Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. September 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 67/03

(BPatG: Beschluss v. 23.09.2003, Az.: 27 W (pat) 67/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. Dezember 2002 aufgehoben.

Gründe

I Die Bezeichnung CardioScanist als Wortmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 10, 41 und 42 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 10. Dezember 2002 die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Der Wortteil "Cardio" habe die Bedeutung von "Herz" und der weitere Wortteil "scan" bedeute "absuchen, überfliegen, einlesen, einscannen". In ihrer Verbindung beinhalte die Anmeldemarke daher eine inhaltlichthematische Sachangabe in dem Sinne, dass das Herz "eingescannt", somit also porträtiert und visualisiert werde, so dass es daraufhin analysiert werden könne. Mit dieser Bedeutung beschreibe das Zeichen daher für die beanspruchten Waren der Klassen 9 und 10, dass diese der medizinischen Diagnose mittels Scannen des Herzens und der Verarbeitung und Auswertung der ermittelten Daten dienten. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 41 und 42 sehe der Verkehr in dem Zeichen lediglich einen Hinweis auf das Anwendungsgebiet, nämlich den medizinischen und Fitnessbereich insbesondere im Hinblick auf die gesundheitliche Vorsorge. Da sich der Gesamtbegriff somit in einer im Vordergrund stehenden Sachaussage erschöpfe, fehle dem angemeldeten Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt. Sie führt aus: Die Anmeldemarke sei weder freihaltebedürftig noch mangele es ihr an der erforderlichen Unterscheidungskraft. Es fehle schon an einem Nachweis für die beschreibende Verwendung der Bezeichnung. Ähnlich wie in der GENESCAN-Entscheidung des BGH beschreibe die Anmeldemarke auch nicht die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar. Darüber hinaus sei der Wortteil "Cardio" auch kein fester englischsprachiger Begriff, da es zutreffend im Englischen "heartscan" oder "cardiac scan" heißen müsste. Auch die erforderliche Unterscheidungskraft könne der Anmeldemarke nicht abgesprochen werden, da es sich bei ihr ähnlich wie bei "Baby-Dry" um ein Kunstwort handele.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt eingeschränkt:

"wissenschaftliche, Vermessungs-, elektrische, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer, alle vorgenannten Waren zur Analyse und Bewertung elektrischer und elektronischer Messsignale und Daten aus einem physiologischen System;

Ärztliche und tierärztliche Instrumente und Apparate, alle vorgenannten Waren zur Analyse und Bewertung elektrischer und elektronischer Messsignale und Daten aus einem physiologischen System;

sportliche Aktivitäten; Dienstleistungen eines Sportstudios;

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Fitness, Gesundheitspflege und -vorsorge; diagnostische Dienstleistungen, nicht auf dem Gebiet der Gewinnung elektrischer und elektronischer Messsignale und Daten aus einem physiologischen System."

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil der Eintragung der Anmeldemarke für das nunmehr eingeschränkte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nicht die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.

Allerdings ist die angemeldete Bezeichnung für den inländischen Verkehr ohne weiteres im Sinne von "Herzabtasten", "Herzscannen" verständlich. Denn das in zahlreichen deutsch- und englischsprachigen medizinischen Fachausdrücken als Präfix enthaltende Wort "Cardio" ist im Inland zur Bezeichnung von insbesondere medizinischen Tätigkeiten in Zusammenhang mit dem Herzen allgemein üblich und verständlich, wie nicht zuletzt die heute weitverbreiteten Begriffe "Kardiologie" und "Kardiologe" belegen. Auch das im Englischen als Verb und als Substantiv gebräuchliche Wort "scan" für "abtasten, Abtastung" ist insbesondere wegen der Verbreitung des Computerperipheriegeräts Scanner ohne weiteres verständlich.

Hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen, wie sie von der Beschwerdeführerin aufgrund ihres eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses beansprucht werden, stellt die angemeldete Bezeichnung aber keinen gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG unmittelbar beschreibenden Hinweis dar. Denn von seinem Sinngehalt her kann sich der Begriff nur auf alle medizinischen Vorgänge beziehen, mit denen das Herz unmittelbar untersucht wird; hierunter fallen alle auf chemischem und physikalischem Weg durchgeführten diagnostischen Untersuchungen am und im Herzen. Solche Vorgänge sind aber aufgrund der in den Klassen 9 und 10 vorgenommenen Beschränkungen auf Waren, die lediglich der Analyse und Auswertung der durch die Untersuchung gewonnen Daten dienen, ausgeschlossen. Der Senat folgt hier den vom BGH in seiner mit der vorliegenden Konstellation vergleichbaren "GENESCAN"-Entscheidung (BGH GRUR 2001, 1046, 1047) getroffenen Unterscheidung zwischen der Gewinnung von Daten auf der einen Seite und ihrer Auswertung auf der anderen Seite, so dass die vorliegend nur noch beanspruchte Auswertung von Daten, die bei einer Herzuntersuchung gewonnen wurden, nicht mehr als eine die Beschaffenheit oder den Bestimmungszweck unmittelbar beschreibende Bedeutung der Wortkombination "CardioScan" angesehen werden kann. Dasselbe gilt für die Dienstleistungen der Klasse 42 auf medizinischem Gebiet, für die ebenfalls klargestellt ist, dass sie nicht auf dem Gebiet der Gewinnung elektronischer Messsignale und Daten durch eine Untersuchung des Herzens erbracht werden. Wegen des damit fehlenden Sachbezugs der Bezeichnung "CardioScan" zu den beschränkten Waren und Dienstleistungen haben die angesprochenen Verkehrskreise auch keine Veranlassung, die Anmeldemarke in anderer Weise als ein Mittel zur Unterscheidung der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu verstehen (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Bei den weiteren Dienstleistungen der Klassen 41 und 42 stellt die Bezeichnung "CardioScan" keine Angabe dar, die auf den Inhalt oder den Gegenstand dieser Leistungen in einer verständlichen und naheliegenden Form unmittelbar hinweist. Bei diesen mögen zwar auch Herzuntersuchungen eine Rolle spielen, dabei handelt es sich aber allenfalls um einen für diese Dienstleistungen untergeordneten und sie nicht charakterisierenden Teilaspekt ihrer Erbringung; es ist aber weder üblich noch dem Verkehr verständlich, wenn diese Dienstleistungen, die sich auf eine im vorhinein nicht bestimmte Vielzahl von Gegenständen beziehen können, allein durch den Hinweis auf einen untergeordneten Teilaspekt bezeichnet werden.

Da die Markenstelle der Anmeldemarke somit im Ergebnis zu Unrecht die Eintragung versagt hat, war der angefochtene Beschluss auf die Beschwerde aufzuheben.

Dr. Schermer Eder Schwarz Pü






BPatG:
Beschluss v. 23.09.2003
Az: 27 W (pat) 67/03


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