterscheidungskräftigen Wortfolge, als sie den Gegensatz zum üblicherweise erlaubnisfreien Fragen hervorhebt (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Die angemeldete Marke erscheint deshalb auch nicht geeignet, im Verkehr zur freihaltungsbedürftigen Bezeichnung von Eigenschaften der angemeldeten Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zu dienen.

Dagegen führte der Hinweis der Anmelderin auf die Eintragung der Marke "Die Lizenz zum Flirten" als solcher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Jede Anmeldung ist für sich daraufhin zu überprüfen, ob ihr im Vordergrund stehender Begriffsinhalt ausschließlich beschreibenden Charakter hat oder ihr aus sonstigen Gründen die konkrete Unterscheidungseignung fehlt. Selbst eine identische Voreintragung begründet nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Eintragung einer Marke, wenn für diese ein Eintragungshindernis besteht (BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatGE 32, 5, 9, 10 - CRÉATION GROSS).

2. Die beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nicht anzuordnen (§ 71 Abs 3 MarkenG). Sie scheidet aus, weil auch ohne das Fehlverhalten eine Beschwerde gegen die Zurückweisung der Anmeldung hätte eingelegt werden müssen. Nach der ursprünglichen Versagung des rechtlichen Gehörs war die Zustellung des Beanstandungsbescheides nachgeholt und der Anmelderin Gelegenheit zur Äußerung in der gleichen Instanz gegeben worden. Die Anmelderin hat sich mit der Beanstandung auseinandergesetzt und ihre Beschwerde mit dem Hinweis auf die Paralleleintragung begründet. Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Beschwerde gleichwohl in der Sache nicht abgeholfen, so daß die Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung bestand, wollte die Anmelderin die Eintragung der Marke erreichen (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl § 71 Rdn 35).

Grabrucker Baumgärtner Pagenberg Cl






BPatG:
Beschluss v. 23.01.2002
Az: 29 W (pat) 129/00


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