Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. August 2008
Aktenzeichen: 8 W (pat) 330/04

(BPatG: Beschluss v. 21.08.2008, Az.: 8 W (pat) 330/04)

Tenor

Das Patent 102 25 336 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:

Patentansprüche 1 und 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Patentansprüche 2 und 3, Beschreibung und Zeichnung wie Patentschrift.

Gründe

I.

Die Patentinhaberin hat das Patent 102 25 336 am 6. Juni 2002 beim Patentamt angemeldet. Die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung

"Baureihe von Gesamtgetrieben"

wurde am 8. Januar 2004 veröffentlicht.

Dagegen hat am 8. April 2004 die Firma F... AG A... Straße in B...

Einspruch erhoben, weil der Gegenstand des Patents keine Lehre zum technischen Handeln vermittle, nicht so deutlich offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf folgende Druckschriften:

o DE 198 31 293 A1 (D1)

o KOLLER, Rudolf: Konstruktionslehre für den Maschinenbau, Berlin: Springer 1985, 8.112-119. ISBN 3-5 40-15369-1; (D2)

o BRONSTEIN: Taschenbuch der Mathematik. Leipzig, (D3)

o Auszüge aus dem Firmenkatalog der Fa. Flender: Motox N - Getriebemotoren ' und Frequenzumrichter, 16 Seiten; Ausgabe 10/2000; (D4)

o Auszüge aus dem Firmenkatalog K20-4 der Fa. Flender: Becherwerksgetriebe mit Hilfsgetriebe, Seiten 16 und 22; (D5).

In der mündlichen Verhandlung hat die Einsprechende vorgetragen, dass die Lehre des Patents nicht so vollständig und deutlich offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne, da die in dem Ausführungsbeispiel aufgeführten Werte nicht die Lehre des Patentanspruchs 1 erfüllten. Im Übrigen enthalte sowohl der Patentanspruch 1 als auch der Patentanspruch 4 nur allgemeine Rechenregeln, die dem Patentschutz nicht zugänglich seien. Zumindest beruhe der Streitpatentgegenstand nach Patentanspruch 1 und 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da derartige übliche Rechenregeln aus bekannten Getrieben in ganz offensichtlicher Weise abgeleitet seien.

Die Einsprechende beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

Patentansprüche 1 und 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Patentansprüche 2 und 3, Beschreibung und Zeichnung wie Patentschrift.

Sie ist dem Vorbringen der Einsprechenden in allen Punkten entgegen getreten und macht geltend, dass sich direkt aus dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 eine klare und nachvollziehbare Lehre zum technischen Handeln ergebe, wenngleich sich das in der Beschreibung angegebene Ausführungsbeispiel auf eine Ausführungsform beziehe, die im Laufe des Prüfungsverfahrens aus dem Patentanspruch 1 gestrichen worden sei. Im Übrigen gebe keine einzige Druckschrift Hinweise darauf, wie eine gegenseitige Abstimmung der Stufensprünge von zwei in Reihe geschalteten Getrieben durch die Bildungsgesetze zweier endlicher geometrischer Folgen entsprechend dem Merkmal des Streitpatents, wonach der zweite Faktor f2 = f1(-m) oder f2 = f1(-1/n) beträgt, erreicht werden könne, wodurch erst die erfindungsgemäßen Vorteile gemäß Absatz [0017] bis [0021] der Streitpatentschrift erzielbar seien.

Der Patentanspruch 1 lautet:

Baureihe von Gesamtgetrieben, wobei jedes Gesamtgetriebe G umfasst:

ein erstes Einzelgetriebe G1 mit erster Übersetzung i, undein zweites Einzelgetriebe G2 mit zweiter Übersetzung i2, die derart verbunden sind, dass die Übersetzung i des Gesamtgetriebes G dem Produkt i1*i2 der ersten und zweiten Übersetzung gleicht, wobei das erste Einzelgetriebe G1 mit verschiedenen Übersetzungen i1 = i11, i12 .... oder i1m festlegbar ist, wobei m eine natürliche Zahl ist, die 2 beträgt oder größer ist, wobei das zweite Einzelgetriebe G2 mit verschiedenen Übersetzungen i2 = i21, i22 .... oder i2n festlegbar ist, wobei n eine natürliche Zahl ist, die größer ist als 2, wobei alle festlegbaren Übersetzungen i des Gesamtgetriebes in einer endlichen Folge derart anordenbar sind, dass die in aufsteigender Reihenfolge nächstfolgende Übersetzung sich aus der vorhergehenden Übersetzung jeweils durch Multiplikation mit einem einzigen, stets gleichen Faktor ergibt, wobei die festlegbaren Übersetzungen i1 = i11, i12 .... oder i1m des ersten Einzelgetriebes G1 eine endliche Folge der Art i1k = i10 * (f1 (k - 1)) bilden, wobei k von 1 bis m läuft und i10 die Grundübersetzung ist, also die kleinste Übersetzung der vorsehbaren ersten Einzelgetriebe G1 ist und f1 ein erster Faktor ist, wobei die festlegbaren Übersetzungen i2 = i21, i22 .... oder i2n der zweiten Einzelgetriebe G2 eine Folge der Art i2k = i20 * (f2 (k - 1)) bilden, wobei k von 1 bis n läuft und i20 die Grundübersetzung ist, also die kleinste Übersetzung der vorsehbaren zweiten Einzelgetriebe G2 ist und f2 ein zweiter Faktor ist, wobei der zweite Faktor f2 = f1(-m) oder f2 = f1(-1/n) beträgt, wobei die Übersetzungen i1 des ersten Einzelgetriebes nur solche Werte umfassen und die Übersetzungen i2 des zweiten Einzelgetriebes nur solche Werte umfassen, dass keines der erzeugbaren Produkte i1 * i2 auf zwei verschiedene Weisen erzeugbar ist, also eine eineindeutige Zuordnung zwischen Übersetzung des Gesamtgetriebes und den Übersetzungen der Einzelgetriebe besteht.

Die Lehre des nebengeordneten Patentanspruchs 4 entspricht der Lehre des Patentanspruchs 1, wobei sie jedoch nicht auf zwei Einzelgetriebe beschränkt ist, sondern allgemein auf n Getriebe gerichtet ist. Der nebengeordnete Patentanspruch 4 lautet:

Baureihe von Gesamtgetrieben, wobei jedes Gesamtgetriebe G umfasst:

Einzelgetriebe G1, G2,... Gp mit jeweiligen Übersetzungen i1, i2,....ip die derart verbunden sind, dass die Übersetzung i des Gesamtgetriebes G dem Produkt i = i1 * i2 * ...*.i1p der Übersetzungen der Einzelgetriebe G1, G2,... Gp gleicht, wobei die Einzelgetriebe mit verschiedenen Übersetzungen festlegbar sind, wobei alle festlegbaren Übersetzungen i des Gesamtgetriebes in einer endlichen Folge derart anordenbar sind, dass die in aufsteigender Reihenfolge nächstfolgende Übersetzung sich aus der vorhergehenden Übersetzung jeweils durch Multiplikation mit einem einzigen, stets gleichen Faktor ergibt, wobei die festlegbaren Übersetzungen eines Einzelgetriebes Gh der Einzelgetriebe G1, G2,... Gp eine Folge der Art ihk = ih0 * (fh (k - 1)) bilden, wobei k von 1 bis nh läuft und ih0 die Grundübersetzung des Einzelgetriebes Gh ist, also die kleinste festlegbare Übersetzung beim Einzelgetriebe Gh ist und fh ein Faktor ist, wobei für jedes Einzelgetriebe Gh der Wert nh jeweils eine natürliche Zahl ist, die größer ist als 1, wobei die Übersetzungen der Einzelgetriebe jeweils nur solche Werte umfassen, dass keine der Übersetzungen des Gesamtgetriebes, also keines der erzeugbaren Produkte i = i1 * i2 * ...*.ip auf zwei verschiedene Weisen erzeugbar ist, also eine eineindeutige Zuordnung zwischen Übersetzung des Gesamtgetriebes und allen Übersetzungen der Einzelgetriebe besteht und wobei fh = fh-1(-n(h-1)) oder fh = fh-1(-1/nh) oder fh = fh-1(-1/nh) gilt, wobei h von 2 bis p läuft, wobei p größer als 2 ist, wobei nh größer als 2 ist.

Die Aufgabe der Erfindung besteht gemäß der Beschreibung Absatz [0010] der Streitpatentschrift darin, eine Baureihe von Gesamtgetrieben weiterzubilden, deren festlegbare Übersetzungen in möglichst kostengünstiger und einfacher Weise mit wenigen Bauteilen einen weiten Bereich von Übersetzungen und Drehmomenten in für Anwendungen möglichst günstiger Abstufung abdecken.

Hinsichtlich der Unteransprüche 2 und 3 wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Im Prüfungsverfahren sind zum Stand der Technik noch die DD 45 514 (D6) sowie LOOMANN, Johannes: Zahnradgetriebe. Berlin, Springer, 1996, Seiten 9-10. ISBN 3-540-60336-0 (D7)

genannt worden.

II.

1. Über den Einspruch, der nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, hat der zuständige Technische Beschwerdesenat gemäß § 147 Abs. 3 PatG zu entscheiden, da die mit der Einlegung des Einspruchs begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. auch BGH GRUR 2007, 859, 861 und 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren I und II; BPatG GRUR 2007, 449 f. - Rundsteckverbinder).

2. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig. Er ist jedoch nur insofern begründet als er zur beschränkten Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents führt.

3. Gegen die Zulässigkeit der Anspruchsfassung bestehen keine Bedenken.

Der Patentanspruch 1 enthält die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 5, wobei die Änderung hinsichtlich des Wertes n von "größer gleich 2" auf "größer als 2" im zweiten Einzelgetriebe eine klare Einschränkung gegenüber der erteilten Fassung ist.

Die Patentansprüche 2 und 3 leiten sich von den ursprünglichen Ansprüchen 2, 4, 5, 6 ab.

Der Patentanspruch 4 enthält die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 8 bis 10, wobei die Ergänzungen hinsichtlich der Werte von p und nh klare Beschränkungen gegenüber der erteilten Fassung darstellen, weil sie einen vorher unbestimmten Bereich auf bestimmte Werte einschränken.

4. Der Patentgegenstand nach Patentanspruch 1 betrifft eine Baureihe von Gesamtgetrieben, welche aus zwei Einzelgetrieben besteht. Diese Einzelgetriebe sind derart miteinander gekoppelt, dass die Abtriebswelle des ersten Getriebes mit der Eingangswelle des zweiten Getriebes verbunden ist, wodurch eine Reihenanordnung der Getriebe entsteht. Die Übersetzung des Gesamtgetriebes ist somit das Produkt der Übersetzungen der beiden Einzelgetriebe.

Die Einzelgetriebe sind mit jeweils verschiedenen Übersetzungen festlegbar, was gemäß Absatz [0003] der Streitpatentschrift durch Austausch der Verzahnteile der Einzelgetriebe oder aber gemäß Absatz [0029] der Streitpatentschrift durch Schalten erfolgt. Es entsteht somit ein Gesamtgetriebe mit einer völlig beliebigen Übersetzung, wobei die in aufsteigender Reihenfolge nächstfolgende Übersetzung (des Gesamtgetriebes) sich aus der vorhergehenden Übersetzung jeweils durch Multiplikation mit einem einzigen, stets gleichen Faktor ergibt. Dies bedeutet, dass der Stufensprung des Gesamtgetriebes gleich bzw. konstant ist. Nach einem weiteren Merkmal des Patentanspruchs 1 sollen die festlegbaren Übersetzungen i1k und i2k jedes der Einzelgetriebe eine geometrische Folge bilden, welche festgelegt wird durch die Vorschrift i1k = i10 * f1 (k - 1) bzw. i2k = i20 * f2 (k - 1).

Der Zusammenhang zwischen den Übersetzungen i1k und i2k der Einzelgetriebe wird durch die Beziehung f2 = f1(-m) oder f2 = f1(-1/n) beschrieben. Schließlich sollen die Übersetzungen i1 des ersten Einzelgetriebes und die Übersetzungen i2 des zweiten Einzelgetriebes nur solche Werte umfassen, dass keines der erzeugbaren Produkte i1 * i2 auf zwei verschiedene Weisen erzeugbar ist. Es besteht somit eine eineindeutige Zuordnung zwischen Übersetzung des Gesamtgetriebes und den Übersetzungen der Einzelgetriebe.

Der Patentanspruch 1 lässt sich folgendermaßen gliedern:

1 Baureihe von Gesamtgetrieben, wobei jedes Gesamtgetriebe G umfasst:

2 ein erstes Einzelgetriebe G1 mit erster Übersetzung i1, und 3 ein zweites Einzelgetriebe G2 mit zweiter Übersetzung i2, 4 die derart verbunden sind, dass die Übersetzung i des Gesamtgetriebes G dem Produkt i1*i2 der ersten und zweiten Übersetzung gleicht, 5 das erste Einzelgetriebe G1 ist mit verschiedenen Übersetzungen i1 = i11, i12 .... oder i1m festlegbar, wobei m eine natürliche Zahl ist, die 2 beträgt oder größer ist, 6 das zweite Einzelgetriebe G2 ist mit verschiedenen Übersetzungen i2 = i21, i22 .... oder i2n festlegbar, wobei n eine natürliche Zahl ist, die größer ist als 2;

7 alle festlegbaren Übersetzungen i des Gesamtgetriebes sind in einer endlichen Folge derart anordenbar, dass die in aufsteigender Reihenfolge nächstfolgende Übersetzung sich aus der vorhergehenden Übersetzung jeweils durch Multiplikation mit einem einzigen, stets gleichen Faktor ergibt;

8 die festlegbaren Übersetzungen i1 = i11, i12 .... oder i1m des ersten Einzelgetriebes G1 bilden eine endliche Folge der i1k = i10 *( f1 (k - 1)), wobei k von 1 bis m läuft und i10 die Grundübersetzung ist, also die kleinste Übersetzung der vorsehbaren ersten Einzelgetriebe G1 ist und f1 ein erster Faktor ist;

9 die festlegbaren Übersetzungen i2 = i21, i22 .... oder i1n der zweiten Einzelgetriebe G2 bilden eine Folge der Art i2k = i20 *(f2 (k - 1)), wobei k von 1 bis n läuft und i20 die Grundübersetzung ist, also die kleinste Übersetzung der vorsehbaren zweiten Einzelgetriebe G2 ist und f2 ein zweiter Faktor ist, wobei 10 der zweite Faktor f2 = f1(-m) oder f2 = f1(-1/n) beträgt, 11 die Übersetzungen i1 des ersten Einzelgetriebes nur solche Werte umfassen und die Übersetzungen i2 des zweiten Einzelgetriebes nur solche Werte umfassen, dass keines der erzeugbaren Produkte i1 * i2 auf zwei verschiedene Weisen erzeugbar ist, also eine eineindeutige Zuordnung zwischen Übersetzung des Gesamtgetriebes und den Übersetzungen der Einzelgetriebe besteht.

5. Das Patent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Durchschnittsfachmann, ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, tätig auf dem Gebiet der Konstruktion von Getrieben, mit vertieften mathematischen Kenntnissen, sie ausführen kann.

Der Auffassung der Einsprechenden hinsichtlich der mangelnden Ausführbarkeit der Lehren der Patentansprüche 1 und 4 kann der Senat nicht folgen. Zwar ist es zutreffend und wird von der Patentinhaberin auch durchaus eingeräumt, dass das in der Beschreibungseinleitung aufgeführte Ausführungsbeispiel nicht mehr unter die Lehre des Patentanspruchs 1 oder 4 fällt. Allerdings ist sowohl der Patentanspruch 1 als auch der Patentanspruch 4 für sich gesehen für den vorstehend genannten Fachmann derart klar formuliert, dass er die erforderlichen Werte für die jeweiligen Übersetzungen sowie Faktoren durch einfache Berechnungen ermittelt kann, wobei er in selbstverständlicher Weise diejenigen Ergebnisse, die nicht der Lehre des Patentanspruchs 1 bzw. 4 entsprechen, verwerfen wird.

Soweit die Einsprechende bemängelt, dass die Patentansprüche 1 und 4 lediglich Rechenregeln oder eine mathematische Formeln zum Inhalt haben, die dem Patentschutz nicht zugänglich seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass diese Patentansprüche dem Fachmann eine eindeutige technische Anweisung geben, wie ein Gesamtgetriebe, bestehend aus mindestens zwei Einzelgetrieben auszulegen sei. Dies erfolgt zwar durchaus mit Hilfe von Formeln, die jedoch keine Rechenregeln an sich angeben, sondern in der Sprache eines Technikers die gegenständliche Ausgestaltung einer Baureihe von Gesamtgetrieben umschreiben.

5.1 Die Neuheit der zweifellos gewerblich anwendbaren Baureihe von Gesamtgetrieben gemäß dem Patentanspruch 1 ist gegeben.

Keine einzige der entgegengehaltenen Druckschriften weist eine Baureihe von Gesamtgetrieben mit zwei Einzelgetrieben auf, bei der sich der den Stufensprung des zweiten Einzelgetriebes festlegende Faktor f2, entsprechend Merkmal 10 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents, direkt aus dem Stufensprung (Faktor f1) des ersten Teilgetriebes erschließt.

5.2 Der Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn für die Gesamtheit der im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmale vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik keine Anregungen.

Als nächstkommenden Stand der Technik sieht der Senat die Druckschrift D7 an. Denn diese Druckschrift weist bereits die im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmale 1 bis 5, 7, 8 sowie 11 auf, was von der Patentinhaberin auch nicht bestritten wird. Demgegenüber fehlen die Merkmale 7 und 9 des Streitpatents bei der D7, da das zweite Einzelgetriebe (Seite 10 der D7), die Zweigang-Nachschaltgruppe, nur zwei verschiedene Übersetzungen, nämlich 1,41:1 und 1:1 aufweist und nicht mindestens drei, wie es das Merkmal 6 des Streitpatents (n größer als 2) festlegt. Deshalb ist auch das Merkmal 9 des Streitpatents nicht gegeben, da es Bezug nimmt auf den Inhalt des Merkmals 6 (Zahl n) des Streitpatents.

Entscheidend ist nach Überzeugung des Senats jedoch, dass es aus der D7 keinerlei Hinweise darauf gibt, den Stufensprung für die jeweiligen auswählbaren Übersetzungen des zweiten Einzelgetriebes in Abhängigkeit von dem ersten Einzelgetriebe, insbesondere durch eine Beziehung zwischen den Faktoren f1 und f2 gemäß Merkmal 10 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents festzulegen. Denn bei der D7 werden in den jeweiligen Einzelgetrieben zwar jeweils geometrische Stufungen verwendet, aber es gibt keine Abstimmung bezüglich der Bildungsgesetzmäßigkeiten hinsichtlich der Stufensprünge der beiden Einzelgetriebe. Denn die Stufensprünge und somit die Faktoren f1 und f2 werden bei der D7 offensichtlich willkürlich, zumindest jedoch nicht nach einer erkennbaren Gesetzmäßigkeit auf die Werte 2 und 1,41 festgelegt. Somit kann die D7 dem Fachmann auch keine Anregungen geben, ein Gesamtgetriebe entsprechend den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach einer bestimmten und zwar insbesondere im Merkmal 10 festgelegten Gesetzmäßigkeit auszulegen, um so auf eine einfache und effektive Weise einen möglichst großen und möglichst lückenlosen Arbeitsbereich des gesamten Systems einer Baureihe von Gesamtgetrieben unter Verwendung von wenigen Übersetzungen zu erreichen.

Dieses Merkmal war auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar, sondern bedurfte darüber hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die nach Überzeugung des Senats auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen.

Auch die übrigen im Zuge des Verfahrens in Betracht gezogenen Druckschriften, die weiter ab liegen vom Streitpatentgegenstand und die in der mündlichen Verhandlung von der Einsprechenden nicht mehr aufgegriffen worden sind, stehen dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht patenthindernd entgegen, weil sie - wie der Senat überprüft hat - weder das Merkmal 10 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents aufweisen, noch Hinweise geben, die den Fachmann in diese Richtung führen können.

Der Patentanspruch 1 hat daher in seiner beschränkten Fassung Bestand.

6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 4, der aufgrund seiner Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbar ist, hat als neu zu gelten, da keine Druckschrift seine Merkmale in ihrer Gesamtheit zeigt.

Er beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes nach dem Patentanspruch 1 ausgeführt ist, sind aus dem Stand der Technik keine Baureihen von Gesamtgetrieben mit zwei Einzelgetrieben bekannt oder nahegelegt, bei denen sich der den Stufensprung des zweiten Einzelgetriebes festlegende Faktor f2 entsprechend Merkmal 10 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents direkt aus dem Stufensprung (Faktor f1) des ersten Teilgetriebe erschließt. Da der auf eine Baureihe von Gesamtgetrieben mit mehr als zwei Einzelgetrieben G gerichtete Patentanspruch 4 im wesentlichen auch diejenigen Merkmale aufweist, die in dem Patentanspruch 1 aufgeführt sind, ist das Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen.

Der Patentanspruch 4 hat daher in seiner beschränkten Fassung ebenfalls Bestand.

7. Die Unteransprüche 2 und 3 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Gegenstandes des Patentanspruchs 1, die über Selbstverständlichkeiten hinausreichen. Sie haben daher ebenfalls Bestand.

Bei dieser Sachlage war das Patent in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten.

Dr. Huber Pagenberg Zugleich für Richter Kuhn, derwegen Pensionierung verhindert ist zu unterschreiben.

Dr. Huber Rippel Hu






BPatG:
Beschluss v. 21.08.2008
Az: 8 W (pat) 330/04


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