Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Januar 2007
Aktenzeichen: 19 W (pat) 322/04

(BPatG: Beschluss v. 24.01.2007, Az.: 19 W (pat) 322/04)

Tenor

Das Patent 100 62 789 wird widerrufen.

Gründe

I.

Für die am 15. Dezember 2000 im Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 29. Januar 2004 veröffentlicht worden. Es betrifft einen

"Membrandruckregler mit Kunststoffkörper".

Gegen das Patent hat die A... AG & Co. mit Schriftsatz vom 28. April 2004, eingegangen am 29. April 2004, Einspruch mit der Begründung erhoben, der Membrandruckregler gemäß dem Patentanspruch 1 sei gegenüber dem Stand der Technik nicht neu, beruhe jedoch zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende stellte den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellte den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Eingabe vom 15. Januar 2007, Beschreibung und Zeichnung gemäß Patentschrift.

Hilfsweise:

Patentansprüche 1 bis 7 nach Hilfsantrag I gemäß Eingabe vom 15. Januar 2007, Beschreibung und Zeichnung gemäß Patentschrift.

Hilfsweise:

Patentansprüche 1 bis 7 nach Hilfsantrag II gemäß Eingabe vom 15. Januar 2007, Beschreibung und Zeichnung gemäß Patentschrift.

Hilfsweise:

Patentansprüche 1 bis 6 nach Hilfsantrag III gemäß Eingabe vom 15. Januar 2007, Beschreibung und Zeichnung gemäß Patentschrift.

Hilfsweise:

Patentansprüche 1 bis 5 nach Hilfsantrag IV gemäß Eingabe vom 15. Januar 2007, Beschreibung und Zeichnung gemäß Patentschrift.

Der nach Hauptantrag geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Gasdruckreglergekennzeichnet durcheine Kunststoffmembran (12), einen Kunststoffgrundkörper (1)

und nichtmetallische Oberflächen im gesamten gasberührten Bereich des Druckreglers."

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I lautet:

"Gasdruckregler für den Hochdruckbereichmit einer Kunststoffmembran (12), einem Kunststoffgrundkörper (1)

dadurch gekennzeichnet, dass nichtmetallische Oberflächen im gesamten gasberührten Bereich des Druckreglers ausgebildet sind."

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II unterscheidet sich von dem des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 dadurch, dass er - durch ein Komma getrennt - zusätzlich die Angabe

"wobei ein Vordruck des Gasdruckreglers größer als 50 bar ist"

enthält.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III unterscheidet sich von dem des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag II dadurch, dass er ergänzt ist durch das Merkmal:

"und der Gasdruckregler einen Stützkörper (14) aufweist, der teilweise oder vollständig in der Membran verankert ist".

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV unterscheidet sich von dem des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag III dadurch, dass er zusätzlich - durch ein Komma getrennt - das Merkmal

"wobei die Kunststoffmembran (12) einen Dichtrand aufweist".

umfasst.

Dem Patentgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, einen korrosionsbeständigen Druckregler für Gase bereitzustellen (Abs. 0005 der Streit-PS).

Die Einsprechende ist der Meinung, dass es nur eines geringen Schrittes bedürfe, um bei einem herkömmlichen Gasdruckregler, wie er in dem Gase-Handbuch, Messer-Griesheim, 3. Auflage, überarbeiteter Nachdruck 1989, Seite 47 bis 49 beschrieben sei, beschichtete Metalle oder Kunststoffe vorzusehen. Sie weist darauf hin, dass auch bei dem Gasdruckregler nach der DE 197 44 048 A1, der für Drücke von 300 bar ausgelegt sei, ein Kunststoffgrundkörper vorgesehen sei.

Auch der Unterschied zwischen Flüssigkeitsreglern, wie sie aus den Prospekten der Firma PLAST-O-MATIC VALVES, INC., 1384 Pompton Avenue, Cedar Grove, New Jersey bekannt seien und Gasdruckreglern könne nicht so gravierend sein; solche Flüssigkeitsregler würden auch für Gase eingesetzt, da sie hohe Druckstöße aushalten müssten und sich deshalb auch für Gasdruckregler eigneten.

Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass sich Gasdruck- und Flüssigkeitsregler wegen ihrer Anforderungen an den jeweils auszuhaltenden Druck derart voneinander unterscheiden würden, dass es nicht nahe liege einen Flüssigkeitsregler, wie er aus den Prospekten der Firma PLAST-O-MATIC VALVES bekannt sei, als Gasdruckregler einzusetzen.

Ein Fachmann, der ein FH-Maschinenbauingenieur mit Berufserfahrung in der Konstruktion von Ventilen sei, gehe nicht davon aus, dass sich der Edelstahlgrundkörper - wie er aus dem Gasehandbuch a. a. O. bekannt sei - durch einen Kunststoffgrundkörper, wie er in der DE 197 44 048 A1 erwähnt sei, ersetzen lasse. Sie bestreitet, dass sich mit einem solchen Drücke von 300 bar, wie in der DE 197 44 048 A1 angegeben, zu erreichen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Gemäß der eindeutigen Zuständigkeitsreglung in § 147 Abs. 3 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 liegt die Entscheidungsbefugnis über den unstreitig zulässigen, am 30. Juni 2006 - d. h. vor Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG - noch anhängigen Einspruch bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts. Dieser hatte aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.

Der zulässige Einspruch ist begründet.

Als zuständiger Fachmann ist ein Maschinenbauingenieur mit Fachhochschulabschluss und Kenntnissen in der Konstruktion von Regelventilen anzusehen.

1. Zum Hauptantrag und zu den Hilfsanträgen I und II Der Gasdruckregler des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen I und II beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Aus dem Gasehandbuch a. a. O., insbesondere Tafel 23, ist bekannt ein

"Gasdruckregleraufweisendeine Kunststoffmembran (S. 48 Abs. 2 1. Satz), einen Grundkörper (aus Edelstahl; S. 47 bei Überschrift "Werkstoffe")

und (Edelstahl-) Oberflächen im gesamten gasberührten Bereich des Druckreglers (S. 47 bei Überschrift "Werkstoffe": Mediumberührte Teile aus Edelstahl bei korrosiven Gasen oder Gasgemischen mit korrosiven Komponenten)."

Ausgehend von einem Gasdruckregler, wie er in dem Gasehandbuch a. a. O. angegeben ist, stellt sich die patentgemäße Aufgabe, einen korrosionsbeständigen Druckregler für Gase bereitzustellen (Abs. 0005 der Streit-PS), dem Fachmann in der Praxis von selbst, da er stets eine Korrosion von technischem Gerät zu verhindern hat. Dabei ist ihm aufgrund seiner allgemeinen Lebenserfahrung bekannt, dass sich Korrosion verhindern lässt, wenn die korrosiven Gasen - wozu auch Luft gehört - ausgesetzten Teile beschichtet (z. B. durch streichen) oder durch gleichartige Teile aus Kunststoff ersetzt werden (z. B. bei Autos). Damit liegt es für ihn nahe, den Grundkörper als Kunststoffgrundkörper auszubilden und die Oberflächen im gesamten gasberührten Bereich des Druckreglers z. B. kunststoffbeschichtet, d. h. nichtmetallisch auszubilden.

Dass sich ein solcher Kunststoffgrundkörper auch für den Hochdruckbereich, wie er bei einem Gasdruckregler nötig ist, anstelle des Edelmetall-Grundkörpers einsetzen lässt, ergibt sich nach Überzeugung des Senats auch aus der DE 197 44 048 A1, die einen für einen Vordruck von 300 bar, d. h. größer 50 bar (Sp. 2 Z. 3 bis 5) geeigneten Gasdruckregler mit einem Grundkörper 1 zeigt, der aus Kunststoff gebildet sein kann (Sp. 1 Z. 38 bis 40). Denn die DE 197 44 048 A1 benennt den aus Kunststoff gebildeten Grundkörper 1 gleichrangig neben einem aus Metall gebildetem (Sp. 1 Z. 38 bis 40) ohne Einschränkungen hinsichtlich des Vordrucks.

Auch unter dem Gesichtspunkt, den beim Stand der Technik nach dem Gasehandbuch a. a. O. vorgesehenen, teuren Edelstahlgrundkörper zu ersetzen, hätte der Fachmann schon Anlass gehabt, den ihm aus der DE 197 44 048 A1 bekannten Kunststoffgrundkörper vorzusehen.

2. Zu den Hilfsanträgen III und IV Der Gasdruckregler des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach den Hilfsanträgen III und IV beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Denn in dem Gasehandbuch a. a. O. (S. 48) ist ein Gasdruckregler gezeigt, der einen zwischen der Stellfeder und der Membran gelegenen Stützkörper aufweist. Der Fachmann entnimmt daraus auch, dass dieser Stützkörper teilweise oder vollständig in der Membran verankert ist, weil ansonsten die Membran einreißen würde.

Weiterhin weist die auf Seite 48 des Gasehandbuchs gezeigte Kunststoffmembran einen Dichtrand auf (Verdickung am Rand, die in eine Nut des Gehäuseoberteils eingreift).

3. Unteransprüche Die auf den jeweiligen Patentanspruch 1 gemäß dem Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen I bis IV rückbezogenen Unteransprüche fallen mit dem jeweiligen Patentanspruch 1.






BPatG:
Beschluss v. 24.01.2007
Az: 19 W (pat) 322/04


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