Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Oktober 2009
Aktenzeichen: 24 W (pat) 67/08

(BPatG: Beschluss v. 13.10.2009, Az.: 24 W (pat) 67/08)

Tenor

BPatG 152 Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 22. Januar 2008 angemeldete Wortmarke Tourmalineist für Waren in den Klassen 3 und 14 bestimmt.

Seitens der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patentund Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gem. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG), der mehrere Internet-Seiten zur Verwendung der Bezeichnung "Turmalin" (13 Bl.) beigefügt waren, mit Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 13. Juni 2008 teilweise, nämlich für die Waren

"Mittel zur Körperund Schönheitspflege; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente"

wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden.

Das angemeldete Markenwort werde vom Verkehr dahingehend verstanden, dass es sich um Waren handele, welche den Edelstein Turmalin oder Bestandteile davon enthielten. Auch Kosmetika würden inzwischen aus Edelsteinen gewonnene Wirkstoffe zugefügt. Da die Juwelenund die Kosmetikbranchen international ausgerichtet seien, werde der Verkehr die fremde, möglicherweise für französisch gehaltene Schreibweise "Tourmaline" mit "Turmalin" gleichsetzen. Das Markenwort sei nicht geeignet, die Waren eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dem Beschluss waren weitere Internet-Ausdrucke (3 Bl.) beigefügt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patentund Markenamts vom 13. Juni 2008 im Umfang der Versagung aufzuheben.

Sie bezieht sich zur Begründung auf ihren Vortrag im patentamtlichen Verfahren und trägt ergänzend vor, die Praxis, kosmetischen Produkten Wirkstoffe der Edelsteine zuzusetzen, stelle eine seltene Ausnahme dar, welche dem inländischen Verkehr nicht bekannt sein dürfte. Der Verkehr setze das Markenwort "Tourmaline" auch nicht mit dem Edelstein "Turmalin" gleich. Eine beschreibende Verwendung habe "für den Großteil der beanspruchten Waren" nicht festgestellt werden können.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amtsund Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Für sämtliche noch beschwerdegegenständlichen Waren steht einer Eintragung der angemeldeten Bezeichnung als Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Zurückweisung der Anmeldung erfolgte im Wesentlichen aus den Gründen des vorangegangenen, mit Belegen versehenen Beanstandungsbescheids, der auch auf den warenbeschreibenden Charakter und somit die Freihaltebedürftigkeit des Begriffs "Tourmaline" abgestellt hatte; mithin ist der Senat nicht gehindert, dieses Eintragungshindernis vorrangig zu berücksichtigen.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Marken nicht eingetragen werden, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können, für welche die Registrierung beantragt wird. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Nrn. 25, 30 -Chiemsee; GRUR 2004, 146, Nr. 31 f. -DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, Nrn. 54 bis 58 -Postkantoor; GRUR 2004, 280, Nrn. 35 bis 38 -BIOMILD). Diese Eignung kann sich aus dem unmittelbaren Sinngehalt einer Bezeichnung ergeben oder aus ihrer tatsächlichen beschreibenden Verwendung im Verkehr (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 240). Die angemeldete Marke ist eine die jetzt noch verfahrensgegenständlichen Waren in diesem Sinn beschreibende Angabe, an deren freien, von Monopolrechten ungehinderten Verwendung ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit, insbesondere der Mitbewerber der Anmelderin, besteht.

Da nach dem Wortlaut des Gesetzes alle Angaben, die als Produktmerkmalsbezeichnungen "dienen können", von der Registrierung ausgeschlossen sind, ist das Argument der Anmelderin -unbeschadet der sachlichen Richtigkeit -, eine tatsächliche warenbezogene Verwendung der Bezeichnung "Tourmaline" habe nicht festgestellt werden können, unbehelflich (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 237). Im Übrigen ist unerfindlich, wie die Anmelderin zu der Einschätzung gelangen kann, eine beschreibende Verwendung der angemeldeten Bezeichnung habe für einen "Großteil der beanspruchten Waren" nicht festgestellt werden können. Abgesehen davon, das die Markenanmeldung für die Mehrzahl der Waren, nämlich für

"03: Waschund Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungsund Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle; Haarwässer; Zahnputzmittel;

14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit nicht in anderen Klassen enthalten", nicht zurückgewiesen worden ist und daher insoweit nicht in Streit steht, hat die Markenstelle durch die von ihr ermittelten und der Anmelderin zusammen mit dem Beanstandungsbescheid und dem angefochtenen Beschluss zur Kenntnis gegebenen Belegstellen aus dem Internet die Wortbedeutung von "Tourmaline" (als der englischen und französischen Bezeichnung des Edelsteins "Turmalin") aufgezeigt und hinsichtlich der zurückgewiesenen, allein beschwerdegegenständlichen Waren sowohl auf dem Schmuckwie dem Kosmetiksektor den warenbeschreibenden Gebrauch des entsprechenden deutschen Begriffs nachgewiesen.

Das angemeldete Markenwort "Tourmaline" ist die englischund französischsprachige, international gebräuchliche Bezeichnung des Edelsteins "Turmalin", wie die Markenstelle ausreichend belegt hat (vgl. ergänzend Brockhaus Enzyklopädie, 27. Aufl., Bd. 28, S. 151, wo sich beim Stichwort "Turmalin" gleich zu Beginn der Hinweis auf die französische Fassung "tourmaline" findet). Für die beanspruchten beschwerdegegenständlichen Waren in Klasse 14 ist "Tourmaline" daher unmittelbar beschreibend, und zwar nicht nur für "Edelsteine", sondern auch für "Juwelierwaren, Schmuckwaren", in denen "Turmaline" verarbeitet sein können; Gleiches gilt auch für "Uhren und Zeitmessinstrumente", da wertvolle (Damen-)Uhren nicht selten mit (kleinen) Edelsteinen bzw. Edelsteinkristallen besetzt sind.

Die Versagung der Eintragung für "Mittel zur Körperund Schönheitspflege" ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Markenstelle hat ausreichend belegt, dass gemahlene Turmaline in kosmetischen (vor allem cremeoder pulverförmigen) Produkten Verwendung finden. Unterschiedliche Unternehmen setzen Turmalin als Wirkstoff Pflegemitteln (z. B. Seifen, Reinigungslotionen, Reinigungsgels, Pflegecremen, Edelsteinölen, Gesichtsmasken, Augenmasken) zu. Den Mitbewerbern der Anmelderin in der Kosmetikbranche wird diese Gepflogenheit durchweg bekannt sein.

Dass "Tourmaline" ein fremdsprachiges Markenwort ist, lässt das Allgemeininteresse an der Freihaltung von Monopolrechten nicht entfallen. Denn bereits in Anbetracht der großen (phonetischen wie schriftbildlichen) Ähnlichkeit zum entsprechenden deutschen Fachbegriff "Turmalin" wird der inländische Verkehr keine Schwierigkeiten haben, den warenbeschreibenden Charakter zu erfassen. Ob dies auch für breite Endverbraucherkreise gilt -was die Anmelderin in Zweifel zieht -, ist letztlich nicht maßgeblich, weil jedenfalls der Fachverkehr, insbesondere auch der Fachhandel (mit Juwelen und Schmuck ebenso wie mit Kosmetika) die Bedeutung des Markenworts auch in der französischen bzw. englischen Sprachfassung kennt (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Nr. 32 -Matratzen Concord; Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 324, 325). Gerade auf dem -teilweise international verflochtenen -Juwelenund Schmucksektor besteht im Hinblick auf den inländischen Warenabsatz (an internationales Publikum) ebenso wie im grenzüberschreitenden Handelsverkehr ein überaus großes Freihaltungsinteresse an der Bezeichnung "Tourmaline".

2.

Im Ergebnis ist der Markenstelle auch insoweit zu folgen, als diese der angemeldeten Bezeichnung für die von der Zurückweisung erfassten Waren jegliche betriebskennzeichnende Hinweiskraft abgesprochen hat (gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Denn eine unmittelbar warenbeschreibende Angabe, wie sie hier vorliegt, vermag nicht die Hauptfunktion einer Marke zu erfüllen, den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren zu garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese von Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 229, Nr. 27 -BioID; BGH GRUR 2009, 411 -STREETBALL; Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 42, 43, 47). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. GRUR 2004, 674, Nr. 86 -Postkantoor) fehlt einer Wortmarke, die Merkmale von Waren -also auch Art, Beschaffenheit und Bestimmung -beschreibt, aus diesem Grunde zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Produkte. Eine weitere Auseinandersetzung mit den Argumenten der Anmelderin erübrigt sich deshalb.

3.

Soweit die Anmelderin im patentamtlichen Verfahren vorgetragen hat, bei einer Eintragung der angemeldeten Marke (auch für die versagten Waren) sei kein Wettbewerber daran gehindert, die Begriffe "Turmalin" und "Tourmaline" beschreibend zu verwenden, beruft sie sich (wohl sinngemäß) auf die Bestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG. Jedoch ist diese in Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 Markenrichtlinie ergangene Regelung nicht geeignet, vorhandene Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG zu relativieren oder die Anforderungen an die erforderliche sorgfältige und umfassende Prüfung herabzusetzen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Nr. 57 bis 59 -Libertel). Der Regelungsgehalt beider Bestimmungen ist nämlich verschieden. Zweck der Eintragungsverbote nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG ist es, bereits im Registerverfahren die Entstehung von Fehlmonopolisierungen an unmittelbar beschreibenden Angaben zu verhindern. § 23 Nr. 2 MarkenG stellt demgegenüber eine zusätzliche Sicherheit für Mitbewerber bei der Verwendung derartiger beschreibender Angaben dar. Die negativen Folgen einer etwaigen Fehleintragung sollen abgemildert werden, die Regelung stellt aber keine Rechtfertigung dafür dar, die gebotene gründliche und eingehende Prüfung der absoluten Schutzhindernisse im Registrierungsverfahren zu beschränken (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 230, 231; Hacker, a. a. O., § 23 Rdn. 49, 50).

Nach allem war die Beschwerde zurückzuweisen.

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BPatG:
Beschluss v. 13.10.2009
Az: 24 W (pat) 67/08


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