Bayerischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 23. Februar 2012
Aktenzeichen: 10 CS 10.1682

(Bayerischer VGH: Beschluss v. 23.02.2012, Az.: 10 CS 10.1682)

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet in Bayern.

Die Antragstellerin ist ein Wettveranstalter mit Sitz in Malta, der in Deutschland zwei Internetseiten betreibt, nämlich www...com und www...tv. Auf diesen Internetseiten wird die Teilnahme an öffentlichen Glücksspielen, insbesondere Casino und Poker, angeboten, wobei auf der ersten Seite unbegrenzt gespielt werden kann, auf der zweiten Seite der Einsatz für die einzelnen Spiele jeweils bis maximal 0,50 Euro beträgt. Beim (früheren) privaten Fernsehsender 9Live trat die Antragstellerin in der Sendung €...tv - Die Show€ als sog. €Titelsponsor€ auf. Auch in dieser Show konnten Fernsehteilnehmer per Telefon mitspielen. Die €Kosten€ von 0,50 Euro entstehen dadurch, dass der Tippcode nicht online, sondern über einen mehrwertgebührenpflichtigen Telefonanruf bei einer auf dieser Internetseite oder im Fernsehen angegebenen €Tipp-Hotline€ übermittelt wird. Pro Telefonanruf bei dieser Hotline werden - dauerunabhängig - 50 Cent fällig.

Nach vorhergehender Anhörung untersagte die Regierung von Mittelfranken der Antragstellerin mit Bescheid vom 4. Februar 2010, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln, wobei der Bereich €Games€ nicht Gegenstand dieses Bescheides sein sollte.

Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erheben (Az. AN 4 K 10.00387) und beantragen, die Untersagungsanordnung aufzuheben. Über diese Klage ist soweit ersichtlich noch nicht entschieden.

Mit Schriftsatz vom 31. März 2010 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Ansbach die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO. Der Antragsgegner beantragte, den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 15. Juni 2010 lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach den Antrag der Antragstellerin ab und begründete dies wie folgt: Der Bescheid stütze sich zu Recht auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV und diene dem Vollzug des in § 4 Abs. 4 GlüStV normierten Verbotes, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln. Gegen dieses gesetzliche Verbot habe die Antragstellerin durch das Betreiben ihrer Internetseiten verstoßen. Insbesondere stelle das Internetangebot auf www...tv Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV dar, da für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt werde und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhänge. Letzteres bestreite die Antragstellerin selbst nicht. Entgegen ihrer Rechtsauffassung entfalle die Glücksspieleigenschaft aber auch nicht deshalb, weil der Einsatz für die Teilnahme maximal 0,50 Euro pro Spiel betrage und der Wocheneinsatz auf 60 Euro begrenzt sei. Die Legaldefinition in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV enthalte keine entgeltbezogene Bagatellgrenze bzw. Erheblichkeitsschwelle. Dem stehe weder entgegen, dass nach der wohl überwiegenden Rechtsprechung der Strafgerichtsbarkeit ein Glücksspiel im Sinne von § 284 StGB nur dann vorliege, wenn der Spieler als Einsatz ein nicht ganz unerhebliches Vermögensopfer erbringe, noch werde die Anwendbarkeit des Glücksspielstaatsvertrages durch die Regelungen in § 8a und § 58 Abs. 3 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV -) ausgeschlossen. Denn die Tatsache, dass der Straftatbestand im Hinblick auf das Entgelt eine Erheblichkeitsschwelle enthalte, sei kein Systembruch, sondern die Folge des ordnungsrechtlichen Charakters des Glücksspielstaatsvertrages. Durch die Regelung des § 8a RStV werde weder die Legaldefinition des § 3 Abs. 1 GlüStV hinsichtlich der Entgelthöhe beschränkt noch würden Spiele, die als Gewinnspiele im Sinn dieser Norm anzusehen seien, dem Regelungsbereich des Glücksspielstaatsvertrages entzogen. Auch auf der von der Antragstellerin betriebenen Internetseite www...com werde u.a. die Teilnahme an öffentlichem Glücksspiel, nämlich an Sportwetten, angeboten. Diese stellten nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV dar. Dies treffe auch auf die auf dieser Internetseite angebotenen Pokerspiele gegen Entgelt zu. Die der streitgegenständlichen Verfügung zugrunde liegenden Rechtsnormen seien nach ständiger Rechtsauffassung des Gerichts auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere seien Eingriffe in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die maßgeblichen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages seien auch mit europäischem Recht vereinbar. Ein Verstoß gegen das Völkerrecht im Hinblick auf das Territorialprinzip sei ebenfalls nicht ersichtlich. Die Untersagungsanordnung sei schließlich hinreichend bestimmt. Es müsse grundsätzlich nicht aufgezeigt werden, auf welche Weise der Betroffene einem Verbot Rechnung zu tragen habe. Der angefochtene Bescheid sei nach summarischer Prüfung auch unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rechtlich nicht zu beanstanden. Ermessensfehler seien nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich.

Mit ihrer Beschwerde vom 6. Juli 2010 macht die Antragstellerin geltend, die Untersagungsanordnung des Antragsgegners sei rechtswidrig und der Beschluss des Verwaltungsgerichts inhaltlich unrichtig.

Das Verwaltungsgericht Ansbach gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass der Begriff des Glücksspiels im GlüStV weiter sei als der Begriff des Glücksspiels im Sinne des StGB. Es subsumiere das Angebot der Antragstellerin auf www...tv fälschlicherweise unter den GlüStV. So liege nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur ein Glücksspiel im Sinne von § 284 StGB nur dann vor, wenn der Spielausgang überwiegend zufallsabhängig sei und die Spieler nicht nur unerhebliche Einsätze leisteten. Dies sei bei einem zufallsabhängigen Telefongewinnspiel, bei dem der Teilnehmer maximal 0,50 Euro pro Anruf zahlen müsse, nicht der Fall. Der Landesgesetzgeber habe mit dem GlüStV auch keinen eigenständigen Glücksspielbegriff schaffen wollen. Weder finde sich hierzu ein Hinweis in der Gesetzesbegründung zum GlüStV noch sei die Bezugnahme auf einen €Mehrwertdienst€ in der Gesetzesbegründung zu § 3 GlüStV ein Beleg für eine Abweichung. Auch die herrschende Meinung in der Rechtsprechung verneine eine Divergenz der Glücksspielbegriffe. Im Übrigen fehle es an einer Kompetenz der Landesgesetzgeber zur Schaffung eines eigenständigen Glücksspielbegriffs. Darüber hinaus habe das Gericht den Anwendungsvorrang des § 8a RStV vor § 3 Abs. 1 GlüStV verkannt und das Angebot der Antragstellerin deshalb fälschlicherweise nicht unter die zulässigen Gewinnspiele des § 8a RStV subsumiert. § 8a RStV sei lex specialis zum GlüStV. Dies werde durch eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Oktober 2009 (Az. 7 N 09.1377) bestätigt. Des Weiteren lägen Rechtsfehler in Bezug auf die Bewertung der Spiele auf www...tv und www...com vor. Bei diesen Spielplattformen handele es sich um zwei selbständige, unterschiedliche Angebote. Die Spiele auf www...com seien auf den internationalen Markt gerichtet und nicht auf Deutschland. Die Spiele auf www...tv seien hingegen ausschließlich für den deutschen Markt konzipiert. Allein die Tatsache, dass die angebotenen Spiele nach dem Prinzip eines Zufallsgenerators liefen, führe nicht dazu, dass sie immer als Glücksspiel anzusehen seien. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die tatsächlich angebotenen Spiele, nämlich Roulette, Black Jack oder Poker stets Glücksspiele seien. Dies treffe nämlich nicht zu. Zwar beginne nahezu jedes Kartenspiel mit einer zufälligen Verteilung der Spielkarten, quasi einem Zufallsgenerator, jedoch würden mathematische Kenntnisse, strategisches Geschick und psychologische Fähigkeiten den Ausgang des Spiels maßgeblich beeinflussen. So werde Poker auch in der Rechtsprechung als Geschicklichkeitsspiel anerkannt. Selbst wenn die Antragstellerin aber Glücksspiele auf ihrer Internetseite anbieten würde, wäre dies nicht unerlaubt, denn sie verfüge über alle erforderlichen maltesischen Lizenzen. Der Bescheid sei aber auch im Übrigen rechtswidrig. Die Ermächtigungsnorm für die Untersagung des Antragsgegners sei nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Glücksspielstaatsvertrag sei sowohl verfassungs- als auch gemeinschaftsrechtswidrig. Auch verkenne das Gericht den mangelnden örtlichen Bezug von www...com. Die Regierung von Mittelfranken sei örtlich unzuständig und habe mit der förmlichen Zustellung einer Untersagungsverfügung im Ausland gegen völkerrechtliche Grundsätze verstoßen. Der Untersagungsverfügung fehle die hinreichende Bestimmtheit. Sie sei darüber hinaus unverhältnismäßig, insbesondere wegen der mangelnden Reichweite der Untersagungsverfügung und der mangelnden Genauigkeit bundesweiter Geolokalisationsverfahren.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 15. Juni 2010 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 5. März 2010 gegen die Untersagungsanordnung der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2010 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Antragstellerin auf ihren beiden Internetseiten öffentliches Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV veranstalte oder vermittle ohne im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis zu sein. Sowohl bei den angebotenen Spielen, bei denen maximal ein Entgelt von 50 Cent pro Teilnahme zu entrichten sei, als auch bei den Pokerspielen handle es sich um unzulässiges öffentliches Glücksspiel. Das Verwaltungsgericht habe auch zutreffend erkannt, dass der Glücksspielstaatsvertrag neben dem Rundfunkstaatsvertrag anwendbar sei. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber mit der Einführung des § 8a RStV eine umfassende Legalisierung der Call-In-Gewinnspiele erreichen wollte. Der Glücksspielstaatsvertrag begegne auch keinen verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlichen Bedenken. Der örtliche Bezug des Internetangebots auf beiden Internetseiten der Antragstellerin ergebe sich unmittelbar aus § 3 Abs. 4 GlüStV. Die Bekanntgabe im Ausland sei wirksam und verstoße nicht gegen Völkerrecht. Im Übrigen habe die Antragstellerin mit ihrem Antrag vom 31. März 2010 eine mangelhafte Bekanntgabe nicht gerügt, sondern sich rügelos auf den Rechtsstreit eingelassen. Der Untersagungsbescheid sei auch hinreichend bestimmt und verhältnismäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behördenakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen mit dem umfangreichen Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen nicht die beantragte Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Das Erstgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den streitbefangenen Bescheid vom 4. Februar 2010 zu Recht abgelehnt.

Für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs gelten die selben Maßgaben wie für die erstinstanzliche Entscheidung über den Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO; danach ist eine eigenständige umfassende Abwägungsentscheidung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 4. Februar 2010 zu treffen.

2. Die streitbefangene Untersagungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Danach kann die gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AGGlüStV im Hinblick auf Telemedien zuständige Regierung von Mittelfranken die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen und insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Der Glücksspielstaatsvertrag ist zwar gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit Ablauf des vierten Jahres nach seinem Inkrafttreten und damit zum 31. Dezember 2011 außer Kraft getreten. Mit Ausnahme der §§ 26, 28 und 29 GlüStV bleiben seine Regelungen aber gemäß Art. 10 Abs. 2 AGGlüStV bis zum Inkrafttreten eines neuen Staatsvertrages als Landesgesetz in Kraft.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 9 Abs. 1 GlüStV zur Sicherstellung der Erfüllung der nach dem Glückspielstaatsvertrag bestehenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen hier vorliegen, weil die Antragstellerin mit den streitbefangenen Gewinnspielen auf ihren Internetseiten Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 GlüStV veranstaltet. Die Rüge der Antragstellerin, der (Landes-)Gesetzgeber habe in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV keinen eigenständigen Glücksspielbegriff geschaffen, weshalb auch hier wie im Strafrecht hinsichtlich des €verlangten Entgelts€ von einer Unerheblichkeits- oder Geringfügigkeitsschwelle ausgegangen werden müsse, greift nicht durch.

2.1. Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV Glücksspiele. Das (zweite) Begriffsmerkmal der Zufallsabhängigkeit der Entscheidung über den Gewinn in § 3 Abs. 1 GlüStV korrespondiert mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff im Sinne des § 284 StGB, wonach in Abgrenzung zum sog. Geschicklichkeitsspiel als Glücksspiel ein Spiel anzusehen ist, bei dem die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht wesentlich von den Fähigkeiten und Kenntnissen und vom Grade der Aufmerksamkeit der Spieler bestimmt wird, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall abhängt (herrschende Meinung; vgl. BayVGH vom 25.8.2011 Az. 10 BV 10.1176 <juris> RdNr. 19 m.w.N.).

Während der Gesetzgeber des Glücksspielstaatsvertrags als weiteres Begriffsmerkmal jedoch (nur) voraussetzt, dass für den Erwerb der Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird, ist nach ganz herrschender Auffassung wesentliche (weitere) Voraussetzung für ein Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB, dass der Spieler, um an der Gewinnchance teilzuhaben, durch seinen Einsatz ein Vermögensopfer erbringt (vgl. BayVGH vom 25.8.2011 a.a.O. RdNr. 20 m.w.N.). Der Gesetzgeber des Glücksspielstaatsvertrags hat sich bei seiner Legaldefinition des Glücksspiels in § 3 Abs. 1 GlüStV zwar hinsichtlich der Voraussetzung bzw. des Begriffsmerkmals der Zufallsabhängigkeit eng an den strafrechtlichen Glücksspielbegriff angelehnt. Bei dem für den Erwerb der Gewinnchance weiter vorausgesetzten €Entgelt€ hat er jedoch schon von der Formulierung bzw. dem Wortlaut her die im Rahmen der strafrechtlichen Glücksspieldefinition regelmäßig verwendeten Begriffe €Einsatz€ und €Vermögensopfer€ sowie die damit im Zusammenhang stehende Diskussion über Schwellenwerte oder Geringfügigkeitsgrenzen nicht aufgegriffen.

Dieser am Gesetzeswortlaut orientierte Befund wird auch durch die historische Auslegung des § 3 Abs. 1 GlüStV unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte dieser Norm bestätigt (vgl. im Einzelnen hierzu BayVGH vom 25.8.2011 a.a.O. m.w.N.). Der (Landes-)Gesetzgeber hat in seiner Begründung zu § 3 GlüStV neben den Erläuterungen zur Abgrenzung von Gewinn- und Geschicklichkeitsspielen ausdrücklich klargestellt, dass je nach Überwiegen der Wissens- und Geschicklichkeitselemente oder des Zufallselements auch sog. Telefongewinnspiele im Fernsehen und Hörfunk, bei denen zunächst ein Zufallsgenerator über die Weiterschaltung der Anrufe in das Studio entscheidet, Glücksspiele im Sinne dieser Bestimmung sein können. Hinsichtlich des Begriffsmerkmals des Entgelts wird in der Gesetzesbegründung weiter ausgeführt, dass ein Glücksspiel (nur) dann nicht vorliegt, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird. Erläuternd dazu bestimmt der Folgesatz: €Ein solches Verlangen ist nicht gegeben, wenn neben einer entgeltlichen Teilnahmemöglichkeit (z.B. Mehrwertdienst) eine gleichwertige, praktikable und unentgeltliche Alternative - z.B. durch Postkarte, E-Mail oder via Internet - zur Teilnahme an demselben Spiel angeboten wird€ (LT-Drs. 15/8486 S. 13). Auch dadurch hat der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass er eine Spielteilnahme bei Gewinnspielen über Telefonmehrwertdienste - und zwar unabhängig von der Höhe der Mehrwertdienstgebühren - bei überwiegendem Zufallselement als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags ansieht. Kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags ist somit nur dann gegeben, wenn ausschließlich für die Übermittlung der Erklärung des Spielteilnehmers Beförderungskosten, aber nicht darüber hinaus Kosten für den Telefonmehrwertdienst anfallen, oder eine unentgeltliche Alternative im oben beschriebenen Sinne angeboten wird.

Auch eine systematische Auslegung und Betrachtung des § 3 GlüStV führt zu keinem anderen Ergebnis. Wie bereits das Erstgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, ist ein weitergehender ordnungsrechtlicher Glücksspielbegriff in § 3 GlüStV weder durch abschließende bundesgesetzliche Vorschriften noch aufgrund des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung oder der Verwaltungsakzessorität des Straftatbestands in § 284 Abs. 1 StGB ausgeschlossen.

Ein durchgreifendes Argument für die von der Antragstellerin auch für den Glücksspielbegriff nach § 3 Abs. 1 GlüStV geltend gemachte Bagatellgrenze beim verlangten Entgelt lässt sich aber auch bei einer teleologischen, also am Sinn und Zweck der Regelung orientierten Auslegung dieser Bestimmung nicht herleiten. Vielmehr würde gerade der ordnungspolitische Ansatz des Glücksspielrechts, wie er in den Zielen des § 1 GlüStV deutlich zum Ausdruck kommt, auch im Bereich klassischer Glücksspiele wie den Sportwetten unterlaufen, wenn bei Verlangen eines noch unterhalb einer €Bagatellgrenze€ liegenden Entgelts kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV (mehr) vorläge.

Damit fallen alle von der Antragstellerin angebotenen Spiele, also auch z.B. Roulette, Black Jack oder Poker, unabhängig von der Begrenzung des Spieleinsatzes auf 0,50 Euro je Spiel unter den Glücksspielbegriff.

Im Übrigen hat der Senat ebenfalls bereits entschieden, dass es sich auch beim Pokerspiel um ein Glücksspiel handelt (vgl. BayVGH vom 19.7.2011 Az. 10 CS 10.1923 <juris> RdNr. 35), da es die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erfüllt. Der Erfolg des Spielers hängt nämlich trotz aller diesem Spiel eigenen Möglichkeiten, seinen Ausgang durch geschicktes Taktieren zu beeinflussen, zunächst davon ab, ob die zufällig erhaltenen Karten geeignet sind, eine gewinnträchtige Pokerhand im Sinne einer Abfolge von Karten zu bilden, die einen höheren Wert aufweist als diejenige der Mitspieler. Der Spielverlauf wird dabei dadurch bestimmt, dass alle Mitspieler nur eine so geringe Zahl der insgesamt im Spiel befindlichen Karten kennen, dass zuverlässige Vorhersagen über die Qualität der Karten der Mitspieler und ihre sonstige Verteilung regelmäßig kaum oder nur sehr eingeschränkt möglich sind. Der Reiz des Spiels besteht darin, aus dem Verhalten der übrigen Mitspieler, insbesondere ihren Einsätzen, Vermutungen über die Qualität ihrer Karten anzustellen. Solche Vermutungen enthalten ebenfalls ein Zufallselement, das mit den Fähigkeiten und Erfahrungen eines Durchschnittsspielers nicht durch individuelle Anstrengungen, mathematische Kenntnisse, strategisches Geschick und psychologische Fähigkeiten zu einer überwiegenden Erfolgswahrscheinlichkeit verändert werden kann. Insgesamt hängt die Entscheidung über den Gewinn damit aber überwiegend vom Zufall ab (vgl. BayVGH a.a.O. m.w.N.).

2.2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin werden zufallsabhängige 50-Cent- Gewinnspiele in Rundfunk und in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien und somit auch die von ihr über das Internet veranstalteten Glücksspiele nicht durch die Vorschriften der §§ 8a und 58 Abs. 4 RStV von der Geltung der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags und damit auch des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV ausgenommen. Das Verwaltungsgericht hat unter zutreffender Auslegung dieser rundfunkrechtlichen Bestimmungen mit Recht festgestellt, dass § 8a RStV keine Grundsatzentscheidung dahingehend enthält, dass im Rundfunk und den Telemedien veranstaltete Gewinnspiele, selbst wenn sie nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, bis zu einem maximalen Teilnehmerentgelt in Höhe von 0,50 Euro damit allgemein zugelassen worden sind. § 8a RStV ist nicht, wie die Antragstellerin behauptet, lex specialis zum GlüStV.

Der Senat hat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 25. August 2011 (a.a.O., RdNrn. 30 und 31) hierzu Folgendes ausgeführt:

Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 RStV sind Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele (grundsätzlich) zulässig; sie unterliegen dabei jedoch den in § 8a Abs. 1 Sätze 1 bis 5 RStV enthaltenen Geboten. Nach § 8a Abs. 1 Satz 6 RStV darf für die Teilnahme nur ein Entgelt bis zu 0,50 Euro verlangt werden; § 13 Abs. 1 Satz 3, wonach der öffentlich-rechtliche Rundfunk Einnahmen aus dem Angebot von Telefonmehrwertdiensten nicht erzielen darf, bleibt (dabei) unberührt. Gemäß § 58 Abs. 4 RStV gilt für Gewinnspiele in vergleichbaren Telemedien (Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind) § 8a RStV entsprechend. Der Begriff €Gewinnspiele€ wird nicht im Rundfunkstaatsvertrag selbst, sondern in § 2 Nr. 1 der Satzung der Landesmedienanstalten über Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele (Gewinnspielsatzung vom 17.12.2008) definiert. Danach ist ein Gewinnspiel ein Bestandteil eines Rundfunkprogramms, der den Nutzerinnen und Nutzern im Fall der Teilnahme die Möglichkeit auf den Erhalt eines Vermögenswertes, insbesondere in Form von Geld, Waren oder Dienstleistungen, bietet. Der Begriff Gewinnspiele in diesem Sinn umfasst daher grundsätzlich sowohl sog. Geschicklichkeitsspiele als auch ganz oder überwiegend vom Zufall abhängige Glücksspiele.

Die in den §§ 8a und 58 Abs. 4 RStV getroffene Zulassungsentscheidung tritt zu den (allgemeinen) Regelungen der §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 4 GlüStV mit dem oben dargelegten Regelungsumfang nur dann in Konkurrenz bzw. Konflikt, wenn es sich bei dem Gewinnspiel um ein entgeltliches (zufallsabhängiges) Glücksspiel mit einem maximalen Teilnahmeentgelt bis zu 0,50 Euro handelt.

Wie bereits oben dargelegt ergibt sich aus der amtlichen Begründung zu § 3 GlüStV (LT-Drs. 15/8486 S. 13), dass der Glücksspielstaatsvertrag je nachdem, welches der beiden Elemente (Zufall oder Geschicklichkeit) bei einer wertenden Gesamtbetrachtung überwiegt, gegebenenfalls auch bei sog. Telefongewinnspielen in Fernsehen und Hörfunk, bei denen zunächst ein Zufallsgenerator über die Weiterschaltung der Anrufe in das Studio entscheidet, Geltung beansprucht. Dies gilt jedoch mit der Einschränkung, dass ein Entgelt verlangt wird, wobei ein solches Verlangen (nur dann) nicht gegeben ist, wenn neben einer entgeltlichen Teilnahmemöglichkeit eine gleichwertige, praktikable und unentgeltliche Alternative (z.B. durch Postkarte, E-Mail oder via Internet) zur Teilnahme an demselben Spiel angeboten wird.

In der amtlichen Begründung zum 10. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge ist zu Nr. 4 (Einführung der Regelung des § 8a; LT-Drs. 15/9667 S. 15) ausgeführt: €Satz 1 (des § 8a) stellt klar, dass Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele im Fernsehen und im Hörfunk zulässig sind, wenn nur ein Entgelt von bis zu 0,50 Euro einschließlich gesetzlich geltender Mehrwertsteuer verlangt wird. Die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages der Länder bleiben unberührt. Gewinnspiele müssen ferner dem Gebot der Transparenz und des Teilnehmerschutzes entsprechen (Satz 2). €€ Schon daraus wird ersichtlich, dass mit der in den Rundfunkstaatsvertrag neu eingefügten Regelung des § 8a gerade keine abweichende Regelung zu den bereits geltenden Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages der Länder getroffen werden sollte und Rundfunkgewinnspiele, soweit sie nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig sind wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele (vgl. auch BVerwG vom 1.6.2011 Az. 8 C 5.10 <juris> RdNr. 27).

(Ein) weiteres gewichtiges Argument für das so verstandene Verhältnis der glücksspielstaatsvertraglichen Regelungen einerseits und des neu eingeführten § 8a RStV andererseits € (ist) die Entwicklungsgeschichte der letztgenannten Norm und ihrer Begründung. Denn der in einer Vorentwurfsfassung des 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrags (Stand: 7.12.2007) zur Erläuterung dieser Bestimmung noch vorgesehene Satz €Ein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ist bei diesen Sendungen zu verneinen, da ein Entgelt von höchstens 0,50 Euro einschließlich gesetzlicher Mehrwertsteuer als unerheblich angesehen wird.€ hat letztlich nicht Eingang in die amtliche Begründung des Staatsvertrags zu § 8a RStV gefunden.

Der für das Medienrecht zuständige 7. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat zwar in einer Entscheidung vom 28. Oktober 2009 (Az. 7 N 09.1377) im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens zur Gültigkeit der Satzung der Landesmedienanstalten über Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele (Gewinnspielsatzung) in den Entscheidungsgründen unter anderem Folgendes ausgeführt: €Die genannten Anforderungen (in § 8a Abs. 1 Sätze 2 bis 6, Abs. 2 RStV) präzisieren und legitimieren die in § 8a Abs. 1 Satz 1 RStV getroffene Grundsatzentscheidung, wonach die im Rundfunk veranstalteten Gewinnspiele, selbst wenn es sich wie bei den Call-in-Formaten um zufallsabhängige entgeltliche Spiele und damit je nach Einsatzhöhe um Glücksspiele handelt €, keiner behördlichen Erlaubnis bedürfen, so dass die entsprechenden straf- oder bußgeldrechtlichen Vorschriften (§ 284 StGB, Art. 9 Abs. 1 Nr. 1 AGGlüStV) keine Anwendung finden können.€ Abgesehen davon, dass es sich bei dieser Rechtsauffassung des 7. Senats lediglich um ein die betreffende Normenkontrollentscheidung nicht tragendes obiter dictum ohne eingehendere Beleuchtung und Würdigung der hier maßgeblichen staatsvertraglichen Begründungen, insbesondere zu § 3 GlüStV, handelt, ist diese Entscheidung des 7. Senats nach einem vor dem Bundesverwaltungsgericht in dieser Streitsache geschlossenen Vergleich der Beteiligten inzwischen wirkungslos geworden (vgl. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

An dieser Auffassung wird festgehalten.

2.3. Die Antragstellerin bietet die Glücksspiele auf ihrer Internetseite unerlaubt an, denn sie verfügt lediglich über maltesische Lizenzen, die die für die Tätigkeit der Antragstellerin notwendige Erlaubnis durch bayerische Behörden nicht ersetzen (st. Rspr.; vgl. BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 21 m.w.N.).

2.4. Sowohl der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV als auch das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sind mit nationalem Verfassungsrecht vereinbar. Die daraus folgende Beschränkung der Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen ist mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. BayVGH vom 25.8.2011 a.a.O. RdNrn. 38 und 39 m.w.N.). Das Internetverbot trifft zwar Unternehmen wie die Klägerin durchaus empfindlich in ihrer beruflichen bzw. unternehmerischen Betätigungsfreiheit. Es dient aber unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von hohem Wert (vgl. BVerwG vom 1.6.2011 a.a.O. RdNr. 23 unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG).

2.5. Die sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 4 Abs. 4 GlüStV ergebende Einschränkung der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele begegnet auch keinen durchgreifenden unionsrechtlichen Bedenken (vgl. BayVGH vom 25.8.2011 a.a.O. RdNrn. 40 ff. m.w.N.). Das Internetverbot ist nicht €monopolakzessorisch€, sondern beansprucht unabhängig von der Gültigkeit und dem Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein weiter Geltung (vgl. BVerwGE vom 1.6.2011 a.a.O. RdNrn. 12 ff.; BayVGH zuletzt vom 19.7.2011 Az. 10 CS 10.1923 <juris> RdNr. 40).

Das für Inländer und Ausländer unterschiedslos geltende Internetverbot ist eine durch auch unionsrechtlich anerkannte Gemeinwohlziele € Bekämpfung der Spielsucht, Jugend- und Spielerschutz, Bekämpfung der Begleit- und Folgekriminalität € gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und genügt als solche auch den Anforderungen des unionsrechtlichen Kohärenzgebots (vgl. BayVGH zuletzt vom 19.7.2011 a.a.O. RdNrn. 41 ff.; BVerwG vom 1.6.2011 a.a.O. RdNrn. 33 f.).

3. Die angefochtene Untersagungsverfügung erweist sich nach summarischer Überprüfung im vorliegenden Anordnungsverfahren auch im Übrigen als rechtmäßig.

3.1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend einen örtlichen Bezug von www...com zu Bayern deshalb angenommen, weil diese Internetseite unbestritten zumindest auch in deutscher Sprache angeboten wird und in Bayern abrufbar ist. Dies ist ausreichend, um einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für das Einschreiten der Glücksspielaufsichtsbehörde herbeizuführen. Anerkannte Anknüpfungspunkte vermittelt dabei insbesondere das Territorialitätsprinzip. Danach ist die Inanspruchnahme von Regelungsgewalt durch einen Staat mit dem Völkerrecht vereinbar, wenn sich das geregelte Geschehen ganz oder teilweise auf seinem Staatsgebiet vollzieht oder wenn es um den Status von Sachen und Personen in seinem Staatsgebiet geht. Bei der Regelung eines Verhaltens genügt es, dass einzelne Elemente davon, etwa nur die Handlung oder nur der Handlungserfolg, sich auf dem Gebiet des regelnden Staates ereignen (vgl. BayVGH vom 19.7.2011 <juris> RdNr. 54 m.w.N.).

3.2. Der Antragsgegner hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht dadurch gegen Völkerrecht verstoßen, dass er die Untersagungsverfügung im Ausland förmlich zugestellt hat (vgl. dazu näher BayVGH vom 19.7.2011 a.a.O. RdNr. 50) und dies womöglich objektiv rechtswidrig war. Denn dies kann deshalb dahingestellt bleiben, weil die Untersagungsverfügung jedenfalls nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG durch ordnungsgemäße Bekanntgabe wirksam geworden ist. Nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist, oder der von ihm betroffen wird, wobei diese Vorschrift keine Beschränkung auf das Inland enthält. Dass eine Bekanntgabe auch im Ausland möglich ist, ergibt sich aus Art. 41 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG, der eine Bekanntgabefiktion für elektronisch in das Ausland übermittelte Verwaltungsakte enthält. Danach ist die per Einschreiben mit Rückschein am 5. Februar 2010 versandte und der Antragstellerin laut Rückschein am 2. März 2010 ausgehändigte Untersagungsverfügung vom 4. Februar 2010 der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.

3.3. Die Untersagungsverfügung ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin inhaltlich hinreichend bestimmt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Dies ist dann der Fall, wenn sein Adressat in die Lage versetzt wird zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und wenn zugleich der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für die Maßnahmen seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Mit der streitbefangenen Anordnung, die der Antragstellerin untersagt, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln, wobei der Bereich €Games€ nicht Gegenstand dieses Bescheides sein soll, wird der Verbotsrahmen klar und eindeutig umschrieben. Was öffentliches Glücksspiel ist, ergibt sich zunächst schon aus der oben dargelegten Begriffsbestimmung in § 3 GlüStV. Dass eine Bezugnahme darauf den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG entspricht, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt entschieden (vgl. zuletzt vom 25.8.2011 a.a.O. RdNr. 44). Zudem lässt sich der Begründung des angefochtenen Bescheids ohne Weiteres entnehmen, welche Gewinnspiele von der Untersagungsverfügung erfasst werden sollen.

3.4. Die Untersagungsverfügung ist auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Der Senat geht wie das Gericht erster Instanz dabei in ständiger Rechtsprechung (vgl. BayVGH vom 19.7.2011 a.a.O. RdNr. 59 m.w.N.) davon aus, dass die Beachtung einer auf den Freistaat Bayern beschränkten Untersagungsverfügung dem Betroffenen auch dann zumutbar und damit verhältnismäßig im engeren Sinn ist, wenn diese dazu das Unterlassen der beanstandeten Tätigkeit im Internet für das gesamte Bundesgebiet erfordern würde. Folglich ist es der Antragstellerin auch rechtlich zumutbar, ihre entsprechenden Internetaktivitäten deutschlandweit zu unterlassen (vgl. BVerwG vom 1.6.2011 Az. 8 C 5.10 <juris> RdNr. 16). Auf die in Schleswig-Holstein seit kurzem bestehende Sondersituation muss wegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht eingegangen werden. Sofern es im Übrigen für die Antragstellerin technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll sein sollte, der vom Antragsgegner nur für seinen Zuständigkeitsbereich verfügten Untersagungsanordnung in anderer, weniger belastender Weise nachzukommen, beispielsweise über den Weg des Internet-Geolokalisationsverfahrens, steht ihr dies frei (vgl. BVerwG vom 1.6.2011 a.a.O.). Die von der Antragstellerin unter Berufung auf ein Gutachten des TÜV Rheinland geäußerten Zweifel an der Zuverlässigkeit dieses Verfahrens geben jedenfalls im Rahmen der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

4. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).






Bayerischer VGH:
Beschluss v. 23.02.2012
Az: 10 CS 10.1682


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/864a4c0c2396/Bayerischer-VGH_Beschluss_vom_23-Februar-2012_Az_10-CS-101682




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