Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Dezember 2008
Aktenzeichen: 29 W (pat) 88/07

(BPatG: Beschluss v. 10.12.2008, Az.: 29 W (pat) 88/07)

Tenor

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 vom 1. November 2005 und vom 25. Juni 2007 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentund Markenamt ist am 2. Dezember 2004 die Wort-/Bildmarkefür folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 9: Ton-, Bildsowie Datenträger aller Art, insbesondere Tonbänder, Kassetten, CDs, Video-Discs, Schallplatten, DAT-Bänder, Audiound Videoplatten, Audiound Videokassetten, Audiound Videofilme sowie Audiound Videobänder, Disketten, CD-ROMs, Digital Versatile Discs (DVDs), sämtliche vorstehenden Waren in bespielter und unbespielter Form, ausgenommen Versionen in Überlänge und/oder Übergröße; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragungund Wiedergabe von Ton, Bild und Daten aller Art; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computer-Software;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Kataloge und Prospekte; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

Klasse 41: Unterhaltung, insbesondere Rundfunkund Fernsehunterhaltung; Produktion von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, BTX-, Videotext-, Teletext-Programmen oder -Sendungen; Filmvermietung; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Büchern, Katalogen und Prospekten; Erziehung; Ausbildung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung durch Beschlüsse vom 1. November 2005 und vom 25. Juni 2007 teilweise für folgende Waren gemäß § 37 Abs. 1 und 5, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen:

CDs, Video-Discs, Schallplatten, CD-ROMs, Digital Versatile Discs (DVDs), sämtliche vorstehenden Waren in bespielter und unbespielter Form, ausgenommen Versionen in Überlänge und/oder Übergröße.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass "Maxi" die lexikalisch nachweisbare Kurzbezeichnung für "Maxisingle" oder "Maxi-CD" sei. Darüber hinaus würden Begriffe wie "Maxi-CD" oder "DVD-Video Single/Maxi" gegenwärtig zur Beschreibung eines Formats in der Werbung verwendet. Somit werde der angesprochene Verkehr in der Kurzbezeichnung "Maxi" in Verbindung mit Medienträgern einen beschreibenden werbeüblichen Hinweis auf ein Format, nicht aber einen Herkunftshinweis erblicken. Die konkrete Schriftgestaltung könne dem Zeichen ebenso keine Unterscheidungskraft verleihen, denn Schriftformen seien häufig verwendete Gestaltungsmittel und würden von den Verbrauchern nicht als charakteristisches Merkmal angesehen. Der Schutz werde auch nicht durch den Ausnahmevermerk "ausgenommen Versionen in Überlänge und/oder Übergröße" begründet, da er dem Verkehr nicht bekannt sei und nicht umfassend die Bedeutung des Begriffs "Maxi" treffe. Selbst wenn sich der Verkehr auf Grund der gleichnamigen Zeitschrift an das Zeichen gewöhnt habe, so könne seine Bekanntheit nur im Rahmen eines Verkehrsdurchsetzungsverfahrens berücksichtigt werden.

Dagegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt, den versagenden Teil der Beschlüsse vom 1. November 2005 sowie vom 25. Juni 2007 aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin hat hierzu ausgeführt, dem angemeldeten Zeichen fehle auf Grund des in das Warenverzeichnis aufgenommenen Ausnahmevermerks nicht die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Durch seine konkrete Formulierung werde exakt definiert, dass die jeweiligen Maxi-Gattungen nicht zum Warenverzeichnis gehörten. Insofern könne der Begriff "Maxi" in keinem Fall zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit der gegenständlichen Waren dienen. Ferner würden üblicherweise durch die Präsentation der Waren und die jeweilige Aufmachung der Trägermedien die verschiedenen Formate und Warenarten unterschieden. Auch weise das angemeldete Zeichen auf Grund seiner konkreten Gestaltung die notwendige Unterscheidungskraft auf. Schließlich verhindere der Ausnahmevermerk eine Benutzung des Zeichens in Verbindung mit den Waren, für die ein Freihaltungsbedürfnis bestehen könnte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig und in der Sache begründet.

1. Der Senat sieht von einer Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patentund Markenamt gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG ab.

Die Waren "CDs, Video-Discs, Schallplatten, CD-ROMs, Digital Versatile Discs (DVDs), sämtliche vorstehenden Waren in bespielter und unbespielter Form, ausgenommen Versionen in Überlänge und/oder Übergröße", für die das Deutsche Patentund Markenamt die Anmeldung zurückgewiesen hat, wurden nicht einzeln angemeldet. Vielmehr sind sie ausweislich der Voranstellung des Wortes "insbesondere" Teil der beispielhaften Aufzählung verschiedener, vom beanspruchten Oberbegriff "Ton-, Bildsowie Datenträger aller Art" umfassten Waren. Unterfällt eine spezielle Ware einem im Verzeichnis enthaltenen Oberbegriff, so ist die Unterscheidungskraft zwar (auch) auf diese spezielle Ware bezogen zu prüfen. Sofern sie für diese Ware fehlt, ist die Anmeldung jedoch bezüglich des weiten Oberbegriffs zurückzuweisen (vgl. BGH Mitt. 2004, 225, Rdnr. 14 -Käseform). Demzufolge hätte die Anmeldung für "Ton-, Bildsowie Datenträger aller Art, insbesondere Tonbänder, Kassetten, CDs, Video-Discs, Schallplatten, DAT-Bänder, Audiound Videoplatten, Audiound Videokassetten, Audiound Videofilme sowie Audiound Videobänder, Disketten, CD-ROMs, Digital Versatile Discs (DVDs), sämtliche vorstehenden Waren in bespielter und unbespielter Form, ausgenommen Versionen in Überlänge und/oder Übergröße" zurückgewiesen werden müssen. Trotz dieses wesentlichen Verfahrensmangels entscheidet der Senat jedoch aus Gründen der Verfahrensökonomie in der Sache selbst.

2. Das angemeldete Zeichen weist die notwendige Unterscheidungskraft auf und unterliegt damit nicht dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr., vgl. u. a. EUGH GRUR 2008, 608 ff., Rdnr. 66, 67 -EUROHYPO; EUGH GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 ff. -BioID). Einem Wortzeichen fehlt die Unterscheidungskraft dann, wenn es sich um eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage oder um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 -YES; BGH GRUR 2003, 1050 -Cityservice). Umgekehrt kann sich ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis aus einer besonderen bildlichen oder graphischen Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile ergeben, die eine den schutzunfähigen Charakter aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck des Zeichens bewirkt (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 -antiKALK; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8 Rdnr. 99). Dies ist vorliegend der Fall.

Das Wort "Maxi" ist sowohl ein weiblicher als auch ein männlicher Vorname und kann für die beanspruchen Waren als Themenangabe zu einer Person namens Maxi in Frage kommen. Da Namen jedoch grundsätzlich schutzfähig sind (vgl. EuGH GRUR 2004, 946 -Nichols) und Maxi kein Name ist, der in Bezug auf seine Symbolbedeutung oder sonstige Eigenschaften die beanspruchten Waren eine im Vordergrund stehende Sachaussage enthält, sieht der Senat hier kein Schutzhindernis. Des weiteren ist Maxi im Bereich der hier einschlägigen Waren die Abkürzung für Maxisingle oder Maxi-CD (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage 2006, Seite 1125). Zu letztgenannten gehören zum einen Audio-Compact-Discs in normaler Größe, die aber mit nur etwa ein bis fünf Stücken bespielt sind. Als Maxisingle oder Maxi-Single werden zum anderen Vinyl-Singles mit dem Durchmesser einer herkömmlichen Langspielplatte bezeichnet, die die Langversion eines bekannten Hits in besserer Qualität enthalten (vgl. "Wikipedia", Suchbegriffe "Compact Disc Digital Audio" und "Single"). Daran anlehnend wird mit dem Gesamtbegriff "DVD-Video Maxi" beispielsweise zum Ausdruck gebracht, dass sich auf der DVD eine bestimmte Anzahl von Stücken -meist Musikvideos -befindet (vgl. "Google-Trefferliste", Suchbegriff "DVD-Video Maxi"). Darüber hinaus findet sich das Wort "Maxi" in Kombination mit verschiedenen Angaben zu Videoformaten, um auf die damit verbundene längere Spieldauer des Films hinzuweisen (vgl. "Google-Trefferliste", Suchbegriffe "Maxi VCD" und "Maxi SVCD"). Ansonsten wird das angemeldete Zeichen in Verbindung mit weiteren Angaben zur Verdeutlichung der vergrößerten Kapazität eines Speichermediums verwendet.

Unabhängig davon, ob das Wort "Maxi" in Alleinstellung vom Verkehr als Hinweis auf bestimmte Eigenschaften bespielter oder unbespielter Ton-, Bildund Datenträger aufgefasst wird, ist festzustellen, dass sich das angemeldete Zeichen auf Grund seines bildlichen Gesamteindrucks als Sachund insbesondere Formatangabe nicht eignet. Technische Hinweise sind nüchtern und sachlich gestaltet, um sofort als solche erkannt und verstanden zu werden. Im Gegensatz dazu stehen die runden, geschwungenen und teilweise unterbrochenen Buchstaben des beanspruchten Zeichens, die an Schreibschrift erinnern und ihm eine individuelle Note verleihen. Es erweckt damit den Eindruck eines Eigennamens und nicht einer Größenbezeichnung. Diese Art der Darstellung findet sich ausweislich der ermittelten Belege nicht auf dem beschwerdegegenständlichen Gebiet der Ton-, Bildund Datenträger. Die graphische Ausgestaltung führt somit von der Interpretation des angemeldeten Zeichens als beschreibende Angabe im Allgemeinen und als Formatangabe im Besonderen weg. Einem Namen kommt jedoch, sofern er wie hier keinen Sachbezug zu den beanspruchten Waren aufweist, grundsätzlich die notwendige Hinweisfunktion zu (vgl. EuGH GRUR 2004, 946 -Nichols). Demzufolge kann dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft, die sich auf die konkrete bildliche Darstellung beschränkt, nicht abgesprochen werden.

3. Das angemeldete Zeichen ist darüber hinaus keine unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 -Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 -DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Gemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 -BIOMILD).

Die graphische Ausgestaltung lässt es als fern liegend erscheinen, dass gegenwärtig oder in Zukunft Mitbewerber das konkret beanspruchte Zeichen als Sachhinweis in Verbindung mit den beschwerdegegenständlichen Waren benötigen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist ein Freihaltungsbedürfnis zu verneinen, so dass der Eintragung auch nicht die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.

4. Weitere absolute Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist eine Täuschungsgefahr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG nicht zu befürchten, da das angemeldete Zeichen nicht als Sachangabe verstanden wird. Auf die Zulässigkeit des Zusatzes "ausgenommen Versionen in Überlänge und/oder Übergröße" kommt es somit nicht an.

Der Beschwerde war demzufolge stattzugeben.

Grabrucker Fink Dr. Kortbein Hu






BPatG:
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