Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 30. September 2009
Aktenzeichen: 4a O 68/07

(LG Düsseldorf: Urteil v. 30.09.2009, Az.: 4a O 68/07)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen mittelbarer Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents X (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 29.08.1996 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 01.09.1995 angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 31.10.2001 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft.

Gegen die Erteilung des Klagepatents wurde Einspruch erhoben. Auf die gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung beim Europäischen Patentamt (EPA) eingelegte Beschwerde ist das Klagepatent in geänderter Fassung aufrechterhalten worden. Die geänderte Klagepatentschrift (EP X) liegt als Anlage L 10 vor. Auf den Antrag der Klägerin vom 06.03.2008 wurde der Wortlaut des in der B2-Schrift wiedergegebenen Klagepatentanspruchs 1 aufgrund eines sinnentstellenden Fehlers antragsgemäß korrigiert. Die korrigierte Fassung des Patentanspruchs 1 liegt als Anlage L17 vor.

Das Klagepatent bezieht sich auf ein Verfahren zur Erhöhung der Benetzbarkeit von Werkstückoberflächen. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet in der geänderten und korrigierten Fassung wie folgt:

1. Verfahren zur Erhöhung der Benetzbarkeit der Oberfläche von Werkstücken mit Flüssigkeiten, durch Oberflächenvorbehandlung mittels elektrischer Entladung, bei dem durch eine Plasmaentladung unter Zufuhr eines Arbeitsgases ein gebündelter Strahl eines reaktiven Mediums erzeugt wird, bei dem die Plasmaentladung als Bogenentladung erzeugt wird und bei dem die zu behandelnde Oberfläche des Werkstücks mit diesem Strahl überstrichen wird,

dadurch gekennzeichnet, dass die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird und dass das Werkstück mit dem Strahl des reaktiven Mediums ohne Übertragung der Bogenentladung überstrichen wird.

Wegen des Wortlauts der "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche 2 und 3 wird auf die Klagepatentschrift (Anlage L10) Bezug genommen. Nachfolgend ist ein schematischer Längsschnitt durch einen Strahlgenerator abgebildet, der aus der Klagepatentschrift stammt und mit dem das erfindungsgemäße Verfahren angewendet werden kann.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Plasma-Geräte unter der Bezeichnung "XX" (angegriffene Ausführungsform). Die Geräte dienen dazu, Oberflächen von Werkstücken vorzubehandeln. Sie werden mit einer hochfrequenten Wechselspannung betrieben. Unter Verwendung eines Prozessgases wird mit Hilfe einer Plasmaentladung ein Plasmastrahl erzeugt, mit dem die Werkstückoberflächen überstrichen werden. Die folgenden Abbildungen zeigen die angegriffene Ausführungsform. In der ersten Abbildung ist eine Plasmadüse im montierten Zustand dargestellt. Das zweite Bild zeigt eine angegriffene Ausführungsform, bei der der Mantel der Düse abgeschraubt wurde und die innen liegende Elektrode zu sehen ist. Auf der dritten Abbildung sind die Plasmastrahlen, die aus der Düsenöffnung treten, bei einem im Betrieb befindlichen X-X zu erkennen.

Die Klägerin ist der Ansicht, das Klagepatent werde durch die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß in mittelbarer Weise verletzt. Die angegriffene Ausführungsform sei geeignet und dafür bestimmt, das geschützte Verfahren zu benutzen. Die Bogenentladung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs sei von einer Koronaentladung abzugrenzen. Bei Anlegen einer Hochfrequenz-Wechselspannung an zwei Elektroden entstehe zwischen den beiden Elektroden eine direkte Entladungsstrecke. Die Bogenentladung könne durch ihre optisch wahrnehmbare Erscheinungsform phänomenologisch als weiß-blau leuchtender Lichtbogen beschrieben werden. Im Übrigen seien die Eigenschaften von Bogenentladungen, die durch Gleichstrom erzeugt würden, nicht ohne weiteres übertragbar. Die Klägerin behauptet, die beiden Elektroden der angegriffenen Ausführungsform seien direkt leitend mit dem Hochspannungsgenerator verbunden. Die verwendete Hochspannung führe notwendigerweise zu einer Bogenentladung. Dies habe auch das von ihr eingeholte Gutachten des TÜV Rheinland gezeigt. Bei den weiß-blauen Leuchterscheinungen am Ausgang der Plasmadüsen der angegriffenen Ausführungsform handele es sich um die Funken des Lichtbogens, wie er bei einer Bogenentladung entstehe. Diese werde von der Stift- zur Ringelektrode der angegriffenen Ausführungsform gezündet.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Plasmadüsen, die geeignet und bestimmt sind zur Durchführung eines Verfahrens zur Erhöhung der Benetzbarkeit der Oberfläche von Werkstücken mit Flüssigkeiten durch Oberflächen-Vorbehandlung mittels elektrischer Entladung, bei dem durch eine Plasmaentladung unter Zufuhr eines Arbeitsgases ein gebündelter Strahl eines reaktiven Mediums erzeugt wird, bei dem die Plasmaentladung als Bogenentladung erzeugt wird und bei dem die zu behandelnde Oberfläche des Werkstücks mit diesem Strahl überstrichen wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird und dass das Werkstück mit dem Strahl des reaktiven Mediums ohne Übertragung der Bogenentladung überstrichen wird

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,

ohne

- im Falle des Anbietens den Angebotsempfänger unübersehbar schriftlich darauf hinzuweisen, dass ohne die Zustimmung der Klägerin die Plasmadüse nicht zur Durchführung des vorbeschriebenen Verfahrens verwendet werden darf, und

- im Falle der Lieferung dem Abnehmer die Verpflichtung aufzuerlegen, das vorbeschriebene Verfahren bei Meidung einer für jeden Benutzungsfall fällig werdenden, an die Klägerin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 6.000,00 EUR nicht ohne Zustimmung der Klägerin durchzuführen,

2. ihr Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 30.11.2001 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist (es sei denn, diese könnten den unter I. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden).

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger und der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger oder ein bestimmter Abnehmer in der Rechnung enthalten ist;

II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 30.11.2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

hilfsweise ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, durch die angegriffene Ausführungsform werde das Klagepatent nicht wortsinngemäß verletzt. Der Begriff der Bogenentladung sei im herkömmlichen physikalischen Sinne zu verstehen. Es handele sich um eine spezielle Form der Gasentladung, die durch eine andere Art von Gasentladung gezündet werde und durch eine Glühemission gekennzeichnet sei, was eine Kühlung der Elektrode erforderlich mache. Sie weise hohe Stromstärken und einen charakteristischen Strom-Spannungs-Verlauf auf und sei zudem durch einen Gleichrichteffekt geprägt. Diese Merkmale seien bei der angegriffenen Ausführungsform nicht vorhanden.

Die Beklagten behaupten dazu, die angegriffene Ausführungsform arbeite nicht mit einer Bogenentladung, sondern mit einer Koronaentladung. Diese entstehe an der Ausbauchung der Stiftelektrode und breite sich weiter nach unten aus. Aufgrund der Stromstärke von unter 1 A und der gewählten Spannung komme es nicht zu einer Bogenentladung. Diese werde zudem durch die eingebaute Strombegrenzung vermieden. Außerdem stünden einer Bogenentladung das Material und die Geometrie der angegriffenen Ausführungsform entgegen.

Wegen der weitere Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 10 Abs. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB.

Die Klägerin macht mit der Klage eine mittelbare Verletzung des Klagepatents im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG geltend. Sie hat jedoch nicht dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform objektiv dazu geeignet ist, das patentgemäße Verfahren zu benutzen.

I.

Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 ein Verfahren zur Erhöhung der Benetzbarkeit von Oberflächen von Werkstücken.

Wenn Werkstückoberflächen beschichtet, lackiert oder geklebt werden sollen, müssen in der Regel Verunreinigungen durch eine Vorbehandlung entfernt werden. Dadurch wird die Molekülstruktur der Oberfläche so verändert, dass die Oberfläche mit Flüssigkeiten wie Klebern, Lacken und dergleichen benetzt werden kann. Die Klagepatentschrift führt dazu aus, dass die Vorbehandlung regelmäßig durch die Einwirkung eines Plasmas erfolge.

Laut Klagepatentschrift ist in dem Artikel "Surface Treatment of Plastics by Plasmajet" (Kiyozumi, Journal of Adhesion Society of Japan, 1968) ein Verfahren zur Vorbehandlung von Werkstückoberflächen offenbart, wie es auch im Oberbegriff des Klagepatentanspruchs beschrieben ist. Zur Erzeugung des Plasmas werde eine Bogenentladung verwendet. Allerdings werde die Bogenentladung mit Gleichspannung betrieben.

Weiter führt die Klagepatentschrift aus, dass im Stand der Technik ein Verfahren zur Vorbehandlung von Kunststofffolien bekannt sei, bei dem die Folie zwischen zwei Elektroden hindurchgeführt werde und eine Koronaentladung auf die Folienoberfläche einwirke. Die Klagepatentschrift kritisiert daran als nachteilig, dass sich das Verfahren nur für dünne Folien eigne und unter Umständen auch die Rückseite der Folie ungewollt vorbehandelt werde.

Zur Vorbehandlung der Oberfläche von dickeren Folien oder massiven Werkstücken werde in der DE X - so die Klagepatentschrift - eine Koronadüse beschrieben, bei der zwischen den Elektroden ein Luftstrom austrete, so dass eine flächige Entladungszone entstehe, mit der die Werkstückoberfläche überstrichen werden könne. Der Nachteil bestehe darin, dass sich die Düse nicht für Werkstücke mit einem verhältnismäßig tiefen Relief eigne, da Innenkanten oder Nuten schwer zu erreichen seien. Zudem sei die Düse aufgrund des Motorantriebs sehr sperrig.

Weiterhin beschreibt die Klagepatentschrift verschiedene, aus dem Stand der Technik bekannte Vorrichtungen und Verfahren zur Plasmaerzeugung. Allerdings enthalte keine der Druckschriften einen Vorschlag, ein Plasma mit verhältnismäßig niedriger Temperatur zum Vorbehandeln von Werkstücken einzusetzen.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Vorbehandlung von Werkstückoberflächen mittels elektrischer Entladung anzugeben, das sich auch bei Werkstückoberflächen mit einem relativ komplizierten Relief anwenden lässt.

Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

Verfahren zur Erhöhung der Benetzbarkeit der Oberfläche von Werkstücken mit Flüssigkeiten,

1. durch Oberflächenvorbehandlung mittels elektrischer Entladung, bei dem

2. durch

a) eine Plasmaentladung

b) unter Zufuhr eines Arbeitsgases

c) ein gebündelter Strahl

d) eines reaktiven Mediums erzeugt wird,

3. die Plasmaentladung als Bogenentladung erzeugt wird,

4. die zu behandelnde Oberfläche des Werkstücks mit diesem Strahl überstrichen wird,

5. die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird und

6. das Werkstück mit dem Strahl des reaktiven Mediums ohne Übertragung der Bogenentladung überstrichen wird.

II.

Zwischen den Parteien ist streitig, was im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs unter einer Bogenentladung zu verstehen ist und ob bei der angegriffenen Ausführungsform die Plasmaentladung als Bogenentladung erzeugt wird (Merkmal 3). Nach Ansicht der Klägerin ist eine patentgemäße Bogenentladung durch eine direkte Entladungsstrecke zwischen zwei Elektroden gekennzeichnet, die entsteht, wenn an die Elektroden eine Hochfrequenz-Wechselspannung unter Zuführung von Arbeitsgas - wie beispielsweise Luft - angelegt wird und mit einem weiß-blauen Lichtbogen einher geht. Nach Ansicht der Beklagten zeichnet sich eine Bogenentladung dadurch aus, dass sie durch eine andere Art der Gasentladung gezündet und der Hauptteil der Ladungsträger durch Glühemission erzeugt wird, hohe Stromstärken auftreten, sich eine bestimmte Strom/Spannungscharakteristik - Spannungseinbruch bei steigender Stromstärke - ausbildet und sich bei asymmetrischer Elektrodengeometrie ein Gleichrichteffekt einstellt.

1. Der Begriff der Bogenentladung ist gemäß Art. 69 Abs. 1 EPÜ durch Auslegung zu ermitteln, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung des Inhalts des Patentanspruchs heranzuziehen sind. Wie aus dem Protokoll über die Auslegung von Art. 69 Abs. 1 EPÜ hervorgeht, dient die Auslegung nicht nur zur Behebung etwaiger Unklarheiten in den Patentansprüchen, sondern auch zur Klarstellung der in den Patentansprüchen verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung. Maßgeblich ist dabei die Sicht des Durchschnittsfachmanns (BGHZ 105, 1 (11) - Ionenanlyse).

Dieser wird auf Grundlage seines Fachwissens und den Angaben in der Klagepatentschrift den Begriff der Bogenentladung im herkömmlichen physikalischen Sinn als eine Gasentladung zwischen zwei Elektroden verstehen, die durch eine unmittelbare Entladungsstrecke zwischen den beiden Elektroden mit einer gewissen Stromstärke und Leuchterscheinungen in Form eines Lichtbogens gekennzeichnet ist. Ein anderes, abweichendes Verständnis ergibt sich aus der Klagepatentschrift nicht. Vielmehr folgt die Klagepatentschrift der dem Fachmann aus der Physik bekannten Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen der Gasentladung wie zum Beispiel der Koronaentladung und der Bogenentladung und erwähnt den für die Bogenentladung charakteristischen Lichtbogen.

a) Nach dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs stellt die Bogenentladung einen Unterfall der Plasmaentladung dar, also der Entladung eines weitgehend ionisierten Gases. Die dafür erforderliche elektrische Spannung liegt in Form der nach dem Klagepatentanspruch vorgesehenen Hochfrequenz-Wechselspannung vor. Dadurch unterscheidet sich das patentgemäße Verfahren von dem im Artikel "Surface Treatment of Plastics by Plasmajet" von Kiyozumi beschriebenen Verfahren, das zwar ebenfalls eine Bogenentladung zur Erzeugung eines Plasmas verwendet, aber die Bogenentladung mit einer Gleichspannung betreibt (Abs. [0003] Zeile 15-20; Absatz- und Zeilenangaben ohne Quellennachweis beziehen im Folgenden auf die Anlage L10). Der Klagepatentschrift lässt sich nicht entnehmen, dass sich der Begriff der Bogenentladung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs - abgesehen von der Verwendung einer hochfrequenten Wechselspannung - in weiteren Punkten von der aus dem Stand der Technik bekannten Bogenentladung unterscheidet. Der Fachmann wird daher davon ausgehen, dass der Begriff der Bogenentladung im herkömmlichen physikalischen Sinn zu verstehen ist, soweit nicht die Erzeugung mit Hilfe einer hochfrequenten Wechselspannung ein anderes Verständnis bedingt.

In diesem Verständnis wird der Fachmann durch die Beschreibung des Klagepatents bestärkt. Darin wird die Bogenentladung von der Koronaentladung abgegrenzt und ausgeführt, dass die Bogenentladung mit der Erzeugung eines Lichtbogens einhergeht, wie er für eine Bogenentladung im herkömmlichen physikalischen Verständnis typisch ist.

aa) Nach der Klagepatentschrift war der Einsatz einer Koronaentladung zur Behandlung von Werkstückoberflächen im Stand der Technik bereits bekannt (vgl. Abs. [0005] Zeile 32-39). Die Koronaentladung kann nach der Klagepatentbeschreibung genutzt werden, um die für das klagepatentgemäße Verfahren erforderliche Bogenentladung zu zünden (Abs. [0013] Zeile 48-52). Die Klagepatentschrift geht dabei davon aus, dass das erfindungsgemäße Verfahren mit Hilfe einer Plasmadüse angewendet werden kann, die wie folgt aufgebaut ist: Die Düse besteht aus einem Düsenrohr und einer darin coaxial angeordneten Stiftelektrode. Das Rohr besteht vorzugsweise aus Keramikmaterial und ist mit einem elektrisch leitenden Mantel umgeben, der mit einer Ringelektrode elektrisch verbunden ist und sich in etwa von der Höhe der Spitze der Stiftelektrode bis zum Ausgang der Düse erstreckt (Abs. [0013] Zeile 43-48). Nach der Klagepatentbeschreibung kann bereits mit einer niedrigen Spannung durch das Keramikmaterial hindurch eine Koronaentladung erzeugt werden, durch die die Bogenentladung gezündet wird (Abs. [0013] Zeile 48-52).

Weitere Hinweise auf die Unterscheidung zwischen einer Koronaentladung und einer Bogenentladung entnimmt der Fachmann den Angaben zum Ausführungsbeispiel. Gegenstand ist wiederum eine Plasmadüse, wie sie bereits im Absatz zuvor beschrieben und in der Figur 1 wiedergegeben worden ist. Nach der Klagepatentschrift kommt es beim Hochregeln der Spannung an der Spitze der Stiftelektrode zunächst zu einer Koronaentladung. Die bläulich leuchtenden Entladungsbüschel erstrecken sich radial auf die Wand des Düsenrohrs und der Transport der Ladungsträger zum Mantel erfolgt durch das Keramikmaterial des Düsenrohrs hindurch (Abs. [0024] Zeile 34-40). Die Koronaentladung - so die Klagepatentschrift - liefert die notwendigen Ionen, durch die bei steigender Spannung eine Bogenentladung von der Stiftelektrode zur Ringelektrode gezündet wird (Abs. [0024] Zeile 40-43). Zum Einschalten des Strahls müsse nur die Betriebsspannung hochgeregelt werden, eine wesentlich erhöhte Zündspannung sei nicht erforderlich (Abs. [0013] Zeile 53-55).

bb) Weiterhin entnimmt der Fachmann der Beschreibung des Klagepatents, dass die Bogenentladung zu einem Lichtbogen führt, der durch die Art und Weise, in der das Arbeitsgas zugeführt wird, kanalisiert und stabilisiert werden kann. Zunächst ist - wie sich aus Merkmal 2b) ergibt - ein Arbeitsgas erforderlich, um das aus ionisierten Teilchen bestehende Plasma bilden zu können. Weiterhin soll durch die Art und Weise der Gaszufuhr der durch die Bogenentladung entstehende Lichtbogen stabilisiert und der aus dem reaktiven Medium bestehende gebündelte Strahl (Merkmal 2c) und 2d)) erzeugt werden. Dazu führt die Beschreibung des Klagepatents aus, dass das Arbeitsgas vorzugsweise aus Luft oder Argon besteht und so in das Düsenrohr eingeleitet wird, dass es drallförmig durch das Düsenrohr strömt. Es bildet sich ein Wirbel, dessen Kern den Lichtbogen kanalisiert. Es entsteht ein stabiler Lichtbogen, der sich in Form eines einzigen scharf begrenzten Astes längs der Achse des Düsenrohrs von der Spitze der Stiftelektrode bis etwa zur Mündung des Düsenrohrs erstreckt und sich erst dann in mehrere Teiläste auffächert, die radial zur Ringelektrode führen (Abs. [0014] Zeile 1-10 und Abs. [0024] Zeile 43-50). Der Punkt, an dem sich der Lichtbogen auffächert, bildet die Quelle für den Strahl aus dem reaktiven Medium (Abs. [0014] Zeile 10-12 und Abs. [0024] Zeile 50-55). Bei der Verwendung von Luft als Arbeitsgas - so die Klagepatentschrift - entsteht ein weiß-blau leuchtender Lichtbogen. Der Plasmastrahl ist als schwach goldfarben leuchtende Flamme erkennbar (Abs. [0024] Zeile 43-45 und 53 f).

b) Aufgrund der Ausführungen in den vorigen Absätzen unter lit. (a) ist der Begriff der Bogenentladung im herkömmlichen physikalischen Sinn auszulegen. Nach dem Verständnis der Klagepatentschrift handelt es sich bei einer Bogenentladung also um einen durch Gasentladung hervorgerufenen Stromfluss zwischen zwei Elektroden, der sich physikalisch durch seine Stromdichte und Leuchtdichte von anderen Formen der Gasentladung unterscheidet (Der Brockhaus - Naturwissenschaft und Technik, Bd. 1: A-Gd, Mannheim Heidelberg 2003 - Stichworte "Bogenentladung" und "Gasentladung"; vgl. auch den als Anlage B1 vorgelegte Auszug aus Römpp Chemie Lexikon).

Durch den unmittelbaren Stromfluss zwischen den Elektroden wird die Bogenentladung von der Koronaentladung abgegrenzt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei einer Koronaentladung um eine selbstständige Gasentladung handelt, die bei hohen elektrischen Feldstärken an einem elektrischen Leiter auftritt. Da die Feldstärken an Spitzen und Krümmungen des Leiters am höchsten sind, kommt es hier zu elektrisch leitenden, leuchtenden Kanälen in der Luft, die sich in einigem Abstand zum Leiter mit der Abnahme des elektrischen Feldes verlieren. Bei dem patentgemäßen Verfahren soll jedoch ein Entladungskanal - gekennzeichnet durch den Lichtbogen - zwischen den beiden Elektroden entstehen und eine Bogenentladung stattfinden.

Da nach der Beschreibung des Klagepatents ein Lichtbogen entstehen soll, kann mit einer Bogenentladung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs nicht jeder Stromfluss zwischen zwei Elektroden gemeint sein, sondern nur eine Bogenentladung im physikalischen Sinne, die definitionsgemäß eine entsprechende Leuchtdichte erfordert. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Spannung "hoch geregelt" werden muss, um aus der vorhandenen Koronaentladung überhaupt eine Bogenentladung zu zünden (Abs. [0013] Zeile 48-55). Zur Stromdichte oder Stromstärke enthält die Klagepatentschrift keine Angaben. In der Literatur werden Stromdichten von 1 A/cm² bis zu einigen 1.000 A/cm² für Bogenentladungen im klassischen physikalischen Sinn angegeben (vgl. den als Anlage B1 vorgelegten Auszug aus dem Römpp Chemie Lexikon, 9. Aufl., Stichwort: Gasentladung).

cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten können für den bei der Bogenentladung fließenden Strom nicht die in dem Aufsatz "Surface Treatment of Plastics by Plasmajet" von Kiyozumi (Anlage L4) genannten Angaben (200 A - 1.000 A) als Maßstab herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn die Klagepatentschrift in ihren Ausführungen zum Stand der Technik auf diesen Aufsatz verweist und erklärt, "der Artikel (…) offenbart ein Verfahren mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1" (Abs. [0003] Zeile 15-18). Denn daraus allein ergibt sich noch nicht, dass die Angaben zur Stromstärke im Aufsatz von Kiyozumi für die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 maßgeblich sind. Demnach ist für das patentgemäße Verfahren lediglich eine Bogenentladung erforderlich. Welcher Strom bei einer solchen Entladung fließt oder wie groß die Stromdichte ist, ist unbeachtlich, solange es sich um eine Bogenentladung handelt.

c) Das Vorhandensein einer Bogenentladung im Sinne der vorstehenden Auslegung ist zwingend für ein Verfahren im Sinne der Lehre des Klagepatents. Das gilt auch mit Blick auf das Erfordernis, dass die Bogenentladung mit Hilfe eines Hochfrequenz-Wechselstroms betrieben wird (Merkmal 5). Dieser liefert die notwendige Energie für die Bogenentladung. Daraus ergibt sich zugleich, dass kein dauerhafter, während des gesamten Betriebs einer Plasmadüse bestehender Lichtbogen erzeugt wird, sondern die Bogenentladung mit jedem Phasenwechsel des Wechselstroms unterbrochen wird. Die Klagepatentschrift führt dazu aus, dass bevorzugt eine Wechselspannung von 5 bis 30 kV angelegt werden soll, der zur Stabilisierung der Entladung eine kleine Gleichspannungskomponente überlagert werden kann (Abs. [0016] Zeile 20-24; Abs. [0022] Zeile 20-24). Als Frequenz schlägt die Klagepatentschrift hinsichtlich des Ausführungsbeispiels 20 kHz vor (Abs. [0022] Zeile 18-20). Die Auslegung des Begriffs der Bogenentladung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs wird durch das Erfordernis eines Hochfrequenz-Wechselstroms nicht relativiert. Der Strom muss so gewählt werden, dass es zu einer unmittelbaren Entladung zwischen zwei Elektroden mit einem Lichtbogen kommt - auch wenn der Lichtbogen aufgrund des Spannungswechsels unmittelbar wieder erlischt. Zur Begründung kann ohne Einschränkung auf die Ausführungen unter lit. (a) und (b) verwiesen werden: Die Klagepatentschrift grenzt die Bogenentladung von der Koronaentladung ab, die aus dem Stand der Technik bekannt war. Im Stand der Technik gab es bereits ein Verfahren zur Behandlung von Werkstückoberflächen, das mit einer Bogenentladung im herkömmlichen physikalischen Sinne arbeitete. Allerdings wurde die Bogenentladung mit Gleichstrom betrieben, wovon sich die Lehre des Klagepatentanspruchs mit dem Erfordernis des Wechselstroms unterscheidet. Der in der Beschreibung des Klagepatents beschriebene Lichtbogen steht zudem für eine Lichtintensität, mit der die Bogenentladung von anderen Plasmaentladungen abgegrenzt wird. Für den Fachmann stellt der Begriff der Bogenentladung mit Blick auf die Klagepatentschrift daher einen feststehenden physikalischen Ausdruck dar, den er im Sinne der unter lit. (a) und (b) dargestellten Auslegung verstehen wird.

d) Die hochfrequenten Bogenentladungen können entgegen der Ansicht der Klägerin nicht mit einer Funkenentladung gleichgesetzt werden. Nach der von der Klägerin selbst vorgetragenen Definition eines Funkens beziehungsweise einer Funkenentladung (Anlage L14) handelt es sich bei einem Funken um das Licht ausstrahlende Plasma einer kurzzeitigen Gasenentladung bei Atmosphärendruck, die einen dünnen Kanal entlang läuft und nach Ladungsausgleich von selbst erlischt. Weiter heißt es in dem Artikel: "Wird in eine Funkenentladung genügend Strom nachgeliefert, entsteht daraus eine Bogenentladung bzw. ein Lichtbogen" (Anlage L14, 6. Abs.). Der Unterschied zu der erfindungsgemäßen Bogenentladung besteht bei einer Funkenentladung darin, dass sie nach dem Ladungsausgleich von selbst erlischt. Nach dem patentgemäßen Verfahren wird jedoch Strom nachgeliefert. Der Lichtbogen erlischt erst, wenn die Spannung mit dem anstehenden Phasenwechsel unter die Löschspannung sinkt.

Welche Eigenschaften die Bogenentladung nach der Lehre des Klagepatentanspruchs im Übrigen aufweisen muss, wird in der Klagepatentschrift nicht erläutert und kann auch offen bleiben. Den Beklagten ist zwar zuzugeben, dass zur Erzeugung einer Bogenentladung regelmäßig neben der Stoßemission auch eine Glühemission an den Elektroden erforderlich ist, um eine hinreichende Anzahl geladener Teilchen für den Stromfluss zu erzeugen. In welchem Umfang eine solche Glühemission jedoch bei der Erzeugung der klagepatentgemäßen Bogenentladung auftritt, spielt für die Auslegung des Klagepatentanspruchs keine Rolle. Ebenso unbeachtlich ist, ob bei einer Bogenentladung aufgrund der Glühemission ein Gleichrichteffekt eintritt. Wie die Beklagten zutreffend bemerken, hängt der Eintritt eines Gleichrichteffekts maßgeblich von der Elektrodengeometrie ab. Insofern kann dahinstehen, ob bei einer Anordnung von Stiftelektrode und Ringelektrode, wie sie in der Klagepatentschrift beschrieben wird, eine Bogenentladung nur von der Stiftelektrode zur Ringelektrode stattfinden kann und nicht umgekehrt. Denn nach der Lehre des Klagepatentanspruchs ist für das erfindungsgemäße Verfahren lediglich die Erzeugung einer Bogenentladung mit Hilfe eines Hochfrequenz-Wechselstroms erforderlich. Mit welcher konkreten Vorrichtung das patentgemäße Verfahren letztlich angewendet wird, bleibt dem Fachmann überlassen. Dementsprechend handelt es sich bei den Erläuterungen zum Aufbau der Plasmadüse in der Klagepatentschrift lediglich um ein Ausführungsbeispiel, das den Gegenstand der patentgemäßen Erfindung grundsätzlich nicht einzuschränken vermag. Letztlich hängt die Frage, ob eine Bogenentladung entsteht, von allgemeinen physikalischen Bedingungen ab, die dem Fachmann aus seinem Fachwissen bekannt sind. Dazu gehören zum Beispiel Aufbau der Elektrode, verwendetes Gas, Gasdruck, Feuchtigkeit und ähnliches (vgl. Anlage L14). Inwiefern eine Bogenentladung weitere Charakteristika aufweist, kann im vorliegenden Fall dahinstehen.

2.

Vor dem Hintergrund dieser Auslegung hat die Klägerin nicht dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform objektiv dazu bestimmt und geeignet ist, von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch zu machen. Es fehlt an Vortrag dazu, dass in dem von den Beklagten angebotenen "XX" eine Plasmaentladung in Form einer Bogenentladung erzeugt wird oder erzeugt werden kann (Merkmal 3).

Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, dass beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsform aufgrund der verwendeten Hochspannung, die im Gutachten des TÜV Rheinland mit 8 kV (Spitzenwert) beziehungsweise 2,8 kV (Effektivwert) und 0 kV (Mittelwert) angegeben wird, notwendigerweise eine Bogenentladung stattfinde. Sie verweist dafür zum einen auf das Gutachten des TÜV-Rheinland (Anlage L9), das ebenfalls gezeigt habe, dass eine Bogenentladung stattfinde, und zum anderen auf die Leuchterscheinungen, die beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsform in ihrem Innern und an der Düsenöffnung auftreten. Dieser Vortrag genügt nicht, um im Einzelnen darzulegen, dass die angegriffene Ausführungsform mit einer Plasmaentladung in Form einer Bogenentladung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs betrieben wird. Denn die Beklagten haben den Vortrag der Klägerin bestritten und im Einzelnen dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform nicht mit einer Bogenentladung, sondern mit einer Koronaentladung betrieben werde. Dem Klägervortrag fehlt infolgedessen die erforderliche Substantiierung.

a) Die Beklagten haben zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Bogenentladung nicht Gegenstand des Gutachtens des TÜV Rheinland war, sondern lediglich die Frage, ob die angegriffene Ausführungsform mit Hochfrequenz-Wechselstrom betrieben wird. Der Hinweis auf eine Bogenentladung findet sich im Gutachten lediglich als Bildunterschrift, ohne dass deutlich wird, wie der Gutachter zu dieser Erkenntnis gelangt. Ebensowenig wird von der Klägerin dargelegt, warum aufgrund der gemessenen Werte der Wechselspannung "notwendigerweise" eine Bogenentladung entstehen müsse. Denn eine Bogenentladung ist nicht nur von der angelegten Spannung, sondern zum Beispiel auch vom Abstand und der Form der Elektroden, dem verwendeten Gas, dem Gasdruck, der Luftfeuchtigkeit und anderen Faktoren abhängig.

Darüber hinaus haben die Beklagten vorgetragen, dass die angegriffene Ausführungsform mit einer Koronaentladung arbeite. Diese trete zunächst an der bauchigen Stelle der Stiftelektrode in der angegriffenen Ausführungsform auf. Freie Ionen würden gürtelförmig um die Stiftelektrode auf die Elektrode auftreffen. Eine Bogenentladung könne dadurch nicht ausgelöst werden. Die Koronaentladung breite sich dann entlang des länglichen Entladungskanals aus und erstrecke sich auf den gesamten Bereich zwischen den Elektroden. Es entstehe ein Plasmastrahl, wie er aus der DE X (Anlage GDM B5) bekannt sei. Eine Bogenentladung werde dadurch verhindert, dass die angegriffene Ausführungsform mit einer Strombegrenzung ausgestattet sei, die dafür sorge, dass der Strom 1 A nicht überschreite. Dies gehe sogar aus der von der Klägerin vorgelegten Strommessung durch den TÜV Rheinland (Anlage L9) hervor. Außerdem ergebe sich aus den oszilloskopischen Aufnahmen dieses Gutachtens, dass die Spannung während der gesamten Betriebsdauer nicht einbreche, sondern ihren typischen, sinusförmigen Verlauf nehme. Bei einer Bogenentladung sei jedoch zu erwarten, dass im Zeitpunkt des Durchbruchs des Entladungskanals die Spannung einbreche, weil eine Entladung einsetze, und der Strom ansteige, weil zwischen den Elektroden ein Strom fließe. Beides sei in den Messungen des TÜV Rheinland nicht zu erkennen. Gleiches gelte für die mit Anlage L15 vorgelegten Spannungs- und Stromkurven.

b) Auf diese Einwände hin hat die Klägerin ihren Sachvortrag nicht weiter vertieft. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsform eine Bogenentladung und keine Koronaentladung stattfindet.

aa) Die Klägerin hat eine Bogenentladung nicht mit den als Anlage L19 vorgelegten Lichtbildern dargelegt. Die Lichtbilder zeigen unter anderem die Leuchterscheinungen innerhalb der Plasmadüse beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsform. Allein aufgrund der Lichtbilder ist aber nicht ersichtlich, dass es sich bei den Leuchterscheinungen um einen Lichtbogen handelt, wie er nur durch eine Bogenentladung verursacht werden kann. Unstreitig geht auch eine Koronaentladung mit Leuchterscheinungen einher. Allein mit Hilfe der Farbe dieser Leuchterscheinung lässt sich nicht eindeutig unterscheiden, ob auf den Abbildungen der Anlage L19 eine Bogenentladung oder eine Koronaentladung zu sehen ist. Gleiches gilt für den aus der Plasmadüse austretenden Plasmastrahl, wie er in einer weiteren Abbildung der Anlage L19 und auch in den Anlagen L9 und L12 abgebildet ist. Denn schon in der Klagepatentschrift heißt es zu der mit Luft betriebenen Plasmadüse, dass zunächst eine Koronaentladung mit bläulich leuchtenden Entladungsbüscheln und danach ein weiß-blau leuchtender Lichtbogen entstehe (Abs. [Abs. 0024] Zeile 36 f und 44 f). Aufgrund dieser ähnlichen Farbgebung ist anhand der von der Klägerin vorgelegten Abbildungen nicht ansatzweise erkennbar, ob die Leuchterscheinungen durch eine Koronaentladung oder eine Bogenentladung hervorgerufen wurden.

Die in der Anlage L19 wiedergegebenen Leuchterscheinungen sind zwar weißlich, aber schon beim Vergleich mit den in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin überreichten Aufnahmen (zusammen mit der Tabelle der Bildeigenschaften) fällt auf, dass die Färbung dieser Leuchterscheinungen ins Violette geht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufnahmen nicht nur einen einzelnen Entladungsvorgang zeigen, sondern aufgrund der Belichtungszeit mehrere Entladungsvorgänge. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, die Belichtungszeit für die Aufnahmen habe 1/60 Sekunde beziehungsweise 1/100 Sekunde gedauert, was von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten worden ist. Selbst wenn aber der Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt wird, werden bei einer Belichtungszeit von 1/100 Sekunden und einer Frequenz der angegriffenen Ausführungsform von 37 kHz noch 370 Entladungsvorgänge aufgenommen. Dabei wurde zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass pro Periode lediglich ein Entladungsvorgang stattfindet. Aufgrund der Vielzahl der in einer Aufnahme abgebildeten Entladungsvorgänge ist die Färbung der Leuchterscheinung nicht eindeutig bestimmbar. Dies wird zudem durch die als Anlage B21 vorgelegten Aufnahmen der Beklagten bestätigt, die wiederum eine violette Färbung des Plasmastrahls zeigen. Mit Blick auf die Vielzahl von Faktoren, die die Farbe der bildlichen Wiedergabe einer Plasmaentladung beeinflussen können (z.B. Belichtungszeit, Kontrast, Helligkeit, Farbabstimmung), kann in keinem Fall davon ausgegangen werden, dass die Aufnahmen der Leuchterscheinungen ein getreues Abbild der Färbung wiedergeben und einen eindeutigen Rückschluss auf die Form der Gasentladung zulassen. Dementsprechend hat auch die Klägerin nicht dargelegt, wie sie anhand der von ihr vorgelegten Abbildungen zu dem eindeutigen Schluss kam, dass beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsform eine Bogenentladung stattfinde.

bb) Ebenso wenig ist anhand der als Anlage L19 vorgelegten Abbildungen erkennbar, dass durch den Entladungsvorgang ein Entladungskanal unmittelbar zwischen den beiden Elektroden gebildet wird, wie er für die Bogenentladung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs charakteristisch ist. Die Klägerin hat schon nicht im Einzelnen vorgetragen, ob die Entladung genau in dem Bereich der Leuchterscheinung stattfindet. Denn die Beklagten haben dazu vorgetragen, die Leuchterscheinungen seien darauf zurückzuführen, dass neutrale Teilchen durch andere Teilchen zum Leuchten angeregt würden. Die Bahnen der geladenen Teilchen seien aber mit denen der ableuchtenden Neutralteilchen nicht unbedingt identisch. Die Klägerin hat sich zu diesem Vortrag nicht näher geäußert. Aber selbst wenn unterstellt wird, dass die Leuchterscheinungen mit den Bahnen der elektrisch geladenen Teilchen identisch sind, ist nicht erkennbar, ob ein Entladungskanal unmittelbar zwischen den beiden Elektroden - Stiftelektrode und Hülse - zustande kommt. Denn auf den Abbildungen der Anlage L19 ist nicht erkennbar, ob der leuchtende Plasmastrahl überhaupt die andere Elektrode erreicht. Vielmehr weitet sich der leuchtende Strahl am Ende leicht auf und endet dann. Ob er dabei auf die Gegenelektrode trifft, ist nicht erkennbar und nicht vorgetragen.

c) Der Klägerin hilft auch nicht der zutreffende Hinweis darauf weiter, dass es der angegriffenen Ausführungsform an einem Dielektrikum in Form eines Keramikrohres fehlt, wie es aus der DE X bekannt ist. Diese Druckschrift offenbart eine Vorrichtung zur Behandlung von Oberflächen mittels eines ionisierten Gases. Die Ionisation erfolgt dabei mit Hilfe einer Koronaentladung zwischen zwei benachbarten Elektroden, die - so sieht es Unteranspruch 2 vor - durch ein Keramikrohr voneinander elektrisch isoliert sind. Auch wenn sich die angegriffene Ausführungsform von der in der Druckschrift im Unteranspruch 2 erläuterten und von dem figürlich dargestellten Ausführungsbeispiel unterscheidet, hat die Klägerin damit noch nicht dargelegt, dass es beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsform tatsächlich zu einer Bogenentladung - Stromfluss zwischen den beiden Elektroden mit einer gewissen Stromdichte unter Bildung eines Lichtbogens - kommt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag, es müsse notwendigerweise zu einer Bogenentladung kommen, weil die angegriffene Ausführungsform zwischen den beiden Elektroden kein elektrisch isolierendes Material aufweise und daher der elektrische Aufbau und die Geometrie der Innenelektrode dem Ausführungsbeispiel aus der Klagepatentschrift entspreche. Da die Form der Gasentladung nicht nur von der Form der Innenelektrode abhängt, sondern zum Beispiel auch vom Abstand zur zweiten Elektrode, von der Spannung, dem verwendeten Gas, der Luftfeuchtigkeit oder dem Luftdruck, kann nicht allein von der Ähnlichkeit mit dem Ausführungsbeispiel der Klagepatentschrift darauf geschlossen werden, dass die angegriffene Ausführungsform geeignet sei, eine Bogenentladung herbeizuführen. Vielmehr hat die angegriffene Ausführungsform ebenso Ähnlichkeit mit der im Patentanspruch 1 der DE X beschriebenen Vorrichtung, die zwei Elektroden zur Bildung einer Koronaentladungsstrecke aufweist, ohne eigens einen elektrischen Isolator zwischen den Elektroden vorzusehen.

d) Soweit die Klägerin mit Nichtwissen bestreitet, dass die angegriffene Ausführungsform eine Strombegrenzung aufweist, hilft ihr auch das nicht weiter. Denn die Klägerin trägt die Darlegungslast für die Entstehung einer Bogenentladung. Der dafür erforderliche Tatsachenvortrag wird durch das Bestreiten mit Nichtwissen nicht ersetzt. Gleiches gilt für die Ausführungen zur Funkenentladung, da eine klagepatentgemäße hochfrequente Bogenentladung nicht mit einer Funkenentladung gleichgesetzt werden kann (vgl. dazu die Ausführungen unter Ziffer 1d)). Soweit dem Vortrag der Klägerin zur Funkenentladung jedoch der Gedanke zugrunde liegt, dass in jeder Halbwelle des Wechselstroms genügend elektrische geladene Teilchen existieren, um eine Bogenentladung ohne den Umweg über die Koronaentladung zünden zu können, führt auch dies nicht weiter. Denn der Vortrag setzt voraus, dass es zu einer Bogenentladung kommt. Ob dies aber tatsächlich der Fall ist, hat die Klägerin nicht hinreichend qualifiziert dargelegt.

e) Ob die von der Klägerin als Anlagen L15 und L16 vorgelegten Oszilloskosp-Bilder geeignet sind, den Vortrag der Beklagten, bei einer Bogenentladung müsse ein Spannungsabfall und eine Zunahme des Stroms messbar sein, zu entkräften, kann dahinstehen. Denn mit der Vorlage der Oszilloskop-Aufnahmen hat die Klägerin noch nicht dargelegt, welche Entladungsvorgänge nun konkret beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsform ablaufen. Insbesondere hat sie nicht vorgetragen, dass die von der Beklagten behaupteten Koronaentladungen durch die Oszilloskop-Bilder ausgeschlossen werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Dem Vollstreckungsschutzantrag der Klägerin war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.

Streitwert: 500.000,00 EUR

Antrag zu I. 1. 333.333,00 EUR

Antrag zu I. 2. 41.667,00 EUR

Antrag zu II. 125.000,00 EUR






LG Düsseldorf:
Urteil v. 30.09.2009
Az: 4a O 68/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/907ad5273175/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_30-September-2009_Az_4a-O-68-07




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