Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. April 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 137/02

(BPatG: Beschluss v. 21.04.2004, Az.: 26 W (pat) 137/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 398 06 607 BOZA für die Waren

"Alkoholfreie und alkoholhaltige Getränke, nämlich dünnflüssige und dickflüssige Getränke"

ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren

"Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)"

eingetragenen älteren Marke 1 190 695 Borsa .

Die Markenstelle hat wegen des Widerspruchs die Löschung der Marke angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den Marken bestehe angesichts der teilweisen Identität und im übrigen normalen Ähnlichkeit der Waren die Gefahr klanglicher Verwechslungen. Sie stimmten in der Silbenzahl und der Vokalfolge überein. Zwischen den Buchstaben "z" und "s" bestehe kein wesentlicher klanglicher Unterschied, weil es sich jeweils um Zischlaute handele. Eine klanglich zum "s" neigende stimmhafte Aussprache des "z" in der angegriffenen Marke liege ebenso nahe wie eine scharfe und stimmlose Aussprache. Der Konsonant "r" in der Widerspruchsmarke drohe schon bei kleinsten Ungenauigkeiten in der Aussprache verschluckt zu werden. Das "r" führe nur zu einer gegenüber der angegriffenen Marke leicht abweichenden Klangfarbe des vorangehenden Vokals "o", die jedoch das Klangbild der Widerspruchsmarke nicht entscheidend präge. Insgesamt überwögen die Übereinstimmungen gegenüber den Abweichungen der Marken.

Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit der Beschwerde, die er nicht begründet hat.

Die Widersprechende, die sich zur Sache ebenfalls nicht geäußert hat, beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

II Die Beschwerde ist wirksam erhoben und zulässig. Zur Einlegung der Beschwerde für den seinerzeit noch minderjährigen, geschäfts- und prozessunfähigen Markeninhaber befähigt waren seine Eltern als gesetzliche Vertreter. Mit der Unterzeichnung der Beschwerde durch den Vater des Markeninhabers und der nachträglichen Bevollmächtigung des Vaters durch die Mutter, die angesichts der Erklärung für das vorliegende Beschwerdeverfahren zugleich auch als Genehmigung der vorangegangenen Beschwerdeeinlegung zu sehen ist, bestehen gegen die Wirksamkeit und Zulässigkeit der Beschwerde keine Bedenken, weil die zunächst ohne Vollmacht eingelegte Beschwerde auch noch nach dem Ablauf der Beschwerdefrist vom Berechtigten genehmigt werden kann (BPatG GRUR 1989, 495).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S. der genannten Vorschrift ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 - Canon). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH aaO - Canon).

Hiervon ausgehend besteht, wie im angegriffenen Beschluss der Markenstelle des Patentamts zutreffend festgestellt worden ist, zwischen den Marken zumindest die Gefahr klanglicher Verwechslungen bei mündlichen Bestellungen, die insbesondere bei Getränken, z.B. in Gaststätten oder an Kiosken, auch heute noch häufig vorgenommen werden.

Die Waren, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, sind mit denen, für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt, im Bereich der alkoholischen Getränke teilweise identisch oder ihnen hochgradig ähnlich, und im übrigen - was die beanspruchten alkoholfreien Getränke betrifft - mindestens durchschnittlich ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist in Ermangelung von Anhaltspunkten für einen warenbeschreibenden Inhalt des Wortes "Borsa" normal. Bei dieser Sachlage hat die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke einen mittleren bis deutlichen Abstand einzuhalten, um die Gefahr von Verwechslungen verneinen zu können. Den insoweit erforderlichen Abstand hält die angegriffene Marke zumindest in klanglicher Hinsicht nicht ein.

Für die Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit von Marken kommt es weniger auf die Übereinstimmung oder Abweichung in einzelnen Lauten als vielmehr auf die Silbenzahl, die Silbengliederung und die Vokalfolge an, die das Gesamtklangbild eines Wortes maßgeblich prägen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdn 182).

Die beiderseitigen Marken stimmen in allen drei vorstehend genannten Punkten im wesentlichen überein. Sie weisen ferner den gleichen Anfangskonsonanten sowie in der Wortmitte mit den Konsonanten "z" und "s" klangverwandte Laute auf. Bei der angegriffenen Marke ist zudem, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, angesichts des Umstands, dass es sich bei dem Wort "BOZA" nicht um einen geläufigen Begriff der deutschen Sprache handelt, in rechtserheblichem Umfang mit einer Aussprache des Buchstabens "z" als stimmhaftes oder stimmloses "s" zu rechnen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die mit der Marke konfrontierten inländischen Verkehrskreise meinen, ein Wort einer fremden Sprache vor sich zu haben, und weil weiten Teilen des deutschen Verkehrs zudem geläufig ist, dass der Buchstabe "z" in anderen Sprachen, z.B. im Englischen, Französischen, Türkischen, häufig wie ein "s" artikuliert wird. Bei einer solchen Aussprache des Buchstabens "z" in der angegriffenen Marke sind die Unterschiede der Marken im wesentlichen auf den in der Mitte der Widerspruchsmarke enthaltenen Konsonanten "r" reduziert, was vor allem deshalb, weil dieser Konsonant nicht immer deutlich, d.h. als rollendes "r", ausgesprochen wird, auch unter Berücksichtigung der nur geringen Wortlängen für eine Verneinung der Verwechslungsgefahr im Bereich durchschnittlich ähnlicher und vor allem identischer Waren nicht ausreicht.

Der Beschwerde muss daher der Erfolg versagt bleiben.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Gründen der Billigkeit gem. § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG sind keine ausreichenden Anhaltspunkte vorhanden.

Albert Eder Reker Bb






BPatG:
Beschluss v. 21.04.2004
Az: 26 W (pat) 137/02


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