Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 31. August 1995
Aktenzeichen: 6 U 232/94

(OLG Köln: Urteil v. 31.08.1995, Az.: 6 U 232/94)

Die Aussagen ,... da haben undichte Rohrverbindungen, Wurzeleinwuchs, Rißbildungen und Bruch durch Verkehrslasten keine Chance. Die heute nötigen aufwendigen Sanierungen sind ein Problem, das ein für allemal gelöst werden kann - durch frei Fahrt für duktile Gußrohrtechnik..." in der Werbung für duktile Gußrohre für Abwässer verstoßen als unzulässige, das Leistungsangebot der Mitbewerber (Hersteller von Abwasserrohren aus anderen Materialien; hier: Steinzeug) herabsetzende Werbevergleiche gegen § 1 UWG.

Gründe

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zwar zulässig. In der Sache

bleibt ihr jedoch der Erfolg versagt.

Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen

erstinstanzlichen Urteil die vorangegangene einstweilige Verfügung

bestätigt, mit welcher der Antragsgegnerin aufgegeben wurde, die

beanstandete Werbung zu unterlassen.

Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin gemäß § 1 UWG

Unterlassung der verfahrensbetroffenen, in der Ausgabe April 1994

der Publikation ,Korrespondenz Abwasser" geschalteten Werbeanzeige

verlangen. Die darin enthaltenen Aussagen ,...da haben undichte

Rohrverbindungen, Wurzeleinwuchs, Rißbildungen und Bruch durch

Verkehrslasten keine Chance. Die heute nötigen aufwendigen

Sanierungen sind ein Problem, das ein für allemal gelöst werden

kann - durch freie Fahrt für duktile Gußrohrtechnik ..." verstoßen

als unzulässige, das Leistungsangebot der Mitbewerber herabsetzende

Werbevergleiche gegen das in § 1 UWG niedergelegte Gebot einer mit

den guten Sitten zu vereinbarenden Werbung und sind daher zu

untersagen.

Soweit die Antragsgegnerin den vorbezeichneten Àußerungen

überhaupt den Charakter vergleichender Werbeaussagen absprechen und

deren Bedeutung allein auf die positive Stellungnahme zu ihrem

eigenen Leistungsangebot ohne eine herabsetzende Aussage über die

Leistungen der Konkurrenz beschränken will, überzeugt das von

vornherein nicht.

Allerdings ist es richtig, daß der Verkehr Àußerungen der hier

in Frage stehenden Art regelmäßig als Hinweis auf die besondere

Güte und Zuverlässigkeit der eigenen Leistungen des Werbenden

versteht. Darin erschöpft sich der Aussagegehalt der

verfahrensbetroffenen Werbebehauptungen jedoch nicht. Wenn die

Antragsgegnerin die im einzelnen geschilderten Beeinträchtigungen

und Belastungen (,...undichte Rohrverbindungen, Wurzeleinwuchs,

Rißbildungen und Bruch durch Verkehrslasten...") bei Verwendung

ihrer duktilen Gußrohre als ,chancenlos" darstellt, sowie darüber

hinaus das Problem der ,heute nötigen aufwendigen Sanierungen" als

,ein für allemal gelöst" bezeichnet, stellt sie eindeutig einen

vergleichenden Bezug zu den aus anderen Materialien und mittels

einer anderen Fertigungstechnik hergestellten Rohren ihrer

Mitbewerber her. Wie die Antragsgegnerin selbst darlegt,

konkurriert auf dem hier betroffenen Marktsegment ein

überschaubares Angebot von aus diversen Materialien hergestellten

Kanalrohren um einen im wesentlichen aus Fachleuten

(Kommunen/Abwasserwirtschaft) bestehenden Abnehmerkreis, wobei die

aus Beton und Stahlbeton hergestellten Rohre mit einem Marktanteil

von 60 % bis 70 % marktbestimmend seien, ein weiterer Anteil von 20

% bis 25 % auf Steinzeugrohre entfalle und sich nur der

verbleibende Rest von 10 % bis 15 % auf aus anderen Materialien

herstellte Rohre - darunter die duktilen Gußrohre - verteile. Wenn

in den angegriffenen Werbeaussagen daher von Beeinträchtigungen und

Verschleißerscheinungen sowie den ,heute nötigen aufwendigen

Sanierungen" die Rede ist, so erschließt sich dem angesprochenen

Fachpublikum die Bedeutung dieser Aussagen ganz klar als Bezugnahme

auf die auf dem Markt derzeit vertretenen Hersteller, deren Rohre

überwiegend verlegt sind (,...h e u t e nötigen Sanierungen...")

und bei denen sich die beschriebenen Beinträchtigungen zeigen

können sowie das Erfordernis von Sanierungen als konkretes Problem

in der Praxis stellen kann. Da die von den in der Antragsgegnerin

zusammengeschlossenen Unternehmen hergestellten duktilen Gußrohre

jedenfalls im Verhältnis gegenüber den Beton- und Stahlbetonrohren

sowie den Steinzeugrohren noch nicht in maßgeblichem Umfang verlegt

sind und den Markt daher nicht prägend mitbestimmen, beziehen sich

die genannten Àußerungen über die Anfälligkeit gegen

Beeinträchtigungen und Verschleißerscheinungen sowie die ,heute

nötigen aufwendigen Sanierungen" somit eindeutig auf die

gegenwärtig bereits verlegten Rohre, welche die Erfahrungen der

Abnehmerkreise in der Praxis beeinflussen und bei denen es sich

überwiegend um solche aus den Herkunftsstätten der Konkurrenz

handelt. Daß diese Rohre im Verhältnis zu den von der

Antragsgegnerin beworbenen duktilen Gußrohren herabgesetzt werden,

ist dabei augenfällig. Schon regelmäßig wird der Verkehr allein

wegen des Umstandes, daß bei Werbeanzeigen gerade das Angebot des

Werbenden als besonders zuverlässig und leistungsstark

hervorgehoben werden soll, davon ausgehen, daß - wird hierbei eine

Gegenüberstellung oder ein Bezug zu Leistungen der Mitbewerber

herstellt oder sonst erkennbar - dies der Unterstreichung der

besonderen Qualität der eigenen Leistung im Gegensatz zu derjenigen

der Konkurrenz dienen soll, welche daher im Vergleich zur eigenen

Ware als von geringerer Güte dargestellt wird. Insbesondere im

gegebenen Fall wird dies aber allein schon deshalb deutlich, weil

die behaupteten Vorteile der von der Antragsgegnerin beworbenen

Gußrohre gerade anhand der angeblichen, bei Verwendung der

letztgenannten Rohre als chancenlos und ein für allemal ausgeräumt

bezeichneten Nachteile der den Markt jedenfalls gegenwärtig noch

prägenden Konkurrenzprodukte dargestellt werden. Daß damit in den

Augen des angesprochenen Publikums eine die Rohre der

Konkurrenzunternehmen, darunter die Antragstellerin, kritisierende,

im Vergleich zur eigenen Ware herabsetzende Aussage verbunden ist,

liegt auf der Hand.

Die nach alledem in den vorbezeichneten Aussagen liegende

Herabsetzung der Leistungsfähigkeit der Mitbewerber der

Antragsgegnerin erweist sich dabei auch als nach § 1 UWG

unzulässige vergleichende Werbung.

Hierfür bedarf es nicht der Entscheidung, ob es sich bei den

beanstandeten Werbeaussagen um einen gezielt gegen bestimmte

Mitbewerber gerichteten kritisierenden Warenvergleich handelt, der

unter anderem nur unter der Voraussetzung zulässig ist, daß der

solcherart Werbende einen hinreichenden Anlaß für die kritisierende

Befassung mit der Ware oder Leistung seiner Konkurrenten für sich

in Anspruch nehmen kann. (BGH GRUR 1969, 283/285 - "

Schornsteinauskleidung" -; BGH GRUR 1984, 823/824 -

"Charterfluggesellschaften -"; - BGH GRUR 1962, 45/48 - -

,Betonzusatzmittel" -; - BGH GRUR 1967,596 - -

"Kuppelmuffenverbindung" -; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht,

17. Aufl., Rdnrn. 335 und 66 zu § 1 UWG). Auch bei Annahme eines

bloßen ,Warenartenvergleichs", bei dem - ohne eine individuelle

Bezugnahme auf bestimmte Konkurrenten - zwei bzw. mehrere

Warenarten gegenübergestellt werden und der, anders als der zuerst

bezeichnete Warenvergleich, für seine Zulässigkeit keines

besonderen rechtfertigenden Anlasses bedarf (vgl.

BaumbachHefermehl, a.a.O., Rdnrn. 348 und 350 m.w.N.), erweist sich

der angegriffene Werbevergleich jedenfalls als unzulässig. Nur am

Rande sei daher darauf hingewiesen, daß ein Warenvergleich hier im

Hinblick darauf naheliegt, daß es sich bei dem betroffenen

Marktsegment der Kanalrohre um einen Bereich handelt, in dem ein

als noch verhältnismäßig überschaubar zu bezeichnender

Herstellerkreis eine begrenzte Produktpalette anbietet. Selbst wenn

sich allein im Bereich der den betroffenen Markt gegenwärtig noch

prägenden Hersteller von Beton- und Stahlbetonrohren sowie von

Steinzeugrohren eine größere Zahl von Herstellern betätigt, so wird

doch diese Gruppe als solche deutlich abgegrenzt und insoweit ein

individueller Bezug erkennbar. Es kann nämlich nicht übersehen

werden, daß es sich bei dem von der Werbung angesprochenen Publikum

überwiegend um Fachkreise handelt, denen die konkurrierenden

Unternehmen eher als dem breiten Verkehr bekannt sind, so daß auch

ohne ausdrückliche Bezugnahme auf bestimmte Mitbewerber bzw. deren

Produkte erkennbar werden dürfte, zu welchen konkreten Herstellern

anderer Abwasserrohre die Antragsgegnerin die von ihr beworbenen

duktilen Gußrohre in Bezug setzt.

Im Ergebnis kommt der vorbezeichneten Abgrenzung zwischen

einerseits einem sog. Warenvergleich sowie andererseits einem

Warenartenvergleich im gegebenen Fall jedoch keine

streitentscheidende Bedeutung zu, weil sich auch bei Verneinen

einer derartigen erkennbar auf bestimmte individuelle Mitbewerber

gerichteten Bezugnahme der dann anzunehmende Warenartenvergleich

als unzulässiger Werbevergleich darstellt. Zwar bedarf die

allgemeine Bezugnahme auf fremde Erzeugnisse im Rahmen eines sog.

Warenartenvergleichs, vermittels dessen die Vorzüge der eigenen

Ware im Vergleich mit anderen Warenarten angepriesen werden, keiner

besonderen Rechtfertigung. Ein solcher allgemein gehaltener

Warenartenvergleich, der nicht auf bestimmte Konkurrenten Bezug

nimmt, sondern sich gegen die Gesamtheit der Mitbewerber richtet,

ohne daß einzelne von ihnen mit Namen genannt oder auf andere Weise

erkennbar gemacht werden, ist vielmehr grundsätzlich zulässig (vgl.

Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdnrn. 350 und 389 zu § 1 UWG; von

Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 22 Rdnrn. 45, 59 jeweils

m.w.N.). Allerdings ist er den für Werbevergleiche jeglicher Art

geltenden allgemeinen Schranken des Wettbewerbsrechts unterworfen.

Er muß daher insbesondere auf wahren Angaben beruhen sowie die Vor-

und Nachteile der verglichenen Warenarten und Leistungen sachlich

gegenüberstellen (vgl. BGH GRUR 1967, 30/33 - "Rum-Verschnitt" -;

BGH GRUR 1967, 596/599 - "Kuppelmuffenverbindung" -; BGH GRUR 1973,

270/271 - "Der sanfte Bitter" -; BGH GRUR 1986, 548/549 -

"Dachsteinwerbung" -; Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdnrn. 350 und

389 zu § 1 UWG; von Gamm, a.a.O., Kap. 22 Rdnr. 49).

Diesen Anforderungen hält die verfahrensbetroffene Werbung aber

allein schon deshalb nicht stand, weil sie das danach zu beachtende

Wahrheitsgebot verletzt.

Jeder Vergleich muß wahr sein (vgl. BGH GRUR 1952, 416/418 -

"Dauerdose" -; BGH GRUR 1958, 485/486 - ,Odol" -; BGH GRUR 1963,

371/373 f - "Wäschestärkemittel" -; BaumbachHefermehl, a.a.O.,

Rdnr. 389 zu § 1 UWG). Auch wenn sich der Verkehr bei Werbeaussagen

daran gewöhnt hat, daß der Werbende die eigenen Leistungen in einem

positiven Licht hervorhebt und anpreist, rechnet er trotz der damit

erwarteten subjektiven Wertung der Werbeaussage gleichwohl mit

einer in ihrem Kern richtigen Aussage.

Schon die objektive Eignung, die Umworbenen in die Irre zu

führen, macht den Vergleich daher wettbewerbswidrig nach § 1 UWG

(Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdn. 389 zu § 1 UWG). Werden

miteinander konkurrierende Warenarten verglichen, so reicht es

nicht aus, daß der Werbende lediglich pauschal das aus seiner Sicht

günstige Ergebnis des Vergleichs hervorhebt. Vielmehr erfordert das

Wahrheitsgebot, über die maßgeblichen Umstände, auf deren Grundlage

der Werbende das Ergebnis des Vergleichs mitteilt, vollständig

aufzuklären. Andernfalls kann das angesprochene Publikum eine

gesamtabwägende Entscheidung, welche Warenart die vorteilhaftere

ist, nicht sachgerecht treffen (BGH GRUR 1967, 546/544 -

,Kuppelmuffenverbindung" -; BGH GRUR 1973, 658/660 - ,Probierpreis"

-; BGH GRUR 1984, 823/824 - ,Charterfluggesellschaften"; BGH GRUR

1986, 548/549 - ,Dachsteinwerbung" -). Auch wenn es dem Werbenden

dabei nicht abverlangt werden kann, über sämtliche Umstände, die in

den Vergleich der beiden Warenarten eingeflossen sind, aufzuklären,

so müssen doch die im Rahmen des Vergleichs gegenübergestellten

maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen in der Sache richtig

dargestellt werden; denn sonst kann das umworbene Publikum, weil es

nicht darüber informiert wird, was tatsächlich miteinander

verglichen wird, die mit der Hervorhebung der eigenen Ware des

Werbenden verbundene Abwertung der Ware der Konkurrenten nicht

nachprüfen.

Diesen Vorgaben wird die hier zu beurteilende Werbeanzeige der

Antragsgegnerin nicht gerecht.

Die Werbebehauptung, ,hier haben undichte

Rohrverbindungen...keine Chance" suggeriert, daß bei Verwendung

duktiler Gußrohre derartige negative Erscheinungen nicht auftreten

können. Die apodiktische Formulierung dieser Aussage erweckt dabei

den Eindruck, daß es sich um eine aufgrund Erfahrungswissens

feststehende Tatsache handele. Das ist aber selbst nach den

Ausführungen der Antragsgegnerin nicht der Fall, die sich nach

einer angeblich seit drei Jahrzehnten bestehenden Erfahrung mit

duktilen Gußrohren insoweit vielmehr nur zu einer ,sicheren

Prognose" in der Lage sieht (Bl. 147 d.A.). Die aufgrund einer

Prognose lediglich mögliche Aussage über eine voraussichtliche

Eigenschaft der duktilen Gußrohre im Vergleich gegenüber den aus

anderen Materialien hergestellten Kanalrohren, findet ihren

Ausdruck so aber nicht in der Werbeanzeige. Die mit der Absolutheit

der hinsichtlich der duktilen Gußrohre ausgelobten

Schadensresistenz verbundene pauschale Herabsetzung der aus anderen

Materialien hergestellten Kanalrohre ergibt somit im Ergebnis ein

zumindest unvollständiges und objektiv zur Irreführung geeignetes

Gesamtbild, das dem angesprochenen Publikum eine gesamtabwägende

Entscheidung über die Vorteile der in Bezug gesetzten Warenarten

nicht möglich macht. Während - wie unstreitig ist - u.a. die

Steinzeugrohre erheblich länger als drei Jahrzehnte in der Praxis

eingesetzt werden, besteht hinsichtlich der duktilen Großrohre nach

dem Vortrag der Antragsgegnerin eine lediglich die Zeitspanne von

drei Jahrzehnten umfassende praktische Erfahrung. Ganz

offensichtlich ist aber das Gewicht einer Aussage über die im

Vergleich zu einem konkurrierenden Produkt herausgestellte

Schadens- und Verschleißresistenz von der jeweils im praktischen

Einsatz der Warenarten gewonnenen Erfahrung abhängig. Ohne

Erkennbarmachen des Umstandes, daß die hinsichtlich der duktilen

Gußrohre ausgelobte hohe Belastbarkeit nicht aus einer den

Steinzeugrohren und Beton - sowie Stahlbetonrohren entsprechenden

praktischen Erfahrung gewonnen wurde, sondern daß es sich hierbei

lediglich um eine Prognose handelt, ergibt sich somit ein

unzutreffendes Gesamtbild. Da die tatsächlichen Grundlagen, aus

denen die Antragsgegnerin die vorbezeichneten Aussagen über die

Resistenz ihrer duktilen Gußrohre im Vergleich mit den Rohren

anderer Hersteller bezieht, in der Werbeanzeige nicht offenbart

sind, verletzt die Absolutheit und Pauschalität ihrer

Werbebehauptung daher das Wahrheitsgebot.

Dies gilt überdies auch deshalb, weil die Antragsgegnerin nicht

glaubhaft gemacht hat, daß die vorbezeichnete Aussage auf wahren

Grundlagen beruht, daß also duktile Gußrohre tatsächlich im

Vergleich zu anderen Abwasserrohren undichten Rohrverbindungen,

Wutzeleinwuchs usw. keine Chance lassen, sie also insoweit

resistent sind. Die Beweis- bzw. Glaubhaftmachungslast für die

Richtigkeit dieser Werbebehauptung trägt dabei auch die

Antragsgegnerin. Da in den Interessenbereich von Mitbewerbern nur

mit nachweisbar wahren vergleichenden Angaben eingegriffen werden

darf, trifft die Beweislast für die Richtigkeit der Angaben den

Werbenden. Der Werbende maßt sich selbst das an sich dem

angesprochenen Verbraucher überlassene Urteil über die in Bezug

genommene Ware oder Leistung an, so daß es ihm auch möglich und

zumutbar ist, die Grundlagen seiner Wertung zu offenbaren und deren

Richtigkeit nachzuweisen. Dem die Werbeaussage Angreifenden ist

dies demgegenüber in aller Regel mangels Kenntnis der beworbenen

Ware oder Leistung des auf Unterlassung in Anspruch Genommenen

unmöglich, was es auch aus diesem Gesichtspunkt rechtfertigt, den

Werbenden mit dem Beweis bzw. der Glaubhaftmachung der Richtigkeit

seiner vergleichenden Werbeaussage zu belasten (vgl. BGH GRUR 19 ,

283/286; Baumbach-Hefermehl, a.a.O., BGH GRUR 1958, 485/486 -

"Odol" -; Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 391 zu § 1 UWG).

Aus vorstehenden Erwägungen folgt weiter auch die

wettbewerbliche Unzulässigkeit des in der Werbebehauptung ,Die

heute nötigen aufwendigen Sanierungen sind ein Problem, das ein für

allemal gelöst werden kann - durch freie Fahrt für duktile

Gußrohrtechnik" liegenden, die aus anderen Materialien

hergestellten Rohre herabsetzenden Werbevergleichs. Auch diese

Werbeaussage, welche die zunächst suggerierte Reparatur- und

Verschleißresistenz der duktilen Gußrohre noch verstärkt, indem sie

für die duktilen Gußrohe völlige Sanierungsfreiheit in Anspruch

nimmt, behauptet ein angeblich feststehendes Erfahrungswissen,

welches in Wirklichkeit aber nicht vorliegt. Denn auch insoweit

sieht sich die Antragsgegnerin lediglich zu einer Prognose in der

Lage. Des weiteren steht auch die Richtigkeit der Behauptung, daß

bei der Verwendung duktiler Gußrohre das Problem von Sanierungen

ein für allemal gelöst werden kann, mithin die Wahrheit des

vorgenommenen Warenartenvergleichs nicht fest. Selbst unter

Berücksichtigung des Umstandes, daß - wie die Antragsgegnerin dies

behauptet - dem von der Werbung angesprochenen Fachpublikum bekannt

sei, daß die durchschnittliche Lebensdauer von Rohren auch ohne

schädigende Einwirkungen lediglich 60-80 Jahre betrage, kommt der

vorbezeichneten Aussage doch die Bedeutung zu, daß zumindest für

diese Lebensdauer die Antragsgegnerin über ein feststehendes

Erfahrungswissen für ihre duktilen Gußrohre verfüge. Das ist aber -

da nach den Behauptungen der Antragsgegnerin duktile Gußrohre erst

seit drei Jahrzehnten eingesetzt werden - nicht der Fall.

Die Antragsgegnerin kann sich schließlich auch nicht zu ihren

Gunsten auf die Grundsätze des sog. Abwehrvergleichs berufen.

Unabhängig davon, inwiefern der Gesichtspunkt des Abwehrvergleichs,

der einen hinreichend begründeten Anlaß für einen Warenvergleich

darstellen kann, überhaupt zur Rechtfertigung eines

Warenartenvergleichs heranzuziehen ist, greift dieser Gesichtspunkt

hier nicht durch. Der auf einem individuellen Abwehrinteresse

beruhende Vergleich, der ausnahmsweise die persönliche und

vergleichende Werbung erlauben kann, setzt voraus, daß der Angriff

überhaupt noch fortwirkt (vgl. Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdnr.

371 zu § 1 UWG). Angesichts des Umstandes, daß die Werbung der

Antragstellerin, welche die Antragsgegnerin mit der

verfahrensbetroffenen Werbeanzeige angeblich ,abwehren" will,

entweder bereits in 1992 oder aber erst n a c h der

verfahrensbetroffenen Werbeanzeige veröffentlicht wurde, ist dies

hier aber nicht der Fall.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig (§ 545 Abs. 2

ZPO).

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OLG Köln:
Urteil v. 31.08.1995
Az: 6 U 232/94


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