Verwaltungsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 15. November 2011
Aktenzeichen: 27 K 6714/08

(VG Düsseldorf: Urteil v. 15.11.2011, Az.: 27 K 6714/08)

Zur Zulässigkeit einer Klage, die auf die Feststellung der erlaubnisfreien Zulässigkeit der Tätigkeit als Lotterievermittler im Internet entgegen § 4 Abs. 1 und 4 GlüStV gerichtet ist.

Zur Vereinbarkeit des Internetvermittlungsverbotes mit Unionsrecht insbesondere in Bezug auf weniger suchtgefährdende Lotterien.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Anträge aus der Klageschrift vom 26. September 2008 zu 1.), 2.) f) und g) sowie 3.) betreffend der Übergangserlaubnis für erledigt erklärt haben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 7/8, der Beklagte 1/8.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheits-leistung in Höhe von 110 v. H. des auf Grund des Urteils vollstreckba-ren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungs-gläubiger vor der Vollstreckung in Höhe von 110 v. H. des zu voll-streckenden Betrages Sicherheit leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die Klage hat sowohl hinsichtlich des Hauptantrags (A) als auch in Bezug auf den Hilfsantrag (B) keinen Erfolg.

A. Die Hauptanträge zu 1. und 2. sind zulässig (I), aber unbegründet (II).

I. Nicht nur der Anfechtungsantrag zu 1. ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zulässig, sondern auch der Feststellungsantrag zu 2. gemäß § 43 VwGO.

Dem steht nicht entgegen, dass die Begründetheit des Feststellungsantrages im Wesentlichen von der Rechtsgültigkeit von Normen - hier insbesondere des § 4 Abs. 1 GlüStV zur Erlaubnispflicht und § 4 Abs. 4 GlüStV zum Internetverbot - abhängig ist. Entgegen der Einschätzung des Beklagten entfaltet § 47 VwGO gegenüber dem Rechtsschutzbegehren der Klägerin keine Sperrwirkung. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass dem System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nicht entnommen werden kann, dass außerhalb des § 47 VwGO die Überprüfung von Rechtssetzungsakten ausgeschlossen sein soll. Es gehört vielmehr seit jeher zur richterlichen Prüfungskompetenz, auch die Gültigkeit einer Rechtsnorm, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu überprüfen, sofern es für den Ausgang des Rechtsstreits hierauf ankommt. Von einer Umgehung des § 47 VwGO kann deshalb nur dann die Rede sein, wenn mit einem auf eine andere Klageart gestützten Rechtsschutzbegehren lediglich die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage aufgrund eines nur erdachten oder eines solchen Sachverhalts erreicht werden soll, dessen Eintritt noch ungewiss ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 -, Juris (Rn. 29); BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1982 - 5 C 103.81 -, Juris (Rn. 10).

So stellt sich die Situation aber hier nicht dar. Die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten - wie auch zu den übrigen Unterzeichnerländern des GlüStV - hatten sich bereits bis zur Klageerhebung zu einem Rechtsverhältnis verdichtet. Es bestand und besteht weiterhin Meinungsverschiedenheit darüber, ob die Klägerin so, wie sie dies bis zum Inkrafttreten des GlüStV getan hat, in Nordrhein-Westfalen als Vermittlerin von in Deutschland zugelassenen Lotterieprodukten mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche bzw. von Rubellosen im Internet tätig sein darf oder aber nicht und ihr deshalb, wie dies später auch geschehen ist, eine entsprechende Tätigkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV untersagt werden kann.

Vgl. zu diesen Kriterien einer Meinungsverschiedenheit vor dem Hintergrund bestehender verwaltungsrechtlicher Eingriffsbefugnisse: BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1992 - 3 C 50.89 -, Juris (Rn. 30 f.); BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1972 - I C 33.68 -, Juris (Rn. 6), Bayerischer VGH, Urteil vom 30. August 2000 - 22 B 00.1833 -, Juris (Rn. 32).

Die Klägerin hatte bereits im Rahmen der Anhörung zum Entwurf des GlüStV unter dem 14. November 2006 ihre Einschätzung zur Unvereinbarkeit der ihre damalige Tätigkeit beschränkenden Vorschriften mit höherrangigem Recht klar geäußert.

Vgl. Anlage K9 zur Klageschrift vom 26. September 2008.

Der GlüStV ist dennoch mit diesen Beschränkungen zum 1. Januar 2008 auch in Nordrhein-Westfalen in Kraft getreten.

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung. Solange die Rechtslage zwischen den Parteien nicht geklärt ist, darf die Klägerin entweder ein Recht, das ihr ihrer Meinung nach zusteht, nicht ausüben oder sie muss sich der Gefahr aussetzen, dass die unerlaubte Tätigkeit der Vermittlung öffentlichen Glücksspiels zumindest als Ordnungswidrigkeit geahndet (vgl. § 21 Abs. 1 lit. a) GlüStV AG NRW), gegebenenfalls sogar strafrechtlich verfolgt wird (vgl. §§ 284, 287 StGB). Dies ist ihr nicht zuzumuten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1972 - I C 33.68 -, Juris (Rn. 7), Bayerischer VGH, Urteil vom 30. August 2000 - 22 B 00.1833 -, Juris (Rn. 33).

Schließlich kann die Klägerin ihre Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen und hätte sie hierdurch auch nicht verfolgen können (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Auf einen - von ihr nur hilfsweise gestellten - Verpflichtungsantrag kann die Klägerin insoweit nicht verwiesen werden, da sie ihre Tätigkeit als erlaubnisfrei ansieht und daher in erster Linie gerade nicht die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis begehrt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1974 - VII C 36.72 -, Juris (Rn. 11); BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1972 - I C 33.68 -, Juris (Rn. 7), Bayerischer VGH, Urteil vom 30. August 2000 22 B 00.1833 -, Juris (Rn. 34).

Gleiches gilt für die - von der Klägerin nachfolgend tatsächlich ebenfalls wahrgenommene - Möglichkeit einer Anfechtungsklage gegen die nach Erhebung der Feststellungsklage am 26. September 2008 ergangene Untersagungsanordnung vom 12. November 2008. Die einmal erhobene Klage bleibt vielmehr zulässig, wenn erst nachträglich die Möglichkeit einer Gestaltungsklage entsteht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juli 1977 - VI C 96.75 -, Juris (Rn. 24).

Hierfür spricht auch, dass eine solche Gestaltungsklage nicht zwingend zur Prüfung der begehrten Feststellung führt, sondern etwa bereits dann erfolgreich sein kann, wenn der Eingriffsakt unter formellen Gesichtspunkten rechtswidrig ist.

II. Die Hauptanträge zu 1. und 2. sind jedoch unbegründet.

Die Klägerin darf nicht - wie mit dem Feststellungsantrag zu 2. geltend gemacht - im Land Nordrhein-Westfalen in der bis Ende 2008 von ihr ausgeübten Weise als Vermittlerin von in Deutschland behördlich zugelassenen Lotterieprodukten mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche (z.B. Lotto 6 aus 49 mit Zusatzlotterien und Sonderauslosungen, SKL, NKL, Glücksspirale und ARD-Fernsehlotterie) bzw. Rubbellose im Internet tätig sein. Einer Tätigkeit der Klägerin im Internet in Nordrhein-Westfalen als Vermittlerin von Lotterieprodukten bzw. Rubellosen steht bereits die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV entgegen, nach der unter anderem das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten ist (vgl. Antrag zu 2. lit. b). Denn bei den streitbefangenen Lotterien und Rubellosen handelt es sich zweifelsohne um öffentliche Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 GlüStV. Zudem fehlt der Klägerin die für die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden kann (vgl. Antrag zu 2. lit. a). Einer auf ihre Tätigkeit bezogenen Werbung im Internet steht schließlich § 5 Abs. 3 GlüStV entgegen (vgl. Antrag zu 2. lit. d). Vor diesem Hintergrund gehen die Begehren der Klägerin zur Feststellung der Zulässigkeit bestimmter Geschäftstätigkeiten im Rahmen der Vermittlung von Lotterien im Internet (entgegen dem Regionalitätsprinzip und den Werbebeschränkungen des GlüStV) ins Leere (vgl. Antrag zu 2. lit. c und e).

Die genannten Vorschriften zum Vermittlungsverbot im Internet (1.), der Erlaubnispflicht (2.) und dem Werbeverbot im Internet (3.) begegnen weder unter verfassungsrechtlichen noch unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten durchgreifenden Bedenken.

1. Das auf das Internet bezogene Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes und dessen Vorgaben im Hinblick auf die Bestimmtheit.

Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, Juris (insbesondere Rn. 25 f.) auf die entsprechende Verfassungsbeschwerde der Klägerin; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 18 ff.).

Zugleich ist es unionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 30 ff.); BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, Juris (Nachricht vom 28. September 2011); OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juni 2011 - 13 B 618/11 und 13 B 619/11 -, 19. Januar 2011 - 13 B 1290/10 - und vom 23. November 2010 - 13 B 1016/10 -, Juris; Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 1. April 2011 10 CS 10.2180 und 10 CS 10.589 -, Juris (Rn. 22 ff.); VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9. März 2011 - 6 S 2255/10 -, ZfWG 2011, 193 (195) und vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, Juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 68 ff.); dass., Beschluss vom 10. März 2011 11 MC 13/11 -, Juris; Hessischer VGH, Urteil vom 3. März 2011 8 A 2423/09 -, Juris; Sächsisches OVG, Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, Juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 8. Juni 2011 - OVG 1 B 31.08 -, 14. Januar 2011 OVG 1 S 221.10 - und 26. Oktober 2010 - OVG 1 S 154.10 -, Juris; OLG Köln, Urteil vom 19. November 2010 - 6 U 38/10 -, Juris; LG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 2010 - 12 O 232/09 -, Juris.

Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Frage der Notifizierung nach der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für Dienste der Informationsgesellschaft (Informationsrichtlinie),

vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - 13 B 776/09 -, Juris (Rn. 98 ff.); ständige Rechtsprechung der Kammer, zuletzt VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 2011 - 27 K 8790/08 -, Juris (Rn. 283 ff.),

sondern auch in Bezug auf die Vereinbarkeit mit den Grundfreiheiten des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV.

Ein Verstoß gegen die in Rede stehende Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV (früher Art. 49 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) ist nicht ersichtlich.

Dabei kann offenbleiben, ob das staatliche Sportwettenmonopol (§ 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV) gegen Unionsrecht verstößt.

Vgl. hierzu EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-409/06 - [Winner Wetten], - C-316/07, C409/07, C-410/07, C-358/07, C-359/07 und C-360/07 - [Markus Stoß] sowie - C-46/08 - [Carmen Media], Juris; BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13, 14 und 15.09 -, Juris.

Denn eine etwaige Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasst das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV - wie auch die Verbote des §§ 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 12); so auch: Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 29 ff.); Hessischer VGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 8 B 1552/10 -, Juris (Nachricht vom 9. September 2011); Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 1. April 2011 - 10 CS 10.2180 und 10 CS 10.589 -, Juris (jeweils Rn. 21); VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 2011 - 27 K 8790/08 -, Juris (Rn. 114 ff.); hinsichtlich des Erlaubnisvorbehaltes nach § 4 Abs. 1 GlüStV auch: BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 8 C 13.09 -, Juris (Rn. 77); OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2011 - 4 B 48/11 -, Juris (Rn. 60 ff.); OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Januar 2011 - OVG 1 S 221.10 -, Juris (Rn. 6 f.); Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 10. März 2011 - 11 MC 13/11 -, Juris (Rn. 7); VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9. März 2011 - 6 S 2255/10 -, ZfWG 2011, 193 (194) und vom 20. Januar 2011 6 S 1685/10 -, Juris (Rn. 9); Sächsisches OVG, Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, Juris (Rn. 5).

Sie würde nur zu einer Unanwendbarkeit der Vorschriften in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV führen, die Anwendbarkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV aber unberührt lassen. Letzteres könnte ohne weiteres für sich allein stehen. Es bezieht sich nicht ausschließlich auf die staatlichen, sondern auch auf private Glücksspielangebote. Der Wortlaut der §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 und 4 GlüStV stellt keinerlei Bezug zum staatlichen Monopol her. Die genannten Vorschriften enthalten insbesondere keine unmittelbar mit diesem Monopol zusammenhängenden oder daran anknüpfenden Anforderungen. Die Regelungssystematik spricht ebenfalls für eine übergreifende Geltung der §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 und 4 GlüStV. Denn sie sind Teil des ersten Abschnitts des Glücksspielstaatsvertrages ("Allgemeine Vorschriften"), der sich nach den Erläuterungen zum GlüStV ausdrücklich auf das Angebot sowohl des staatlichen als auch des privaten Glücksspiels bezieht.

So LT-Drs. 14/4849, Anlage "Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland", Erläuterungen S. 31.

Das staatliche Sportwettenmonopol ist hingegen im zweiten Abschnitt ("Aufgaben des Staates") geregelt.

So hinsichtlich des Erlaubnisvorbehaltes nach § 4 Abs. 1 GlüStV: OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2011 - 4 B 48/11 -, Juris (Rn. 64); OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Januar 2011 - OVG 1 S 221.10 -, Juris (Rn. 6).

Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 1. Juni 2011 ausdrücklich festgestellt, dass sich die Internetverbote des § 4 Abs. 4 GlüStV und § 5 Abs. 3 GlüStV nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols richten, sondern gemäß § 2 GlüStV alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele erfassen, und im weiteren im einzelnen dargelegt, dass sie unter Berücksichtigung des klaren Wortlauts, der Systematik sowie des Sinn und Zwecks dieser Regelungen nicht "monopolakzessorisch" sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 11 f.).

Ob das Bundesverwaltungsgericht damit möglicherweise von seiner früheren Feststellung, dass "die Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung (...) nur das Angebot der (...) staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger (regeln)",

vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, Juris (Rn. 30 i.V.m. 13),

abgewichen ist, ist unbeachtlich. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht bereits in einem seiner Urteile vom 24. November 2010 deutlich gemacht hatte, dass eine Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Monopols die übrigen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags grundsätzlich nicht berührt.

Vgl. insoweit zu den Vorschriften des § 4 Abs. 1 und § 21 Abs. 2 GlüStV: BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13/09 - Juris (Rn. 73 und 77). Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2011 - 4 B 48/11 -, Juris (Rn. 105); Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 10. März 2011 11 MC 13/11 -, Juris (Rn. 7).

Durch das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspiel im Internet wird der freie Dienstleistungsverkehr zwar beschränkt.

Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - C- 243/01 - [Gambelli], 6. März 2007 - C-338, 359 und 360/04 - [Placanica], 8. September 2009 - C-42/07- [Liga Portuguesa] und 8. September 2010 - C-46/08 - [Carmen Media], Juris.

Diese Beschränkung ist jedoch gemeinschaftsrechtlich gerechtfertigt.

So auch im Einzelnen BVerwG, Urteil, vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 30 ff.); BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, Juris (Nachricht vom 28. September 2011); OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2011 - 13 B 702/11 -, Juris (Rn. 24 ff.); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 68 ff.); Hessischer VGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 8 B 1552/10 -, Juris (Nachricht vom 9. September 2011); Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 1. April 2011 - 10 CS 10.2180 und 10 CS 10.589 -, Juris (jeweils Rn. 22 ff.); VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 2011 - 27 K 8790/08 -, Juris (Rn. 136 ff.).

Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspielen über das Internet dient zwingenden Gründen des Allgemeininteresses. Als solche sind unter anderem der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen anerkannt.

Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - C- 243/01 - [Gambelli], Juris (Rn. 67), vom 6. März 2007 C-338, 359 und 360/04 - [Placanica], Juris (Rn. 46), vom 8. September 2009 - C-42/07- [Liga Portuguesa], Juris (Rn. 56) und vom 8. September 2010 - C-46/08 - [Carmen Media], Juris (Rn. 55).

Diesen Zielen dient das Internetverbot wie die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags insgesamt, der auf die Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV), die Gewährleistung des Jugend- und des Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sowie die Kanalisation der Spiel- und Wettnachfrage auf legale Angebote (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und die Bekämpfung der Folge- und Begleitkriminalität (§ 1 Nr. 4 GlüStV) ausgerichtet ist. Sie werden durch die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet in besonderem Maße gefährdet.

Die Online-Teilnahme an einem Glücksspiel bringt spezifische Anreize und Gefahren mit sich. So ermöglicht der Vertriebsweg Internet bequeme, orts- und zeitunabhängige Glücksspielaktivitäten auf einer großen Vielfalt von Spielplattformen, mit hoher Ereignisfrequenz, ohne spürbare soziale Kontrolle und mit der Gefahr des Kontrollverlustes durch den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Internet-Glücksspiel kann rund um die Uhr von jedem stationären oder mobilen Empfangsgerät - sei es zu Hause im eigenen Wohnzimmer oder am Arbeitsplatz mit dem PC, sei es unterwegs mit dem Handy, Smartphone, Tablet-PC, Net- oder Notebook - gespielt werden, ohne einen stationären Anbieter aufsuchen und sich dabei an dessen Öffnungszeiten und sonstige Zugangsvoraussetzungen (z.B. Kleidervorschriften) halten zu müssen. Die Angebotspalette im Internet umfasst ein breites Spektrum an Spielformen und Einsatzmöglichkeiten. Besonders gefährlich ist dabei die etwa im Bereich der Live-Wetten - angebotene hohe Anzahl an Spielen pro Zeitintervall, die den schnellen Ausgleich etwaiger Verluste in Aussicht stellt. Ebenso zur Gefahr des Kontrollverlustes trägt der im Internet allein mögliche bargeldlose Zahlungsverkehr bei, der den eigentlichen Geldwert verschleiert und zu einem gesteigerten Risikoverhalten verleiten kann. Des Weiteren bestehen beim Online-Glücksspiel Hemmschwellen nicht, die im stationären Bereich durch den persönlichen Kontakt zu Mitspielern oder Angestellten gegeben sind. Die Spielteilnahme lässt sich im Internet bezogen auf das soziale Umfeld eher verheimlichen. Die soziale Kontrolle greift nicht in vergleichbarem Maße. Zudem können die Angebote im Internet ohne großen Aufwand sehr benutzerfreundlich gestaltet werden: übersichtliche Darstellung, Hilfetexte, Kundenservice per Chat, E-Mail oder Telefon. Schließlich lässt sich ein Glücksspielangebot im Internet besonders einfach und effektiv vermarkten - etwa durch entsprechende Werbung mit dem Angebot eines Bonusspielkapitals oder anderer Sonderkonditionen, der Nutzung von E-Mail-Verteilern mit entsprechendem Glücksspiellink sowie Exit-Pop-Up-Fenstern, die sich immer dann öffnen, wenn ein Internetnutzer die Seite eines Glücksspielanbieters verlassen will, um ihn an das eigene Angebot zu binden. Diese Faktoren machen einen Erstkontakt mit Online-Glücksspielen wahrscheinlicher und begünstigen die Aufrechterhaltung einer (exzessiven) Online-Spielteilnahme.

Vgl. Hayer/Bachmann/Meyer, Pathologisches Spielverhalten bei Glücksspielen im Internet, Wiener Zeitschrift für Suchtforschung, Jg. 28 2005 Nr. 1/2 S. 29 (32 f.), abrufbar unter: http://www.api.or.at/wzfs/beitrag/WZ_28_2005_12_03_Hayer.pdf; Meyer/Hayer Problematisches und pathologisches Spielverhalten bei Glücksspielen, Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung/Gesundheitsschutz 2010 S. 295 (302), abrufbar unter: http://gerhard.meyer.unibremen.de/index_dateien/s00103-010-1039-6.pdf; Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwertten - eine Untersuchung von Spielern aus Versorgungseinrichtungen, Mai 2005 S. 40, abrufbar unter: http://gerhard.meyer.unibremen.de/index_dateien/gefaehrdungspotenziallotterien.pdf; Adams, Was wird aus dem Glücksspielstaatsvertrag€, abrufbar unter: http://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Presse/2010/2010_11_29_PM_Gl%C3%BCcksspiel_Prof.Adams.pdf; vgl. hierzu nicht tragend auch die Aufzählung der Risikofaktoren durch das Komitee für Informationstechnologien des australischen Parlaments im englischsprachigen Papier "Netbets - A review of online gambling in Australia" aus März 2000 S. 52, abrufbar unter: http://www.aph.gov.au/senate/committee/it_ctte/completed_inquiries/1999-02/gambling/report/ contents.htm.

Über diese theoretischen Feststellungen hinaus liegen auch mehrere Studien vor, die Belege für den Zusammenhang zwischen einer Glücksspielbeteiligung im Internet und psychosozialen Belastungen liefern.

Vgl. Hayer/Bachmann/Meyer, a.a.O. (33 f.).

Dementsprechend ist jüngst in der deutschsprachigen Wissenschaft das Gefährdungspotential etwa von Sportwetten (Live-Wetten im Internet) und Poker im Internet auf der Grundlage empirisch validierter Beurteilungsmerkmale als hoch eingestuft worden.

Meyer/Häferli/Mörsen/Fiebig, Die Einschätzung des Gefährdungspotentials von Glücksspielen, Sucht 56 (6), 2010 S. 405 (411 f.), abrufbar unter: http://gerhard.meyer.unibremen.de/index_dateien/Sucht_6_2010__Messinstrument.pdf.

Ohne dass es hierauf ankommt, sei angemerkt, dass dies auch Ergebnissen fremdsprachiger Studien entspricht, die auf Selbstauskünften beruhen, insbesondere der Auswertung der britischen Untersuchung zur Spielprävalenz aus dem Jahre 2007 (2007 British Gambling Prevalence Survey). Diese hat sogar gezeigt, dass die Prävalenzrate für problematisches Spielen unter Internetspielern deutlich höher ist als unter Spielern außerhalb des Internets, und nahegelegt, dass dies insbesondere an der Bequemlichkeit, der Enthemmung, der Verfügbarkeit, der Zugänglichkeit und der Anonymität des häuslichen Internetspiels liegt.

Vgl. Griffiths/Wardle/Orford/Sproston/Erens, Sociodemographic Correlates of Internet Gambling: Findings from the 2007 British Gambling Prevalence Survey, CyberPsychology & Behaviour (2009) 12 (2), S. 199 ff., Zusammenfassung abrufbar unter: http://www.liebertonline.com/ doi/abs/10.1089/cpb.2008.0196; Griffiths/Wardle/Orford/Sproston/Erens, Internet Gambling, Health, Smoking and Alcohol Use: Findings from the 2007 British Gambling Prevalence Survey, International Journal of Mental Health and Addiction (2011) 9, S. 1 ff. (4 und 9 f.), abrufbar unter: http://www.springerlink.com/content/24717w407j8j47p8/fulltext.pdf.

Dabei wird eingeräumt, dass es auch Studien der Harvard Medical School gibt, die unter Verwendung eines anderen methodischen Ansatzes - nämlich der Analyse von Originaldatensätzen eines Glücksspielanbieters - zur Einschätzung gelangt sind, dass ihre Ergebnisse nicht die Annahme unterstützen, dass das Internetspiel einen großen Anteil der Spieler zu exzessivem Spielverhalten anregt.

Vgl. LaBrie/LaPlante/Nelson/Schumann/Shaffer, Assessing the Playing Field: A Prospective Longitudinal Study of Internet Sports Gambling Behavior, Journal of Gambling Studies (2007) 23, S. 347 ff. (358), abrufbar unter: http://www.austgamingcouncil.org.au/images/pdf/eLibrary/ 19408.pdf.

Ungeachtet des Umstandes, dass diese Studien der Harvard Medical School Ergebnis einer "engen Zusammenarbeit" mit C, einem der größten Online-Glücksspielanbieter weltweit sind,

vgl. http://www.C.com/Sustainability/OurBusiness/AppliedResearch.aspx,

vermögen sie aus verschiedenen Gründen die Einschätzung, dass vom Internetglücksspiel spezifische Gefahren ausgehen, nicht zu erschüttern. Zum einen ist nicht ersichtlich, wie in diesen Studien im Einzelnen die Grenzziehung zum auffälligen Spieler (mit exzessivem Spielverhalten) erfolgt ist

vgl. zu diesem Kritikpunkt ausführlich: Wilcke/Fiedler, Zur Aussagekraft der Onlineglücksspielstudien der Harvard Medical School, S. 3 f. und 9 f., abrufbar unter. http://unihamburg.academia.edu/ IngoFiedler/Papers/741928/Zur_Aussagekraft_der_Onlinglucksspielstudien_der_Harvard_Medical_School,

- bei der Sportwette wurde festgelegt, dass zu dieser Gruppe die Spieler gehören, deren Aktivitäten 99% des gesamten Datensatzes überstiegen, während beim Online-Casino die Top 5% als solche bestimmt wurde.

Vgl. LaBrie/LaPlante/Nelson/Schumann/Shaffer, a.a.O.; LaBrie/Kaplan/LaPlante/Nelson/ Shaffer, Inside the virtual casino: a prospective longitudinal study of actual Internet casino gambling, European Journal of Public Health (2008) 18, S. 410 ff, abrufbar unter: http://eurpub.oxfordjournals.org/content/18/4/410.full.pdf+html.

Zum anderen berücksichtigen diese Studien lediglich das Verhalten der Spieler auf einer einzelnen Glücksspielseite und damit regelmäßig nicht ihr gesamtes Glücksspielverhalten.

Vgl. Wilcke/Fiedler, a.a.O. S. 4; Griffiths/Auer, Approaches to understanding online versus offline gaming impacts, Casino & Gaming International (2011) 3, S. 45 (46).

Dementsprechend ist nicht nur in der obergerichtlichen,

vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, Juris (Rn. 65 ff.); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, Juris (Rn. 11 f.),

sondern auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass Wetten, aber auch sonstige Glücksspiele im Internet besondere Gefahren begründen.

Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 1. Juni 2011 ausdrücklich festgestellt und hierzu ausgeführt:

"Wie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, so ist auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt, dass Wetten und Glücksspiele im Internet diese Ziele in besonderem Maße gefährden. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen sie anders geartete und größere Gefahren in sich, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren besonders für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Neben dem bereits erwähnten fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können."

BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 34).

In diesem Zusammenhang hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits zuvor dargelegt, dass diesen Gefahren speziell Kinder und Jugendliche unterliegen, in deren Altersgruppe die Nutzung der interaktiven Medien besonders beliebt ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, Juris (Rn. 41).

Nachdem das Bundesverfassungsgericht bereits im Zusammenhang mit dem früheren Lotterierstaatsvertrag darauf hingewiesen hatte, dass die - damalige - Möglichkeit der Wettteilnahme über das Internetangebot der Staatlichen Lotterieverwaltung vor dem Hintergrund der rechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebotes am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft bedenklich sei,

vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/11 -, Juris (Rn. 139),

hat es zwei Jahre später insoweit in Bezug auf den Glücksspielsstaatsvertrag ausdrücklich festgestellt:

"Das Spielen per Internet ist durch ein hohes Maß an Bequemlichkeit sowie durch eine zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots gekennzeichnet. Hinzu kommt ein im Vergleich zur Abgabe des Lottoscheins in der Annahmestelle höherer Abstraktionsgrad, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes - und möglichen Verlustes von Geld - in den Hintergrund treten zu lassen."

BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, Juris (Rn. 40).

Diese Bewertung der nationalen Gerichte steht überdies im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, der die besonderen Gefahren des Internet-Glücksspiels ebenfalls anspricht, wenn er im Urteil vom 8. September 2010 in der Rechtssache Carmen Media gerade in Bezug auf § 4 Abs. 4 GlüStV ausführt:

"Der Gerichtshof hatte bereits Gelegenheit, die Besonderheiten des Anbietens von Glücksspielen über das Internet hervorzuheben (vgl. Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 72).

Er hat insbesondere ausgeführt, dass über das Internet angebotene Glücksspiele, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren in sich bergen, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden (Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 70).

Desgleichen können sich die Besonderheiten des Angebots von Glücksspielen im Internet als Quelle von, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, anders gearteten und größeren Gefahren für den Schutz der Verbraucher und insbesondere von Jugendlichen und Personen erweisen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder eine solche Neigung entwickeln könnten. Neben dem bereits erwähnten fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und aufgrund dessen die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen, die in ständiger Rechtsprechung herausgestellt worden sind, vergrößern können."

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08 - [Carmen Media], Juris (Rn. 102 f.).

Dementsprechend prüft inzwischen auch die Europäische Kommission, die das Internetverbot im Glücksspielstaatsvertrag als ungerechtfertigte Beschränkung der Grundfreiheiten moniert hatte,

vgl. Aufforderungsschreiben der EU-Kommission vom 31. Januar 2008 im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866, ZfWG 2008, 32 (33 ff.),

angesichts des schnellen Wachstums der Online-Gewinnspiele in Europa,

vgl. Unternehmensberatung Goldmedia, "Glücksspielmarkt Deutschland - Key Facts zur Studie April 2010", Abb. 2 S. 6, abrufbar unter: http://www.goldmedia.com/publikationen/bestellungkeyfactsgluecksspielmarktdeutschland.html,

und des Schutzbedürfnisses der Bürger selbst Maßnahmen einer zuverlässigen Regulierung dieses Marktes.

Vgl. EU-Kommission, Pressemitteilung vom 24. März 2011, Juris; Europäische Kommission, Grünbuch vom 24. März 2011 "Online-Gewinnspiele im Binnenmarkt", KOM(2011) 128 endgültig.

Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspiel im Internet ist auch im unionsrechtlichen Sinne geeignet, die vom Land Nordrhein-Westfalen geltend gemachten Ziele zu verwirklichen.

Vgl. hierzu schon: OVG NRW, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - 13 B 776/09 -, Juris.

So hat auch der Europäische Gerichtshof im oben zitierten Urteil festgestellt:

"Nach alledem ist anzuerkennen, dass eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich als geeignet angesehen werden kann, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt."

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08 - [Carmen Media], Juris (Rn. 105).

Der Annahme eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses für die Einführung eines Internetverbotes in Bezug auf die Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels und der Eignung eines solchen Verbotes zur Zielerreichung steht auch nicht der von der Klägerin geäußerte Einwand entgegen, von den von ihr vermittelten Glücksspielen, insbesondere den niedrigfrequenten staatlichen Lotterien gingen keine relevanten Suchtgefahren aus.

Dabei kann unterstellt werden, dass solche staatlichen Lotterien, wie etwa das klassische Lotto "6 aus 49", ein geringeres Suchtpotential als viele andere Glücksspiele, insbesondere als Sportwetten, Casinospiele sowie Geld- und Glücksspielautomaten, aufweisen.

Vgl. Meyer in: Jahrbuch Sucht 2010, S. 134; Stöver, Universität Bremen, Glücksspiele in Deutschland - Eine repräsentative Untersuchung zur Teilhabe und Problemlage des Spielens um Geld, Dezember 2006, abrufbar unter: http://www.gluecksspielsucht.de/materialien/untersuchungen _glinde_BISDRO.pdf; Becker, Universität Hohenheim, Häufigkeit der Glücksspielsucht in Deutschland, S. 4 ff., abrufbar unter: https://gluecksspiel.unihohenheim.de/fileadmin/einrichtungen/gluecksspiel/ Sucht/Gluecksspielsucht.pdf.

Dies stellt die Eignung des Internetverbotes zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele, vor allem der Vermeidung von Glücksspielsucht, der Begrenzung des Glücksspielangebotes und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes, jedoch nicht in Frage und musste den Gesetzgeber nicht dazu veranlassen, derartige Lotterien vom Anwendungsbereich des Internetverbotes auszunehmen.

§ 4 Abs. 4 GlüStV statuiert ein generelles Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele. Den Gesetzgebern war ausweislich der Erläuterungen zum GlüStV daran gelegen, ein "klares" und "konsequentes" Verbot von Internetangeboten zu schaffen, um seine Durchsetzung bei allen Beteiligten zu erleichtern.

So LT-Drs. 14/4849, Anlage "Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland", Erläuterungen S. 29 und 37.

Damit überschreitet der Gesetzgeber den ihm insoweit zukommenden Beurteilungsspielraum

vgl. hierzu allgemein: EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316, 358, 359, 360, 409 und 410/07 - [Markus Stoß], Juris (Rn. 79 ff.); EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08 - [Carmen Media], Juris (Rn. 104); EuGH, Urteil vom 21. September 1999 - C-124/97 - [Läärä], Juris (Rn. 37 und 39); BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, Juris (Rn. 30),

nicht. Dies wäre erst dann der Fall, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgeben können.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, Juris (Rn. 30)

Hieran gemessen sind die Erwägungen der Partner des GlüStV rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, angesichts der beschriebenen erheblichen Gefahren, die von Glücksspielangeboten im Internet allgemein ausgehen, diesen Vertriebsweg insoweit vollständig zu verbieten. Hierfür sprechen gerade auch Gründe der Praktikabilität bei der Durchsetzung des Verbotes, die durch eine differenzierte Regelung, mit der entsprechende Abgrenzungsschwierigkeiten verbunden sind, naturgemäß erschwert würde. Der Gesetzgeber durfte insoweit also typisieren und pauschalieren und war nicht gehalten, verschiedene Arten des Glücksspiels hinsichtlich der Zulässigkeit ihres Angebotes im Internet unterschiedlich zu behandeln.

Entgegen der Einschätzung der Klägerin hat der Gesetzgeber das ihm zustehende Typisierungsermessen auch nicht dadurch bereits abschließend ausgeübt, dass er in anderen Bereichen des GlüStV für einzelne Glücksspielarten, insbesondere Lotterieprodukte unterschiedliche Regelungen getroffen hat. Es trifft zwar zu, dass er etwa in § 22 Abs. 2 GlüStV Lotterien mit nicht mehr als zwei Ziehungen pro Woche privilegiert hat, indem er sie nicht dem System der Spielersperre unterworfen. Hierdurch dürfte er auch tatsächlich zum Ausdruck gebracht haben, dass er diese Glücksspielart im Vergleich zu anderen als weniger gefährlich einstuft. Damit hat er sich der Möglichkeit einer einheitlichen Regelung aller Glücksspiele in Bezug auf ihren Vertrieb im Internet aber nicht begeben. Die Differenzierung zwischen einzelnen Glücksspielarten in bestimmten Regelungsbereichen steht zum vollständigen Verbot aller Glücksspiele im Internet nicht in Widerspruch. Der GlüStV hat - wie bereits oben gesehen - das Internetverbot im ersten Abschnitt als allgemeine Vorschrift allen übrigen, zum Teil differenzierenden Regelungen vorangestellt. Letztere können daher nur noch für die übrigen Vertriebswege Geltung beanspruchen. Nur insoweit hat der Gesetzgeber Veranlassung gesehen, für bestimmte Glücksspiele etwa aufgrund ihres unterschiedlichen Gefährdungspotentials differenzierte Regelungen zu treffen. Dieses Konzept ist angesichts der besonderen vom Internet ausgehenden Gefahren, wie sie eingangs dargelegt worden sind, auch schlüssig.

Dem steht auch nicht die Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 Nr. 3 GlüStV entgegen, die hinsichtlich entsprechend niedrigfrequenter Lotterien die Möglichkeit einer zeitlich eng nämlich auf ein Jahr - begrenzten Ausnahme vom Internetverbot eröffnete, da diese vor allem dem Verhältnismäßigkeitsausgleich der gesetzlichen Regelung gegenüber den beiden bei Abschluss des GlüStV vorhandenen gewerblichen Spielvermittlern diente und ihnen ausreichend Zeit für eine Umstellung des Betriebs auf zulässige Vertriebswege einräumen sollte.

So LT-Drs. 14/4849, S. 50 f.

Der weitergehende allgemeine Einwand, Lotto werde nicht dadurch gefährlich, dass man den Spielschein im Internet abgibt, geht fehl. Er verengt den Blick unzulässig auf eine einzelne Spieltätigkeit und übersieht, dass mit der Zulassung eines entsprechenden Internetangebotes von Lotterien die Gefahr begründet wird, dass ein Spieler, der dieses für sich genommen nur begrenzt gefährliche Angebot in Anspruch nimmt, am Internetspiel Gefallen findet, damit an einen im Grundsatz in Bezug auf Glücksspiele gefährlichen Vertriebsweg herangeführt wird und auf diesem in der Folge auch an suchtgefährdenderen Glücksspielen teilnimmt.

Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV erfüllt auch die weiteren Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer entsprechenden Beschränkung. Es erweist sich als geeignet, die Verwirklichung der angeführten legitimen Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass es kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt, geht nicht über das hinaus, was zu deren Erreichung erforderlich ist und ist auch unterschiedslos anwendbar.

Vgl. zu diesen Anforderungen EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 - [Gambelli], Juris (Rn. 65 ff.); Urteile vom 8. September 2010 - C-316, 358, 359, 360, 406 und 410/07 - [Markus Stoß], Juris (Rn. 77 ff.) sowie - C-46/08 - [Carmen Media], Juris, (60 ff.).

Insbesondere wird das Internetverbot dem vom Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache Gambelli entwickelten,

vgl. Urteil vom 6. November 2003 - C- 243/01 -, Juris (Rn. 67),

und in den Urteilen vom 8. September 2010,

Rechtssachen C-316/07, C-358/07, C-359/07, C-360/07, C-409/07 und C-410/07 [Markus Stoß], Juris (Rn. 83, 88 und 97) sowie C-46/08 [Carmen Media], Juris (Rn 55 und 64),

hervorgehobenen Kohärenzgebot gerecht.

So auch BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 35 ff.); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 69 ff.); Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 1. April 2011 - 10 CS 10.2180 und 10 CS 10.589 -, Juris (jeweils Rn. 23 ff.); VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9. März 2011 - 6 S 2255/10 -, ZfWG 2011, 193 (195) und vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, Juris (Rn. 15).

Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist.

So aber letztlich Dörr, Das Verbot gewerblicher Internetvermittlung von Lotto auf dem Prüfstand der EG-Grundfreiheiten, DVBl. 2010, 69 (74 f.); Klöck / Klein, Die Glücksspiel-Entscheidungen des EuGH und die Auswirkungen auf den Glücksspielstaatsvertrag, NVwZ 2011, 22 (25); dies., Anmerkung zu den Urteilen des EuGH in der Rs. Markus Stoß und Carmen Media ZfWG 2010, 356 (359), die zur Rechtfertigung ihrer Einschätzung, dass das Internetverbot gegen das Kohärenzgebot verstößt, neben der relativ liberalen Regelung der Pferdewetten auf die suchtgefährdenden Automatenspiele und die teilweise stimulierende Werbung für staatliche Sportwetten und Kasinos verweisen.

Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08 - [Carmen Media], Juris (Rn. 65).

Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Köharenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.

So letztlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, Juris (Rn. 15); Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, Juris (Rn. 31); Hambach / Hettich / Pfundstein, "Rechtssicherheit für Internetglücksspiele durch die Rechtsprechung des EuGH€", K&R 2010, 711 (712 f.).

Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 36), das die Kohärenzprüfung auf das Online-Glücksspiel begrenzt und speziell Automatenspiele insoweit ausdrücklich für "irrelevant" erklärt, "da diese die körperliche Anwesenheit des Spielers voraussetzen".

Hieran hält die Kammer auch in Anbetracht der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache Zeturf fest.

Vgl. hierzu auch Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPRBVerwG 17/2011 Anm. 6.

Zwar hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. Juni 2011 festgestellt, dass das Internet lediglich ein Vertriebskanal für Glücksspiele ist und für die Frage des bei der Prüfung des Kohärenzgebotes in den Blick zu nehmenden Regelungsbereiches der Grad an Austauschbarkeit der verschiedenen Vertriebskanäle aus Sicht des Verbrauchers eine erhebliche Erwägung darstellt, und ist daran anknüpfend zur Einschätzung gelangt, dass speziell der Markt der Pferdewetten insoweit grundsätzlich in seiner Gesamtheit betrachtet werden soll, unabhängig davon, ob die fraglichen Wetten über die traditionellen Kanäle, das heißt physische Annahmestellen, oder über das Internet angeboten werden. Der Gerichtshof hat jedoch sodann diese Forderung einer Gesamtbetrachtung lediglich auf den Fall einer nationalen Regelung bezogen, die gleichermaßen für online angebotene wie für Wetten gilt, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, und für die der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen nicht für erforderlich gehalten hat.

Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-212/08 - [Zeturf], abrufbar unter: http://curia.europa.eu/jcms/jcms/j_6/ (Rn. 75-77 und 82).

Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV betrifft naturgemäß nur einen Vertriebskanal. Insoweit hat der nationale Gesetzgeber zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen davon wegen der dort bestehenden besonderen Gefahren für den Anwendungsbereich des GlüStV generell verboten hat. Dementsprechend hat der Gerichtshof auch in seinem Urteil in der Rechtssache Zeturf noch einmal ausdrücklich unter Wiederholung seiner oben zitierten Feststellungen aus seiner zu § 4 Abs. 4 GlüStV ergangenen Entscheidung in der Rechtssache Carmen Media auf die Besonderheiten des Anbietens von Glücksspielen über das Internet hingewiesen und seine Forderung nach einer Berücksichtigung sämtlicher austauschbarer Vertriebskanäle dahingehend eingeschränkt, dass sie nicht gilt, wenn die Nutzung des Internets dazu führt, dass die mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren über diejenigen hinaus verstärkt werden, die mit den über traditionelle Kanäle vertriebenen Spielen einhergehen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-212/08 - [Zeturf], abrufbar unter: http://curia.europa.eu/jcms/jcms/j_6/ (Rn. 78-81).

Gerade dieser Vorbehalt greift jedoch hier ein. Denn vom Internet gehen - wie oben gesehen und höchstrichterlich anerkannt - für die zu schützenden Allgemeininteressen im Vergleich zu den anderen Vertriebsmöglichkeiten zusätzliche Gefahren aus.

Vor diesem Hintergrund bedurfte es insoweit auch keiner Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.

Nach Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV besteht für ein mitgliedstaatliches Gericht eine Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, wenn ein Gericht in letzter Instanz entscheidet und wenn die Verwerfung von Unionsrecht infrage steht.

Vgl. Dörr, in: Sodan / Ziekow, VwGO, 3. Auflage (2010), EVG Rn. 125; Karpenestein, in: Grabitz / Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Loseblattwerk (Oktober 2009), EGV Art. 234 Rn. 62.

Im Übrigen liegt es nach § 267 Abs. 2 AEUV im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, eine gemeinschaftsrechtliche Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1992 - 5 B 72/92 -, Juris (Rn. 3).

Eine Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV bestand nicht, da das Urteil mit dem Rechtsmittel des Antrags auf Zulassung der Berufung angreifbar ist und die Gültigkeit einer entscheidungserheblichen Gemeinschaftsnorm nicht in Rede steht. Im Übrigen hat die Kammer von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof abgesehen, da dieser in seinem Urteil vom 8. September 2010 in der Rechtssache C-46/08 [Carmen-Media] die Vereinbarkeit der Bestimmung des § 4 Abs. 4 GlüStV mit Art. 56 AEUV hinreichend geklärt hat und durch eine (wiederholte) Vorlage keine weitere Konkretisierung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu erwarten ist. Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Verfahren BVerwG 8 C 5.10, welches die Vereinbarkeit des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV mit dem Unionsrecht zum Gegenstand hatte, von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof abgesehen und sonach zu erkennen gegeben, dass die sich stellenden unionsrechtlichen Fragen geklärt sind.

Ausgehend von diesen Grundsätzen verletzt das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV nach der im vorliegenden Zusammenhang allein maßgeblichen aktuellen Sach- und Rechtslage das unionsrechtliche Kohärenzgebot nicht. Grundsätzlich sind nach dieser Vorschrift im Internet generell öffentliche Glücksspiele verboten. Das Verbot betrifft staatliche Anbieter ebenso wie private, nationale ebenso wie mitgliedstaatliche. Eine Inkohärenz ergibt sich auch aus anderen Glücksspielangeboten und den ihnen zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen nicht.

Hinsichtlich der Online-Pferdewetten gilt dies auch dann, wenn davon ausgegangen wird, dass der Anteil der pathologischen Spieler unter allen Teilnehmern an Pferdewetten (stationär wie online) recht beachtlich ist,

vgl. hierzu Stöver, Glücksspiele in Deutschland - Eine repräsentative Untersuchung zur Teilhabe und Problemlage des Spieles um Geld (Dezember 2006), http://www.gluecksspielsucht.de/materialien/untersuchungen_glinde_BISDRO.pdf; Landesstelle für Glücksspielsucht in Bayern, Glücksspielsucht in Bayern - Zahlen, Daten, Fakten, http://www.lsgbayern.de/fileadmin/user_upload/lsg/presse/Hintergrund/Gluecksspielsucht_in_ Zahlen.pdf,

was den Fachbeirat Glücksspielsucht dazu bewogen hat, den Ländern eine Bundesratsinitiative für ein (ausdrückliches) Verbot von Online-Wetten bei Pferderennen zu empfehlen.

Vgl. Beschluss des Fachbeirats nach § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV vom 12. März 2008 zum Verbot von Online-Pferdewetten, http://www.fachbeiratgluecksspielsucht.de.

Denn im Internet veranstaltete und vermittelte Pferdewetten bilden aufgrund ihrer geringen Popularität lediglich ein kleines Marktsegment, dem bezogen auf den gesamten Online-Glücksspielmarkt nur eine vernachlässigenswerte Bedeutung zukommt und das bei der notwendigen auf die tatsächlichen Verhältnisse bezogenen Gesamtbetrachtung nicht mit dem erheblichen Suchtpotential sonstiger Online-Glücksspiele allgemein zu vergleichen sein dürfte.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2010 - 4 B 733/10 -, Juris (Rn. 87); dass., Beschluss vom 2. Juli 2010 - 4 B 581/10 -, Juris (Rn. 82); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2011 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 77); dass., Beschlüsse vom 10. März 2011 - 11 MC 13/11 -, Juris (Rn. 17), vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 , Juris (Rn. 32) und vom 16. Februar 2009 11 ME 367/08 -, Juris (Rn. 27); Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 1. April 2011 - 10 CS 10.2180 und 10 CS 10.589 -, Juris (jeweils Rn. 27); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 -, Juris (Rn. 65); a. A. VG Gera, Urteil vom 14. Dezember 2010 - 5 K 155/09 Ge -, Juris (Rn. 90 ff.).

Insoweit ist nach Einschätzung der Kammer auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache Zeturf allein der Online-Pferdewettenmarkt in den Blick zu nehmen. Ist nach oben Gesagtem allgemein die Prüfung der Beachtung des Kohärenzgebotes auf den Online-Vertriebskanal zu beschränken, so kann sich nämlich eine Inkohärenz des Internetverbotes nicht aus dem terrestrischen Angebot von Pferdewetten ergeben.

Allerdings bedarf es insoweit keiner weiteren Differenzierung. Denn bereits die geringe Bedeutung des gesamten Bereichs der Pferdewetten - stationär und online - wird anhand der hierzu vorliegenden Zahlen sowohl zu den Umsätzen (Spieleinsätzen) als auch zu den Bruttospielerträgen (den Beträgen, die nach Abzug der Gewinnauszahlungen von den Spieleinsätzen verbleiben) deutlich.

So beliefen sich die mit Pferdewetten erwirtschafteten Bruttospielerträge im Jahre 2009 in Deutschland auf etwa 60 Mio. Euro,

vgl. Unternehmensberatung Goldmedia, "Glücksspielmarkt Deutschland - Key Facts zur Studie April 2010", Abb. 2 S. 6, abrufbar unter: http://www.goldmedia.com/publikationen/bestellungkeyfactsgluecksspielmarktdeutschland.html,

und damit lediglich 6% des gesamten deutschen Online-Glücksspielmarktes, auf dem Bruttospielerträge in Höhe von etwa 1 Mrd. Euro erzielt wurden.

Vgl. Goldmedia, a.a.O. S. 5 f. und 9 f.; BITKOM, Stellungnahme vom 6. Juni 2010 im Rahmen der Strukturierten Anhörung zum Thema "Zukunft des Glücksspielwesens in Deutschland”, Punkt 3.18, abrufbar unter: http://www.bitkom.org/files/documents/Stellungnahme_Strukturierte_Anhoerung_ Gluecksspiel.pdf; vgl. auch die Prognose von H2 Gambling Capital, wiedergegeben in: Wöhr, Forschungsstelle Glücksspiel, Universität Hohenheim, Online-Spiele in Deutschland: Marktdaten, abrufbar unter: https://gluecksspiel.unihohenheim.de/fileadmin/einrichtungen/gluecksspiel/intern/Markt Online Spiele.pdf.

Ein noch deutlich geringerer Anteil ergibt sich aufgrund der niedrigeren Ausschüttungsquote bei der Pferdewette,

vgl. Goldmedia, a.a.O. Abb. 6 S. 9,

wenn man stattdessen auf die Spieleinsätze abstellt. Sie betrugen im Jahre 2010 im gesamten Bereich der Pferdewette 251 Mio. Euro,

vgl. Goldmedia, a.a.O. Abb. 5 S. 8; EPMA (europäischer Totalisatorverband), Der wirtschaftliche und soziale Beitrag des Pferderennsportes in Europa / The economic and social contribution of horseracing in Europe, September 2009, Abb. 9 S. 17, abrufbar unter: http://www.parimutueleurope.org/index.php€option=com_content&view=article&id=60&Itemid= 6. Die letztgenannte Abbildung veranschaulicht im Übrigen auch eindrucksvoll die geringe Größe des deutschen Pferdewettmarktes im europäischen Vergleich, in dem das bevölkerungsreichste Land Europas nach absoluten Umsätzen zusammen mit Finnland hinter Großbritannien, Frankreich, Irland, Italien, Schweden und Norwegen auf Rang 7 liegt,

während 3,9 Mrd. Euro allein bei sonstigen Online-Sportwetten eingesetzt wurden,

vgl. Goldmedia, a.a.O. Abb. 5 S. 8,

die ihrerseits lediglich etwa ein Drittel des gesamten Online-Glücksspielmarktes ausmachen.

Vgl. unter Berücksichtigung ähnlich hoher Ausschüttungsquoten die Verhältnisse zwischen Online-Wetten auf der einen und Online-Poker, Online-Casinos und Online-Lotto auf der anderen Seite in Bezug auf die Bruttospielerträge: Goldmedia, a.a.O. Abb. 2 S. 6.

Soweit geltend gemacht wird, dass bei den Zahlen Unschärfen im Hinblick auf den schwer zu beziffernden Umfang der Umsätze und Erträge ausländischer Anbieter von Online-Pferdewetten auf dem deutschen Markt bestehen, so ist dem entgegenzuhalten, dass insbesondere angesichts der Illegalität des Angebotes Gleiches für den gegenüber zu stellenden sonstigen Online-Glücksspielmarkt gilt.

Stellt man stattdessen auf das Volumen am Gesamtglücksspielmarkt ab,

so BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 42); Niedersächsisches OVG; Urteil vom 21. Juni 2011 - 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 77),

so fällt der Anteil der Pferdewetten gemessen hieran noch geringer aus.

Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 24. November 2010 im Verfahren 8 C 13.09 bereits festgestellt: "Vielmehr durfte der Gesetzgeber aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten, wegen ihres vergleichsweise geringen Marktanteils und des äußerst geringen Anteils von Wetten mit festen Gewinnquoten davon ausgehen, dass das Suchtpotential dort deutlich geringer ist als im stark expandierenden Bereich sonstiger Sportwetten mit festen Gewinnquoten."

Juris (Rn. 82) unter Hinweis auf Diegmann / Hoffmann / Ohlmann, Praxishandbuch für das gesamte Spielrecht, S. 15 Rn. 43; Hecker / Ruttig, in: Dietlein / Hecker / Ruttig, Glücksspielrecht - Kommentar, § 21 GlüStV Rn. 29.

Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht inzwischen entschieden, dass auch Pferderennwetten über das Internet nicht angeboten oder vermittelt werden dürfen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 37 ff.) und in gleicher Weise VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, Juris (Rn. 15); Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, Juris (Rn. 32), und Urteil vom 21. Juni 2011 - 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 76); VG Hamburg, Urteil vom 4. November 2010 4 K 26/07 , Juris (Rn. 64 f.).

Dies gilt nicht nur in Hinsicht auf das Wettangebot der Buchmacher, auf welches sich das Bundesverwaltungsgericht in den Gründen des Urteils vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 beschränkt, wenn es ausführt, dass die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) des Bundes erforderlichen Erlaubnisse Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden dürfen, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden (§ 2 Abs. 2 RennwLottG) und sich eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet erstreckt, sondern in gleicher Weise in Hinsicht auf das Wettangebot der Totalisatoren. Aus den Vorschriften der § 7 Abs. 2 Nr. 1 RennwLottG sowie § 5 RennwLottGABest und § 2 RennwLottGABest ergibt sich ein klarer Örtlichkeitsbezug, welcher einen Vertrieb der Totalisatorenwette über das Internet ausschließt. Nach § 5 RennwLottGABest ist dem Verein vorzuschreiben, auf welchen Plätzen der Rennbahn der Totalisator aufgestellt werden darf und welches der Mindestbetrag der Wetteinsätze sein soll. Es kann ihm gestattet werden, auch außerhalb der Rennbahn Wettannahmestellen für sein eigenes und für andere deutsche Totalisatorunternehmungen zu unterhalten. Nach § 2 RennwLottGABest darf zum Betrieb eines Totalisators nur ein Renn- oder Pferdezuchtverein (Verein) zugelassen werden. Die Erlaubnis ist für jeden Verein besonders zu erteilen und darf sich nur auf bestimmte Rennbahnen erstrecken. Im Besonderen die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 1 RennwLottG, nach der ordnungswidrig handelt, wer ohne zugelassener Unternehmer einer Totalisators oder zugelassener Buchmacher zu sein, außerhalb der Örtlichkeiten des Totalisatorunternehmens oder der Örtlichkeit, für welche die Erlaubnis erteilt ist, öffentlich zum Abschluss von Wetten auffordert, setzt den Örtlichkeitsbezug des Totalisators selbstverständlich voraus. Zudem geht das Rennwett- und Lotteriegesetz - wie § 4 RennwLottG unter besonderer Berücksichtigung der Ausführungsbestimmungen in § 9 RennwLottGABest zeigt - von einem Wettschein als ausgehändigter Urkunde aus, der bei Totalisatorwetten einen Tagesstempel oder das Tageszeichen des Rennvereins (§ 9 Buchstabe a) RennwLottGABest) bzw. bei Buchmacherwetten eine Unterschrift des Buchmachers oder seines Gehilfen (§ 10 Abs. 1 Satz 5 Buchstabe f) RennwLottGABest) trägt, wobei letztgenannter Wettschein mithilfe des Durchschreibeverfahrens und damit gegenständlich hergestellt wird und mit nicht löschbarem Schreibmittel auszufüllen ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 RennwLottGABest). Diese Anforderungen an die Dokumentation der Pferdewetten vermittels Urkundenerstellung und Aushändigung erfüllt das Veranstalten oder Vermitteln von Pferdewetten im Internet nicht.

Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 4. November 2010 - 4 K 26/07 -, Juris (Rn. 64 f.)

Dem steht auch nicht die tatsächliche Anwendungspraxis entgegen. Zwar muss sich die Prüfung der Beachtung des Kohärenzgebotes insbesondere auch auf die konkreten Anwendungsmodalitäten der betreffenden restriktiven Regelung beziehen,

vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08 - [Carmen Media], Juris (Rn. 65),

so dass die Kohärenz etwa dann nicht gewahrt ist, wenn der Staat einerseits ein bestimmtes Verhalten zu seiner Begrenzung nur einem staatlichen Monopolträger erlaubt, andererseits aber die Verbraucher zur Inanspruchnahme dessen Angebotes anreizt und ermuntert oder aber zumindest die Bereitschaft hierzu fördert.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, Juris (Rn. 77 f.).

Auch sind verschiedene Länderbehörden zurückliegend wohl von der Rechtmäßigkeit von Angeboten von Pferdewetten im Internet ausgegangen und es mögen zudem Buchmachern und Totalisatoren vereinzelt Erlaubnisse erteilt worden sein, welche sich ausdrücklich auf das Angebot von Pferdewetten im Internet erstreckten. Daraus lässt sich jedoch eine vergleichbar widersprüchliche Anwendungspraxis bei der Zulassung von Sportwetten im Internet hinsichtlich der Pferdewetten nicht ableiten. Denn zum einen beschränkte sich die Einschätzung der Rechtmäßigkeit des Angebots von Pferdewetten im Internet auf den Umfang der niedergelassenen Buchmachern und Totalisatoren nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz erteilten Erlaubnisse und zudem kommt den Pferdewetten - wie ausgeführt - nur eine vernachlässigenswerte Bedeutung im Vergleich zum gesamten Online-Glücksspielmarkt zu. Zum anderen war die Frage der Zulässigkeit von Pferdewetten im Internet nicht eindeutig geklärt,

vgl. einerseits: OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2009 - 13 B 723/09 -, Juris (Rn. 68 ff.); andererseits: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, Juris (Rn. 15); Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, Juris (Rn. 32),

und es ist davon auszugehen, dass nach der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht konsequent und systematisch gegen das Angebot von Pferdewetten im Internet vorgegangen wird.

Der Betrieb von Online-Spielbanken ist in Nordrhein-Westfalen nach gegenwärtiger Rechtslage nicht erlaubnisfähig. Spielbanken unterfallen nach § 2 Satz 2 GlüStV dem Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV. Der Betrieb einer Spielbank im Internet ist - wie in § 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken im Land Nordrhein-Westfalen (Spielbankgesetz NRW - SpielbG NRW) wiederholend geregelt wird - verboten.

Vgl. Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 1. April 2011 - 10 CS 10.2180 und 10 CS 10.589 -, Juris (jeweils Rn. 26).

Soweit vor dem Inkrafttreten des GlüStV erteilte Genehmigungen zum Betrieb einer Spielbank zur Veranstaltung von Glücksspielen im Internet berechtigen,

vgl. hierzu VG Hannover, Urteil vom 1. Dezember 2008 - 10 A 4171/06 -, juris ; Urteil vom 20. August 2007 - 10 A 1224/07 -, Juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 31. März 2008 11 LA 458/07 -, Juris,

vermag dies keine Zweifel an der Kohärenz der durch den GlüStV verfolgten Glücksspielpolitik hinsichtlich des Online-Vertriebsweges zu begründen. Es handelt sich um auf dem Weg der vollständigen Verhinderung solcher Angebote hinzunehmende ungewollte Einzelfälle, welche die Konzeption der Glücksspielpolitik nicht in Frage stellen. Dies gilt umso mehr, als nach der Mitteilung der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften,

vgl. Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 20. Mai 2008 in dem Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866, ZfWG 2008, 173 (185 f.),

solche Angebote zwischenzeitlich eingestellt worden sind,

vgl. den Hinweis auf die entfallene Verfügbarkeit des Online-Casinos der Spielbank Niedersachsen unter http://www.spielbankenniedersachsen.de/Online-Casino sowie den Eintrag zur Einstellung des Online-Roulettes der Spielbank Wiesbaden zum 31. Dezember 2007 unter http://www.spielbankwiesbaden.de/index.php€id=11,

oder von dem Bundesland auf einen Verzicht auf die Genehmigung oder deren Widerruf hingewirkt wird.

Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 16. Februar 2009 - 11 ME 367/08 -, Juris (Rn. 26).

Auch dem Betrieb von Online-Spielautomaten steht - soweit mit ihnen Glücksspiele im Sinne des §§ 3 Abs. 1 GlüStV, 284 StGB veranstaltet werden - das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV entgegen.

So auch Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 1. April 2011 - 10 CS 10.2180 und 10 CS 10.589 -, Juris (jeweils Rn. 26); Hüsken, "Die verwaltungsrechtliche Zulässigkeit von Gewinnspielen im Internet", GewArch 2010, 336 (337, 342 f.); Postel, "Spielhallen im Internet €", ZfWG 2009, 246 (250).

Eine Inkohärenz dieses Internetverbotes ergibt sich auch nicht aus der begrenzten Zulässigkeit von Gewinnspielen in (dem Rundfunk) vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 in Verbindung mit § 8a Abs. 1 RStV bis zu einem Entgelt von 0,50 Euro. Dabei kann dahinstehen, ob beziehungsweise unter welchen Voraussetzungen es sich bei einem konkreten im Internet angebotenen Spiel um ein Gewinnspiel in vergleichbaren Telemedien im Sinne des § 58 Abs. 4 RStV handelt. Soweit für das Spiel nur ein Entgelt von bis zu 0,50 Euro verlangt wird, ist es mangels Erreichens der wegen der Deckungsgleichheit der Glücksspielbegriffe des § 3 Abs. 1 GlüStV einerseits und des § 284 StGB andererseits in Anlehnung an die strafgerichtliche Rechtsprechung dort zu ziehenden Grenze zu einem nicht ganz unbeträchtlichen Einsatz kein Glücksspiel,

vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. April 2011 - 27 L 471/10 -, Juris (Rn. 32 ff.),

so dass seine Zulassung die Kohärenz des Internetverbotes für Glücksspiele nicht in Frage zu stellen vermag. Soweit ein Spiel in vergleichbaren Telemedien auf eine Mehrfachteilnahme ausgerichtet ist, handelt es sich um ein Glücksspiel im Sinne des GlüStV

vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. April 2011 - 27 L 471/10 -, Juris (Rn. 277 f.),

und unterliegt damit auch dem Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV.

Vgl. allgemein zur Anwendung des GlüStV auf Gewinnspiele nach §§ 8a, 58 Abs. 4 RStV: Bayerischer VGH, Beschluss vom 1. April 2011 - 10 CS 10.589 -, Juris (Rn. 26); vgl. zur Frage der Ungleichbehandlung der Sportwetten gegenüber Gewinnspielen im Rundfunk und in vergleichbaren Telemedien: BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, Juris (Rn. 58).

Das Gericht kommt entgegen der Auffassung der Klägerin vorliegend auch nicht zu dem Ergebnis, dass sich eine inkohärente und unsystematische Gesetzeslage hinsichtlich des Online-Glücksspiels dadurch ergibt, dass seit Juli 2010 Spielaufträge an Lotto Hessen mittels eines E-Postbriefes der Deutschen Post durch Spieler in Hessen eingereicht werden können. Dabei lässt das Gericht offen, ob es sich bei dieser Möglichkeit der Teilnahme an Lottospielen um ein Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspiel "im Internet" im Sinne des § 4 Abs. 4 GlüStV handelt.

Vgl. hierzu VG Wiesbaden, Urteil vom 1. Februar 2011 - 5 K 718/10.WI -, Juris (Rn. 72); VG Wiesbaden, Urteil vom 17. Februar 2011 - 5 K 122/09.WI -, Juris (Rn. 69).

Denn selbst unterstellt, es handelte sich um das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel "im Internet", so erwiese sich dies als Angebot der konzessionierten staatlichen Lottounternehmen contra legem. Denn das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV gilt umfassend. Dementsprechend gab es nach den vom Gericht eingeholten Auskünften auch in mehreren Bundesländern Überlegungen, gegen die Entgegennahme von Lotterie-Spielaufträgen per E-Postbrief vorzugehen. So befindet sich zum Beispiel die Freie und Hansestadt Hamburg noch im Anhörungsverfahren zu einem etwaigen ordnungsbehördlichen Einschreiten. Vor diesem Hintergrund ist nicht festzustellen, dass der Gesetzgeber insoweit Regelungen getroffen hätte, die das Veranstalten oder Vermitteln von Lotto im Internet legalisieren.

Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 4. November 2010 - 4 K 26/07 -, Juris (Rn. 76).

Abgesehen davon ist das Angebot des E-Postbriefes nicht nur regional, sondern sowohl zeitlich als auch inhaltlich eingeschränkt.

Vgl. hierzu Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 84).

So ist die Annahme von Spielaufträgen auf die Zeit zwischen 6 und 23 Uhr und der maximale Spieleinsatz pro Person und Woche auf 250 Euro beschränkt.

Ebenso wenig führt das Angebot der Y mbH zur Annahme der Inkohärenz der Regelungen zum Internetverbot. Denn dieses Angebot bietet keine unmittelbare Teilnahmemöglichkeit über das Internet.

Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 82); dass., Beschluss vom 10. März 2011 - 11 MC 13/11 -, Juris (Rn. 19).

Bei Y wird lediglich der Tippschein online ausgefüllt, während der Spielvertrag erst durch eine anschließende Unterschrift auf einem entsprechenden Formular und dessen postalischer Übersendung zustande kommt, so dass es sich insoweit um eine postgebundenes Angebot handelt.

Vgl. Angaben des Unternehmens unter: www.Y.de/s/play/ground/homepage.do.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Y mbH,

abrufbar unter: https://www.Y.de/s/managed_html/425/index.html,

wird bereits unter A - Allgemeines ausgeführt:

"Die Y mbH (Y) (...) bietet ab dem 01.01.2009 nur noch terrestrische LOTTO-Abonnements (...) an (...). Ein Spiel über das Internet ist ab dem 01.01.2009 gesetzlich nicht mehr möglich. Lediglich serviceorientierte und vorbereitende Tätigkeiten können über die Website vorgenommen werden."

Der konkrete Ablauf wird unter B - Spielvermittlung durch Y / IV Modalitäten der Auftragserteilung / 5. Der neue Vertriebsweg / b. Spiel wie folgt beschrieben:

"Der Spielteilnehmer wählt auf der Website von Y seine gewünschten Spiele und kreuzt - elektronisch unterstützt - die entsprechenden Felder an. Zur Verfügung stehen LOTTO 6aus49 mit den Zusatzlotterien Spiel 77 und Super 6, LottoXtra, Glücksspirale und Bingo! Die Umweltlotterie jeweils im Abo-Verfahren. Hat der Spielteilnehmer die Produkte gewählt und seinen Tipp getätigt, druckt er diesen aus, unterschreibt ihn und sendet ihn an Y. Dieses Dokument ist der eigentliche Spielvertrag. Der unterschriebene Spielauftrag muss bei Y eingetroffen sein, bevor der Kunde am Abo-Lotto teilnehmen kann. Vorher kommt kein Spiel zustande. Der Versand des unterschriebenen Dokuments kann per Post oder per Fax erfolgen."

Der eigentliche Spielvertrag liegt also in jedem Fall in Papierform vor. Damit handelt es sich nicht mehr um ein Glücksspiel im Internet. Diese Einschätzung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Spieler den ausgedruckten und unterschriebenen Spielvertrag sodann wieder einscannen und in elektronischer Form (als E-Mail) an Y senden kann.

Vgl. die ergänzenden Angaben unter: https://www.Y.de/s/managed_Html/608/index.html.

Denn dabei handelt es sich lediglich um eine im Rechtsverkehr inzwischen weithin anerkannte Alternative der Übermittlung einer schriftlichen Willenserklärung zur Übersendung per Post oder Fax.

Ebenfalls stellt das von der Klägerin angeführte Glücksspielangebot unter www.M.lu die Kohärenz des Internetverbotes nicht in Frage. Selbst eine faktische Duldung dieses Angebotes der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. KG durch Vermittlung der luxemburgischen Loterie Nationale kann dem deutschen Staat insoweit nicht vorgeworfen werden. Denn die deutschen Behörden hätten keine Veranlassung und auch keine Kompetenz zum ordnungsbehördlichen Einschreiten gegen dieses Angebot, da es aufgrund seiner Gestaltung in französischer Sprache, bei der unter dem Menüpunkt "Règlement officiel" lediglich die Teilnahmebedingungen des deutschen Lotterieunternehmens in deutscher Sprache eingestellt worden sind,

https://www.M.lu/player/lottoReglement.do,

und des Erfordernisses eines Wohnortes oder eines Kontos in Luxemburg,

vgl. Art. 1.3 der RÈGLES DE PARTICIPATUION INTERNET AUX JEUX REGROUPÉS SOUS LA DÉNOMINATION « LOTTO »; abrufbar unter: https://www.M.lu/player/export/sites/default/lottery/resources/lottery/fr/lotto/pdf/reglement_internet.pdf,

nicht auf den deutschen Markt ausgerichtet ist.

Vgl. zu dem hinsichtlich der Frage der Regelungsgewalt geltenden Wirkungs- bzw. Marktortprinzip die ständige Rechtsprechung der Kammer, zuletzt etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 13. September 2011 27 K 1005/09 , Juris (Rn. 32 ff.).

Eine Inkohärenz der Regelung des Internetverbots wird auch nicht durch die von einigen Lotteriegesellschaften (zum Beispiel Lotto Hamburg, Lotto Rheinland-Pfalz und Sachsenlotto) aufgestellten SB-Terminals (sogenannte "JackPoints") begründet.

Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 83).

Abgesehen davon, dass das Lotterieangebot an diesen Terminals zumindest derzeit noch erheblich eingeschränkt ist, werden entsprechende Geräte bisher soweit ersichtlich lediglich in den Annahmestellen aufgestellt.

Vgl.http://www.lottorlp.de/news/details/datum/2010/06/10/tippdestagesoddsetohnetippscheinspielbar.html;http://www.sachsenlotto.de/mskp/de/portal/navigation/lottosbterminal/lsb_spielangebot/lsb_spielangebot.jsp;jsessionid=EB36CC2C4B4E9AAA9B695A04D24397EC. infocus1b; http://www.isaguide.de/articles/14303_lotto_hamburg_praesentiert_lotto_jackpoint.html.

In Anbetracht dessen werden durch diese Terminals gerade nicht die oben beschriebenen besonderen Gefahren des Onlinespiels begründet. Eine bequeme Spielteilnahme von zu Hause oder unterwegs ist so nicht möglich. Das Angebot ist zudem nicht zeitlich unbeschränkt verfügbar. Auch fehlt es an einem zahl- und umfangreichen Angebot mit internationalem Charakter. Ferner ist eine soziale Kontrolle und der Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter in der Annahmestelle gegeben. Dort können gerade auch Minderjährige vom Spiel abgehalten werden. Dies geschieht teilweise sogar automatisiert, da die Bezahlung per EC-Karte mit Alterskontrolle erfolgt.

Vgl.http://www.sachsenlotto.de/mskp/de/portal/navigation/lottosbterminal/lsb_spielangebot/lsb_ spielangebot.jsp;jsessionid=EB36CC2C4B4E9AAA9B695A04D24397EC.infocus1b

Die Terminals vereinfachen daher im Kern lediglich den Tipp- und Bezahlvorgang in der Annahmestelle, ohne in erheblichem Umfang zusätzliche Suchtgefahren zu begründen.

Auch stehen die nach dem Gewerbegesetz der Deutschen Demokratischen Republik erteilten Erlaubnisse zur Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel einer Kohärenz nicht entgegen. Diese Erlaubnisse berechtigen nach Auffassung der Kammer nicht (mehr) zur Vermittlung oder Veranstaltung von Glücksspiel im Internet. Es kann offen bleiben, ob diese Erlaubnisse generell oder in Einzelfällen ursprünglich auch die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel im Internet umfassten.

So zur Rechtslage vor Inkrafttreten des GlüStV: Sächsisches OVG, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - BS 286/06 -, ZfWG 2007, 447 zu bwin e. K..

Jedenfalls durch das Inkrafttreten des generellen Verbots der Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet erstreckt sich die Erlaubnis nicht mehr auf einen Vertragsabschluss im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV. Die seinerzeit erteilten Erlaubnisse können ihrem Wesen nach nur insoweit, als es um die Zulassung des Gewerbes geht, Bestandsschutz vermitteln. Soweit es um die Ausübung des Gewerbes geht, unterliegt jeder Gewerbetreibende den sich naturgemäß im Laufe einer langjährigen Gewerbetätigkeit ändernden Berufsausübungsregeln.

Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 20. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 3. April 2009 - 11 ME 399/08 -, Juris.

Das Verbot, öffentliches Glücksspiel im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln, stellt eine solche Berufsausübungsregel dar.

Schließlich vermag auch die rechtskräftige Feststellung der erlaubnisfreien Zulässigkeit der gewerblichen Vermittlung entsprechender Lotterien im Land Sachsen-Anhalt über das Internet, die das Verwaltungsgericht Halle in Bezug auf die Klägerin getroffen hat,

Urteil vom 11. November 2000 - 3 A 158/09 -, Juris,

angesichts der beschränkten Bindungswirkung dieser Entscheidung (vgl. § 121 VwGO) die Kohärenz des weiterhin geltenden Internetverbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht in Frage zu stellen.

Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung der angeführten Ziele erforderlich ist. Dies verlangt, dass das Ziel nicht durch eine andere Maßnahme, die die betroffene Rechtsposition weniger beeinträchtigen würde, gleich wirksam verfolgt werden kann.

Vgl. EuGH, Urteil vom 11. Mai 1989 - C-25/88 - [Wurmser], Juris (Rn. 13); Pache, "Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Rechtsprechung der Gerichte der Europäischen Gemeinschaften", NVwZ 1999, 1033 (1036); ders. in: Schulze / Zuleeg / Kadelbach, Europarecht - Handbuch für die deutsche Rechtspraxis, 2. Aufl., § 10 Rn. 57; Schroeder, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 30 EGV Rn. 53.

Insoweit ist jedoch dem Normgeber ein Beurteilungsspielraum dabei einzuräumen, ob ein milderes Mittel ebenso effektiv ist.

Vgl. zum Ermessen im Rahmen der Beurteilung der Erforderlichkeit EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316, 358, 359, 360, 409 und 410/07 - [Markus Stoß], Juris (Rn. 79 und 81); Urteil vom 21. September 1999 - C-124/97 - [Läärä], Juris (Rn. 39); Pache, a. a. O., 1033 (1039).

Danach ist die Entscheidung, wie weit ein Mitgliedstaat in seinem Gebiet den Schutz bei Glücksspielen ausdehnen will, seinem Ermessen überlassen. Ihm kommt die Beurteilung zu, ob es im Rahmen des angestrebten Zieles notwendig ist, derartige Tätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten oder nur einzuschränken und dazu mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 21. September 1999 - C-124/97 - [Läärä], Juris (Rn. 35); EuGH, Urteil vom 24. März 1994 - C-275/92 - [Schindler], Juris (Rn. 61).

Angesichts dessen ist es auch unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der deutsche Normgeber ein allgemeines Internetverbot für die Veranstaltung von Glücksspielen im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV zur Bekämpfung der spezifischen Gefahren des Glücksspiels auf diesem Vertriebsweg im Vergleich zu einer Regelung als wirksamer erachtet, die Internetglücksspiel grundsätzlich zulässt, aber Auflagen macht, die - wie etwa eine Identitäts- und Alterskontrolle sowie den Anschluss an zentrale Sperrdateien - der Suchtprävention und dem Jugendschutz dienen.

Vgl. zu diesem Ansatz: TÜV-Rheinland/Weissmann, Die Bedeutung der Studie "Was kann das Internet" in der Praxis; Koenig, "Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Carmen Media Group Ltd., Markus Stoß u.a. und Kulpa Automatenservice Asperg GmbH u.a. im Hinblick auf den deutschen Glücksspielstaatsvertrag", Time Law News 4/2010, 2 (4 f.).

Des Weiteren ist das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV auch unterschiedslos anwendbar, das heißt nicht diskriminierend. Soweit darauf verwiesen wird, dass die staatlichen Glücksspielanbieter ihre lokale Betriebsinfrastruktur ganz überwiegend aus den Monopoleinnahmen finanziert haben und die bisher rechtswidrig von einer Zulassung ausgeschlossenen privaten Glücksspielanbieter gegen diese bereits vorhandene Infrastruktur angesichts der immensen Investitionskosten kaum konkurrieren könnten, mit der Folge, dass das Internet für sie deshalb häufig die einzige realistische Zugangsmöglichkeit zum deutschen Glücksspielmarkt darstellte, und der Konsequenz, dass das Totalverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV insofern eine faktisch diskriminierende und nicht zu rechtfertigende Beschränkungswirkung im Hinblick auf den Marktzugang von neuen Anbietern aus dem In- und Ausland entfalte,

vgl. Klöck / Klein, NVwZ 2011, 22 (25); Koenig, a. a. O. 2 (3 f.),

vermag dies keine Unanwendbarkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV zu begründen. So zeigt die Vielzahl und Verschiedenartigkeit (nicht konzessionierter) Vermittlungsstellen, dass es sich um angreifbare Märkte handelt und ein Markteintritt nicht mit signifikanten, an eine Marktzugangsbarriere heranreichenden Irreversibilitäten verbunden ist. Zudem würde eine erforderliche Marktöffnung und Zugangsregulierung keine Aufhebung des generell wirkenden Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV gebieten, sondern allenfalls Ansprüche auf Zugang zu den vorhandenen Infrastrukturen des Marktbeherrschers.

2. Des weiteren ist auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 1 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstellt, sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich,

vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, Juris (Rn. 78 ff.),

als auch mit Unionsrecht vereinbar. Auch dem stünde eine etwaige Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols nicht entgegen, da der Erlaubnisvorbehalt von diesem Monopol unabhängig besteht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, Juris (Rn. 77); OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2011 - 4 B 48/11 -, Juris (Rn. 60 ff.); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2011 11 LC 348/10 -, Juris (Rn. 29ff.) und Beschluss vom 10. März 2011 - 11 MC 13/11 -, Juris (Rn. 7); Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. März 2011 - 10 AS 10.2499 -, Juris (Rn. 30); OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Januar 2011 - OVG 1 S 221.10 -, Juris (Rn. 6 f.); VGH BadenWürttemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, Juris (Rn. 9); Sächsisches OVG, Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, Juris (Rn. 5).

Die mit dem Erlaubnisvorbehalt verbundene Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit ist entsprechend obigen Ausführungen zum Internetverbot durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig, weil zur Verwirklichung dieser Ziele geeignet und erforderlich; auch beruht das vorgesehene System der vorherigen behördlichen Erlaubnis angesichts der in § 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV und § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV (GlüStV AG NRW) genannten Tatbestandsvoraussetzungen auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien.

Vgl. zu diesen Anforderungen: EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08 - [Carmen Media], Juris (Rn. 84 ff.); EuGH, Urteil vom 3. Juni 2010 - C-203/08 - [Sporting Exchange], Juris (Rn. 50); EuGH, Urteil vom 6. März 2007 - C-338, 359 und 360/04 - [Placanica], Juris (Rn. 53 ff.); zum Erlaubnissystem nach dem GlüStV: OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2011 - 4 B 48/11 -, Juris (Rn. 76 ff.); OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. Dezember 2010 - 6 B 11013/10 -, Juris (Rn. 5 f.); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, Juris (Rn. 9); Sächsisches OVG, Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, Juris (Rn. 7).

3. Nach diesen Maßstäben ist schließlich auch das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet (§ 5 Abs. 3 GlüStV) weder verfassungs- noch unionsrechtswidrig.

So auch BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, Juris (Rn. 18 ff.); BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, Juris (Nachricht vom 28. September 2011).

Dabei kann in verfassungsrechtlicher Hinsicht dahinstehen, ob § 5 Abs. 3 GlüStV in der vorliegenden Konstellation in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) eingreift. Denn jedenfalls ist ein entsprechender Eingriff nach obigen Ausführungen auch verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. November 2009 - 13 B 716/09 -, Juris (Rn. 57).

Schließlich steht der Eignung des Verbotes der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - wie im Fernsehen und über Telekommunikationsanlagen - zur Erreichung dieser Ziele nicht entgegen, dass derartige Werbung über andere Kommunikationswege, etwa das Radio, zulässig bleibt. Denn jedenfalls das Internet begründet mit der Möglichkeit des sofortigen Übergangs zur Glücksspielteilnahme über eine entsprechende Verlinkung ein zusätzliches Gefahrenelement und auch vom Fernsehen geht angesichts seiner gerade im Vergleich zum Hörfunk größeren Suggestivkraft und seiner Reichweite ein zusätzliches Gefährdungspotential aus.

Vgl. LT-Drs. 14/4849, Anlage "Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland", Erläuterungen S. 38.

Vor dem Hintergrund dieser - und auch der zu B. folgenden - Ausführungen ist der unter 1. isoliert angefochtene Bescheid der Bezirksregierung E vom 11. Dezember 2008, mit dem der Antrag der Klägerin auf Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis kostenpflichtig abgelehnt worden ist, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In Anbetracht der Höhe der laut Antrag in Nordrhein-Westfalen geplanten Umsätze von 50 Mio. Euro pro Jahr (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - GebG NRW) gilt dies abgestellt auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung auch hinsichtlich der auf §§ 1 und 2 GebG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung sowie der Tarifstelle 17.2 des Allgemeinen Gebührentarifs gestützten Gebührenfestsetzung. Im Übrigen sind Rechtsverstöße durch den Bescheid vom 11. Dezember 2008 weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.

B. Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg.

Soweit sich der Verpflichtungsantrag zu 3. auf die Erteilung einer Erlaubnis für die gewerbliche Vermittlung der genannten Lotterien im Internet richtet, ist er zulässig, aber unbegründet. Die Ablehnung einer solchen Erlaubnis mit Bescheid der Bezirksregierung E vom 11. Dezember 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), da sie infolge des nach obigen Ausführungen mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbaren Verbots der Vermittlung öffentlicher Glücksspiele über diesen Vertriebsweg (§ 4 Abs. 4 GlüStV) keinen Anspruch auf eine entsprechende Erlaubnis hat.

Gleiches gilt hinsichtlich des Vertriebswegs SMS in der von der Klägerin dargelegten Form. Nach ihrer Darstellung in den Schriftsätzen vom 28. November und 29. Dezember 2008 erfolgt das Ausfüllen der Spielscheine im Internet, wohingegen der Vermittlungsvertrag erst durch eine SMS-Bestätigung zustande kommt. Danach wird der Tipp - anders als bei dem Angebot der Y mbH ausschließlich online übertragen. Denn die nachfolgende Bestätigung erfolgt nur noch in der Weise, dass der Kunde von U1 eine SMS mit einem 4-stelligen PIN-Code erhält, die er sodann in einer Antwort-SMS an U1 zurücksendet. Eine solche Vermittlung verstößt indes ebenfalls gegen das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV.

Soweit die Klägerin darüber hinaus die Verpflichtung zur Erteilung einer Erlaubnis zur Lotterievermittlung per Inbound begehrt, ist die Klage bereits unzulässig. Insoweit fehlt es an einem hinreichend konkreten Antrag bei der Behörde. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO ("Antrag auf Vornahme") und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden.

Vgl. zu dieser Zugangsvoraussetzung: BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 C 42.06 -, Juris (Rn. 22 f.); BVerwG, Urteil vom 31. August 1995 - 5 C 11.94 -, Juris (Rn. 14); Kopp/Schenken, Verwaltungsgerichtsordnung - Kommentar, 16. Aufl., Vorb § 40 Rn. 11, § 42 Rn. 6 und § 75 Rn. 7.

Die Klägerin hat in ihrem Antrag vom 19. September 2008 lediglich angedeutet, dass es sich insoweit um eine telefonische Annahme von Spielaufträgen handele, bei dem der Kunde eine zentrale Servicenummer anrufe und ein Produkt seiner Wahl kaufe. Auf die Aufforderung der Bezirksregierung E vom 3. November 2008 zur genaueren Darstellung dieses Vertriebswegs von der Werbung bis zur Gewinnausschüttung hat die Klägerin mit Schreiben vom 28. November 2008 lediglich erklärt, dass sich dieser Vertriebsweg noch in der Planungsphase befinde, so dass hierzu noch keine detaillierten Informationen gegeben werden könnten. Auf dieser Grundlage war jedoch der Bezirksregierung E - wie sie in ihrem Bescheid vom 11. Dezember 2008 festgestellt hat - eine Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der Vermittlung über einen derartigen Vertriebsweg nicht möglich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 2 Satz 1, 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils, d.h. den Anträgen im Zusammenhang mit der Übergangserlaubnis, entspricht es angesichts der offenen Erfolgsaussichten in Bezug auf die Klärung der aufgeworfenen Fragen der Erfüllung der Anforderungen des Jugendschutzes, der Genehmigungsfähigkeit der Vermittlung einzelner Lotterien sowie der Beachtung der Werbebeschränkungen der Billigkeit, die Kosten zu teilen. Andererseits steht für die Klägerin bei ihrer Rechtsverfolgung wertungsmäßig der Feststellungsantrag zur Zulässigkeit der Internetvermittlung deutlich im Vordergrund, den sie unabhängig vom Auslaufen der Übergangsfrist fortgeführt und mit dem sie - wie auch hinsichtlich der Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 11. Dezember 2008 und der Verpflichtung zur Erteilung einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV - unterlegen ist. Das Gericht erachtet es vor diesem Hintergrund für angemessen, den Beklagten lediglich mit 1/8 an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Zulassung der Berufung ist nach § 124a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die bisher obergerichtlich noch nicht entschiedene Frage der Unionsrechtmäßigkeit des Verbots der Vermittlung auch von weniger suchtgefährdenden Lotterien im Internet erfolgt.






VG Düsseldorf:
Urteil v. 15.11.2011
Az: 27 K 6714/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/891cc7247c5e/VG-Duesseldorf_Urteil_vom_15-November-2011_Az_27-K-6714-08




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