Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. März 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 461/99

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentamt ist die nachfolgende Markesiehe Abb. 1 am Endefür

"Computerhard- und -software; Durchführung von EDV-Schulungen und PC-Anwendungstraining; Computerberatungsdienste"

unter der Nr 398 01 198 in das Register eingetragen worden.

Widerspruch erhoben hat der Inhaber der prioritätsälteren Marke 397 04 605 siehe Abb. 2 am Endedie Schutz genießt für Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbindeartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen- und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Werbung; Telekommunikation.

Mit Beschluß vom 24. August 1999 hat die Markenstelle für Klasse 41 die Löschung der jüngeren Marke durch eine Beamtin des höheren Dienstes angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen seien ähnlich, da der Verkehr annähme, sie stammten aus selbständigen Geschäftsbereichen desselben Unternehmens. Die Waren "Lehr- und Unterrichtsmittel, Druckereierzeugnisse" usw und "Computerhard- und Software" sowie die Dienstleistungen "Durchführungen von EDV-Schulungen und PC-Anwendungstraining" würden vom Verkehr demselben Unternehmen zugeordnet. Es sei üblich, daß Computerhersteller auch das Schulungsmaterial in gedruckter Form bereitstellten (unter Bezugnahme auf Richter/Stoppel, 11. Aufl, S 111 und 383, wonach eine enge Ähnlichkeit von Datenverarbeitungsgeräten mit Druckereierzeugnissen und Schulung und Fortbildung mit Lehr- und Unterrichtsmitteln bestehe). Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei davon auszugehen, daß die Widerspruchsmarke über einen durchschnittlichen Schutzumfang verfüge. Auch wenn sich die gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen an Fachkreise oder interessierte und informierte allgemeine Verkehrskreise richten, sei der erforderliche Abstand der Vergleichsmarken nicht gegeben. Obwohl es sich jeweils um kombinierte Wort-Bildmarken handele, sei angesichts klanglicher Identität eine Verwechslungsgefahr unvermeidlich.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers.

Er verneint eine Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen. So würden "Computerhard- und Software" sowie "Druckereierzeugnisse oder Lehr- und Unterrichtsmaterial" nicht von denselben Unternehmen hergestellt, was der Verkehr auch wisse. Das einzige Bindeglied seien gedruckte Handbücher als Bedienungsanleitungen, wobei es sich aber gerade nicht um Lehr- oder Unterrichtsmaterial handele. Zudem stellten Handbücher und Bedienungsanleitungen lediglich Zubehör dar. Druckereierzeugnisse wie Lehr- und Unterrichtsmaterial würden überwiegend als selbständiges Produkt hergestellt und vertrieben. Auch zwischen "Computerberatungsdiensten, EDV-Schulungen und PC-Anwendungstraining" einerseits und "Lehr- und Unterrichtsmitteln sowie Druckereierzeugnissen" andererseits bestehe keine Ähnlichkeit. Ohnehin könne bei Waren und Dienstleistungen allenfalls von einer ganz entfernten Ähnlichkeit ausgegangen werden (unter Bezugnahme auf BGH GRUR 1999, 186 "White Lion"). Der Verkehr sehe keinen Zusammenhang zwischen der reinen Beratungstätigkeit und dem von der Widersprechenden (möglicherweise) vertriebenen Unterrichtsmaterial. Nichts Anderes gelte für den Bereich der PC- und EDV-Anwendung. Der PC ersetze gerade das gedruckte Unterrichtsmaterial.

Zu berücksichtigen sei ferner die ausgesprochen schwache Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Das Wort "COMWORK" sei für sich gesehen nicht eintragungsfähig. "Com" sei verwässert und inzwischen Synonym für Kommunikation geworden. "Work" sei farblos und allgemein beschreibend für "Arbeit". Unter Berücksichtigung der fehlenden Ähnlichkeit der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen sowie der geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Er beantragt, den angegriffenen Beschluß aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Der Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er macht geltend, bei mündlichen Nachfragen, Empfehlungen und Aufträgen würden beide Zeichen identisch als "COMWORK" benannt, ohne daß die graphischen Ausgestaltungen hierbei eine Rolle spielen könnten. Die Widerspruchsmarke sei auch nicht kennzeichnungsschwach, da "COMWORK" einen reinen Phantasiebegriff darstelle. Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen befänden sich im engsten Ähnlichkeitsbereich. So erfüllten Schreibmaschinen in Büros dieselbe Funktion wie Computer. Die "Telekommunikation" der Widerspruchsmarke sei auch ähnlich mit der "Computerhardware" der jüngeren Marke. Auch Druckereierzeugnisse könnten mit Computerhardware ähnlich sein, zumal das BPatG von einer engen Ähnlichkeit zwischen Datenverarbeitungsgeräten und Druckereierzeugnissen ausgegangen sei (unter Bezugnahme auf 30 W (pat) 176/96). Darüber hinaus finde Computersoftware auch häufig Verwendung als Lehr- und Unterrichtsmaterial. Für die Durchführung von EDV-Schulungen und für PC-Anwendungstraining würden regelmäßig Lehr- und Unterrichtsmaterialien eingesetzt, die in Form von Druckereierzeugnissen vorliegen könnten. Auch die Markeninhaberin selbst weise unter ihrer Internetseite auf der Unterseite "Schulungen" auf Schulungsunterlagen von Verlagen hin.

In der mündlichen Verhandlung am 22. März 2000 hat der Markeninhaber das Dienstleistungsverzeichnis eingeschränkt auf

"Durchführung von EDV-Schulungen und PC-Anwendungstraining; Beratung bei der Verwendung und Auswahl von Computersystemen".

II.

Die Beschwerde des Markeninhabers ist zulässig (§ 66 Abs 1, 2 und 5 MarkenG), in der Sache jedoch unbegründet, da eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG gegeben ist.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 "Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 506, 508 ATTACHÉ/TISSERAND"). Dabei besteht eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke (BGH aaO). Entgegen der Auffassung des Markeninhabers besteht auch nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses eine Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen. Der Begriff der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen ist im Hinblick auf den Zweck des Markenschutzes, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten, auszulegen. Maßgeblich ist danach, ob die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nach, vor allem nach ihren regelmäßigen Herkunftsstätten, aber auch unter Berücksichtigung ihrer Fabrikations-, Vertriebs- oder Verkaufsstätten, so enge Berührungspunkte haben, daß beim Durchschnittsabnehmer bei gleicher oder vermeintlich gleicher Kennzeichnung die Meinung aufkommen kann, sie stammten aus dem selben Geschäftsbetrieb (BPatG Mitt 2000, 338, 339 "mikado").

Nach diesen Grundsätzen sind die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen ähnlich. Die Grenzen zwischen EDV-Schulungen, PC-Anwendungstraining und Beratung bei der Verwendung und Auswahl von Computersystemen einerseits und Druckereierzeugnissen andererseits sind fließend. So werden EDV-Schulungen, PC-Anwendungstraining und die Beratung bei der Verwendung und Auswahl von Computersystemen oft durch schriftliches Unterrichts- oder Informationsmaterial ergänzt. Zum Teil bieten die Unternehmen, die entsprechende Schulungen und Beratungen durchführen, alternativ auch schriftliches Material an, um eine individuelle Schulung und Beratung zu ersetzen bzw sie zu ergänzen. Diese Überschneidungen setzen sich bei den Vertriebswegen fort, da auf dem EDV-Gebiet Waren bzw Dienstleistungen und zugehörige Veröffentlichungen von denselben Anbietern stammen können, die sowohl Informationsmaterial als auch Schulungen, Training und auch Beratung bei der Verwendung und Auswahl von Computersystemen anbieten (vgl BPatG Mitt 2000, 338, 339 "mikado").

Damit besteht eine Ähnlichkeit der nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen der jüngeren Marke zumindest zu den "Druckereierzeugnissen", für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt. Für die Frage der Verwechslungsgefahr kann dahingestellt bleiben, ob insoweit ein mittlerer oder entfernterer Abstand besteht, da eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken auch bei einem größeren Abstand der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen gegeben ist.

Entgegen der Auffassung des Markeninhabers sind die sich aus den Kombinationsmarken ergebenden Bezeichnungen "COMWORK" schutzfähig und kollisionsbegründend gegenüberzustellen. Die Vorsilbe "COM" ist mehrdeutig, da sie einerseits für "Kommunikation" und andererseits für "Computer" steht. Diese Mehrdeutigkeit der Abkürzung spricht bereits gegen die Annahme einer rein beschreibenden Angabe (BGH GRUR, 468, 469 "NetCom"). Zudem werden zusammengesetzte Bezeichnungen wie "COMWORK" in ihrer Gesamtheit aufgenommen und nicht einer analysierenden Betrachtungsweise unterzogen (BGH GRUR 2000, 605, 606 "comtes/ComTel"). Deshalb weist die in den Vergleichsmarken enthaltene Bezeichnung die für eine Eintragung auch ohne Bildbestandteil erforderliche Unterscheidungskraft auf; zudem läßt sich ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht feststellen. Auch wegen der geringfügigen graphischen Gestaltung ist deshalb davon auszugehen, daß sich der Verkehr zumindest in klanglicher Hinsicht ausschließlich an der Bezeichnung "Comwork" der Vergleichsmarken orientieren wird (vgl BGH GRUR 2000, 506, 508 "ATTACHE/TISSERAND"). Wegen der insoweit bestehenden Identität der kollisionsbegründend gegenüberstehenden Bezeichnungen ist daher eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken gegeben.

Nach alledem war die Beschwerde des Markeninhabers zurückzuweisen.

Für eine Kostenauferlegung besteht nach der Sach- und Rechtslage kein Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Vorsitzende Richterin Forst ist wegen Pensionierung gehindert zu unterschreiben.

Dr. Fuchs-Wissemann Richter Engels hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.

Dr. Fuchs-Wissemann Dr. Fuchs-Wissemann Na/Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)461-99.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)461-99.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 22.03.2000
Az: 32 W (pat) 461/99


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