Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juli 2002
Aktenzeichen: 5 W (pat) 448/01

(BPatG: Beschluss v. 17.07.2002, Az.: 5 W (pat) 448/01)

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts Ñ Gebrauchsmusterabteilung II Ñ vom 3. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe

I.

1. Die Antrags- und Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des am 19. März 1999 angemeldeten und am 10. Juni 1999 unter der Bezeichnung Vorrichtung zum Reduzieren des wirksamen Querschnittes der Ansaugöffnungen des mit Ansaugbohrungen versehenen Saugrohres eines Brandmeldesystemsin die Rolle eingetragenen Gebrauchsmusters 299 05 039 (Streitgebrauchsmuster). Die Gebühr für die Verlängerung der Schutzdauer bis 2005 ist gezahlt. Die mit der Anmeldung eingereichten und der Eintragung zugrundeliegenden Schutzansprüche lauten wie folgt:

1. Vorrichtung zum Reduzieren des wirksamen Querschnittes der Ansaugöffnungen des mit Ansaugbohrungen versehenen Saugrohres eines aspirativen Brandmeldesystems, gekennzeichnet durch wenigstens einen Rohrclip (1) mit zwei konkaven, federnden Klemmbacken (2 und 3) zum Aufstecken auf das Saugrohr (4), und einem zwischen den Klemmbacken (2 und 3) vorgesehenen Saugloch (10), welches bei aufgestecktem Rohrclip (1) mit einer der Ansaugbohrungen (5) im Saugrohr (4) fluchtet.

2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Öffnung des Saugloches (10) des Rohrclip (1) kleiner ist als der Durchmesser der Ansaugbohrungen (5).

3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Saugloch (10) in einen nach außen weisenden Ansaugtrichter (11) übergeht.

4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Saugloch (10) mit einem inneren, ringförmigen Kragen (12) umgeben ist, der bei aufgestecktem Rohrclip (1) passend in die Ansaugbohrung (5) hineinragt.

5. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Rohrclip (1) aus einem Kunststoff mit hoher Temperaturbeständigkeit besteht.

2. Die Antragstellerin hat am 24. September 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung des Gebrauchsmusters beantragt. Sie hat mangelnde Schutzfähigkeit gemäß §§ 1 und 3 GebrMG geltend gemacht und dieses Vorbringen auf folgende Druckschriften gestützt:

[1] DE 196 05 638 C1

[2] DE 196 05 842 C1

[3] Technisches Handbuch, "Tiefkühllager Zusatzprojektierung" der WAGNER Alarm- und Sicherungssysteme GmbH, Ausgabe 07/97 Sie hat außerdem bezüglich des in der Druckschrift [3] beschriebenen Ansaugsystems offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht und hierzu folgende Dokumente vorgelegt:

[4] Lieferschein N3103623, Adressat Siemens AG, NL Innsbruck, Österreich, 23.12.96

[5] Werkszeichnung G 491.04 Bl. 2, Kunststoffclip für Tiefkühlhäuser, 04.04.96

[6] Werkszeichnung G 491.04 Bl. 1, Ansaugreduzierung für Tiefkühlhäuser, 04.04.96

[7] eidesstattliche Erklärung des Herrn Werner Wagner Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag teilweise widersprochen und das Gebrauchsmuster in eingeschränktem Umfang, zuletzt mit einem einzigen Schutzanspruch verteidigt, der folgenden Wortlaut hat:

Vorrichtung zum Reduzieren des wirksamen Querschnitts der Ansaugöffnungen des mit Ansaugbohrungen versehenen Saugrohres eines aspirativen Brandmeldesystems, mit einem Saugloch, das mit einer der Ansaugbohrungen im Saugrohr fluchtet und dessen Öffnung kleiner ist als der Durchmesser der Ansaugbohrung, gekennzeichnet durch:

- einen einstückig aus Kunststoff mit hoher Temperaturbeständigkeit bestehenden Rohrclip (1) mit zwei konkaven federnden Klemmbacken (2, 3) zum Aufstecken auf das Saugrohr (4), wobei das Saugloch (10) zwischen den Klemmbacken (2, 3) vorgesehen ist;

- einen nach außen weisenden Ansaugtrichter (11), in welchen das Saugloch (10) übergeht;

- einen inneren ringförmigen Kragen (12), der das Saugloch (10) umgibt und bei aufgestecktem Rohrclip (1) passend in die Ansaugbohrung (5) hineinragt.

Mit Beschluß vom 3. Mai 2001 hat die Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patent- und Markenamts das Gebrauchsmuster gelöscht, soweit es über den verteidigten Schutzanspruch hinausgeht, sowie die Kosten der Antragstellerin zu und der Antragsgegnerin zu auferlegt. In der Begründung ist ausgeführt, der Gegenstand des Schutzanspruchs sei im Hinblick auf den entgegengehaltenen Stand der Technik neu und beruhe auf einem erfinderischen Schritt. Die Kostenverteilung ergebe sich daraus, daß die Antragsgegnerin mit ihrem Teilwiderspruch und dem Rückzug auf ein eingeschränktes Schutzbegehren ein sofortiges Teilanerkenntnis ausgesprochen habe, das kostenrechtlich zu Lasten der Antragstellerin gehe, sowie im übrigen daraus, daß das Streitgebrauchsmuster sich erst in weiter eingeschränktem Umfang als rechtsbeständig erwiesen habe.

3. Gegen den Beschluß der Gebrauchsmusterabteilung wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie verweist zusätzlich zum bereits genannten Stand der Technik auf den

[8] Rohrclip RC PG, fischerwerke Arthur Fischer GmbH & Co. KG, der jedem Heimwerker bekannt sei und alle Merkmale des kennzeichnenden Teils des verteidigten Schutzanspruchs aufweise. Jedenfalls ergebe sich der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters in rein handwerklicher Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik, ohne daß es hierzu eines erfinderischen Schritts bedürfte. Insbesondere sei das Merkmal "Ansaugtrichter" eine Maßnahme, die der Fachmann schon deshalb routinemäßig ergreifen würde, um die durch das Gebläse verursachte Geräuschentwicklung zu minimieren.

Im übrigen fehle dem Gegenstand des am 19. März 1999 angemeldeten Streitgebrauchsmusters die Neuheit, weil er zuvor vom 6. bis 9. Oktober 1998 anläßlich der Fachmesse "Security 98" auf dem Gemeinschaftsstand Hekatron-Securiton-Schrack und somit durch Dritte der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden sei.

Zum Kostenpunkt macht die Antragstellerin geltend, die Gebrauchsmusterinhaberin habe vor Stellung des Löschungsantrags im Zuge eines Abmahnschreibens betreffend die Verletzung des Patents DE 196 05 638 C1 der Antragstellerin eine wesensgleiche Aufforderung zum Verzicht auf das Streitgebrauchsmuster erhalten und somit Veranlassung zum Löschungsantrag gegeben, der nach dem angefochtenen Beschluß auch zu 4/5 erfolgreich gewesen sei.

Die Antragstellerin beantragt, 1. den angefochtenen Beschluß insoweit aufzuheben, als er das Streitgebrauchsmuster in eingeschränktem Umfang aufrechterhält, und das Streitgebrauchsmuster im gesamten Umfang zu löschen;

2. der Antragsgegnerin die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu 4/5 aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bestreitet, daß das technische Handbuch [3] und der Rohrclip RC PG der Fischerwerke vorveröffentlichter Stand der Technik seien. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnten diese in gleicher Weise wie der übrige geltend gemachte Stand der Technik die Schutzfähigkeit des beanspruchten Gegenstandes nicht in Frage stellen. Die Vorstellung des Rohrclips nach dem Streitgebrauchsmuster auf der "Security 98" beruhe allein auf der Ausarbeitung der Anmelderin. Hierfür gelte die Neuheitsschonfrist.

Zum Kostenpunkt führt die Anmelderin aus, eine Aufforderung zur freiwilligen Aufgabe des Gebrauchsmusters sei vorab nicht ergangen. Sie habe insoweit keine Veranlassung für den Löschungsantrag gegeben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Soweit der Beschluß nicht angefochten ist, hat es mit der ausgesprochenen Löschung sein Bewenden. Im übrigen aber ist der Löschungsantrag nicht begründet. Denn der geltend gemachte Löschungsanspruch aus § 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG ist insoweit nicht gegeben. Auch die auf §§ 92, 93 ZPO gestützte Kostenentscheidung ist nicht zu beanstanden.

1. Der Fachmann, ein Fachhochschulabsolvent der Fachrichtung Verfahrenstechnik mit Berufserfahrung in der Entwicklung von Brandmeldesystemen, entnimmt dem Streitgebrauchsmuster eine Vorrichtung zur Querschnittsreduzierung der Ansaugöffnungen in einem aspirativen Brandmeldesystem. Hierbei sind in die zu überwachenden Räume oder Geräte (bspw. Schaltschränke für elektrische Anlagen, Kühleinrichtungen etc.) Saugrohre mit Ansaugbohrungen verlegt, über die Luft sowie ggfs. Brandgase und die sich bei Entstehungsbränden bildenden Partikel zu einem Detektor hin gesaugt werden. Mit zunehmender Rohrlänge stellt sich in einem solchen System ein Druckabfall ein, der durch entsprechend vergrößerte Ansauglöcher kompensiert werden muß, wenn man einheitliche Detektionssicherheit gewährleisten will. Nach der Lehre des Streitgebrauchsmusters wird das Problem mittels eines auf das Rohr klemmbaren manschettenartigen Rohrclips mit nach außen weisendem Ansaugtrichter und passend in die Ansaugöffnung ragendem Kragen gelöst, so daß das Saugloch des Clips mit der Ansaugbohrung fluchtet und deren Querschnitt reduziert. Der Fachmann erkennt darin den Vorteil, den Querschnitt der Ansaugbohrungen im Saugrohr je nach Bedarf mit einem einfach anzubringenden und auswechselbaren Rohrclip so reduzieren zu können, daß über das verbleibende Saugloch in Verbindung mit dem nach außen weisenden Ansaugtrichter jeweils eine repräsentative Menge an Geräteluft angesaugt wird.

Der verteidigte Schutzanspruch weist im einzelnen hierzu folgende Merkmale aus:

1. Vorrichtung zum Reduzieren des wirksamen Querschnitts der Ansaugöffnungen des mit Ansaugbohrungen versehenen Saugrohres eines aspirativen Brandmeldesystems 1.1. mit einem Saugloch, das mit einer der Ansaugbohrungen im Saugrohr fluchtet 1.2. und dessen Öffnung kleiner ist als der Durchmesser der Ansaugbohrung.

2. Die Vorrichtung ist gekennzeichnet durch einen Rohrclip.

2.1. Der Rohrclip ist einstückig, 2.2. Er besteht aus Kunststoff mit hoher Temperaturbeständigkeit.

2.3. Er weist zwei konkave, federnde Klemmbacken zum Aufstecken auf das Saugrohr auf.

2.3.1. Das Saugloch ist zwischen den Klemmbacken vorgesehen.

2.3. Der Rohrclip weist einen nach außen weisenden Ansaugtrichter, in welchen das Saugloch übergeht und 2.4. einen inneren, ringförmigen Kragen auf, der das Saugloch umgibt und bei aufgestecktem Rohrclip passend in die Ansaugbohrung hineinragt.

2. Gegen die Zulässigkeit des Schutzanspruchs, der die ursprünglich eingereichten Ansprüche zusammenfaßt, bestehen keine Bedenken. Gegenteiliges wurde von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht.

3. Der Gegenstand des Schutzanspruchs ist neu. In keiner der eingeführten Druckschriften und auch nicht durch die behauptete Vorbenutzung ist eine Vorrichtung zur Querschnittsreduzierung ausgewiesen, die alle im Schutzanspruch angegebenen Merkmalen aufweist.

Ebensowenig kann die Zurschaustellung des Ansaug-Reduzierclips der Antragsgegnerin anläßlich der Fachmesse Security 98 im Zeitraum vom 6. bis 9. Oktober 1998 die Neuheit des Streitgebrauchsmustergegenstandes infrage stellen. Denn eine innerhalb von 6 Monaten vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag (hier der 19. März 1999) erfolgte Beschreibung oder Benutzung bleibt außer Betracht, wenn sie auf der Ausarbeitung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers beruht (§ 3 Abs. 1 Satz 3 GebrMG). Zwar ist der Rohrclip (was die Antragstellerin hervorgehoben hat) auf einem Gemeinschaftsstand der Antragsgegnerin mit anderen Firmen ausgestellt worden, mag also - bei vorübergehender Abwesenheit oder anderweitiger Beschäftigung der Mitarbeiter der Antragsgegnerin - durch Mitarbeiter der anderen Gemeinschaftsaussteller den Interessenten präsentiert worden sein. Dies läßt die Wirkung der Neuheitsschonfrist aber nicht entfallen. Denn es ist unbestritten geblieben, daß der ausgestellte Rohrclip auf der Ausarbeitung der Antragsgegnerin beruht und nicht auf Dritte zurückgeht. Wer aber auf dem Messestand Hekatron-Securiton-Schrack bei einer Vorführung des Rohrclips neben oder anstelle der Antragsgegnerin sonst noch beteiligt war, ist hierbei ohne Belang.

4. Dem beanspruchten Gegenstand liegt auch ein erfinderischer Schritt zugrunde, weil ein deutlicher Abstand zum geltend gemachten Stand der Technik besteht, der dem Fachmann weder ein Vorbild noch sonstige Hinweise liefert.

Aus der Druckschrift [1] (DE 196 05 638 C1; "Folienpatent") ist eine einschlägige Vorrichtung zum Reduzieren des wirksamen Querschnitts der Ansaugöffnungen des mit Ansaugbohrungen versehenen Saugrohres eines aspirativen Brandmeldesystems bekannt (Figur 1 mit Beschreibung). Der Druckabfall in den Rohrleitungen wird darin durch Überkleben der Ansaugbohrungen mit einer selbstklebenden, gelochten Folie (16) kompensiert, die so den wirksamen Querschnitt der jeweiligen Ansaugbohrung (18) entsprechend reduziert (Anspruch 1 iVm Figuren 2a und 2b; Sp. 1, Z. 60 - 64 iVm Sp. 2, Z. 18 -26). Dieser Stand der Technik, dem das gleiche Problem wie beim Streitgebrauchsmuster zugrundeliegt, erfüllt somit die Merkmale 1. bis 1.2 des geltenden Schutzanspruchs.

Als Überschuß verbleibt beim Gegenstand des geltenden Schutzanspruchs, daß zur Querschnittsreduzierung der Ansaugbohrung statt der bekannten Aufklebefolie ein Rohrclip mit den Merkmalen 2. bis 2.4 des Schutzanspruchs eingesetzt wird.

Die Klebefolie gemäß Druckschrift [1] ist relativ empfindlich und bedarf im praktischen Einsatz eines Schutzes. Insoweit muß sich der Fachmann zwar diesbezüglich nach weiteren Verbesserungen umsehen. Irgendeinen Hinweis in Richtung des Rohrclips gemäß dem Schutzanspruch erhält er aus Druckschrift [1] aber nicht; vielmehr wird dort die Folie ggfs. durch Überkleben und Umwickeln mit einer Manschette, die das Saugloch freiläßt, zusätzlich befestigt und gesichert (Figuren 2c und 2e iVm Sp. 4, Z. 41 - 47; "Banderole 17").

Der Lehre der Druckschrift [2] (DE 196 05 842 C1) liegt nicht das Problem der variablen Dimensionierung der Ansaugquerschnitte, sondern eine völlig andere Zielsetzung zugrunde: Beim Einsatz von aspirativen Brandmeldesystemen in Kühlanlagen setzen die Ansaugöffnungen nämlich leicht Eis an, während bei anderen Anwendungen entsprechend Schmutzablagerungen auftreten können. Jedenfalls kann in diesen Fällen ggfs. keine repräsentative Menge an Geräteluft mehr durch die verbleibende Öffnung angesaugt werden (Sp. 1, Z. 24 - 43). Um dem zu begegnen, wird in oder auf der Ansaugöffnung ein elastisches Element angebracht, welches mit einem Druckluftstoß beaufschlagbar ist, der das angesetzte Eis bzw. den anhaftenden Schmutz absprengt. Das elastische Element kann gemäß dem Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1 bis 4 aus einer flexiblen Manschette (8) bestehen, welche die Durchgangsöffnung (3) enthält und den Querschnitt der Ansaugbohrung (2) entsprechend reduziert, oder es kann gemäß Figur 5 durch eine Art Rohrclip realisiert sein, an dem mittels eines elastischen Elements (13) ein Stopfen mit Durchgangsloch (3) befestigt ist, der konisch in die Ansaugbohrung hineinragt und deren Durchmesser entsprechend reduziert (Sp. 4, Z. 64 - Sp. 5, Z. 7).

Selbst wenn der Fachmann trotz abweichender Zielsetzung sich diesen Rohrclip zum Vorbild nehmen würde, käme er damit nicht zum Gegenstand des geltenden Schutzanspruchs. Denn er hat aus der Druckschrift [2] heraus keine Veranlassung, einen einstückig aus Kunststoff (Merkmale 2.1., 2.2.) bestehenden, somit nicht ausreichend elastischen Rohrclip mit nach außen weisendem Ansaugtrichter, in welchen das Saugloch übergeht (Merkmal 2.3.), vorzusehen. Vielmehr ist in Druckschrift [2] im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3 ein sich nach innen trichterförmig erweiterndes Durchgangsloch in einer bandförmigen flexiblen Rohrumwicklung dargestellt, eine Formgestaltung mithin, die dem Ansaugtrichter gemäß geltendem Schutzanspruchs genau entgegengesetzt ist und sich aus der angestrebten Wirkung ergibt, derzufolge die Enteisungsmanschette im Bereich der Ansaugöffnung reversibel verformbar sein muß, damit ein allfälliger Eisrand abgesprengt werden kann (Sp. 5, Z. 8 - 18; Sp. 2, Z. 16 - 21).

Insgesamt zeigen die diversen Ausführungsbeispiele im Stand der Technik nach den Druckschriften [1] und [2], daß es zum Anmeldezeitpunkt für den Fachmann auch nicht routinemäßige Praxis war, einen nach außen weisenden Ansaugtrichter, sei es auch nur der Geräuschminimierung wegen, vorzusehen.

Die Druckschrift [3] und die geltend gemachte Vorbenutzung gehen nicht über den vorgenannten Stand der Technik hinaus, so daß dahinstehen kann, inwieweit es sich hierbei tatsächlich Ñ was von der Antragsgegnerin bestritten wird Ñ um vorveröffentlichten Stand der Technik handelt.

Die Ansaugreduzierung nach Druckschrift [3] (Technisches Handbuch; Tiefkühllager Zusatzprojektierung) besteht ausweislich der Figuren unter "2.2.1 Ansaugreduzierung" und unter "2.2 Rohrsystem" sowie gemäß den zugehörigen Beschreibungen aus einer gelochten flexiblen Folie, die mittels Paß-Fortsätzen mit einem getrennten Rohrclip, der das Saugloch frei läßt, zusammengesteckt und mit diesem zusammen über die Ansaugbohrung geklemmt wird. Ein einstückiger Rohrclip mit nach außen weisendem Ansaugtrichter ist auch hieraus nicht zu entnehmen. Nichts anderes besagen die vorgelegten Fertigungszeichnungen [5] und [6] (Anlagen 2 und 3 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 27. März 2000). Die Zeichnung [5] zeigt den Kunststoffclip mit den beiden Bohrungen zur Aufnahme der Paß-Fortsätze der Ansaugreduzierungsfolie. Diese ist in Zeichnung [6] mit den nach außen weisenden paßstiftartigen Fortsätzen und einen nach innen ragenden Kragen dargestellt. Der Zeichnung ist darüberhinaus wiederum nur die bereits aus Druckschrift [2] bekannte trichterförmige Erweiterung des Sauglochs nach innen zu entnehmen.

Beim Fischer-Befestigungsclip [8] geht es um eine Halterung, die für Rohre und Stangenmaterial gedacht ist und die keine Gemeinsamkeiten mit der Lehre des Streitgebrauchsmusters aufweist. Insofern kommt es nicht mehr darauf an, inwieweit dieser Befestigungsclip tatsächlich zum vorveröffentlichten Stand der Technik zählt.

5. Die mit der Beschwerde ebenfalls angefochtene Kostenentscheidung begegnet keinen Bedenken. Sie beruht auf § 17 Abs. 4 GebrMG iVm §§ 92, 93 ZPO. Nach § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Das von der Antragstellerin geltend gemachte Abmahnschreiben, das ihrer Auffassung nach "wesensgleich" mit einer Aufforderung zum Verzicht auf die Ansprüche aus dem Streitgebrauchsmuster gewesen ist, betrifft eine behauptete Verletzung ihres eigenen Patents 196 05 638 ("Folienpatent", hier Entgegenhaltung [1]) und somit nicht das vorliegende Schutzrecht, das im übrigen zu diesem Zeitpunkt (vgl. den zugehörigen Schriftwechsel) noch gar nicht angemeldet war. Insoweit konnte die Antragstellerin nicht davon ausgehen, daß eine Aufforderung zum Verzicht auf das Streitgebrauchsmuster von vorneherein ergebnislos bleiben würde. Zu Recht werden "wesensgleiche" Verzichtsaufforderungen von der Rechtsprechung im Rahmen der Prüfung des § 93 ZPO nur dann anerkannt, wenn das Tätigwerden gegenüber dem Gebrauchsmusterinhaber wesentsgleich mit einer Verzichtsaufforderung ist, nicht aber, wenn sich dieses Tätigwerden auf ein Schutzrecht bezieht, das mit dem Gebrauchsmuster wesensgleich ist. Daß darüberhinaus sonstiges Verhalten der Antragsgegnerin Veranlassung für den Löschungsantrag gegeben hätte, hat die Anstragstellerin nicht geltend gemacht.

Die mit der Widerspruchsschrift innerhalb der gesetzen Frist erfolgte Erklärung, das Streitgebrauchsmuster nur noch im Rahmen des mit gleichem Schriftsatz eingegangenen eingeschränkten Schutzbegehrens zu verteidigen und darüberhinaus den Löschungsantrag anzuerkennen, bedeutet ein sofortiges Teilanerkenntnis, das kostenrechtlich in Verbindung mit der mangelnden Veranlassung der Stellung des Löschungsantrags der Antragsgegnerin zugute kommt. Die angefochtene Kostenverteilung berücksichtigt dabei zutreffend (§ 92 ZPO), daß sich das Streitgebrauchsmuster danach erst im nochmals eingeschränkten Umfang des verteidigten Schutzanspruchs als rechtsbeständig erwiesen hat.

6. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 18 Abs. 3 GebrMG iVm § 84 Abs. 2 PatG und § 97 ZPO. Die Billigkeit fordert keine andere Entscheidung.

Goebel Dr. Greis Bertl Pr






BPatG:
Beschluss v. 17.07.2002
Az: 5 W (pat) 448/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8ab258b7527f/BPatG_Beschluss_vom_17-Juli-2002_Az_5-W-pat-448-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share