Bundespatentgericht:
Urteil vom 12. Oktober 2005
Aktenzeichen: 4 Ni 51/04

(BPatG: Urteil v. 12.10.2005, Az.: 4 Ni 51/04)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 197 09 935 (Streitpatent), das am 11. März 1997 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der japanischen Voranmeldungen P 8-054866 vom 12. März 1996 und P 8-312308 vom 22. November 1996 angemeldet worden ist. Das Streitpatent betrifft einen Kolbenkompressor und umfasst 13 Ansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Anspruch 1 lautet wie folgt:

Kolbenkompressor mit einer Anzahl von Zylinderbohrungen (111) und in den Zylinderbohrungen hin- und hergehenden Kolben (37), einer Ansaugkammer (131) für die Zufuhr von Gas aus einem externen Kreislauf (45) zu den Zylinderbohrungen (111) und einer Auslasskammer (132) für die Aufnahme des in den Zylinderbohrungen (111) komprimierten Gases und die Abgabe zu dem externen Kreislauf (45), wobei zwischen der Auslasskammer (132) und dem externen Kreislauf (45) ein Auslassdämpfer (551; 66) zum Verhindern eines Pulsierens, das durch die Strömung des von der Zylinderbohrung (111) zu der Auslasskammer (132) abgegebenen Gases verursacht wird, und ein Ventil (58; 68) angeordnet sind, wobei das Ventil (58; 68) selektiv die Auslasskammer (132) mit dem externen Kreislauf (45) verbindet und trennt auf der Grundlage einer Differenz zwischen einem Druck, der auf die stromauswärtige Seite des Ventils (58; 68) einwirkt, und einem Druck, der auf die stromabwärtige Seite des Ventils (58; 68) einwirkt, wobei das Ventil (58; 68) in die Dämpferkammer (551; 66) hineinragt ohne von dem Dämpfergehäuse (551; 66) nach außen vorzustehen.

Wegen der unmittelbar oder mittelbar auf den Patentanspruch 1 zurückbezogenen Ansprüche 2 bis 13 wird auf die Streitpatentschrift DE 197 09 935 C2 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Patents gehe über den Inhalt der ursprünglichen Offenbarung hinaus und sei im Übrigen weder neu noch erfinderisch. Zur Begründung trägt sie vor, Kompressoren mit den Merkmalen des Patentgegenstandes seien im Stand der Technik bereits vor dem Prioritätszeitpunkt bekannt oder wenigstens nahegelegt gewesen. Dazu stützt sich die Klägerin auf folgende Dokumente:

D1 DE 196 44 431 A1 D2 JP 01-257777 A mit englischer Übersetzung (D2a)

D3 JP 08-035485 A mit englischer Übersetzung (D3a)

D4 DE 44 39 512 A1 D5 JP 06-229636 A mit englischer Übersetzung (D5a)

D6 US 5 141 420 D7 US 4 533 299 D8 US 4 715 790 Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 197 09 935 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, ferner verteidigt sie das Patent im Umfang gemäß Hilfsanträgen 1 und 2 vom 6. April 2005 sowie gemäß Hilfsanträgen 3 und 4 vom 11. Oktober 2005, überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Wegen des Inhalts der Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen wird insoweit auf Bl. 85 und Bl. 86 sowie die Anlagen zum Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die strittigen technischen Merkmale des Patentanspruchs 1 seien in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart. Im Übrigen sei der Patentgegenstand neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, weshalb das Streitpatent allgemein, zumindest aber im hilfsweise verteidigten Umfang, patentfähig sei.

Gründe

Die zulässige Klage, mit der die in § 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Nr 1 und 4 PatG vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der unzulässigen Erweiterung des Streitgegenstandes gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen geltend gemacht wurden, ist nicht begründet.

1. Das Streitpatent betrifft nach der Beschreibungseinleitung einen Kolbenkompressor, wie er zB bei Kraftfahrzeugklimaanlagen verwendet wird.

Nach Spalte 2, Zeilen 25 bis 31 der Streitpatentschrift soll eine Lösung für das Problem gefunden werden, einen Kompressor zu schaffen, der ein abruptes Ändern des Lastmomentes des Kompressors verhindert, ohne dass die Kühleffizienz verschlechtert wird. Der Kompressor soll des weiteren das Erzeugen von Eis verhindern und eine kompakte Baugröße haben, so dass er kostengünstig hergestellt werden kann.

Hierzu ist nach dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung vorgesehen ein Kolbenkompressor mit folgenden Merkmalen:

1. eine Anzahl von Zylinderbohrungen (111), 2. in den Zylinderbohrungen hin- und hergehende Kolben (37), 3. eine Ansaugkammer (131) für die Zufuhr von Gas aus einem externen Kreislauf (35) zu den Zylinderbohrungen (111), 4. eine Auslasskammer (132) für die Aufnahme des in den Zylinderbohrungen (111) komprimierten Gases und die Abgabe des Gases zu dem externen Kreislauf (45), 5. einen Auslassdämpfer (551; 66), der zwischen der Auslasskammer (132) und dem externen Kreislauf (45) angeordnet ist zum Verhindern eines Pulsierens, das durch die Strömung des von der Zylinderbohrung (111) zu der Auslasskammer (132) abgegebenen Gases verursacht wird, 6. ein Ventil (58; 68), das zwischen der Auslasskammer (132) und dem externen Kreislauf (45) angeordnet ist und selektiv die Auslasskammer (132) mit dem externen Kreislauf (45) verbindet und trennt auf der Grundlage einer Differenz zwischen einem Druck, der auf die stromaufwärtige Seite des Ventils (58; 68) einwirkt, und einem Druck, der auf die stromabwärtige Seite des Ventils (58; 68) einwirkt, 7. wobei das Ventil (58; 68) in die Dämpferkammer (55; 66) hineinragt, 8. wobei das Ventil nicht von dem Dämpfergehäuse (113; 122) nach außen vorsteht.

Ein derartiger Kolbenkompressor besteht aus einem Gehäuse mit darin angeordnetem Zylinderblock. Der Zylinderblock weist Zylinderbohrungen auf, in denen Kolben verschieblich gelagert sind. Das Fördermedium tritt über Ansaug- und Auslassventile aus der Einlasskammer in die Zylinderbohrungen bzw aus den Zylinderbohrungen in die Auslasskammer.

Da die Förderung pulsierend erfolgt, ist dem Kompressor eine Dämpferkammer nachgeschaltet. Die Dämpferkammer nimmt unter geringer Druckerhöhung das von einem Kolben geförderte Gas auf und gibt es nicht nur während der Förderung, sondern auch nach Beendigung der Förderung dieses Kolbens unter geringem Druckabfall an den externen Kreislauf ab. Auf diese Weise werden die Pulsationen auf der Druckseite des Kompressors annähernd ausgeglichen. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigte, muss die Dämpferkammer ein bestimmtes Mindestvolumen aufweisen, um eine ausreichende Dämpfungswirkung erzielen zu können. Von der Dämpferkammer gelangt das Fördermedium in den externen Kreislauf und wird zB der Klimaanlage eines Kraftfahrzeuges zugeführt. Um ein Rückströmen des geförderten Gases aus dem externen Kreislauf in die Dämpferkammer oder die Auslasskammer zu verhindern, ist zwischen der Auslasskammer und dem externen Kreislauf ein Rückschlagventil vorgesehen. Dieses Rückschlagventil ist so im Bereich der Dämpferkammer angeordnet, dass es in die Dämpferkammer hineinragt, jedoch nicht von dem Dämpfergehäuse nach außen vorsteht.

2. Die Klägerin konnte den Senat nicht davon überzeugen, dass der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Zuständiger Fachmann ist ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der über mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Kompressoren vor allem für Kraftfahrzeugklimaanlagen verfügt.

Maßgebend für den Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung ist der Gesamtinhalt der ursprünglichen Anmeldung bestehend aus Beschreibung, Ansprüchen und Zeichnung. Alle drei Offenbarungsmittel stehen gleichrangig nebeneinander. Es sind alle Merkmale beanspruchbar, die für den zuständigen Fachmann in diesen drei Offenbarungsmitteln als zur angemeldeten Erfindung gehörend zu erkennen sind (vgl zB BGH GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze). Dienen in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale der näheren Ausgestaltung der Erfindung, die je für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, dann hat es die Patentinhaberin in der Hand, ob sie einzelne oder sämtliche dieser Merkmale in die Patentansprüche aufnimmt (BGH GRUR 1990, 432-434 - Spleißkammer). Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Merkmale in der Beschreibung gegenüber gleichzeitig offenbarten anderen Lösungen als vorteilhaft, zweckmäßig oder bevorzugt bezeichnet sind, noch gibt es eine Abstufung in der Wertigkeit der für die Beschreibung der Erfindung benutzten Offenbarungsmittel (BGH GRUR 1990, 510-512 - Crackkatalysator). Im Einspruchsverfahren finden diese Änderungen ihre Grenze in dem Erfordernis, dass sich die in den Patentanspruch aufgenommenen Merkmale auf die im erteilten Patentanspruch umschriebene Erfindung beziehen müssen. Die Aufnahme von Merkmalen, die nicht als zur patentierten Erfindung gehörig erkennbar sind, würde zu einem Aliud führen (BGH GRUR 1990, 432-434 - Spleißkammer). Entgegen der Auffassung der Klägerin bilden nach ständiger Rechtsprechung die im Erteilungsverfahren eingereichten ursprünglichen Ansprüche keine derartige Grenze (Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl, § 21, Rdn 59 mwN). Denn im Erteilungsverfahren sind die ursprünglich eingereichten Ansprüche lediglich als Formulierungsversuche anzusehen, die den Anmelder nicht binden (BGH GRUR 2002, 49-52 - Drehmomentübertragungseinrichtung). Alle Gegenstände, die sich einem Fachmann aus der ursprünglichen Anmeldung ohne weiteres erschließen, können daher zum Gegenstand des Patents gemacht werden, ohne zu einer unzulässigen Erweiterung zu führen. Beispielsweise wird auf die der Rechtsprechung entsprechende übliche Praxis verwiesen, dass bei einer uneinheitlichen Anmeldung jeder der verschiedenen angemeldeten Gegenstände unabhängig vom ursprünglich eingereichten Anspruch 1 in verschiedenen Anmeldungen weiterverfolgt werden kann. Ferner hat der Anmelder die Möglichkeit, sich zB auf das Rechercheergebnis hin auf einen Teilaspekt seines in den gesamten ursprünglichen Unterlagen offenbarten Erfindungskomplexes zu beschränken und diejenigen (technisch zusammenhängenden) Merkmale in einen Anspruch aufzunehmen, auf die es ihm nunmehr ankommt.

Unter Beachtung dieser Grundsätze sind alle Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart.

Die ursprünglich eingereichten Unterlagen, die mit der Offenlegungsschrift übereinstimmen, enthalten mehrere Maßnahmen, die unterschiedliche Probleme und zugehörige Lösungen betreffen:

1. Verhindern eines abrupten Lastmomentes des Kompressors ohne Beeinträchtigung der Kühleffizienz (Sp 2, Z 17 bis 20 der OS);

2. Verhindern von Eiserzeugung am Verdampfer (Sp 2, Z 20 bis 22 der OS);

3. Vereinfachung des Aufbaus des Kompressors und erleichterte Herstellung (Sp 10, Z 41 bis 43 der OS);

4. Verhinderung der Verdünnung des Schmiermittels (Sp 10, Z 52 bis 55 der OS) und 5. vereinfachte Unterbringung des Rückschlagventils (Sp 13, Z 26, 27 und 30 bis 32 der OS).

Im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 war vor allem zur Lösung des 4. Problembereiches der Einbau eines Rückschlagventils zwischen der Auslasskammer und dem externen Kreis vorgesehen (Sp 10, Z 35 bis 63 und Sp 15, Z 31 bis 65 der OS). Im Laufe des Erteilungsverfahrens hat sich die jetzige Patentinhaberin auf die konkrete baulich einfache Anordnung dieses Rückschlagventils zurückgezogen und somit ihr Patentbegehren in zulässiger Weise auf eine Lösung beschränkt, die sich vor allem dem Problembereich 5 zuordnen lässt.

Die Klägerin behauptet, dass die Merkmale 7 und 8 der vorstehend angeführten Merkmalsanalyse den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörig zu entnehmen seien.

Dem stimmt der Senat nicht zu. Gemäß Figur 8 der Offenlegungsschrift bilden die Gehäuse 113 und 122 gemeinsam einen Auslassdämpfer 551 (Sp 12, Z 29 bis 31 und Fig 8 der OS). Der Innenraum der beiden Gehäuse 113, 122 ist als Dämpferkammer 55 definiert (Sp 12, Z 34 bis 36 der OS). Innerhalb dieser Dämpferkammer 55 ist ein Ölabscheider 56 angeordnet (Sp 12, Z 36 bis 39 der OS), in dem wiederum ein Auslasskanal 561 mit einem Rückschlagventil 58 angeordnet ist (Sp 12, Z 43 bis 47). Gemäß Figur 8 ragt das Ventil 58 von der Wand des Gehäuseteils 113, also von der Wand des Auslassdämpfers 551, in diese Dämpferkammer 55 hinein, so dass das Merkmal 7 dieser Figur eindeutig zu entnehmen ist. Merkmal 8 ergibt sich unmittelbar aus der Tatsache, dass das Ventil innerhalb des zylindrischen Ölabscheiders 56 angeordnet ist, der wiederum vollständig innerhalb des Auslassdämpfers 551 liegt. Dieser Lehre steht die Angabe nicht entgegen, dass das Ventil im Auslasskanal untergebracht ist, da auch dieser bezüglich des hier interessierenden Abschnitts innerhalb der Dämpferkammer liegt (Sp 12, Z 43 bis 47 und Ansprüche 3, 4 der OS). Da ein wesentlicher Gedanke der ursprünglichen Anmeldung in der Anordnung eines Rückschlagventils zwischen der Auslasskammer und dem externen Kreislauf lag, ist zwangsläufig die konkrete Ausgestaltung dieser Anordnung gemäß den Merkmalen 7 und 8 ein Teilaspekt dieser Erfindung, so dass diese Merkmale als zur Erfindung gehörig anzusehen sind.

Die Unteransprüche gemäß Hauptantrag sind unbestritten zulässig.

3. Die Klägerin konnte den Senat nicht davon überzeugen, dass der mit dem Patentanspruch 1 beanspruchte Gegenstand nicht neu ist.

Aus der nach dem Anmeldetag des Streitpatentes veröffentlichten D1 mit älterem Zeitrang ist ein Kolbenkompressor bekannt, der unstreitig die Merkmale 1 bis 6 des Patentanspruchs 1 aufweist. Wie der Figur 1 dieser Schrift ohne weiteres zu entnehmen ist, ist außen auf dem Zylinderblock 11 und dem Frontgehäuse 12 ein Auslassschalldämpfer 44 mit einer Dämpferkammer vorgesehen (Sp 6, Z 5 bis 7, und Fig 1 der D1). Auf dem Gehäuse des Auslassschalldämpfers 44 ist in einem weiteren, nach außen vorspringenden Gehäuse ein Absperrventil 63 angeordnet, wobei das zusätzliche Gehäuse allein an die Außenkontur des Absperrventils angepasst ist und dieses unmittelbar umgibt, wie aus einem Vergleich des Gehäuses mit dem Absperrventil in den Figuren 1 und Figur 2 unmittelbar zu erkennen ist. Das zusätzliche Gehäuse mit dem Absperrventil 63 ragt somit nicht - wie in Merkmal 7 des Streitpatentes angegeben - in die Dämpferkammer des Auslassschalldämpfers 44 hinein. Außerdem steht das Absperrventil 63 im Gegensatz zu Merkmal 8 vom Gehäuse des Auslassschalldämpfers 44 nach außen vor.

Der Kolbenkompressor nach der D2 weist in üblicher Weise Kolben 3, eine Ansaugkammer 24 und eine Auslasskammer 25 auf (Fig 2 der D2). Ziel dieses Dokumentes ist, nach einem Abschalten des Kompressors die Taumelscheibe möglichst schnell in eine Position etwa senkrecht zur Antriebswelle zu bringen, um den Kompressor anschließend bei Bedarf wieder weich anfahren zu können (S 17, vorletzter Abs der D2a). Hierzu ist am Ende einer Drosselstrecke 27, die gleichzeitig die Funktion eines Auslasskanals 26 für das Fluid aus der Auslasskammer 25 hat, ein Rückschlagventil 29 angeordnet. Dieses verhindert, dass beim Stoppen des Kompressors das unter Druck stehende Gas aus dem Kältekreislauf in den Kompressor zurückströmt, was die Kolben weiter unter Druck halten würde und die Verstellung der Taumelscheibe in ihre Nullstellung verzögern könnte. Zum selben Zweck ist dort angestrebt, das Volumen zwischen dem Rückschlagventil 29 und dem Auslassventil 21 gering zu halten (S 13, Abs 2, 3 und S 14, Abs 1 der D2a).

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die sich an das Rückschlagventil 29 anschließende Kammer 28 nicht als "Auslassdämpfer" im Sinne des Streitpatentes angesehen werden. Denn der patentgemäße Auslassdämpfer dient nach Merkmal 5 zum Verhindern eines Pulsierens, das durch die intermittierende Abgabe des Gases von den Zylinderbohrungen in die Auslasskammer verursacht wird. Demgegenüber dient die "extension chamber" 28 der D2 allein der Verbesserung der Ventilfunktion des Rückschlagventils 29 (S 14, letzter Abs und S 15, Abs 1 der D2a). Eine darüber hinaus gehende Dämpferwirkung ist dort weder angesprochen noch erkennbar. Denn die Kammer 28 entspricht in ihrem Durchmesser dem Durchmesser des Ventils 29, und beide sind kleiner als der Durchmesser der nachfolgenden Auslassöffnung. Die Kammer 28 weist somit nicht die erforderliche Größe auf, um die patentgemäß beanspruchte technische Dämpfungsfunktion wahrnehmen zu können. Somit ist das Ventil 29 nicht in einer Dämpferkammer angeordnet. Die Merkmale 5, 7 und 8 sind daher nicht erfüllt.

Die noch zur Neuheit angeführte D7 zeigt einen Kolbenkompressor, der eine Kurbelkammer 50 und Zylinderbohrungen 14 mit Kolben 26 aufweist (Fig 1 der D7). Die Kolben fördern das Medium über ein Austrittsventil 32 in eine Auslasskammer 34, 34', dessen Wand ein Rückschlagventil 34a aufweist (Sp 7, Z 20 bis 37 und Fig 1 und 6 der D7). Bei diesem Kompressor ist weiter ein gesteuertes Ventil 54 vorgesehen, das bei Leerlauf des Kompressors die Kurbelkammer 50 über eine Verbindung 55 mit der Auslasskammer 34/34' verbindet. Gleichzeitig ist die Kurbelkammer 50 mit der Einlasskammer 33' verbunden, so dass die Taumelscheibe in ihrer Nullposition verharrt (Sp 8, Z 15 bis 54 und Fig 6 der D7). Soll der Kompressor fördern, wird das gesteuerte Ventil 54 geschlossen und damit die Verbindung zwischen Auslasskammer 34, 34' und Kurbelkammer 50 unterbrochen. Um jetzt möglichst schnell die Taumelscheibe in Richtung größerer Förderung zu verstellen, wird durch das Ventil 34a ein ausreichender Druck in der Auslasskammer 34/34' sichergestellt, da dieses Ventil sich erst ab einem bestimmten Druck in der Auslasskammer öffnet (Sp 7, Z 20 bis 27 und Sp 8, Z 55 bis Sp 9, Z 9 mit Fig 6 der D7).

Die Auslasskammer 34, 34' entspricht der Auslasskammer 132 des Streitpatentes, da alle Kolben 26 in diese Kammer fördern. Eine weitere Kammer ist dort nicht gezeigt, so dass im Vergleich zum Streitpatent eine Dämpferkammer fehlt. Die von der Klägerin angeführte Platte im Bereich des Austrittsventils 32, die ihrer Meinung nach eine Dämpfung der Pulsationen bewirken soll, stellt nach fachmännischer Betrachtung lediglich einen Teil des Rückschlagventils dar, zB zur Wegbegrenzung des Ventilkörpers 32a. Somit liegen auch bei diesem Kompressor die Merkmale 5, 7 und 8 nicht vor.

4. Die Klägerin konnte den Senat nicht davon überzeugen, dass der mit dem Patentanspruch 1 beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Die Figur 1 der D3 entspricht nahezu völlig der Figur 8 des Streitpatentes. Allerdings ist dort im Bereich der Dämpferkammer 10 kein Rückschlagventil vorgesehen. Die Klägerin führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass der weitere Stand der Technik eine Anordnung von Rückschlagventilen zeige, die bei einer Übertragung auf die D3 zum beanspruchten Kolbenkompressor führe.

Dieser Argumentation folgt der Senat nicht. Vielmehr sieht er darin eine Ex-Post- Betrachtung in Kenntnis der Erfindung. Denn der Fachmann zieht eine Übertragung des aus der D2 bekannten Ventils 29 auf den Kolbenkompressor nach der D3 nicht in Betracht. Das Ventil 29 bei der D2 soll nämlich verhindern, dass bei einem Stoppen des Kolbenkompressors eine größere Menge Gas aus dem externen Kreislauf in die Auslasskammer 25 zurückströmt und eine Verstellung der Taumelscheibe verzögert. Bei der D3 liegt dieses Problem nicht vor, da die Regelung der Taumelscheibenneigung vollkommen anders erfolgt, nämlich über eine Verbindung der Auslasskammer 3-2 mit der Kurbelkammer 2-1 über die Bohrung 33 mit computergesteuertem Ventil 34. Selbst wenn der Fachmann eine derartige Übertragung in Betracht ziehen würde, würde er nach der Lehre der D2 das Volumen zwischen dem Rückschlagventil 29 und dem Auslassventil 21 möglichst gering halten und das Ventil beim Kolbenkompressor nach der D3 nicht in dessen Dämpferkammer 10, sondern zu Beginn des Verbindungskanals 12 zwischen der Auslasskammer 3-2 und der Dämpferkammer 10 anordnen.

Im Ergebnis Gleiches gilt für eine Kombination der D3 mit der D7. Denn die Überlegung, die bei der D7 zur Anordnung eines Ventils geführt hat, nämlich bei Inbetriebnahme des Kompressors zum schnellen Verstellen der Taumelscheibe in Richtung größerer Förderung einen vorbestimmten Druck in der Auslasskammer 34/34' zu erreichen, ist bei der D3 wegen der vollkommen anderen Art der Regelung nicht erforderlich. Für eine Übertragung ist daher auch hier kein Anlass gegeben, zumal die D7 lehrt, das Ventil 34a bündig in einer Bohrung in der Wand der Auslasskammer 34 und nicht in eine Dämpferkammer hineinragend anzuordnen.

Auch die in der Klagebegründung angeführten und in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffenen Kombinationen der D3 mit der D6 oder der D7 mit der D8 können dem Fachmann das Patentgeschützte nicht nahe legen. Aus der D6 ist bekannt, ein Rückschlagventil 44 und einen Anschlussstutzen 64 zu einer Baueinheit zusammenzufassen und diese an der Wand eines Dämpfergehäuses 34 anzuordnen, wobei das Ventil sowohl in das Dämpfergehäuse ragt als auch nach außen vorsteht (Sp 2, Z 55, bis Sp 3, Z 5 und Fig 1 der D6). Eine Übertragung dieser Lehre auf die D3 würde somit nicht zur beanspruchten Anordnung des Rückschlagventils nach den Merkmalen 7 und 8 führen.

Die D8 (Fig 1) lehrt, eine Dämpferkammer 17, die gleichzeitig Auslasskammer ist, unmittelbar hinter einem Auslassventil 13 als zweiteilige Dämpferkammer 17a, 17b anzuordnen. Zur Erzielung einer guten Dämpfungswirkung sind die Durchmesser D1 der Kompressorauslassbohrung 10, D2 der Verbindungsbohrung 23 zwischen der ersten und der zweiten Dämpferkammer und D3 der Kompressorauslassbohrung 22 in einer bestimmten Weise geometrisch aufeinander abzustimmen (Sp 3, Z 51 bis 55 der D8). Diese Lehre gibt der zuständige Fachmann nicht auf, und er wird daher bei einer Übertragung dieser Lehre auf die D7 die Dämpferkammer unmittelbar nach den Kompressorauslassbohrungen anordnen. Für eine Auslasskammer bestände dann kein Bedarf, da deren Aufgabe, das Zusammenführen des geförderten Gases, bereits in der Dämpferkammer erfolgt wäre.

Der Klägerin ist zuzustimmen, dass dem Fachmann Rückschlagventile allgemein bekannt sind. Beim Geschützten geht es jedoch nicht allgemein um die Anordnung eines Rückschlagventils zwischen der Auslasskammer des Kompressors und dem externen Kreislauf, sondern um dessen konkrete Anordnung im Dämpfergehäuse gemäß den Merkmalen 7 und 8. Für eine derartige Anordnung gibt der Stand der Technik, wie vorstehend ausgeführt, dem Fachmann keine Anregung. Einer derartigen Anordnung steht auch sein Fachwissen entgegen, da die Integration eines Rückschlagventils in eine Dämpferkammer zu einer verwinkelten Gestaltung der Wandfläche der Dämpferkammer führt, die wegen zu erwartender erhöhter Reflexionen zu einer Verringerung der Dämpferwirkung führen könnte.

Die weiteren Druckschriften wurden von der Klägerin nicht zum Patentanspruch 1 angeführt. Bei der D4 ist ein Rückschlagventil 60 direkt in einer Auslasskammer 3b angeordnet (Fig 1 der D4). Die Druckschrift D5 zeigt ein in einem Kompressorgehäuse 10 angeordnetes Ventil 5 (Fig 2 der D5 und S 10, Abs 2 der D5a). Bei beiden Druckschriften ist kein Dämpfergehäuse gezeigt. Sie können somit ebenfalls keinen Hinweis zur Anordnung eines Ventils in einem Dämpfergehäuse geben.

5. Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass die angegriffenen Unteransprüche Merkmale erkennen ließen, die zu einem patentfähigen Gegenstand führen könnten.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 12.10.2005
Az: 4 Ni 51/04


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