Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juni 2005
Aktenzeichen: 6 W (pat) 317/02

(BPatG: Beschluss v. 07.06.2005, Az.: 6 W (pat) 317/02)

Tenor

Das Patent 44 08 173 wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen:

- Patentansprüche 1 - 7 vom 7. Juni 2005

- Beschreibung vom 7. Juni 2005

- Figuren gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Gegen die am 18. April 2002 veröffentlichte Erteilung des Patents 44 08 173 mit der Bezeichnung "Verfahren zur Stabilisierung des Untergrundes und zur Abtragung von Bauwerks- und Verkehrslasten" ist am 9. Juli 2002 von der Firma F... GmbH Einspruch eingelegt worden.

Die Einsprechende stützt sich auf folgende Dokumente:

D1 GB 1 315 975 A D2 GB 410 280 A D3 DE 37 00 866 C2 D4 DE 36 30 969 C2 D5 GB 935 797 D6 Bericht: "Eignungsversuch an bewehrten Schottersäulen", April 1986, Prof. Dr.-Ing. U. Smoltczyk, Dipl.-Ing. J. Henne D7 Aktennotiz W.-D. Karmann D8 Schematische Zeichnung.

Die Einsprechende macht mangelnde Neuheit gegenüber der D1 und der D6 und im übrigen mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend. Ferner trägt sie vor, dass das Verfahren nach dem Streitpatent offenkundig vorbenutzt sei. Zum Beleg hierfür hat sie die Aktennotiz D7 vorgelegt und zwei Zeugen benannt.

In ihrer Einspruchserwiderung hat die Patentinhaberin die Aufnahme des Merkmals "bis auf den tragfähigen Untergrund" in den erteilten Anspruch 1 beantragt.

Mit Eingabe vom 20. Mai 2005 hat die Einsprechende mitgeteilt, dass sie die auf den 7. Juni 2005 anberaumte mündliche Verhandlung nicht wahrnehmen wird und ausgeführt, dass die Aufnahme des Merkmals "bis auf den tragfähigen Untergrund" mangels Offenbarung nicht zulässig sei.

Die Einsprechende beantragt schriftsätzlich, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit folgenden Unterlagen:

- Patentansprüche 1 bis 7 vom 7. Juni 2005

- Beschreibung vom 7. Juni 2005

- Figuren gemäß Patentschrift.

Der nunmehr geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zur Stabilisierung des Untergrunds und zur Abtragung von Bauwerks- und Verkehrslasten in standfeste Bereiche, insbesondere des Untergrunds von Verkehrswegen und Bauwerken oder seitlich davon, bei dem nicht ausreichend tragfähiges Bodenmaterial ausgehoben und tragfähiges Bodenmaterial aufgefüllt wird, mit folgenden Schritten:

an diskreten Stellen wird ein Mantelrohr bis auf den tragfähigen Untergrund eingebracht und das nicht ausreichend tragfähige Bodenmaterial aus dem Mantelrohr entfernt;

in das Mantelrohr wird eine zugfeste vorgefertigte rohr-, schlauch- oder sackförmige Hülle aus Geotextilmaterial eingebracht;

als tragfähiges Bodenmaterial wird besonders harter kornabgestufter Kiessand in die Hülle gefüllt, wobei das tragfähige Material durch Vibration des Mantelrohres beim Ziehen verdichtet wird, wobei die Hülle nur soweit belastet und gedehnt wird, dass einerseits die erforderliche Spannung erreicht wird, andererseits ausreichende Zugkraftreserven vorhanden sind und damit die dauerhafte Tragwirkung gewährleistet wird".

Wegen der nunmehr geltenden Ansprüche 2 bis 7 sowie weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und zulässig. Auch von der Patentinhaberin ist das nicht in Zweifel gezogen worden.

3. Die geltenden Ansprüche 1 bis 7 sind zulässig.

Der Anspruch 1 ist gedeckt durch den erteilten Anspruch 1 in Verbindung mit Abschnitt 0018 und Abschnitt 0021 der Patentschrift. In den ursprünglichen Unterlagen ist der Anspruch 1 offenbart durch die Ansprüche 1, 3 bis 5, 10 bis 12 und 18 iVm Seite 6, Abs 2, Seite 7, Abs 3 und Seite 8, Abs 3 der Anmeldeunterlagen.

Die geltenden Ansprüche 2 bis 7 entsprechen den erteilten Ansprüchen 3 bis 8, die ihrerseits den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 5, 6, 14, 15, 16 und 19 entsprechen.

4. Zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung Die behauptete offenkundige Vorbenutzung muss bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des Patentgegenstandes außer Betracht bleiben, da sie nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden ist. So ist beispielsweise von der Einsprechenden nicht vorgetragen worden, dass bei der geltend gemachten Vorbenutzung in Berlin (vgl insbesondere Anlage D7) als tragfähiges Bodenmaterial besonders harter, abgestufter Kiessand in die Hülle gefüllt worden sei, wobei die Hülle nur soweit belastet und gedehnt wird, dass einerseits die erforderliche Spannung erreicht wird, andererseits ausreichende Zugkraftreserven vorhanden sind und damit die dauerhafte Tragwirkung gewährleistet wird. Auf die Frage, inwieweit die behauptete Vorbenutzung auch die Kriterien der von der Patentinhaberin in Zweifel gezogenen Offenkundigkeit aufweist, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.

5. Der Gegenstand des angefochtenen Patents ist im Hinblick auf den aufgedeckten Stand der Technik auch patentfähig.

5.1 Das zweifelsfrei gewerblich anwendbare Verfahren nach dem Anspruch 1 ist neu.

Für den gesamten im Verfahren befindlichen Stand der Technik gilt, dass ihm das Merkmal im Anspruch 1, dass als tragfähiges Bodenmaterial besonders harter kornabgestufter Kiessand in die Hülle gefüllt wird, wobei das tragfähige Material durch Vibration des Mantelrohres beim Ziehen verdichtet wird, wobei die Hülle nur soweit belastet und gedehnt wird, dass einerseits die erforderliche Spannung erreicht wird, andererseits ausreichende Zugkraftreserven vorhanden sind und damit die dauerhafte Tragwirkung gewährleistet wird, nicht zu entnehmen ist. Gemäß der aus dem Jahre 1970 stammenden D1 ist zwar ein Verfahren zur Stabilisierung des Untergrunds und zur Abtragung von Bauwerks- und Verkehrslasten bekannt, bei dem Beton "oder ähnliches Material" als tragfähiges Material in eine Hülle gefüllt wird. Hierzu ist von der Patentinhaberin vorgetragen worden, dass im Jahre 1970 für derartige Säulen lediglich Beton oder anderes aufgrund eines beigefügten Bindemittels nach dem Einbringen aushärtendes Material Verwendung gefunden hätte. Dieser Vortrag findet eine Stütze auf Seite 3, Zeilen 67 bis 75 der D1, wo als Beispiel für den Begriff "concrete or similar material" neben Beton ausschließlich Materialien aufgezählt sind, die dem Beton vergleichbar, nach dem Einfüllen in die Hülle aushärten.

Somit lehrt die D1 und das gilt in gleicher Weise auch für die D2 nicht die Herstellung einer Säule, bei der ein nicht aushärtendes Material, nämlich Kiessand, in eine Hülle aus Geotextilmaterial gefüllt wird, wobei durch die unter Spannung stehende Hülle eine dauerhafte Tragwirkung der Säule erreicht wird. Gemäß der D1 und auch der D2 ist die Hülle nach dem Aushärten des verfüllten Materials für die Tragfähigkeit der Säule ohne Bedeutung. Die Tragwirkung wird ausschließlich durch die Säule aus Beton oder ähnlichem Material gewährleistet.

5.2 Das Verfahren nach dem Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie vorstehend schon bei der Frage der Neuheit gesagt, ist im gesamten aufgedeckten Stand der Technik der Gedanke nicht zu entnehmen, zur Stabilisierung des Untergrunds und zur Abtragung von Bauwerks- und Verkehrslasten besonders harten, kornabgestuften Kiessand in eine Hülle aus Geotextilmaterial zu verfüllen, wobei durch die Dehnung der Hülle eine Spannung erreicht wird, durch die eine dauerhafte Tragwirkung der Säule gewährleistet wird. Somit kann auch eine Zusammenschau des entgegengehaltenen Standes der Technik den Fachmann, einen Bauingenieur (FH) mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet des Grundbaus, nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen.

Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf weiter noch vorhandene Unterschiede zwischen den Lehren der im Verfahren befindlichen Druckschriften und der Lehre des Anspruchs 1 einzugehen.

Der geltende Anspruch 1 ist mithin gewährbar.

5.3 Die Ansprüche 2 bis 7 sind mittelbar oder unmittelbar auf den Anspruch 1 zurückbezogen; sie enthalten keine Selbstverständlichkeiten und sind daher mit dem Anspruch 1 ebenfalls gewährbar.

Dr. Lischke Riegler Schneider Müller Hu






BPatG:
Beschluss v. 07.06.2005
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