Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Mai 2006
Aktenzeichen: 28 W (pat) 49/05

(BPatG: Beschluss v. 03.05.2006, Az.: 28 W (pat) 49/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke Altenburger Ziegen-Camembertfür die folgenden Waren der Klasse 29:

"Käse, Molkereiprodukte".

Die Markenstelle für Klasse 29 hat diese Anmeldung zunächst mit Bescheid vom 4. September 2003 wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG beanstandet. Nachdem die Anmelderin zu diesem Bescheid keine Stellungnahme abgegeben hatte, hat die Markenstelle die Anmeldung mit Beschluss vom 8. Dezember 2003 aus den Gründen des vorangegangenen Bescheides zurückgewiesen.

Diesen Beschluss hat die Anmelderin mit der Erinnerung angegriffen und dazu vorgetragen, die angemeldete Wortkombination stelle einen reinen Phantasiebegriff dar.

Mit Beschluss vom 8. September 2004 hat die Markenstelle auch die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Sie hat in der angemeldeten Wortmarke eine Wortkombination gesehen, die sich auf eine reine Warenbeschreibung beschränke und deswegen in jedem Fall freihaltungsbedürftig sei. Im Übrigen werde die Wortkombination "Ziegen-Camembert" bereits von Mitbewerbern der Anmelderin für Camembert aus Ziegenmilch verwandt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Diese hat zur Begründung ihres Rechtsmittels vorgetragen, dass die angemeldete Wortkombination eine reine Phantasiebezeichnung darstelle, in deren Gesamtzusammenhang die Angabe zum Herkunftsort untergehe. Es gebe außerdem keinen zweiten Produzenten für das Produkt in der fraglichen Stadt.

Zu den näheren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Akten.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet, weil der begehrten Eintragung das Schutzhindernis eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.

§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet u. a. die Eintragung solcher Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der geographischen Herkunft der Waren dienen können. Um eine solche Marke handelt es sich bei der angemeldeten Wortkombination. Wie die Markenstelle zutreffend dargetan hat, handelt es sich bei dem Wort "Altenburger" um eine allgemein verständliche adjektivische Angabe zum möglichen Herkunftsort "Altenburg" und damit um eine schutzunfähige geographische Herkunftsangabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner Chiemsee-Entscheidung hervorgehoben, dass solche Herkunftsangaben nicht erst dann schutzunfähig werden, wenn an dem jeweiligen Ort tatsächlich Unternehmen bestehen, die generell als Herkunftsbetriebe der beanspruchten Waren in Frage kommen. Es genügt vielmehr, wenn die Entstehung entsprechender Betriebe für die Zukunft vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden kann. (EuGH GRUR 1999, 723, 725 f.). So verhält es sich hier. "Altenburg" heißt eine über tausend Jahre alte Stadt in Thüringen mit etwa 38.000 Einwohnern. Sie ist Kreisstadt des Landkreises "Altenburger Land", der über 105.000 Einwohner zählt. Wegen ihres Alters und ihrer städtebaulichen Schönheit ist die Stadt seit langem Ziel des inländischen Tourismus. Sie ist außerdem ein wirtschaftliches Mittelzentrum, in dem u. a. auch die Nahrungs- und Genussmittelindustrie in nicht unerheblichem Umfang vertreten ist. Altenburg befindet sich fast in der Mitte des Städte-Dreiecks Leipzig-Chemnitz-Gera, am südlichen Rand der fruchtbaren Leipziger Tieflandsbucht. Die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt und ihre landschaftliche Lage lassen Stadt und Kreis ohne weiteres als Herkunftsorte für landwirtschaftliche Produkte in Frage kommen mit der Folge, dass der Markenbestandteil "Altenburger" in der angemeldeten Wortmarke für eine Verwendung durch die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden muss und nicht schutzfähig ist i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Worte "Ziegen-Camembert" beschreiben die beanspruchten Waren als Camembert aus Ziegenmilch. "Camembert" ist eine auch im Deutschen geläufige Bezeichnung für einen Weißschimmelkäse, dessen Herstellungsmethode ursprünglich in Frankreich entwickelt wurde. Die Wortkombination "Ziegen-Camembert" bringt zum Ausdruck, dass dieser Camembert aus Ziegenmilch hergestellt wurde. Das ist eine wichtige Beschaffenheitsangabe, weil Käse und Molkereiprodukte aus der Milch verschiedener Tierrassen hergestellt werden können und die Frage, von welchem Tier die Milch stammt, regelmäßig großen Einfluss auf die Konsistenz und den Geschmack der Produkte hat. Aus diesen Gründen müssen auch die Wortbestandteile "Ziegen-Camembert" der angemeldeten Wortkombination für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden.

Insgesamt stellt sich die angemeldete Wortkombination als glatte Warenbeschreibung dar, die als solche für jedermann ohne weiteres, insbesondere ohne jede weitere Analyse verständlich ist. Die Idee der Anmelderin, es handele sich bei der Marke um eine Phantasiebezeichnung, in der die Herkunftsangabe "Altenburger" untergehe, ist bei dieser Sachlage nicht nachvollziehbar. Bei seinen Recherchen hat der Senat im Übrigen die Feststellung der Markenstelle bestätigt gefunden, wonach die Bezeichnung Ziegencamembert für Camembert aus Ziegenmilch bereits von Anbietern von Käse und Molkereiprodukten verwandt wird, und dieser Feststellung hat die Anmelderin nicht widersprochen. Auf den Umstand, dass es zur Zeit in der Stadt Altenburg keinen anderen Anbieter für Ziegencamembert gibt, kommt es nicht an. Es genügt, dass sich dort jederzeit ein Mitbewerber der Anmelderin gerade für die beanspruchten Waren niederlassen könnte und dass die angemeldete Wortkombination generell als konkrete Beschreibung dieser Waren geeignet ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rdn. 232 und 308 ff.).

Die angemeldete Wortfolge ist demnach in ihrer Gesamtheit freihaltungsbedürftig und damit nicht schutzfähig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Auf die Frage nach einer möglichen Unterscheidungskraft der Marke kommt es deswegen nicht mehr an.






BPatG:
Beschluss v. 03.05.2006
Az: 28 W (pat) 49/05


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