Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Oktober 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 82/02

(BPatG: Beschluss v. 22.10.2003, Az.: 29 W (pat) 82/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Schutzgewährung der Wortmarke BIC CELEBRATE

,die am 17. März 2000 für die Waren

"Instruments d'ecriture et leurs composants"

in Klasse 16 mit Wirkung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unter der Nummer IR 730 556 international registriert worden ist, hat die Inhaberin der am 21. August 1996 für die Waren der Klasse 16

"Schreib-, Zeichen- und Malgeräte, Tinte"

eingetragenen Wortmarke 396 12 752 Celebry Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 16 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der IR-Marke 730 556 mit Beschluß vom 12. Dezember 2001 den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland wegen Verwechslungsgefahr verweigert. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und sie könne wie die jüngere Marke zur Kennzeichnung identischer und unbedenklich ähnlicher Waren Verwendung finden. Die Markenähnlichkeit ergebe sich, weil der Verkehr wegen des Marktauftritts der Inhaberin der jüngeren Marke BIC als Herstellername erkenne und die eigentliche Produktkennzeichnung in dem weiteren, normal kennzeichnungskräftigen Bestandteil "CELEBRATE" sehe. "Celebry" und "CELEBRATE" kämen sich auf Grund der Übereinstimmung in der Lautfolge insbesondere in klanglicher Hinsicht verwechselbar nahe. Der Unterschied im Vokal der Endsilben sei bei der zu erwartenden englischen Artikulation nicht sehr groß, so daß insgesamt Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bestehe.

Die Inhaberin der jüngeren Marke hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, "BIC" sei zwar das Firmenkürzel der Markeninhaberin. Es habe bei den in Betracht kommenden Produkten, die auf Sicht gekauft würden, ebenso wie bei Bekleidungsartikeln aber sehr wohl einen Einfluß auf die Gesamtbezeichnung. Der Kunde erkenne, daß es sich um ein Produkt der Firma BIC und danach, daß es sich um ein spezielles Produkt "CELEBRATE" handele. "CELEBRATE" sei ein üblicher Begriff der englischen Sprache, der in fast jede europäische Sprache in ähnlicher Form eingegangen sei ("zelebrieren", "celebrare", "celebrer"). Er sei als Marke allein nicht schutzfähig, was die im einzelnen genannten Zurückweisungen belegten. Die angegriffene Marke sei nur auf Grund des Bestandteils "BIC" eingetragen worden. Auf dem relevanten Warengebiet sei es üblich, den Wortbestandteil "BIC" in der Produktkennzeichnung zu benutzen. Im übrigen verweist die Markeninhaberin auf eine parallele schweizerische Entscheidung, die die Verwechslungsgefahr verneint habe.

Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluß der Markenstelle vom 12. Dezember 2001 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen. Sie regt ferner an, die Angelegenheit dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, beziehungsweise die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie führt im Wesentlichen aus, daß angesichts der Identität der sich gegenüberstehenden Waren zwischen den Wortzeichen Verwechslungsgefahr bestehe. Sowohl der Zeichenbestandteil "CELEBRATE" als auch die Widerspruchsmarke "Celebry" seien durchschnittlich kennzeichnungskräftig, da sie die beanspruchten bzw geschützten Schreibgeräte nicht beschrieben. Der weitere Bestandteil "BIC" sei als Herstellerangabe nach der Rechtsprechung zu vernachlässigen. Das gelte umso mehr, als die Markeninhaberin den Zeichenbestandteil "BIC" ihren einzelnen Produktmarken systematisch voranstelle. Es bestehe Ähnlichkeit zwischen den maßgeblichen Zeichenwörtern "Celebry" und "CELEBRATE" in klanglicher und in begrifflicher Hinsicht, weil sie in den Zeichenanfängen übereinstimmen und jeweils der gleiche Begriff des Zelebrierens anklinge. Die Widerspruchsmarke werde in Alleinstellung ohne die Herstellerangabe "Pelikan" verwendet, so daß nicht verallgemeinernd darauf abgestellt werden könne, ob auf dem betroffenen Warengebiet die Produktmarke stets mit der Herstellerangabe benutzt werde.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den beiden Wortmarken ist Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG anzunehmen.

1. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls von einer Wechselwirkung der maßgeblichen Faktoren auszugehen, so daß die Frage der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sowie der Marken und die Kennzeichnungskraft der älteren Marke derart in Zusammenhang zu bringen ist, daß ein hoher Grad der Warenähnlichkeit ebenso einen geringeren Grad der Ähnlichkeit der Marken auszugleichen vermag wie eine hohe Kennzeichnungskraft oder umgekehrt (stRspr; vgl BGH, Urt. v. 28.8.2003 - I ZR 9/01 - Kelly, m.w.N.).

1.1 Die Ware "Schreibgeräte" der Widerspruchsmarke ist identisch mit den Waren, für die die jüngere Marke in Klasse 16 "Instruments d'ecriture et leurs composants" international registriert ist.

1.2 Bei der älteren Marke kann eine normale Kennzeichnungskraft zugrundegelegt werden, weil es sich bei "Celebry" um eine Fantasiebezeichnung handelt, die als solche keine beschreibende Bedeutung für die betroffenen Waren hat. "Celebry" als eine Verkürzung des Begriffs "celebrity" oder als eine Abwandlung des englischen Verbs "to celebrate" konnte vom Senat nicht als sprachüblich oder häufig vorkommend belegt werden.

1.3 Hinsichtlich der Prüfung der Markenähnlichkeit geht der Senat von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz aus, daß es auf den jeweiligen Gesamteindruck der zu beurteilenden Zeichen ankommt (st.Rspr.; vgl BGH GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV). Der Gesamteindruck ist jedoch bei einer Mehrwortmarke, die aus mehreren selbständig kennzeichnenden Teilen besteht, nicht mit der Gesamtheit der Bestandteile gleichzusetzen. Vielmehr kann auch ein Markenbestandteil den Gesamteindruck der mehrteiligen Marke prägen, wenn er eine eigenständige kennzeichnende Funktion aufweist (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl 2003, § 9 Rdn 370, 379 m.w.N.).

1.3.1 So kommt bei einer aus Unternehmens- und Produktkennzeichnung gebildeten Marke nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Bestandteil des Zeichens, der - für den Verkehr erkennbar - nicht das Produkt, sondern das dahinterstehende Unternehmen bezeichnet, im allgemeinen keine prägende Bedeutung zu (BGH GRUR 1996, 404, 405 - Blendax Pep; GRUR 1996, 406, 407 - JUWEL; GRUR 1997, 897, 898 - IONOFIL; GRUR 1999, 583, 584 - LORA DI RECOARO). Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen schematisch anzuwendenden Regelsatz, was die Markenstelle auch zu Recht berücksichtigt hat. Denn die Frage der Prägung eines Zeichens durch einzelne Bestandteile kann nicht abstrakt, sondern nur bezogen auf die jeweilige Branchenübung sowie sonstige Kollisionslage beantwortet werden (vgl BGH, Urt v. 13. März 2003, GRUR 2003, 880 - City Plus). So kommt es darauf an, ob der den Hersteller angebende Bestandteil für den Verkehr überhaupt als solcher erkennbar ist und/oder ob er als beim Kauf der Waren bedeutungsloser Umstand nicht in den Hintergrund tritt. Dies ist anhand der Marktsituation festzustellen. Der allein für eine Kollision in Frage kommende Bestandteil "Celebrate" wird jedoch vom Verkehr ohne den Bestandteil "BIC" aufgenommen werden, denn im Bereich der Schreibgeräte ist festzustellen, daß die Hersteller ihrem Unternehmenskennzeichen in der Regel weitere Bezeichnungen - teils rein beschreibender teils kennzeichnungskräftiger Art - beifügen, um das einzelne Schreibgerät innerhalb des umfangreichen Sortiments und der Vielfalt des Angebots unterschiedlicher Typen, Ausführungen, Formen, Funktionen oder Prestigemodellen als spezielles Produkt kenntlich und markenmäßig unterscheidbar zu machen. Der Verkehr sieht in ihnen die eigentliche Produktkennzeichnung, unabhängig davon, ob die im Inland nicht erforderlichen Zusätze "TM" oder das "R im Kreis" wie bei den Mehrfachkennzeichnungen der Markeninhaberin z.B. "BIC Matic, BIC TopGum" etc. verwendet werden. Daher ist für den Senat die Rechtslage wie in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Blendax Pep (GRUR 1996, 404) zu beurteilen.

1.3.3 Darüber hinaus besteht die Widerspruchsmarke ihrerseits nur aus der Produktmarke und sie wird auch so angeboten und beworben. Soweit nach den Feststellungen des Senats bei den betroffenen Verkehrskreisen überwiegend der Herstellername der eigentlichen Produktkennzeichnung angefügt wird, bedeutet dies, daß der maßgebliche Durchschnittsverbraucher die eigenständige kennzeichnende Funktion der eigentlichen Produktmarke gleichwohl erkennt und als solche auffaßt. Auch ist nicht erforderlich, daß die IR-Marke bei der Wiedergabe auf den Bestandteil "CELEBRATE" verkürzt wird (vgl Ströbele/Hacker aaO Rdn 379). Die Kollisionslage würde sich unter Umständen anders darstellen, wenn die Widerspruchsmarke stets in gleichgeordneter Kombination mit der Herstellerangabe Pelikan erschiene. Da die Widerspruchsmarke "Celebry" dem Verkehr aber allein entgegentritt und das Produkt nicht notwendigerweise fest mit der Widersprechenden verbunden oder benannt wird, besteht die Gefahr, daß er wegen der klanglichen Ähnlichkeit mit "CELEBRATE" die Widerspruchsmarke der Markeninhaberin zuordnet.

Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Verkehr die jeweiligen Bezeichnungen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt, so daß die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede. Aus diesen Gründen bilden für die Frage der Markenähnlichkeit grundsätzlich nicht die gegebenen Unterschiede den Beurteilungsmaßstab, sondern das Maß an Übereinstimmungen (BGH Urt. v. 28.08.2003 - I ZR 9/01 - Kelly).

1.3.4 "CELEBRATE" und "Celebry" stimmen hinsichtlich der Lautfolge "celebr-", der Anzahl und Gliederung der Silben sowie in Betonung und Sprechrhythmus überein. Die Gemeinsamkeiten befinden sich am regelmäßg stärker beachteten Wortanfang und in der Wortmitte. Der Unterschied am Wortende reicht bei der überwiegend zu erwartenden englischen Aussprache wie "celebri" und "celebräit" nicht aus, um das Gesamtklangbild hinreichend zu verändern. Verwechslungsfördernd wirkt sich außerdem aus, daß in beiden Zeichenwörtern die gleichen Begriffe des "Zelebrierens" oder des "Feierns" anklingen.

2. Angesichts der Identität der Waren, der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der Ähnlichkeit des den Gesamteindruck prägenden Markenteils "CELEBRATE" mit der Widerspruchsmarke besteht unter Berücksichtigung der Wechselwirkung der maßgeblichen Faktoren insgesamt unmittelbare Verwechslungsgefahr.

3. Die von der Markeninhaberin genannten schweizerischen Entscheidungen unterliegen anderen Beurteilungsmaßstäben und Kriterien hinsichtlich des Sprachverständnisses der dreisprachigen Schweiz sowie der Prägung einer mehrfach kennzeichnenden Marke mit einer bekannten Herstellerangabe in einer konkreten Kollisionslage, die allein die Frage der unmittelbaren Verwechslungsgefahr betrifft.

4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Der Beschluß des Senats beruht auf anerkannten Beurteilungsgrundsätzen, die insbesondere durch neuere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs eine höchstrichterliche Klärung bzw. Festigung erfahren haben. Die Beschwerdesache wirft auch keine Rechtsfragen auf, die die Auslegung des harmonisierten Markenrechts betreffen oder eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung rechtfertigen.

5. Für eine Auferlegung von Kosten besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Grabrucker Pagenberg Fink Cl






BPatG:
Beschluss v. 22.10.2003
Az: 29 W (pat) 82/02


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