Bundespatentgericht:
Urteil vom 26. April 2007
Aktenzeichen: 2 Ni 49/04

(BPatG: Urteil v. 26.04.2007, Az.: 2 Ni 49/04)

Tenor

1. Das europäische Patent EP 0 483 184 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des am 11. Juli 1990 in der Verfahrenssprache Englisch angemeldeten europäischen Patents EP 0 483 184 mit deutschem Anteil DE 690 06 359, für das die Priorität der norwegischen Patentanmeldung NO 892925 vom 17. Juli 1989 in Anspruch genommen worden ist. Das Patent betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines partikelverstärkten Metallschaums und umfasst 8 Patentansprüche.

Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung:

"1. A process of manufacturing a particle reinforced metal foam in which a molten composite material comprising a metal matrix and finely divided reinforcing particles is continuously foamed by feeding cellulating gas into the melt thereby accumulating foamed composite metal material on the molten material surface, removing and solidifying the accumulated foam."

In deutscher Übersetzung gemäß DE 69006359 T2 lautet Patentanspruch 1:

"1. Verfahren zum Herstellen eines partikelverstärkten Metallschaums, worin ein geschmolzenes Verbundstoffmaterial, das eine Metallmatrix und feinzerteilte Verstärkungspartikel umfasst, kontinuierlich geschäumt wird, indem zellbildendes Gas in die Schmelze eingebracht wird, wobei geschäumtes Metallverbundstoffmaterial auf der Oberfläche des geschmolzenen Materials angesammelt wird und der angesammelte Schaum entfernt und verfestigt wird."

Hieran schließen sich die auf Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 an.

Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nicht mehr neu sei und zudem nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Zur Begründung beruft sie sich auf die Druckschriften:

K2 GB 1 287 994, K3 US 3 297 431, K4 Davies et al: "Metallic foams: ...their production, properties and applications" J. of Mat. Sc. 18 (1983) 1899-1911, K5 US 3 214 265, K6 Eingabe der Beklagten an EPA v. 20. November 1992, K7 US 3 940 262, K8 US 3 725 037, K9 US 4 618 427, K10 Duralcan Benutzer-Handbuch, Juni 1989, K11 Duralcan Composite Casting Guidelines, April 1993, K12 rororo Techniklexikon, Bergbau, 1972, Sp. 214 u. 215.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 483 184 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen;

hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent im Umfang der Hilfsanträge 1 und 2, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurden.

Nach Hilfsantrag 1 lautet der Patentanspruch 1 in überreichter deutscher Fassung (Änderung gegenüber dem Hauptantrag in Sperrschrift):

"1. Verfahren zum Herstellen eines geformten partikelverstärkten Metallschaums, worin ein geschmolzenes Verbundstoffmaterial, das eine Metallmatrix und feinzerteilte Verstärkungspartikel umfasst, kontinuierlich geschäumt wird, indem zellbildendes Gas in die Schmelze eingebracht wird, wobei geschäumtes Metallverbundstoffmaterial auf der Oberfläche des geschmolzenen Materials angesammelt wird, halb verfestigter, dort angesammelter Schaum in Formen transferiert und danach verfestigt wird".

Die auf diesen Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 schließen sich daran unverändert an.

Nach Hilfsantrag 2 lautet der Patentanspruch 1 in überreichter deutscher Fassung (Änderung gegenüber dem Hauptantrag in Sperrschrift):

"1. Verfahren zum Herstellen eines partikelverstärkten Metallschaums, worin ein geschmolzenes Verbundstoffmaterial, das eine Metallmatrix und feinzerteilte Verstärkungspartikel umfasst und durch Wiedereinschmelzen von Partikel-Metallmatrix-Verbundstoffmaterial bereitgestellt wird, kontinuierlich geschäumt wird, indem zellbildendes Gas in die Schmelze eingebracht wird, wobei geschäumtes Metallverbundstoffmaterial auf der Oberfläche des geschmolzenen Materials angesammelt wird und der angesammelte Schaum entfernt und verfestigt wird".

Die auf diesen Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 entsprechen inhaltlich unverändert den Patentansprüchen 5 bis 8 gemäß Hauptantrag in angepasster Nummerierung.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents schon in der erteilten Fassung für patentfähig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ führt zur Nichtigerklärung des angegriffenen Patents.

I.

1) Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines dispersionsverfestigten Metallschaumes.

Hierfür sind bisher verschiedene Herstellungswege bekannt, wie etwa das Einmischen von Hydriden in das geschmolzene Metall oder Zugeben organischer Verbindungen, die beim Erhitzen Gase freisetzen. Solche Metallschäume werden weitgehend durch ihre Dichte bestimmt, aber auch durch die Zellgröße, Zellstruktur und ihre Verteilung. Im allgemeinen wird nach der Darstellung in der Streitpatentschrift (s. StrPS S. 1 Z. 16 - 21) ein Metallschaum in mehreren Schritten hergestellt, die die Zugabe einer gasgebenden Verbindung zu dem geschmolzenen Metall, das nachfolgende Erhitzen des sich daraus ergebenden Gemisches sowie nach dem Schaumbildungsschritt die Kühlung der Metallmasse umfasst, um ein festes Schaummaterial zu erhalten.

Die aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren (s. StrPS S. 1 Z. 22 - 44) weisen insgesamt den Nachteil auf, dass sie diskontinuierlich arbeiten und entweder teure gasentwickelnde Verbindungen oder gelöste Gase als zellbildende Mittel und viskositätserhöhende oder stabilisierende Additive verwenden, um Qualitätsmetallschäume zu erreichen. Überdies ist eine genaue Verfahrenssteuerung erforderlich, die gegen eine kostengünstige Herstellung der Metallschäume in industriellem Maßstab spricht.

2) Es ist daher Aufgabe des Streitpatents (s. StrPS S. 2 Z. 51 - 55), ein einfaches kostengünstiges Verfahren zur Herstellung von Qualitätsschäumen, zum Veredeln von Altmetallmaterial und einen neuen partikelverstärkten Metallschaumtyp mit verbesserten mechanischen Eigenschaften bereitzustellen.

3) Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 gemäß der erteilten Fassung ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1. Verfahren zum Herstelleneines partikelverstärkten Metallschaums, 2. worin ein geschmolzenes Verbundstoffmaterial, 2.1. das eine Metallmatrix und 2.2. feinzerteilte Verstärkungspartikel umfasst, 3. kontinuierlich geschäumt wird, indem 4. zellbildendes Gas in die Schmelze eingebracht wird, 4.1. wobei geschäumtes Metallverbundstoffmaterial auf der Oberfläche des geschmolzenen Materials angesammelt wird 5. und der angesammelte Schaum entfernt 6. und verfestigt wird.

Nach dem Hilfsantrag 1 lautet der Anspruch 1 in gegliederter Fassung:

1. Verfahren zum Herstelleneines geformten partikelverstärkten Metallschaums, 2. worin ein geschmolzenes Verbundstoffmaterial, 2.1. das eine Metallmatrix und 2.2. feinzerteilte Verstärkungspartikel umfasst, 3. kontinuierlich geschäumt wird, indem 4. zellbildendes Gas in die Schmelze eingebracht wird, 4.1. wobei geschäumtes Metallverbundstoffmaterial auf der Oberfläche des geschmolzenen Materials angesammelt wird, 5. halb verfestigter, dort angesammelter Schaum in Formen transferiert 6. und danach verfestigt wird.

Nach dem Hilfsantrag 2 lautet der Anspruch in gegliederter Fassung:

1. Verfahren zum Herstelleneines partikelverstärkten Metallschaums, 2. worin ein geschmolzenes Verbundstoffmaterial, 2.1. das eine Metallmatrix und 2.2. feinzerteilte Verstärkungspartikel umfasst und 2.3. durch Wiedereinschmelzen von Partikel- Metallmatrix-

Verbundstoffmaterial bereitgestellt wird, 3. kontinuierlich geschäumt wird, indem 4. zellbildendes Gas in die Schmelze eingebracht wird, 4.1. wobei geschäumtes Metallverbundstoffmaterial auf der Oberfläche des geschmolzenen Materials angesammelt wird 5. und der angesammelte Schaum entfernt 6. und verfestigt wird.

Der zuständige Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur mit mindestens Fachhochschulabschluss beispielsweise der Fachrichtung Metallurgie, der über einschlägige Werkstoff- und Gießerei- Kenntnisse sowie mehrjährige Erfahrung in der Herstellung von Metallschaum - Material und Metallschaum - Produkten verfügt, einschließlich den notwendigen Kenntnissen der Physik und Technik von Metallschäumen.

II.

1) Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung mag neu sein, es beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Den nächstkommenden Stand der Technik bildet die US 3 214 265, K5, mit der Figur 15 und der dazu gehörenden Beschreibung, u. a. Anspruch 1 u. Sp. 5, Z. 17 - 42 sowie Sp. 7, Z. 74 bis Sp. 8, Z. 48, in Verbindung mit der übrigen Beschreibung samt den weiteren Patentansprüchen 2 bis 11.

Dieser Druckschrift entnimmt der Fachmann die kontinuierliche Herstellung eines partikelverstärkten Metallschaums 110. Dazu wird eine Metallschmelze 101« aus einem Schmelzofenkessel 102« kontinuierlich über den Ausguss 103« in einen Tiegel 104« gefüllt, der bodennah parallel zum Tiegelboden angeordnet einen rührenden bzw. schlagenden Flügelpropeller 114 aufweist, der über eine vertikale motorgetriebene Treibstange 112 angetrieben ist und der bodennah parallel zum Tiegelboden Kanäle mit am Propellerumfang angeordneten kleinen Austrittslöchern 113 für ein zellbildendes Gas 111 aufweist, das dem Propeller 114 über dessen Treibstange 112 von oben zugeführt wird.

Im Tiegel 104« strömt das zellbildende Gas 111 (K5, u. a. Sp. 5, Z 38 - 41 u. Sp. 7, Z. 74 bis Sp. 8, 48 sowie Anspruch 1) fortlaufend in die Metallschmelze 101« und schäumt diese kontinuierlich zu Metallschaum 110 auf. Dazu wird das zellbildende Gas 111 durch den rotierenden Propeller 114 fein verteilt in die Metallschmelze 101« eingebracht (Anspruch 1, Merkmal 4). Das Gas steigt in der Metallschmelze 101« fortlaufend als fein verteilte Gasblasen zur Schmelzenoberfläche auf und bildet so kontinuierlich Metallschaum (Anspruch 1, Merkmal 3), der sich an der Oberfläche des geschmolzenen Materials ansammelt (Anspruch 1, Merkmal 4.1).

Ein Unterschied dieser aus K5 bekannten Lehre zur deutschen Fassung des angegriffenen Anspruchs 1 durch die dortige Formulierung auf der Oberfläche besteht nicht, weil es in der maßgeblichen englischen Fassung des europäischen Streitpatents an dieser Stelle on the molten material surface heißt, also in den Bedeutungen auf, an, in der Schmelzmaterialoberfläche.

Die Oberfläche des Tiegelinhalts und damit der dort angesammelte Metallschaum 110 wird entfernt, nach K5, Fig. 15 u. Sp. 7, Z. 17 - 41 u. Sp. 8, Z. 22 - 34, indem der Schaum 110 an der Schmelzenoberfläche im Tiegel 104« oben kontinuierlich von über eine Überlaufrinne abfließt auf ein kontinuierlich abführendes Förderband 106« (Anspruch 1, Merkmal 5). Auf dem Förderband 106« wird das Metallschaummaterial 110 mittels Wassersprühhähnen 108«, 109« einer Wasserdusche zur Abkühlung ausgesetzt, wodurch der Metallschaum verfestigt wird (Anspruch 1, Merkmal 6).

Nach K5, Sp. 5, Z. 71 - 75 gilt diese Metallschaum-Herstellung für alle geeigneten Metalle wie z. B. Aluminium, Zink, Eisen, Blei, Kupfer und Nickel sowie deren geeigneten Legierungen mit anderen Metallen sowie Metallen wie Magnesium und Titan. Bevorzugt sind dabei Metalle mit einer Temperaturdifferenz von 200 bis 400 ¡C zwischen der festen und flüssigen Phase gemäß deren Phasendiagramm (solidus- und liquidus- Linie), s. Sp. 6, Z. 1 - 4.

Zur Metallschaumbildung werden nach K5, Sp. 6, Z. 22 - 27 der Metallschmelze im Tiegel neben dem Gas, z. B. Sauerstoff u. a. auch hydridhaltige Metalllegierungen oder Pulver zugesetzt, z. B. Zirkon- und Titanhydrid.

Neben dem zugeführten Gas und den Metallhydriden sind nach K5, Sp. 6, Z. 28 - 35 zusätzlich auch noch andere Zugabe-Mischungen möglich wie z. B. Ammonium -Chlorid, -Jodid, -Sulfat, Arsenik, Barium-Hydrid, Wismut- Sulfat usw., so dass es sich entsprechend dem angegriffenen Anspruch 1, Merkmal 2 auch nach K5 um geschmolzenes Verbundstoffmaterial im Tiegel 104« handelt, bestehend aus einer Metallmatrix und Pulver, d. h. feinzerteilten Partikeln, gegebenenfalls als Verstärkungspartikel (Anspruch 1, Merkmale 2, 2.1, 2.2).

Dies gilt um so mehr, weil sich nach K5, u. a. Sp. 8, Z. 44 - 48 bei Sauerstoff als Gaszugabe in einer aluminiumhaltigen Schmelze Aluminiumoxide als hochschmelzende Festkörper in den jeweiligen Schaumblasenwänden bilden, die dazu beitragen können, das Zerplatzen der Schaumblasen zu verhindern, die Schaumblasen also verstärken.

Neben der K5 kennt der maßgebliche Fachmann zur Herstellung von Metallschaum in jedem Falle auch die ebenfalls einschlägige US 3 297 431, K3, bei der aus einer Metallschmelze und einem Gas bzw. einer sich unter Hitze zersetzenden und dabei Gas freisetzenden Substanz, wie z. B. Metallhydrid ein Metallschaum erzeugt wird. Bei dieser Metallschmelze wird fein verteiltes inertes, nicht schmelzendes Pulver zugemischt, um damit die Zellstruktur des Metallschmelzenschaums zu stabilisieren; vgl. K3, u. a. Sp. 2, Z. 36 - 45 u. Anspruch 1. Diese Anregung zur Schaumblasenverstärkung durch Pulverpartikel (Anspruch 1, Merkmal 1) nach K3 kann der Fachmann bei Bedarf oder Wunsch ohne weiteres jederzeit aufgreifen und bei einer Schaumherstellung nach K5 anwenden.

Somit gelangt der Fachmann in naheliegender Weise ohne erfinderische Tätigkeit mit der Lehre nach K5, zumindest aber in Verbindung mit der ihm aus K3 bekannten Anregung zur streitpatentgemäß beanspruchten stabilisierenden Partikelverstärkung der Gasblasen des Metallschaums beim Verfahren einer kontinuierlichen Metallschaumherstellung aus geschmolzenem Verbundstoffmaterial, also zu allen Merkmalen des streitpatentgemäßen Anspruchs 1.

2) Die von der beklagten Patentinhaberin hiergegen vorgebrachten Argumente können nicht überzeugen.

a) So vergleicht die Patentinhaberin die Metallschaumherstellung nach K5 unter Verwendung von Metallhydrid mit dem gleichmäßigen Aufgehen eines Teiges zum Brotbacken, wonach die Gasblasen in der Schmelze verblieben.

Tatsächlich jedoch entstehen nach K5 durch die Gasverteilung am Schmelztiegelboden sowie den fein verteilten Hydriden jeweils kleine Gasblasen in der Metallschmelze, die sich ähnlich wie Wasser verhält, so dass die Gasblasen darin nach oben steigen und dann an der Schmelzenoberfläche durch den Überlauf möglichst nur die Blasenoberfläche abgeführt wird. Das hat mit einer weitgehend ortsfesten Gasblasenverteilung im Brotteig nichts zu tun.

b) Nach Auffassung der Patentinhaberin handelt es sich bei den Metallhydriden und den übrigen feinkörnigen Zugaben in der Schmelze nach K5 nicht um stabile Teilchen gemäß dem Streitpatent, sondern um zerfallende andere Substanzen, also nicht um Verstärkungspartikel.

Dagegen sind gemäß K5, Sp. 6, Z. 28 - 35 neben dem zugeführten Gas auch Metallhydride und andere Verbindungen unter bestimmten Temperatur- und Druckbedingungen möglich, die als feinkörnige Zugaben in der Schmelze, gegebenenfalls nach Zersetzung als Zersetzungsprodukte, als Verstärkungspartikel im Metallschaum wirken können, wie das auch der Druckschrift K4, S. 1901, untere Hälfte der linken Spalte gutachterlich entnehmbar ist.

Sollte dem Fachmann die Wirkung der Zusätze nach K5 für eine gewünschte Schaumverstärkung nicht ausreichen, dann greift er ohne weiteres auf die ihm aus K3, deren Schutzansprüchen und Sp. 2, Z. 36 bis Sp. 3, Z. 54 bekannte Anregung zurück, den Schaum zu stabilisieren durch verstärkende Pulver-Zusätze, die in K3, z. B. auch in der Tabelle Sp. 12 unten usw. genannt sind, um damit auch einen Metallschaum nach K5 weiter zu stabilisieren.

Die aus K3 bekannte Anregung und Lehre der Schaumblasenverstärkung in einfacher und nahe liegender Weise auf das Verfahren nach K5 zu übertragen und dort anzuwenden, erfordern keine erfinderischen Überlegungen.

c) Die Patentinhaberin vertritt die Ansicht, nach K5, Fig. 15 bilde sich oben im Tiegel flüssiges Metallmaterial mit darin enthaltenen Gasblasen ohne eine Trennung von Schmelze und Schaum, also keine Ansammlung von Metallschaum an der Schmelzenoberfläche gemäß dem Streitpatent. Deshalb werde nach K5 beim Abschöpfen mittels Überlauf überwiegend Metallschmelze mit darin fein verteilten Gasbläschen abgezogen, oder der Schaum verbleibe sogar im Tiegel.

Tatsächlich trennen sich jedoch bei dünnflüssigen Metallschmelzen wie z. B. Aluminiumschmelzen, die sich ähnlich wie Wasser verhalten, an der freien Metallschmelzenoberfläche bekanntermaßen die Luftblasen von der Flüssigkeit, um darauf zu schwimmen wie Badeschaum in der Badewanne. Deshalb verbleibt nach K5 nur ein sehr kleiner Übergangsbereich zwischen Schmelze und Schaum. Beim Abschöpfen mittels Überlauf kann daher nach K5 weitgehend nur der Metallschaum oben von der Metallschmelze abgezogen werden, wie das der Fachmann K5 entnimmt, wo es in K5, Fig. 15 mit dem Bezugszeichen 110 so veranschaulicht, in Sp. 5, Z. 17 - 42 beschrieben ist und dem Anspruch 1 nach dem Streitpatent entspricht.

d) Auf den Einwand der Patentinhaberin, es handele sich bei den in K5, Sp. 8, Z. 44 - 48 genannten Aluminiumoxiden um Oxidationsfilme der Aluminiumschmelzenblasenhäute und daher nicht um streitpatentgemäße fein verteilte Verstärkungspartikel, ist darauf hinzuweisen, dass nach K5, Sp. 8, Z. 44 - 48 die dort genannten Aluminiumoxide tatsächlich auch zur Stabilisierung der Blasenhaut dienen, also Verstärkungspartikel im Sinne des Streitpatents sind, sei es als Teilchen oder Häutchen in der Gasblasenwand.

e) Die Patentinhaberin hält die Zusammenschau von K5 mit K3 nicht für naheliegend, weil es sich um vollkommen gegensätzliche Schaumherstellungsverfahren handele, deren Zusammenschau sich für den Fachmann verbiete.

So werde nach K5 durch das in der Metallschmelze aufsteigende Gas an der Schmelzenoberfläche durch die Gasblasen Metallschaum gebildet, während nach K3 gelöstes Gas durch Druckabsenkung freigesetzt werde, das Gasblasen bilde, die aber im gleichen Schmelzenbereich festgehalten seien, also nicht aufsteigen, sondern eine sich verfestigende Schaumplatte bildend mit dieser abwärts abgefördert würden.

Allerdings sind demgegenüber dem einschlägigen Fachmann die Schrift K3 und deren Lehre und aus Sp. 2, Z. 36 bis Sp. 3, Z. 54 die Maßnahme zur Stabilisierung und Verstärkung der Zellstruktur des geschmolzenen Metallschaums bekannt, fein verteiltes, inertes Pulver als Verstärkungsmittel zu verwenden.

Diese Kenntnis kann der Fachmann ohne weiteres und naheliegend für den Zweck der Metallschaumstabilisierung und -verstärkung auch alleine anwenden, also auch für ein anderes Metallschaumherstellungsverfahren für andere Produkte als nach K3 und damit auch für das Verfahren nach K5. Eine weitere Übereinstimmung der beiden Herstellungsverfahrens ist dazu weder notwendig noch hilfreich.

f) Die Patentinhaberin führt weiter aus, dass die Stabilisierung der Gasblasen durch Partikel beim Herstellverfahren nach K3 nicht mit dem Verfahren nach K5 vergleichbar sei, so dass eine Übertragung der Gasblasenstabilisierung mittels Partikeln nach K3 auf das Verfahren nach K5 nicht naheliege und dort auch nicht die gleiche Wirkung erziele.

Jedoch ist die Gasblasenverstärkung durch die Partikel nach K3 vom Fachmann für sich alleine ohne erfinderische Überlegungen übertragbar, auch auf das Verfahren nach K5, entweder zusätzlich zu oder anstatt den Verstärkungsmaßnahmen nach K5, um beim Metallschaum nach dem Verfahren gemäß K5 eine geeignete Metallschaumverstärkung zu erreichen.

g) Nach dem Vortrag der Patentinhaberin geht eine Trennung von Schaum und Schmelze gemäß dem Anspruch 1 des Streitpatents weder aus K3 noch aus K5 hervor, bei denen der Schaum in der Schmelze verbleibe.

Für den Fachmann ergibt sich aber die Trennung von Schaum und Schmelze wie nach Anspruch 1 des Streitpatents auch aus K5 ganz offensichtlich, wonach dort der Metallschaum 110 vom Überlauf auf das Förderband gelangt. K5 gibt keinerlei Hinweis auf Metallschmelze auf dem Förderband, so dass der Metallschaum 110 nach K5 offensichtlich weitgehend frei ist von der flüssigen Metallschmelze, die sonst mit auf dem Förderband erstarren würde.

Die Einwände der Beklagten führen daher zu keiner anderen Beurteilung.

Nach alledem hat der Anspruch 1 in der erteilten Fassung zumindest mangels erfinderischer Tätigkeit gegenüber den technischen Lehren aus K5 und K3 keinen Bestand.

3) Der von der beklagten Patentinhaberin ebenfalls verteidigte erteilte Patentanspruch 2 betrifft die Bereitstellung des geschmolzenen Verbundstoffmaterials durch das Wiedereinschmelzen von Partikel-Metallmatrix-Verbundstoffmaterial.

Es ist gebräuchliche Übung beim Erschmelzen von Metallen ganz allgemein, auch entsprechend brauchbare Metallreste mit einzuschmelzen wie z. B. bei der Produktherstellung anfallende Abfälle gleichen Materials (Gießsteiger, Gussteilenden, Späne usw.), ebenso wie nicht mehr verwendete Produkte gleichen Materials (Schrott), um diese Abfälle zu beseitigen und das Neumaterial zu verbilligen (Recycling). Insoweit ist das Wiedereinschmelzen von entsprechendem Verbundstoffmaterial, beispielsweise aus entsprechendem Schaummaterial aus Resten, Abfällen, Werkstücken und Produkten, wie es Anspruch 2 fordert, eine für den Fachmann übliche und naheliegende Maßnahme ohne erfinderischen Gehalt, wie sie auch zur Metallschaumherstellung verwendet wird, u. a. nach der gutachterlich benannten, dem Fachmann als einschlägig bekannten US 3 725 037, K8, z. B. Anspruch 1 und Sp. 2, Z. 17 - 19, wonach Schrott von entsprechendem Metallschaum für die Metallschmelze eingesetzt wird.

Der erteilte Anspruch 2 hat somit ebenfalls keinen erfinderischen Gehalt.

4) Die weiteren Unteransprüche hat auch die Beklagte nicht als eigenständig erfinderisch verteidigt, und es ist darin auch nichts erkennbar, das auf erfinderischer Tätigkeit beruht, d. h. die erteilten Ansprüche 2 bis 8 haben ebenfalls keinen Bestand.

In der erteilten Fassung erweist sich das Streitpatent daher nicht als patentfähig.

III.

1) Der Hilfsantrag 1 unterscheidet sich (nachfolgend kursiv und fett geschrieben) nur im Anspruch 1 von der erteilten Fassung, wonach das Verfahren nunmehr zum Herstellen eines geformten partikelverstärkten Metallschaums dient und dazu das geschäumte Metallverbundstoffmaterial auf der Oberfläche des geschmolzenen Materials angesammelt wird, halbverfestigter, dort angesammelter Schaum in Formen transferiert und danach verfestigt wird.

Nach Fig. 15 von K5 gelangt der über den Überlauf abgezogene Metallschaum 110 auf ein abförderndes Förderband 106, vgl. auch Sp. 5, Z. 39 u. 40.

Dies ist eine Prinzipdarstellung. Für den Metallurgen ist das Abgießen von Metall in Formen zur Herstellung geformter Metallstücke oder von Halbzeugen üblich.

Will der Fachmann also je nach Bedarf oder Wunsch geformten Metallschaum, so wird er den Schaum nach K5 vom Überlauf in naheliegender, üblicher Weise auf ein geformtes Förderband leiten oder auf dem Förderband Formen anordnen, um den Metallschaum in den Formen aufzunehmen und abzutransportieren.

Ein erfinderischer Gehalt liegt darin nicht.

Damit der dünnhäutige empfindliche Schaum aus dem Tiegel beim Fluss über den Überlauf in die Formen des Förderbandes durch Platzen der Schaumblasen nicht zerstört wird, liegt es bei Bedarf oder Wunsch im reinen Ermessen des Fachmanns, den oben im Tiegel gesammelten Schaum durch Luftkühlung oder andere Kühlmaßnahmen über dem Tiegel oder dem Überlauf halb zu verfestigen, um dadurch den Schaum zu stabilisieren, bevor er in die Formen transferiert und dort danach weiter verfestigt wird, damit der Metallschaum dort die Kontur der Form annehmen und beibehalten kann.

Auch diese Maßnahme der Halbverfestigung des Metallschaums vor der Formeinbringung und die vollständige Verfestigung danach, ist für den Fachmann eine rein handwerkliche Maßnahme und daher ohne erfinderischen Gehalt.

Nach alledem haben auch die Patentansprüche 1 bis 8 nach Hilfsantrag 1 und damit das Streitpatent gemäß Hilfsantrag 1 keinen Bestand.

2) Nach Hilfsantrag 2 sind die erteilten Patentansprüche 1 und 2 zum neuen Anspruch 1 laut Hilfsantrag 2 zusammengefasst.

Dies entspricht aber bereits weitestgehend dem Anspruch 2 des Streitpatents in der erteilten Fassung, weil dieser ja durch seine Rückbeziehung auf Anspruch 1 alle dessen Merkmale bereits mit enthält.

Somit gelten hier die Ausführungen und Ergebnisse, wie sie zu den erteilten Patentansprüchen 1 und 2 bereits ausgeführt wurden, weil das Wiedereinschmelzen von entsprechend brauchbaren Metallresten gleichen Materials das Neumaterial bekanntlich verbilligt (Recycling) und vorliegend das Wiedereinschmelzen von entsprechendem Partikel-Metallmatrix-Verbundstoffmaterial, z. B. solchen Material- und/oder Schaumresten, wie es der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 fordert, eine für den Fachmann übliche und naheliegende Maßnahme ohne erfinderischen Gehalt ist. Dies geht z. B. auch aus der gutachterlich benannten einschlägigen Druckschrift K8 hervor.

Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht somit ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die darauf rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 wurden nicht als selbständig erfinderisch verteidigt und lassen auch keinen erfinderischen Gehalt erkennen.

Somit kann das Streitpatent auch nicht gemäß Hilfsantrag 2 erfolgreich verteidigt werden.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Sredl Dr. Henkel Richterin Klante ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Sredl Harrer Dr. Fritze






BPatG:
Urteil v. 26.04.2007
Az: 2 Ni 49/04


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