Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. August 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 186/03

(BPatG: Beschluss v. 10.08.2004, Az.: 24 W (pat) 186/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke MEINE HAUT STIMMT ZU soll für die Waren

"Parfüm, Eau de Toilette; Bade- und Duschsalze und -gels nicht für medizinische Zwecke; Toilettenseife; Körperdeodorants; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Cremes, Milch und Lotionen, Gele und Puder für Gesicht, Körper und Hände; Bräunungsmilch, -gel und -öl sowie Sonnennachbehandlungsmittel; Schminkmittel; Shampoo; Haargele, -schaum und -balsam zum Frisieren und Pflegen der Haare; Haarlack; Haarfärbe- und -entfärbungsmittel; Onduliermittel für Haare und Dauerwellpräparate; ätherische Öle"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes mit Beschluß vom 10. März 2003 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen. Die angesprochenen breiten Verkehrskreise würden die angemeldete Wortfolge lediglich als eine die Verbraucher ansprechende und zum Kauf der gekennzeichneten Waren anregende Werbeaussage auffassen, daß die betreffenden Waren besonders hautverträglich, schonend oder angenehm seien. Diese Bedeutung dränge sich trotz verschiedener Interpretationsmöglichkeiten auf. Auch die Personifizierung der Haut sei in der Werbung üblich.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zu deren Begründung wird vorgetragen, die angemeldete Kennzeichnung bestehe nicht ausschließlich aus beschreibenden Angaben, so daß der Zurückweisungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausscheide. Ein beschreibender Sinngehalt sei erst nach komplizierteren gedanklichen Schlußfolgerungen erkennbar. Es handele sich um einen unvollständigen Satz, der für sich genommen keinen Sinn ergebe und nicht erkennen lasse, wem oder was die Haut zustimme. Es ergäben sich - auch in Verbindung mit den gekennzeichneten Waren - sehr unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten, von denen keine wesentlich näher liege als die anderen. Insofern unterscheide sich die angemeldete Kennzeichnung von Werbeaussagen auf dem betreffenden Warengebiet. Aus diesen Gründen sei die angemeldete Marke auch unterscheidungskräftig. Die Wortfolge könne produktbezogen oder anwenderbezogen, aber auch als Ausdruck einer Präferenz aufgefaßt werden. Außerdem sei der Ausdruck schon darum phantasievoll, weil die Haut im Gegensatz zu einer Person nicht etwas zustimmen könne. Im übrigen gebe es einige vergleichbare eingetragene deutsche Marken.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuhebenund regt für den Fall der der Zurückweisung der Beschwerde an, die Rechtsbeschwerde zulassen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Inhalt der Akten, insbesondere auf eine Internetrecherche des Senats, die der Anmelderin übersandt worden ist, Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 165 Abs. 4 MarkenG statthaft und auch im übrigen zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die Waren der Anmeldung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt.

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren abzustellen ist (vgl. dazu u.a. EuGH GRUR Int 2003, 632, 635 (Nr. 40) "Linde u.a."; GRUR Int 2004, 413, 416 (Nr. 48) "Waschmittelflasche"; GRUR Int 2004, 500, 504 (Nr. 34) "Postkantoor"; GRUR Int 2004, 631, 633 (Nr. 34, 35) "Dreidimensionale Tablettenform I"). Außerdem ist zu berücksichtigen, daß der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u.a. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; EuGH aaO. (Nr. 53) "Waschmittelflasche"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u.a. BGH aaO. "marktfrisch"; GRUR 2001, 1153, 1154 "anti KALK"). Von mangelnder Unterscheidungskraft kann aber auch bei Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen sein, welche die Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreiben (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. "Gute Zeiten -Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft"; vgl. auch EuGH GRUR Int 2004, 410, 412 (Nr 19) "BIOMILD"; GRUR Int 2004, 500, 505 f (Nr. 69, 70, 86 "Postkantoor"). Zwar vermögen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge Indizien für die Eignung, die Waren eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, zu sein und auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage können einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl. BGH GRUR aaO. "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR aaO. "Bar jeder Vernunft"). Jedoch ist entscheidend, ob die Wortfolge einen ausschließlich auf die Waren bezogenen Inhalt besitzt. Dies ist hier der Fall.

Die angemeldete Kennzeichnung ist sprach- und werbeüblich gebildet und beschränkt sich auf eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat und die ergänzende Internetrecherche des Senats belegt, werden im Bereich der Mittel zur Körper- und Schönheitspflege sowie der Düfte häufig Slogans verwendet, welche die Haut der Anwenderin oder des Anwenders der Waren personifizieren und rein sachbezogenen Inhalt aufweisen. So hat bereits die Markenstelle in der Werbung Aussagen wie "Das empfiehlt Ihre Haut", "Von Haut zu Haut", "IHRE HAUT IST GESPANNT AUF ...", "Deos, die mitdenken", "Spricht die Sprache IHRES KÖR-PERS" (vgl. Anlagen zum Beschluß der Markenstelle vom 10. März 2003) nachgewiesen. Die Internet-Recherche des Senats, die der Anmelderin übersandt worden ist, hat weiterhin in der Werbung etwa die Wortfolgen "meine Haut freut sich...", "Meine Haut sagt JA!", "Meine Haut sagt danke.", ".... meine Haut ist dankbar ... " ergeben. Allen diesen Fundstellen ist gemeinsam, daß eine positive Wirkung der Waren auf die Haut durch deren personifizierende zustimmende Aussage signalisiert wird, die ebenso wie die angemeldete Wortfolge zwar verschiedene, aber stets rein sachbezogene Auslegungen zuläßt. Es ist unerheblich, ob es sich - wie bei der Mehrzahl der Nachweise - um in Werbeanzeigen besonders herausgestellte oder um in Testberichten in der Überschrift oder im Fließtext verwendete Sätze oder Satzteile handelt. Gerade eine Verwendung in Artikeln oder Berichten zeigt nämlich, daß der Verkehr die betreffenden Formulierungen als eine Sachaussage wertet. Die angemeldete Wortfolge stellt darum positive Eigenschaften der Waren wie Hautverträglichkeit oder eine die Haut günstig beeinflussende Wirkung schlagwortartig sprach- und werbeüblich heraus. Vor allem die für den Verkehr besonders bedeutsamen Eigenschaften der Hautverträglichkeit und Hautfreundlichkeit werden bei Kosmetika und Duftwässern angesichts der zunehmenden Zahl von Menschen mit empfindlicher, durch Umweltbelastungen sensibilisierter Haut und von Allergikern immer wichtiger für den Kunden. Bei der Aussage "MEINE HAUT STIMMT ZU" handelt es sich daher nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise um eine ohne weiteres erkennbare werbliche Anpreisung der Ware ohne jeglichen betriebskennzeichnenden Charakter, der deshalb die Unterscheidungskraft fehlt. Eine gewisse begriffliche Unschärfe und Interpretationsbedürftigkeit ändert daran nichts (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; BGH GRUR 2003, 1050 "Cityservice"). Die Werbung bedient sich - wie oben dargestellt - häufig neuer plakativer, das Gefühl ansprechender Wortfolgen, die zwar die Waren nicht mit größter sprachlicher Exaktheit beschreiben, aber doch erkennbar bloße Anpreisungen und keine Hinweise auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb darstellen.

Aus den Voreintragungen von nach Ansicht der Anmelderin vergleichbaren Marken kann kein Anspruch auf Eintragung hergeleitet werden. So vermag selbst die Eintragung identischer oder vergleichbarer Marken weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung zu führen, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage darstellt (vgl. BGH GRUR 89, 420 "KSÜD"; BGH BlfPMZ 1998, 248, 249 "Today"). Außerdem wäre eine derartige Bindung nicht mit der Möglichkeit einer Löschung von Marken wegen Vorliegens absoluter Schutzhindernisse (§ 50 MarkenG) in Einklang zu bringen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 262).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 MarkenG) sind nicht erfüllt, weil der vorliegende Beschluß des Senats auf ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Beurteilung der Unterscheidungskraft und des Freihaltungsbedürfnisses beruht und die Problematik des Falls überwiegend auf tatsächlicher Ebene liegt.

Dr. Ströbele Kirschneck Guth Hu






BPatG:
Beschluss v. 10.08.2004
Az: 24 W (pat) 186/03


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