Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. April 2005
Aktenzeichen: 25 W (pat) 124/03

(BPatG: Beschluss v. 21.04.2005, Az.: 25 W (pat) 124/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird der Beschluß der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Februar 2003 aufgehoben, soweit wegen der Widersprüche aus den Marken 1 087 216 und 399 33 970 die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Hygienemittel, nämlich Damenbinden und Mittel zur Desinfektion" angeordnet worden ist. Insoweit werden die Widersprüche zurückgewiesen.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke Grafik der Marke 39971814.1 ist am 23. März 2000 unter der Nummer 399 21 814 für "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Seifen; Parfümerien; ätherische Öle; Badezusätze, Salben, Lotionen, Öle, balsamische Mittel (auch für medizinische Zwecke); Hygienemittel, nämlich Damenbinden und Mittel zur Desinfektion; Heilmittel gegen die Bildung von (Fuß)Schweiß" in das Markenregister eingetragen worden.

Gegen die Eintragung hat die Inhaberin der älteren Marke 1 087 216 Laveradie seit dem 29. Januar 1986 für "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel, Parfümerien, Fußpflegemittel, dekorative Kosmetika; pharmazeutische Erzeugnisse sowie chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; alkoholfreie Getränke" geschützt ist, sowie der älteren Marke 399 33 970 lavera Neutraldie seit dem 2. Dezember 1999 für "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Zahnputzmittel, Parfümerien, Fußpflegemittel, dekorative Kosmetika, pharmazeutische Erzeugnisse sowie Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; alkoholfreie Getränke" eingetragen ist, Widerspruch erhoben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke 1 087 216 umfassend bestritten und nach Vorlage von Benutzungsunterlagen die Nichtbenutzungseinrede für andere Waren als "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer, Zahnputzmittel, Parfümerien, Pflegemittel und dekorative Kosmetika" aufrechterhalten (Anm.: Im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke 1 087 216 ist der Begriff "Pflegemittel" nicht enthalten, dagegen der Begriff "Fußpflegemittel".)

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Marken bejaht.

Zwischen den Waren der Widerspruchsmarke 1 087 216, für die die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede nicht mehr aufrecht erhalten habe, und den Waren der angegriffenen Marke bestehe Identität oder enge Ähnlichkeit. Lediglich zu Damenbinden sei die Ähnlichkeit eher geringer. Die Widerspruchsmarken besäßen durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Das Wort "Lavenia" präge die angegriffene Marke trotz des Bildbestandteils; ebenso sei in der Widerspruchsmarke 399 33 970 das Wort "lavera" prägend gegenüber dem beschreibenden Bestandteil "Neutral", so daß die Wörter "Lavenia" und "Lavera" zu vergleichen seien. Dabei komme die angegriffene Marke den Widerspruchsmarken zu nahe, da neben dem Sprech- und Betonungsrhythmus die für das Erinnerungsvermögen prägenden Wortanfänge übereinstimmten und demgegenüber die Abweichungen in den klangschwachen Konsonanten "N/r" nicht mehr ausreichten.

Die Erinnerungsprüferin hat sich dieser Bewertung angeschlossen und zusätzlich ausgeführt, daß wegen der engen Ähnlichkeit bzw Identität der Waren, der zu berücksichtigenden allgemeinen Verkehrskreise sowie normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ein deutlicher Abstand der Marken erforderlich sei, den die angegriffene Marke auch dann nicht einhielte, wenn die Markeninhaberin ihre Waren nur an Krankenhäuser und Altenheime lieferte. Die klanglichen Unterschiede in den Marken reichten nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Bei der Widerspruchsmarke 399 33 970 liege das kennzeichnende Gewicht auf dem Bestandteil "lavera", bei der angegriffenen Marke auf dem Wortteil "Lavenia". Wegen der zahlreichen Übereinstimmungen seien die Konsonanten nicht in der Lage, den Marken ein ausreichend unterschiedliches Gesamtgepräge zu verleihen. Ein etwaiger Sinnanklang an lat. lavare = waschen werde eher nicht erkannt, zumal lavare auch nicht mit "Lavera" assoziiert werde. Entsprechendes gelte auch bezüglich der Widerspruchsmarke 1 087 216.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke mit mit dem Vortrag, den Annahmen der Markenstelle im Erinnerungsbeschluß, die jeweils gegenüber stehenden Bezeichnungen unterschieden sich lediglich in ihrem unbetonten Wortende, wo die Abweichungen bei ungünstigen Übermittlungsbedingungen leicht überhört werden könnten, könne nicht gefolgt werden. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, warum die Endung "ia" der angegriffenen Marke wie "-ja" ausgesprochen und das "i" nicht ausdrücklich betont werden sollte. Dies käme allenfalls dann in Betracht, wenn auch das voranstehende "n" betont würde, was dann aber insgesamt zu einer Betonung der Endung und damit zu einer erhöhten Unterscheidbarkeit der Marken führen würde. Für ein Verschlucken seien jedenfalls keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. Es handele sich bei der angegriffenen Marke um einen aus 4 Sprechsilben bestehenden Wortbestandteil. Im Hinblick auf das Beispiel "Laetitia" wären die Widerspruchsmarken wie "Laetira" oder bezüglich des Beispiels "Lavinia" wie "Lavira" zu bilden, die in beiden Fällen ebenfalls nicht verwechselt werden würden. Im übrigen könne von einer hochgradigen Warenähnlichkeit angesichts der gänzlich unterschiedlichen Absatzwege der jeweiligen Waren keine Rede sein.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Widersprüche aus den Marken 399 33 970 und 1 087 216 zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die jeweiligen Waren seien identisch, zumindest aber hochgradig ähnlich. Ausgehend von strengen Maßstäben und einem entsprechend großen Abstand seien die Markenwörter verwechselbar, weil alle denselben, aufmerksamer betrachteten Wortanfang "Lave-" und denselben Endlaut "A" hätten und aus 3 Sprechsilben bestünden, wobei die 3. Silbe der angegriffenen Marke aus den Buchstaben "-nia" bestehe. Die Marken stimmten daher zu 2/3 überein. Es sei für die Widersprechende nicht ersichtlich, warum dem dortigen Vokal "i" eine herausgehobene Stellung zukommen solle. Vielmehr liege die Betonung bei allen Markenwörtern auf dem Vokal "E" in der Mittelsilbe. Erinnert sei hier auch an die Vornamen "Laetitia" und "Lavinia", bei denen die Endung jeweils wie "-ja" ausgesprochen werde. Daher bestehe Verwechslungsgefahr nicht nur in klanglicher, sondern auch in schriftbildlicher Hinsicht. Die Frage der unterschiedlichen Vertriebswege sei daher unerheblich.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur zum Teil begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle für Klasse 5, soweit die Verwechslungsgefahr auch für "Hygienemittel, nämlich Damenbinden und Mittel zur Desinfektion" bejaht und insoweit die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist.

Im Übrigen kann die Beschwerde jedoch keinen Erfolg haben, weil auch nach Auffassung des Senats zwischen den Marken die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG besteht.

1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat auf die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen zum Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke 1 087 216 die Nichtbenutzungseinrede für andere Waren als "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer, Zahnputzmittel, Parfümerien, Pflegemittel und dekorative Kosmetika" aufrechterhalten, so daß auf Seiten der Widerspruchsmarke bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von diesen Waren auszugehen ist.

Die Benutzung der weiteren Widerspruchsmarke 399 33 970 ist nicht bestritten worden. Zum Zeitpunkt des Bestreitens der Benutzung der Widerspruchsmarke 1 087 216 mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2000 wäre die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke 399 33 970 auch auf der Grundlage des § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG im übrigen unzulässig gewesen.

2. Die Waren "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel, Parfümerien, Pflegemittel und dekorative Kosmetika", für die die Benutzung der älteren Marke 1 087 216 nicht länger bestritten worden ist und die auch für die Widerspruchsmarke 399 33 970 eingetragen sind, sind mit den von der Inhaberin der angegriffenen Marke beanspruchten Waren identisch, soweit dort dieselben Waren im Warenverzeichnis enthalten sind. Gegenüber den weiter beanspruchten Waren "Seifen, ätherische Öle" der angegriffenen Marke besteht mit den Waren der Widerspruchsmarken eine hochgradige Ähnlichkeit, da die genannten Waren ohne weiteres zu den Körper- und Schönheitspflegemitteln zu zählen sind (vgl hierzu Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl, S. 242 mi Sp; S. 242 li Sp.; S. 241, mi Sp.). Das Gleiche gilt für die Waren "Badezusätze; Salben, Lotionen, Öle, balsamische Mittel (auch für medizinische Zwecke)" der angegriffenen Marke, wobei die zuletzt genannten Waren selbst dann Überschneidungen zu Körper- und Schönheitspflegemitteln aufweisen, wenn sie ausschließlich medizinischen Zwecken, zB in Form von Massageölen, dienten. Auch im Hinblick auf die Waren "Heilmittel gegen die Bildung von (Fuß-)Schweiß" besteht zu den "(Fuß)Pflegemitteln" der älteren Marken eine große Ähnlichkeit, weil es sich ebenfalls um Produkte handelt, die zur Körperpflege bestimmt sind (vgl hierzu auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl, S. 242, li Sp für "Heilmittel" generell). Dies gilt umso eher, als die im jeweiligen Warenverzeichnis der älteren Marken enthaltene Ware "Fußpflegemittel" und nicht generell "Pflegemittel" lautet, wie im Schriftsatz der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 2. Juli 2001 angegeben. Insgesamt kann für die angesprochenen Verkehrskreise die Vermutung nahegelegt sein, daß die jeweiligen Waren aus ein- und demselben Unternehmen oder zumindest aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten, weil sie nach Verwendungszweck, Vertriebsweg und Herstellung entsprechend enge Berührungspunkte aufweisen (vgl hierzu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9, Rdnr 56 ff mit Hinweisen zur Rspr.), 3. Mit Ausnahme der Waren "Hygienemittel, nämlich Damenbinden und Mittel zur Desinfektion" besteht zwischen den sich jeweils gegenüberstehenden Marken nach Auffassung des Senats Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr wird nach ständiger Rechtsprechung durch mehrere Komponenten bestimmt. In diesem Zusammenhang ist neben dem Verhältnis der sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen und dem Verhältnis der zu vergleichenden Marken zu berücksichtigen, welche Kennzeichnungskraft und welchen Schutzbereich die Widerspruchsmarke beanspruchen kann (vgl BGH WRP 2004, 1281 - Mustang). Dieser stellt keine feste Größe dar, sondern kann durch intensive Benutzung der Marke erweitert oder aber wegen eines - auch nach der Eintragung sich entwickelnden - beschreibenden Sinngehalts der Marke verringert sein. Von der Antwort auf diese Frage hängt die Beurteilung des Abstandes ab, den die jüngere Marke gegenüber der älteren Marke einzuhalten hat, wobei bei Waren -oder Dienstleistungsidentität höhere Anforderungen an den Markenabstand zu stellen sind als bei sich entfernter gegenüberstehenden Waren bzw Dienstleistungen.

a. Der Bezeichnung "Lavera" bzw "lavera" kann entgegen der Ansicht der Widersprechenden keine entscheidungserheblich gesteigerte Kennzeichnungskraft zugebilligt werden. Von Hause aus kommt einer Marke keine erhöhte Kennzeichnungskraft zu, da bei Zeichen, die nicht an eine beschreibende Angabe angelehnt sind, von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen ist (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9, Rdnr. 285). Ein von der Inhaberin der angegriffenen Marke angesprochener Sinngehalt, der in einer Anspielung auf das französische Wort laver = waschen und dem Pflanzennamen Aloe vera liegen könnte, drängt sich nicht auf, so daß auch unter diesem Aspekt eine Einschränkung der Kennzeichnungskraft nicht erkennbar ist.

Aufgrund der - im Zusammenhang mit der Glaubhaftmachung der Benutzung - eingereichten Unterlagen kann nicht festgestellt werden, daß die Widerspruchsmarke 1 087 216 infolge intensiver Benutzung eine starke Kennzeichnungskraft erlangt hat. Selbst wenn zugunsten der Widersprechenden angenommen würde, daß diese Marke im Bereich der Naturkosmetika einen Marktanteil von ca 20 % erreicht, wäre zu berücksichtigen, daß es sich dabei lediglich um einen Ausschnitt aus dem gesamten Spektrum der Kosmetika handelte. Für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft kann nicht lediglich auf die Situation im Bereich der Naturkosmetika abgestellt werden, da die Abnehmer dieser Produkte keinen abgeschlossenen Verkehrskreis darstellen. Vielmehr richten sich die Waren beider Widerspruchsmarken an breite Verkehrskreise, und zwar auch solche, die nicht zu den Abnehmern von Naturkosmetika gehören. Für die Bekanntheit der Widerspruchsmarken im Bereich der Kosmetika allgemein hat die Widersprechende keine Unterlagen vorgelegt. Darüber hinaus könnte sich die Widersprechende im vorliegenden Kollisionsverfahren auf eine erhöhte Kennzeichnungskraft auch nur berufen, wenn diese bereits im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke, also im November 1999 vorgelegen hätte (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9, Rdnr 40). Hierfür hat die Widersprechende ebenfalls keine entsprechenden Unterlagen eingereicht.

b. Des weiteren legt der Senat seiner Entscheidung das vom EuGH entwickelte Verbraucherleitbild zugrunde, das von einem durchschnittlich informierten, verständigen Verbraucher ausgeht, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware bzw Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl BGH MarkenR 2002, 124 - Warsteiner III; EuGH MarkenR 2002, 231 - Philips/Remington). Da hier keine eindeutig gesundheitsbezogenen Produkte betroffen sind, bei denen die Aufmerksamkeit erfahrungsgemäß größer ist, es sich andererseits aber auch nicht um einfache Waren des täglichen Bedarfs handelt, die im Vorbeigehen gekauft werden, ist von einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit auszugehen.

c. Sind daher eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und eine erhebliche Ähnlichkeit, zum Teil sogar Identität der Waren zu berücksichtigen, müssen an den markenrechtlichen Abstand strenge Anforderungen gestellt werden, denen die angegriffene Marke in klanglicher Hinsicht nicht mehr gerecht wird.

Zutreffend ist die Markenstelle davon ausgegangen, daß das Wort "LAVENIA" den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägt. Ebenso liegt der kennzeichnende Schwerpunkt der Widerspruchsmarke 399 33 970 auf dem Wort "lavera", da das weitere Wort "Neutral" lediglich einen Sachhinweis auf den zB bei Seifen, Waschlotionen oder Cremes wichtigen neutralen pH-Gehalt der Produkte darstellt.

Beim Vergleich der Markenwörter "LAVENIA" und "Lavera" bzw "lavera" ist maßgeblich auf den Gesamteindruck der Zeichen abzustellen, wobei Übereinstimmungen ein größeres Gewicht zukommt als Abweichungen (vgl BGH GRUR 2004, 783, 785 - NEURO-VIBOLEX / NEURO-FIBRAFLEX). Hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, daß der Durchschnittsverbraucher die Marken kaum unmittelbar miteinander vergleichen kann, sondern auf sein Erinnerungsvermögen angewiesen ist, das er von einem früheren Kontakt im Gedächtnis behalten hat.

Danach weisen beide Marken für den Gesamtklang wichtige gemeinsame Merkmale auf wie Vokalfolge "-A-EÑA", Lautfolge "LAVEÑA", Wortanfang "LAVE---" und Silbenzahl. Auch stimmt die Betonung auf dem Vokal "E" überein; weder der Wortanfang noch die Endung der Wörter werden klanglich hervorgehoben. Zwar enthält die angegriffene Marke in der Endung für sich gesehen eine Abweichung durch die Vokalfolge "-IA". Bei einer normalen, nicht zu besonderer Betonung neigenden Sprechweise verschleifen sich diese Doppellaute jedoch häufig zu "-JA", was im vorliegenden Fall durch den vorangestellten Konsonanten "N" verstärkt wird, so daß die jüngere Marke häufig wie "LAVENJA" ausgesprochen wird und daher wie die älteren Markenwörter nur drei Sprechsilben aufweist. An gleicher Klangstelle ist bei den Widerspruchsmarken der Konsonant "R" zu hören, der jedoch nicht als Rachenlaut gesprochen wird und sich somit auch eher mit den ihn umgebenden Vokalen verbindet. Den abweichenden Merkmalen ist gemeinsam, daß sie eher zu den klangschwächeren Lauten gehören und im Gesamtklang der Markenwörter nicht besonders hervortreten, so daß sie insgesamt dem Eindruck einer klanglichen Übereinstimmung nicht in entscheidungserheblichem Ausmaß entgegen wirken können.

Der Annahme der klanglichen Übereinstimmung steht nicht entgegen, daß die mit den Zeichen versehenen Produkte häufig in Regalen angeboten und damit auf Sicht im Wege der Selbstbedienung gekauft werden. Gleichwohl sind mündliche Benennungen dadurch aber nicht in einem solchen Umfang ausgeschlossen, daß sie für die Beurteilung der Markenähnlichkeit keine Rolle mehr spielten. So sind gerade auf dem vorliegenden Warenbereich mündliche Empfehlungen oder Beratungs- und Verkaufsgespräche in entsprechenden Abteilungen der Kaufhäuser und Drogerien üblich, so daß das Erinnerungsvermögen der Verbraucher in entscheidungserheblichem Umfang noch von mündlichen Empfehlungen geprägt ist.

Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke genannte Entscheidung des EuG vom 3. März 2004, T - 355/02 (MarkenR 2004, 162), in der sich die Bezeichnung "ZIRH" und eine Wort-Bild-Marke mit dem Wortbestandteil "sir" gegenüberstanden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die fehlende Verwechslungsgefahr wurde vom EuG zum einen mit dem unterschiedlichen Gesamteindruck der Marken begründet, da die ältere Marke aus einem Wort- und einem Bildteil bestand, wobei aber durchaus auch auf die klanglichen Übereinstimmungen der Wörter in den Sprachen einiger Mitgliedstaaten hingewiesen wurde. Zum anderen kann nach der Rechtsprechung des EuG eine klangliche Ähnlichkeit durch einen Bedeutungsunterschied zwischen den Vergleichsmarken neutralisiert werden, wie er hier bei dem Wort "sir" der älteren Marke angenommen wurde. Darüber hinaus sind die Wörter "ZIRH" und "sir" auch in ihrer äußeren Erscheinungsform verschieden. Eine dem vorliegenden Verfahren vergleichbare Sachlage ist nicht erkennbar, da es sich hier nicht um in ihrer Struktur unterschiedliche Marken handelt, bei denen wegen der Kürze der jeweiligen Markenwörter Unterschiede in der Schreibweise deutlicher auffallen, und die Marken als Phantasiezeichen dem Verbraucher zudem keinerlei begriffliche Gedächtnisstütze anbieten.

Soweit daher die Markenstelle Verwechslungsgefahr angenommen und die Löschung der angegriffenen Marke für "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Seifen; Parfümerien; ätherische Öle; Badezusätze, Salben, Lotionen, Öle, balsamische Mittel (auch für medizinische Zwecke); Heilmittel gegen die Bildung von (Fuß)Schweiß" angeordnet hat, war die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke erfolglos.

4. Soweit sich dagegen die Beschwerde auch gegen die von der Markenstelle angeordneten Löschung der von der angegriffenen Marke ebenfalls beanspruchten "Hygienemittel, nämlich Damenbinden und Mittel zur Desinfektion" richtet, ist die Beschwerde begründet.

Zwar können auch für diese Waren Berührungspunkte mit den "Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege" der Widerspruchsmarken bestehen (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl., S. 107 li Sp betr "Desinfektionsmittel"; S. 178 re Sp betr "Hygienische Artikel"), so daß grundsätzlich von einer markenrechtlichen Warenähnlichkeit auszugehen ist. Diese ist hier jedoch wegen eines erkennbaren Abstands der jeweiligen Produkte eher im mittleren Bereich anzusiedeln (vgl hierzu Richter/Stoppel aaO, S. 178 re Sp: BPatG 24 W (pat) 39/95 und 24 W (pat) 136/89), weshalb insoweit keine strengen Anforderungen mehr an den Abstand der Marken gestellt werden müssen.

Wird daher nur noch ein mittlerer Maßstab angelegt, hält der Senat die oben aufgezeigten Unterschiede in den Markenwörtern in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht gerade noch für ausreichend, um die markenrechtliche Übereinstimmung zu verneinen und den Widerspruch aus den Marken 1 087 216 und 399 33 970 für diese Waren zurückzuweisen. Insoweit hatte die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Sredl Bayer Merzbach Na






BPatG:
Beschluss v. 21.04.2005
Az: 25 W (pat) 124/03


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