Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. September 2010
Aktenzeichen: 24 W (pat) 26/09

(BPatG: Beschluss v. 28.09.2010, Az.: 24 W (pat) 26/09)

Tenor

1.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Markenstelle 3.4. des Deutschen Patentund Markenamts vom 7. Januar 2009 aufgehoben.

2.

Die Löschung der Marke DE 307 50 791 im Umfang der Waren

"Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körperund Schönheitspflege, Badezusätze, soweit in Klasse 3 enthalten, Duschbäder, Deodorants zum persönlichen Gebrauch, Haarwässer, Mittel zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare, Haarfestiger, Haarfärbemittel, Haartönungsmittel, Nagellack, Nagellackentferner, kosmetische Sonnenschutzmittel, Zahnputzmittel, nichtmedizinische Mundund Zahnpflegemittel"

wird angeordnet.

3. Kosten werden nicht auferlegt.

Gründe

I.

Die Wortmarke DE 307 50 791 Fluidumist am 7. März 2008 u. a. für folgende Waren der Klasse 3 in das Markenregister eingetragen worden:

"Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körperund Schönheitspflege, Badezusätze, soweit in Klasse 3 enthalten, Duschbäder, Deodorants zum persönlichen Gebrauch, Haarwässer, Mittel zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare, Haarfestiger, Haarfärbemittel, Haartönungsmittel, Nagellack, Nagellackentferner, kosmetische Sonnenschutzmittel, Zahnputzmittel, nichtmedizinische Mundund Zahnpflegemittel".

In dem genannten Umfang hat der Beschwerdeführer die Löschung der Marke beantragt, da der Eintragung absolute Schutzhindernisse entgegengestanden hätten und weiterhin entgegenstünden. Das Markenwort "Fluidum" unterliege für die eingetragenen Waren der Klasse 3 einem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es bedeute u. a. "Flüssigkeit" und beschreibe insoweit lediglich eine mögliche und für den Erwerber auch wichtige Konsistenz der betreffenden Waren. In dieser Bedeutung werde der Begriff "Fluidum" ausweislich der mit Anlage ASt. 3 vorgelegten Belege auch vielfach im Verkehr verwendet. Insoweit ermangele es der angegriffenen Marke zugleich an der erforderlichen Unterscheidungskraft.

Darüber hinaus sei die Anmeldung bösgläubig erfolgt. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um eine rechtsmissbräuchliche Wiederholungsmarke zu der Marke DE 300 79 373 "FLUIDUM", die auf Antrag des Antragstellers wegen Verfalls infolge Nichtbenutzung mangels Widerspruchs der Markeninhaberin gelöscht worden sei.

Insoweit hat der Antragsteller weiter beantragt, der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag -rechtzeitig -widersprochen und ist dem Löschungsbegehren auch inhaltlich entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 7. Januar 2009 hat die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patentund Markenamtes den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass dem eingetragenen Zeichen für die Waren der Klasse 3 weder ein Freihaltebedürfnis entgegenstehe noch jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die Bezeichnung "Fluidum" stelle keine glatte Sachbeschreibung dar. Das aus dem Lateinischen stammende Wort bedeute zum einen die von einer Person oder Sache ausgehende besondere Ausstrahlung, zum anderen stehe sie in der Naturwissenschaft für eine Flüssigkeit, etwas Fließendes. Die angesprochenen Verkehrskreise würden diese zweite Bedeutung jedoch in Verbindung mit Waren der Klasse 3 nicht erkennen. Produkte in flüssiger Form würden eher die (zusätzliche) Bezeichnung 'LiquidÔ tragen. Soweit der Begriff "Fluidum" im Zusammenhang mit Kosmetika verwendet werde, handele es sich um markenmäßige Benutzungen.

Es lasse sich auch nicht feststellen, dass die angegriffene Marke bösgläubig angemeldet worden sei. Die Marke stimme weder hinsichtlich des Zeichens noch bezüglich der beanspruchten Waren vollständig mit der gelöschten Marke 300 79 373 überein. Somit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Neuanmeldung nur getätigt worden sei, um die Benutzungsschonfrist zu umgehen und den Antragsteller von einer möglichen Benutzung auszuschließen. Die Neuanmeldung sei zudem erst knapp drei Monate nach Ablauf der Benutzungsschonfrist der Vorgängermarke erfolgt, so dass es jedermann möglich gewesen sei, in der Zwischenzeit die Eintragung einer entsprechenden Marke durchzusetzen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Das Deutsche Patentund Markenamt stelle nicht in Abrede, dass "Fluidum" auch die Bedeutung "Flüssigkeit" aufweise und damit eine Produkteigenschaft beschreibe. Typischerweise könnten alle eingetragenen Waren der Klasse 3 auch in flüssiger Form angeboten werden. Damit seien die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt. Er habe ferner belegt, dass auf dem betroffenen Warengebiet der Begriff "Fluidum" als Synonym für "Flüssigkeit" verwendet werde.

Er beantragt, 1.

den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben, 2.

die Marke DE 307 50 791 "Fluidum" in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass es sich bei der Bezeichnung "Fluidum" nicht um eine freihaltebedürftige Angabe handle. Produktmerkmale würden dadurch nicht beschrieben. Der Verkehr werde das Wort im Zusammenhang mit Kosmetika für einen Phantasiebegriff halten, dies umso mehr, als es sich um ein Wort aus der lateinischen Sprache handele. Insoweit weise die Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Hauptsache begründet. Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patentund Markenamts hat den Antrag auf Löschung der angegriffenen Marke "Fluidum" zu Unrecht zurückgewiesen, da die verfahrensgegenständliche Marke als beschreibende Angabe im Zeitpunkt der Eintragung freihaltebedürftig war und dieses Schutzhindernis auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag besteht (§ 50 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

1. Nach der genannten Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) dienen können. Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung von Merkmalen der beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) dienen können, allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden, damit diese sie zur Beschreibung derselben Eigenschaften ihrer eigenen Produkte verwenden können (EuGH GRUR 2004, 146 -Tz. 32 -DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674 -Tz. 97 -POSTKANTOOR; BGH GRUR 2008, 900, 901 - Tz. 12 - SPA; GRUR 2006, 850, 856 - Tz. 35 -FUSSBALL WM 2006). Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat (vgl. BGH GRUR 2008, 900, 901 - Tz. 15 -SPA; GRUR 2006, 760 - Tz. 14 -LOTTO), sein Inhalt vage ist (BGH GRUR 2000, 882, 883 -Bücher für eine bessere Welt) oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH GRUR 2004, 146 - Tz. 33 - DOUBLEMINT).

Der aus dem Lateinischen stammende Begriff "Fluidum" ist lexikalisch als Bestandteil der Gegenwartssprache belegt, und zwar allgemein im Sinne einer "von jemandem oder einer Sache ausgehenden besonderen Ausstrahlung, Wirkung", aber auch in der Bedeutung "Flüssigkeit, etwas Fließendes" (Anlage ASt. 1, Bl. S. 9 d. VA -Meyers Lexikononline 2.0; Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage 2006, S. 594; Duden - Fremdwörterbuch, 8. Auflage 2005, S. 331, 332). Die streitgegenständlichen Waren der Klasse 3 können ihrer Art nach alle in flüssiger Form hergestellt werden und auf den Markt kommen. Damit ist die angegriffene Marke im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geeignet, die betreffenden Produkte hinsichtlich ihrer Konsistenz zu beschreiben. Ob derselbe Sinngehalt auch -oder sogar bevorzugt -durch das Wort "liquid" ausgedrückt werden kann, ist rechtlich unerheblich (Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rn. 243 m. w. N.).

Im übrigen hat der Antragsteller zutreffend dargelegt, dass in flüssiger Form auf dem Markt befindliche Kosmetika tatsächlich häufig als "Fluidum" bezeichnet werden, so z B.:

-"Wenn ich mich jetzt so bewusst in meinem Badezimmer umschaue, trifftmich fast der Schlag. Verschiedenste Dusch Gel, Haar Shampoo, Body Lotion ... Gesichtsfluidum, ..." (Bl. S. 15 d. VA);

-"Kera Tonia Haar Fluidum" (Bl. S. 18 d. VA);

-"Spezielles Anti-Falten-Fluidum"; "Klärendes Phyto-Fluidum"; "Fein abgestimmtes Phyto-Fluidum" (Bl. S. 19 d. VA);

-"Schöne Haut ohne Altersflecken. Diese Creme (und auch das Fluidum, Art. 7049) kann ..." (Bl. S. 20 d. VA);

-"Arganium ist ein Schönheitsfluidum, das ..." (Bl. S. 24 d. A.);

-"Das in einem speziellen Verfahren hergestellte Fluidum ist hochdosiert ..." (Bl. S. 26 d. VA) oder -"Serum Colostrum - Ein Wirkstoff-Fluidum zur Gesunderhaltung der Haut ..." (Bl. S. 27 d. VA).

In allen diesen Fällen erfolgt die Benutzung der Bezeichnung "Fluidum" in beschreibendem Sinne als Synonym für "Flüssigkeit" bzw. "in flüssiger Form". Die gegenteilige Annahme der Markenabteilung stützt sich allein auf die -in anderem rechtlichen Zusammenhang geäußerte und z. T. auch andere Verwendungsformen betreffende -Einschätzung des Antragstellers und ist ersichtlich sachwidrig.

2.

Den Löschungsgrund der bösgläubigen Anmeldung (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG) hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss Bezug genommen, mit denen die Markenabteilung eine Bösgläubigkeit der Markeninhaberin zutreffend verneint hat.

3.

Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG). Bösgläubigkeit der Markeninhaberin bei der Anmeldung der Streitmarke hat nicht vorgelegen. Sonstige Billigkeitsgründe, die ein Abweichen von dem Grundsatz der Tragung der jeweils eigenen Kosten rechtfertigen würde, sind nicht ersichtlich (Knoll in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rn. 14). Damit hat es bei der Grundregel des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zu verbleiben.

4.

Die Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung gem. § 69 Nr. 1 MarkenG war - trotz des Antrags des Antragstellers -nicht erforderlich, da die Beschwerde in der Hauptsache vollumfänglich Erfolg hatte und das Unterliegen hinsichtlich des Kostenantrags nur einen Nebenpunkt betrifft (Knoll in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 69 Rn. 8).

Hacker Viereck Mittenberger-Huber Bb






BPatG:
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