Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2008
Aktenzeichen: 11 W (pat) 4/08

(BPatG: Beschluss v. 10.03.2008, Az.: 11 W (pat) 4/08)

Tenor

1. Die Beschwerde ist gegenstandslos.

2. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat gegen den ihr in einer Ausfertigung am 14. November 2007 zugestellten Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Oktober 2007, der die Zurückweisung ihrer am 25. September 2003 offengelegten Patentanmeldung vom 20. Februar 2003 mit der Bezeichnung "System und Verfahren zur integrierten Reifendrucküberwachung und passiven Zugang" ausspricht, Beschwerde eingelegt.

Die in der Amtsakte befindliche Urschrift des Beschlusses (Bl. 97-103) besteht aus dem Abschnitt I des für die Zurückweisung einer Patentanmeldung vorgesehenen Formblattes P 2704.0 (in der Fassung 11/03) mit Angaben zum Rubrum und dem Tenor der Entscheidung sowie nachfolgend sechs maschinenschriftlichen Seiten der Begründung, die mit der Bezeichnung der Prüfungsstelle und dem Namen des Prüfers (nebst Hausrufnummer), aber ohne eigenhändige Unterschrift enden. Der Prüfer hat allerdings eingangs den Abschnitt I des Formblattes, in dem auf die Gründe auf den Folgeseiten 2 bis 7 Bezug genommen wird, in einer Leiste eigenhändig unterschrieben, die "Namenszeichen und Name in Druckbuchstaben des Prüfers, Hausruf" enthalten soll und unter der fettgedruckt hingewiesen wird: "Die Unterschrift ist am Ende der Gründe erforderlich."

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber gegenstandslos.

Die Zulässigkeit der Beschwerde begegnet keinen Bedenken. Denn die Anmelderin ist durch den Ausspruch der Zurückweisung der Patentanmeldung im angefochtenen Beschluss, dessen zugestellte Ausfertigung das Fehlen der Unterschrift des Prüfers unter den Gründen der Urschrift nicht erkennen lassen kann, formell beschwert.

Die Beschwerde ist jedoch gegenstandslos, weil sie sich gegen einen gemäß § 125 Satz 1 BGB i. V. m. § 47 Abs. 1 PatG, § 126 Abs. 1 BGB unwirksamen (nichtigen) Beschluss des Deutschen Patentamt- und Markenamts richtet (vgl. dazu BPatGE 41, 44 - Formmangel).

Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 PatG sind die Beschlüsse der Prüfungsstelle zu begründen, schriftlich auszufertigen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen. Die schriftliche Ausfertigung setzt implizit eine Urschrift voraus, die gemäß § 126 Abs. 1 BGB von den Entscheidungsträgern eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden muss.

Der angefochtene Beschluss der Prüfungsstelle ist in der Urschrift nicht ordnungsgemäß unterschrieben, so dass es sich hierbei lediglich um einen Entwurf handelt und auch die darauf beruhende Ausfertigung unwirksam ist.

Der handschriftliche Namenszug des Prüfers auf dem Formblatt P 2704.0 deckt als Unterschrift zwar die Tenorierung, die Patentanmeldung werde zurückgewiesen, aber trotz der Bezugnahme auf die Folgeseiten 2 bis 7 nicht die Gründe des Beschlusses, die im vorliegenden Fall der Zurückweisung gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 PatG zwingend vorgeschrieben sind.

Denn eine "Oberschrift" ist keine Unterschrift (vgl. BGH, NJW 1991, 487 f. = BGHZ 113, 48 ff., 51-54). Eine Unterschrift hat nämlich die Funktion, einen Urkundentext sowohl räumlich als auch zeitlich abzuschließen. Diese Funktion kann die "Oberschrift" nicht erfüllen. Voraussetzung für eine Namensunterschrift i. S. d. § 126 Abs. 1 BGB ist, dass sie die Urkunde räumlich abschließt, also unterhalb des Textes steht. Die Unterschrift als Abschluss ist aber auch zeitlich zu verstehen, da sie regelmäßig unter den fertigen Text gesetzt wird. Dagegen spricht ein am Anfang eines Schriftstücks stehender Namenszug selbst bei ausdrücklicher Bezugnahme auf den nachfolgenden Text gegen die Annahme, er sei nach der vollständigen Niederlegung und damit in Kenntnis der sich anschließenden Erklärungen angebracht worden (BGH, a. a. O.).

Dies hat der 23. Senat des Bundespatentgerichts in einem sehr ähnlichen Fall fehlender Unterschrift ebenso gesehen (Beschluss vom 17. Dezember 2002 a. E. unter II. 6. - Az.: 23 W (pat) 48/01), erstaunlicherweise daraus aber keine Konsequenzen gezogen, sondern dennoch in der Hauptsache des Beschwerdeverfahrens entschieden.

Das anscheinend im November 2003 geänderte Formblatt P 2704.0 berücksichtigt offenbar die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur nicht rechtswirksamen "Oberschrift" und weist ausdrücklich darauf hin, dass die Unterschrift am Ende der Gründe erforderlich ist. Daher wird man annehmen müssen, dass der Prüfer die Unterschrift versehentlich unterließ. Dies hätte allerdings vor Absendung des Beschlusses bemerkt werden können.

III.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird gemäß § 80 Abs. 3 PatG aus Billigkeitsgründen angeordnet. Denn das Patentamt hat es zu vertreten, dass die von der Anmelderin mit ihrer Beschwerde begehrte Sachentscheidung des Patentgerichts nicht getroffen werden kann.

Dr. W. Maierv. Zglinitzki Harrer Dr. Fritze Bb






BPatG:
Beschluss v. 10.03.2008
Az: 11 W (pat) 4/08


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