Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juli 2011
Aktenzeichen: 17 W (pat) 28/07

(BPatG: Beschluss v. 05.07.2011, Az.: 17 W (pat) 28/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat einen Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 T bestätigt. In der Patentanmeldung geht es um ein Verfahren zur fusionierten Bilddarstellung. Die Anmeldung wurde zurückerwiesen, da der geltende Patentanspruch 1 nicht neu genug sei im Vergleich zu einem bereits bekannten Stand der Technik. Die Anmelderin hat gegen den Zurückweisungsbeschluss Beschwerde eingelegt und dabei verschiedene Anträge gestellt. Sie argumentiert, dass das Verfahren nach Hauptantrag und drei anderen Hilfsanträgen als neu anzusehen sei. Die Anmelderin war jedoch nicht bei der Verhandlung anwesend. Das Gericht hat neue Druckschriften zum Stand der Technik eingeführt und auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen. Es stellte fest, dass der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Es gab auch keine Unterschiede zwischen Hilfsantrag 2, Hilfsantrag 3 und Hilfsantrag 1. Daher wurde die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 05.07.2011, Az: 17 W (pat) 28/07


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 8. Dezember 2003 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung:

"Verfahren zur fusionierten Bilddarstellung".

Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 T des Deutschen Patentund Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, dass der geltende Patentanspruch 1 mangels Neuheit seines Gegenstands nicht gewährbar sei, da dieser sich vom dem aus Druckschrift 1 (DE 100 15 815 A1, s.u.) bekannten Stand der Technik nicht unterscheide.

Die Anmelderin hat gegen den Zurückweisungsbeschluss Beschwerde eingelegt. Sie stellt in der Beschwerdebegründung vom 17. August 2007 den Antrag, 1. das Patent mit den dem angegriffenen Beschluss zugrundeliegenden Patentansprüchen 1-10 gemäß Eingabe vom 16. August 2004 zu erteilen, die in der Anlage der Beschwerdebegründung als "Hauptantrag" gekennzeichnet sind, 2.

hilfsweise das Patent mit den als "Hilfsantrag 1" gekennzeichneten Patentansprüchen 1-10 zu erteilen, 3.

hilfsweise das Patent mit den als "Hilfsantrag 2" gekennzeichneten Patentansprüchen 1-9 zu erteilen, 4.

hilfsweise das Patent mit den als "Hilfsantrag 3" gekennzeichneten Patentansprüchen 1-7 zu erteilen, 5.

hilfsweise, sollte dem Antrag nach Ziffer 1 nicht stattgegeben werden, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Zum Verhandlungstermin ist sie, wie später angekündigt, nicht erschienen.

In ihrer Beschwerdebegründung trägt die Anmelderin vor, dass bereits das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gegenüber der Druckschrift 1 als neu anzusehen, und außerdem durch diese Druckschrift auch nicht nahegelegt sei. Dies gelte erst recht für die Patentansprüche 1 nach den drei Hilfsanträgen. Als wesentlichen Unterschied stellt sie heraus, dass es sich bei den Bildaufnahmemitteln aus Druckschrift 1, deren Bilder fusioniert würden, immer um externe (extrakorporale) Bildaufnahmemodalitäten handele; der Fachmann habe keinerlei Veranlassung gehabt, als Mittel zur Gewinnung von Bilddatensätzen wie bei der Erfindung ein invasiv einzuführendes medizinisches Instrument wie einen Katheter vorzusehen. Die Verwendung von fluoreszierenden metabolischen Markern sei zum Anmeldezeitpunkt noch im Erprobungsstadium gewesen, es habe sich also um eine neue Methode gehandelt, die nicht zuletzt im Hinblick auf den invasiven Charakter nicht mit herkömmlichen extrakorporalen Bildaufnahmeverfahren gleichgestellt werden könne. Die erfindungsgemäße gemeinsame Visualisierung der metabolischen Marker mit dreidimensionalen anatomischen Bilddaten stelle einen im Hinblick auf die bekannten externen Aufnahmeverfahren "neuen Bereich" dar.

Der Senat hat in einem Ladungszusatz neue Druckschriften zum Stand der Technik ins Verfahren eingeführt. Er hat ferner auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen, wonach bei der Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen sind, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH GRUR 2011, 125 - Wiedergabe topografischer Informationen).

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, hier mit einer möglichen Gliederung versehen (fakultative Merkmale kursiv gekennzeichnet), lautet:

"(a) 1. Verfahren zur fusionierten Darstellung von mit einer ersten Bildaufnahmeeinrichtung erfassten ersten Bildinformationen mit mittels einer zweiten Bildaufnahmeeinrichtung erfassten zweiten Bildinformationen,

(b) welche Bildinformationen einen gemeinsamen Untersuchungsbereich des menschlichen oder tierischen Körpers, insbesondere eines Hohlraumorgans betreffen, bei welchem Verfahren:

(c1) eine Vielzahl zweidimensionaler Einzelbilder des Untersuchungsbereichs in Form von Fluoreszenz-Bildern durch Lichtanregung fluoreszierender Bereiche des Untersuchungsbereichs

(c2) unter Verwendung eines in den Untersuchungsbereich invasiv einzuführenden medizinischen Instruments, insbesondere eines Katheters, aufgenommen werden,

(c3) ein 3D-Fluoreszenzbild-Datensatz, geeignet zur dreidimensionalen Rekonstruktion eines Fluoreszenz-Volumenbilds des Untersuchungsbereichs, anhand der zweidimensionalen Einzelbilder erzeugt wird,

(d)

ein mit einer weiteren Untersuchungsmodalität aufgenommener weiterer 3D-Bilddatensatz des Untersuchungsbereichs, geeignet zur dreidimensionalen Rekonstruktion eines weiteren Volumenbilds des Untersuchungsbereichs, verwendet wird,

(e)

der 3D-Fluoreszenzbild-Datensatz und der weitere 3D-Bilddatensatz miteinander registriert werden, und

(f)

ein oder mehrere fluoreszenzoptisch gekennzeichnete relevante Bereiche des Untersuchungsvolumens anhand der durch die Registrierung ermittelten Abbildungsvorschrift lagegenau in dem anhand des weiteren 3D-Datensatzes erzeugten weiteren Volumenbild an einem Monitor dargestellt werden, wobei entweder

(g)

a) in dem 3D-Fluoreszenzbild-Datensatz ein oder mehrere fluoreszenzoptisch gekennzeichnete relevante Bereiche des Untersuchungsbereichs in ihrer räumlichen Lage ermittelt werden und nur diese extrahierten Teilbildbereiche lagegenau im weiteren Volumenbild dargestellt werden, oder

(h)

b) das vollständige Fluoreszenz-Volumenbild dem weiteren Volumenbild unter Ausblendung von Voxeln mit vorgegebenen Grauwerten überlagert wird."

Bezüglich der Unteransprüche 2 bis 10 wird auf die Akte verwiesen.

Gemäß Hilfsantrag 1 ist der Patentanspruch 1 des Hauptantrags in Merkmal (c2) geändert (Änderungen unterstrichen):

"(c2*) unter Verwendung eines in den Untersuchungsbereich invasiv einzuführenden medizinischen Instruments zur Lichtanregung unmittelbar vor Ort, insbesondere eines Katheters, aufgenommen werden, "

und um ein Merkmal (dx) ergänzt, das hinter Merkmal (d) eingefügt wird:

"(dx) wobei die weitere Untersuchungsmodalität eine externe Untersuchungsmodalität ist,"

Bezüglich der Unteransprüche 2 bis 10 des Hilfsantrags 1 wird auf die Akte verwiesen.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist gegenüber Hilfsantrag 1 noch um das Merkmal (i) aus dem ursprünglichen Unteranspruch 8 eingeschränkt:

"(i) wobei benutzerseitig ein relevanter Bereich des Untersuchungsvolumens auswählbar ist und die diesen Bereich zeigende fusionierte Bilddarstellung am Monitor wiedergegeben wird."

Der entsprechende Unteranspruch ist gestrichen; bezüglich der verbliebenen Unteransprüche 2 bis 9 wird auf die Akte verwiesen.

Gemäß Hilfsantrag 3 wird dieser Patentanspruch 1 aus Hilfsantrag 2 weiter eingeschränkt durch das Merkmal (j) aus dem ursprünglichen Unteranspruch 9, oder alternativ durch das Merkmal (k) aus dem ursprünglichen Unteranspruch 12:

"(j) wobei der Benutzer anhand einer am Monitor angezeigten Tabelle enthaltend die Positionsdaten der einzelnen relevanten Bereiche einen anzuzeigenden Bereich auswählenoder

(k) über eine am Monitor im dargestellten fusionierten Volumenbild bewegbare Markierung einen relevanten Bereich anwählen kann, der dann in veränderter Darstellung wiedergegeben wird."

Auch hier sind die entsprechenden Unteransprüche gestrichen; bezüglich der verbliebenen Unteransprüche 2 bis 7 wird auf die Akte verwiesen.

Als Aufgabe der Anmeldung wird genannt, ein Verfahren anzugeben, das dem Arzt eine aussagekräftige, diagnostisch verwertbare Bildinformationsdarstellung bietet (siehe Offenlegungsschrift Absatz [0004]).

II.

Die fristund formgerecht eingelegte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg.

Das Verfahren zur fusionierten Darstellung von Bildinformationen gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ebenso wie nach einem der drei Hilfsanträge beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1. Der geltende Patentanspruch 1 ist auf die Darstellung medizinischer Bildinformationen gerichtet, die von zwei unterschiedlichen Bildaufnahmeeinrichtungen erzeugt wurden (Merkmal (a)): Für einen Untersuchungsbereich des menschlichen oder tierischen Körpers, insbesondere eines Hohlraumorgans (Merkmal (b)), wird einerseits ein dreidimensionaler Fluoreszenzbild-Datensatz aus 2D-Einzelbildern, die durch Lichtanregung fluoreszierender Bereiche des Untersuchungsbereichs unter Verwendung eines invasiv eingeführten medizinischen Instruments aufgenommen wurden (Merkmale (c1), (c2) bzw. (c2*), (c3)), und andererseits ein mit einer weiteren (externen, d. h. extrakorporalen) Bildaufnahmeeinrichtung (MR, CT, Ultraschall ...) erzeugter Volumenbilddatensatz bereitgestellt (Merkmal (d) und (dx)). Diese beiden dreidimensionalen Bilddatensätze sollen zusammengefügt (fusioniert) werden, so dass in einer gemeinsamen Darstellung die pathologischen Stellen, die durch das Fluoreszenzbild identifiziert werden, in der anatomischen Struktur, die durch den Volumenbilddatensatz erfasst ist, lagegenau angezeigt werden können (Merkmal (f)). Dadurch werden die Diagnosemöglichkeiten für den untersuchenden Arzt verbessert.

Als erster Schritt hierfür ist eine sogenannte "Registrierung" der beiden dreidimensionalen Bilddatensätze miteinander vorgesehen (Merkmal (e)). Hierunter ist die Ermittlung einer Abbildungsvorschrift zu verstehen, die es ermöglicht, jedes Voxel des einen Bilddatensatzes auf das andere Volumenbild abbilden zu können (siehe Offenlegungsschrift Absatz [0007] Mitte). Dieses Verfahren der Registrierung ist "an sich" auf dem Gebiet der digitalen Bilddatenverarbeitung hinlänglich bekannt; in der Anmeldung werden zwei konkrete Durchführungsbeispiele erläutert (Offenlegungsschrift Absatz [0010] bzw. [0011]).

Nach der Registrierung ist bereits eine Fusionierung der beiden Bilddatensätze möglich. Zur Verbesserung der Darstellung werden noch zwei weitere Alternativen vorgeschlagen (siehe Offenlegungsschrift insbesondere Absatz [0009]): Das Fluoreszenzbild zeigt helle Bereiche dort, wo fluoreszierende Stoffe angereichert wurden, die Antwortlicht emittiert haben; die übrigen Bereiche sind dunkel. Diese dunklen Bereiche brauchen nicht dargestellt zu werden. Somit genügt es, nur die hellen Bereiche (im Wortlaut des Patentanspruchs: die fluoreszenzoptisch gekennzeichneten relevanten Bereiche des Untersuchungsvolumens) als Teilbildbereiche im Volumenbild der weiteren Bildaufnahmeeinrichtung anzuzeigen (Merkmal (g)). Sinngemäß dasselbe lässt sich erreichen, wenn im Fluoreszenz-Volumenbild Voxel mit einem vorgegebenen Grauwert (d. h. einem Schwellwert für "dunkel") ausgeblendet werden (Merkmal (h)).

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich, dass die Anmelderin eine Besonderheit darin sieht, durch ein invasives Aufnahmeverfahren gewonnene Bilder von fluoreszierenden metabolischen Markern in der anatomischen Struktur, die durch ein (übliches) extrakorporales Bildaufnahmeverfahren erkennbar wird, lagegenau anzuzeigen.

Die zusätzlichen Merkmale (i), (j) und (k) der Hilfsanträge 2 und 3 betreffen das Auswählen eines relevanten Bereiches des Untersuchungsvolumens durch den Benutzer.

Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, Bilddaten von Untersuchungsbereichen des menschlichen oder tierischen Körpers so aufzubereiten, dass eine aussagekräftige, diagnostisch verwertbare Darstellung entsteht, sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder Datenverarbeitung oder einen Diplom-Informatiker an, der mehrjährige Berufserfahrung im Bereich medizinischer Bilddatenverarbeitung besitzt.

2. Von besonderer Bedeutung für den jeweils beanspruchten Gegenstand sind folgende Druckschriften (Nummerierung wie im bisherigen Verfahren):

D4 US 6 148 095 A D5 US 5 827 190 A D6 US 2003 / 208 116 A1 D4 beschreibt eine Vorrichtung und ein Verfahren zur 3D-Rekonstruktion und 3D-Bilddarstellung gewundener Gefäße, wie z. B. Koronar-Arterien des menschlichen oder tierischen Körpers (Zusammenfassung, Spalte 4 Zeile 44-49, Spalte 14 Zeile 49 ff.)). Die Rekonstruktion erfolgt aufgrund einer Fusion der Bilddaten zweier unterschiedlicher Bildaufnahmeverfahren, nämlich (extrakorporaler) koronarer Angiografie mittels Röntgenstrahlen (Spalte 1 Absatz 2) einerseits, intravaskulärer Ultraschallmessung (IVUS, Spalte 1 Absatz 3) mittels eines Katheters andererseits (Merkmale (a), (b), (c2), (d), (dx)). Die invasive Ultraschallmessung liefert 2D-Bilder, welche in ein 3D-Bild umgerechnet werden (Spalten 5/6: teilweise Merkmal (c1), (c3)). Eine "Registrierung" der beiden Bilddatensätze gemäß Merkmal (e) ist zwar nicht ausdrücklich beschrieben; da es aber das Ziel des US-Patents ist, die Stärken beider Bildaufnahmeverfahren zur Erzeugung eines einheitlichen, lagegenauen Bildes zu kombinieren (Spalte 1 Zeile 57 ff.; Spalte 6 Zeile 33 ff.), ist für den Fachmann klar, dass eine grundsätzlich entsprechende Technik ("mapping" gemäß Spalte 12 Zeile 29 ff.; "using anatomic landmarks" gemäß Spalte 6 Zeile 14/15) zur passenden Umrechnung beider Bilder eingesetzt werden muss. Insgesamt wird eine 3D-Darstellung im Sinne von Merkmal (f) erzeugt. Auf jeden Fall widerlegt D4 das Argument der Anmelderin, der Fachmann habe keinerlei Veranlassung gehabt, als Mittel zur Gewinnung von Bilddatensätzen auch ein invasiv einzuführendes medizinisches Instrument wie einen Katheter vorzusehen.

D5 betrifft ein Endoskop, welches intrakorporal (und zwar "unmittelbar vor Ort" im Sinne von Merkmal (c2*)) Licht aussendet und daraufhin Bilddaten erfasst. Dabei kann es sich (gleichzeitig oder nacheinander, siehe Spalte 7 Zeile 23-26) um das Bild einer Autofluoreszenz des bestrahlten Gewebes, oder um ein "normales" Reflexionsbild handeln (siehe Zusammenfassung). Beide Bilddatensätze werden "kombiniert" (Spalte 6 Zeile 35-39) und als ein einziges Bild an einem Monitor dargestellt, um fluoreszenzoptisch gekennzeichnete relevante Bereiche lagegenau identifizieren zu können. Damit ergeben sich hier für den Fachmann die Merkmale (a), (b), (c1), (c2) bzw. (c2*) sowie teilweise die Merkmale (d) und (f).

Gemäß Spalte 5 Zeile 25-27 ist die Autofluoreszenz bei gesundem Gewebe wesentlich größer als bei krankem. Diese Eigenschaft wird durch Einsatz einer Filtermethode genutzt, welche die starke Intensität des Autofluoreszenz-Lichts von gesundem Gewebe gezielt verstärkt und die geringere Licht-Intensität bei krankem Gewebe weiter abschwächt - so dass in der Bilddarstellung gesundes Gewebe als intensiv grün, krankes Gewebe hingegen ohne Grünlicht-Anteile in einer anderen Farbe erscheint (siehe Spalte 6 Zeile 44-60). Der Fachmann findet damit eine Anregung, fluoreszenzoptisch gekennzeichnete relevante Bereiche in ihrer räumlichen Lage zu ermitteln und in der Darstellung hervorzuheben (teilweise Merkmal (g)).

D6 beschreibt ein Verfahren zur 3D-Visualisierung eines Untersuchungsbereichs basierend auf wenigstens zwei Bilddatensätzen unterschiedlicher Untersuchungsgeräte (siehe Zusammenfassung), um die jeweiligen Vorteile der unterschiedlichen Verfahren nutzen zu können (Absatz [0041] Zeile 7). Dabei werden Methoden zur Registrierung der Datensätze und die Fusion von 3D-Bilddaten basierend auf 2D-Einzelbildern relativ ausführlich beschrieben, siehe insbesondere Figur 3 / Absatz [0042] ff., sowie Absatz [0056] ff. (Merkmale (a), (b), (d), (dx) und teilweise die Merkmale (c1), (e) und (f)). In der zweiten Hälfte von Absatz [0056] ist erläutert, dass der Bediener einen der zugrundeliegenden Bilddatensätze "verstärken" (emphasize) kann, um die vom zugehörigen Bildaufnahmeverfahren bevorzugten Körperbestandteile hervorzuheben. Das versteht der Fachmann ebenfalls als Anregung, relevante Bereiche in der Darstellung hervorzuheben, was ihn in Richtung der Merkmale (g) und (h) führt. Am Ende von Absatz [0056] sind weitere Möglichkeiten des Bedieners beschrieben, die Darstellung zu beeinflussen: er kann in den Bilddaten navigieren, Ansichten verändern, insbesondere "zoomen" (Merkmale (i) und (k)).

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und nach den drei Hilfsanträgen ergab sich - bei Berücksichtigung nur der technischen Merkmale - für den Fachmann in naheliegender Weise aus diesem Stand der Technik.

3.1 Zum Hauptantrag und zum Hilfsantrag 1 Beispielsweise aus D5 kannte der Fachmann ein intrakorporales Fluoreszenzverfahren, welches ein Vor-Ort-Bild aus der Kombination eines Fluoreszenz-Bildes mit einem Reflexionsbild lieferte. Ihm waren andererseits verschiedene extrakorporale 3D-Bildaufnahmeverfahren geläufig, die eine Lokalisierung von invasiv erfassten Vor-Ort-Bildern ermöglichten (siehe insbesondere D4). Der Wunsch nach einer entsprechenden lagegenauen Darstellung der Vor-Ort-Fluoreszenz-Bilder motivierte ihn, im Rahmen der Lehre der D4 anstelle des dort beschriebenen IVUS-Verfahrens das aus D5 bekannte Fluoreszenzverfahren einzusetzen. Daraus ergab sich ohne weiteres ein Verfahren zur fusionierten Bilddarstellung nach den Merkmalen (a) bis (f), einschließlich der Merkmale (c2*) und (dx).

Im Folgenden ist es als eine rein handwerkliche Maßnahme zu bewerten, wenn in das 3D-Volumenbild des extrakorporalen Bildaufnahmeverfahrens nur die informationstragenden Bildelemente des Fluoreszenz-Bildes (d. h. die fluoreszenzoptisch gekennzeichneten relevanten Bereiche) übertragen werden, oder die nichtinformationstragenden Bildelemente ausgeblendet werden durch Festlegung eines Grauwertes als Schwellwert (Merkmale (g) bzw. (h)). Entsprechende Anregungen erhielt der Fachmann durch die genannten Fundstellen in D5 oder D6.

Diese Maßnahme genügte dann aber bereits, um zum gesamten Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag zu gelangen, was sonach ohne erfinderische Tätigkeit möglich war.

Nichts Anderes gilt für den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1, da die Konkretisierung auf eine Lichtanregung unmittelbar vor Ort (Merkmal (c2*)) und eine extrakorporale zweite Untersuchungsmodalität (Merkmal (dx)) ebenfalls aus D4 bzw. D5 entnehmbar sind (s.o.).

Mit dem jeweiligen Patentanspruch 1 fallen auch die Unteransprüche, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.

3.2 Zu den Hilfsanträgen 2 und 3 Die Hilfsanträge 2 und 3 sind nicht anders zu bewerten als Hilfsantrag 1.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthält gegenüber Hilfsantrag 1 ferner das Merkmal (i), wonach benutzerseitig ein relevanter Bereich des Untersuchungsvolumens auswählbar ist (und dann die diesen Bereich zeigende fusionierte Bilddarstellung am Monitor wiedergegeben wird).

Gemäß Hilfsantrag 3 wird der Patentanspruch 1 zusätzlich ergänzt um die als Alternativen formulierten Merkmale (j) und (k), wonach die Auswahl anhand einer am Monitor angezeigten Tabelle enthaltend die Positionsdaten der einzelnen relevanten Bereiche, oder aber über eine am Monitor im dargestellten fusionierten Volumenbild bewegbare Markierung erfolgen soll.

Die drei zusätzlichen Merkmale betreffen ausschließlich das Auswählen eines relevanten Bereiches des Untersuchungsbildes durch den Benutzer und damit die Gestaltung der Bedienschnittstelle für die Darstellung. Diese Gestaltung orientiert sich an den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Bedienperson und hat das Ziel einer möglichst einfachen Bedienung (vgl. die Senatsentscheidung BPatG BlPMZ 2007, 214 - Bedienoberfläche). Ein konkretes technisches (Teil-) Problem, irgendwelche auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnisse liegen den Merkmalen nicht zugrunde.

Da "... bei der Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit ... nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen (sind), die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen" (BGH GRUR 2011, 125 - Wiedergabe topografischer Informationen) und die Merkmale (i), (j) und (k) keinen Bezug zu einer technischen Problemlösung haben, können sie bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden.

Der jeweilige Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 oder 3 unterscheidet sich daher hinsichtlich seiner technischen Merkmale nicht vom Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1.

4. Nachdem keiner der gestellten Anträge Erfolg haben kann, war die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle zurückzuweisen.

Dr. Fritsch Prasch Eder Baumgardt Me






BPatG:
Beschluss v. 05.07.2011
Az: 17 W (pat) 28/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/8e4c22b36046/BPatG_Beschluss_vom_5-Juli-2011_Az_17-W-pat-28-07




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