Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juli 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 10/03

(BPatG: Beschluss v. 20.07.2004, Az.: 24 W (pat) 10/03)

Tenor

Die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke Adonisist unter der Nummer 300 00 941 für die Waren

"Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle"

in das Register eingetragen und am 4. Mai 2000 veröffentlicht worden.

Hiergegen ist Widerspruch erhoben von der Inhaberin der international u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz unter der Nummer 639 476 registrierten Markederen Warenverzeichnis u.a. die folgenden Waren umfaßt:

"savons; parfumerie, huiles essentielles, cosmetiques, lotions pour les cheveux, dentifrices".

Gegen die Widerspruchsmarke war ein Widerspruch anhängig, der zurückgenommen worden ist. Die abschließende Mitteilung über die Schutzbewilligung ist der Weltorganisation für geistiges Eigentum am 3. November 1997 zugegangen.

Mit Schriftsatz vom 20. September 2000 hat der Inhaber der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Nichtbenutzungseinrede unberücksichtigt gelassen, weil sie - zum damaligen Zeitpunkt - unzulässig sei, und mit Beschluß vom 15. Oktober 2002 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da die Gefahr von Verwechslungen bestehe. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß sich die Vergleichsmarken nach der maßgeblichen Registerlage auf identischen Waren begegnen könnten. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei trotz beschreibender Anklänge insgesamt als durchschnittlich einzustufen. Danach seien an den Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke nicht gerecht werde. Der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke werde durch den Bestandteil "ADONIS" geprägt, da der Bildbestandteil bei mündlicher Benennung der Marke nicht in Erscheinung trete und der Slogan "SIMPLY THE BEST FOR MEN" im wesentlichen beschreibender Natur sei.

Der Markeninhaber hat Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 12. November 2002 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke erneut bestritten. Eine weitergehende Begründung der Beschwerde ist nicht erfolgt. Im Verfahren vor der Markenstelle hat der Markeninhaber die Auffassung vertreten, daß die Widerspruchsmarke nicht allein durch den Bestandteil "ADONIS" geprägt werde, sondern in gleicher Weise durch die weiteren Wort- und Bildbestandteile. Einer Prägung allein durch den Wortbestandteil "ADONIS" stehe auch dessen Kennzeichnungsschwäche entgegen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben und den Widerspruch aus der international registrierten Marke 639 476 zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, daß unter der Widerspruchsmarke seit April 2003 eine aus verschiedenen Parfümerie- und Körperpflegeprodukten bestehende Herrenduftlinie in den d... und den s... Markt eingeführt werde. Im Dezember 2003 seien die "ADONIS"-Produkte in das Sortiment der Parfümeriekette "D..." aufgenommen worden. Zur Glaubhaftmachung hat die Widersprechende mehrere eidesstattliche Versicherungen, Werbeanzeigen, Rechnungen und anderes Benutzungsmaterial zu den Akten gereicht. Im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr verteidigt sie den Beschluß der Markenstelle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Markeninhabers ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

1. Die mit Schriftsatz vom 12. November 2002 erhobene Nichtbenutzungseinrede ist gemäß §§ 107, 43 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 116 Abs. 1, 115 Abs. 2 MarkenG zulässig. Demzufolge hatte die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke im Sinne von § 26 MarkenG für den Zeitraum vom 20. Juli 999 bis zum 20. Juli 004 (Tag der Entscheidung über den Widerspruch) glaubhaft zu machen. Dies ist ihr gelungen.

a) Die Widersprechende, eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in G... (Ö... ...), kann sich als Angehörige eines Verbandslandes der PVÜ im Hinblick auf den dort in Art. 2 Abs. 1 verankerten Grundsatz der Inländergleichbehandlung wie ein deutscher Staatsangehöriger auf die Bestimmungen des Übereinkommens zwischen dem D... R... und der S... betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz vom 13. April 1892 berufen (BGH GRUR 2000, 1035, 1037 "PLAYBOY"). Nach Art. 5 dieses Übereinkommens kann die rechtserhaltende Benutzung einer deutschen Marke bzw. des deutschen Anteils einer international registrierten Marke nicht nur durch Benutzungshandlungen in D..., sondern auch in der S... erfolgen, wobei die Anforderungen einer rechtserhaltenden Benutzung insoweit einheitlich nach deutschem Recht zu beurteilen sind (BGH aaO "PLAYBOY"). Insoweit braucht im folgenden nicht zwischen Benutzungshandlungen in diesen beiden Ländern unterschieden zu werden. Außer Betracht zu bleiben haben jedoch Benutzungshandlungen in Ö....

b) Wie aus den Warenmustern gemäß Anlage 1 und den Internet-Ausdrucken gemäß Anlagen 2 und 3 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 21. Oktober 2003 ersichtlich, werden von der Widersprechenden unter der - identisch mit der Registrierung verwendeten - Widerspruchsmarke ein All-Over-Shampoo, eine Seife, ein Deodorant-Stick sowie ein Eau de toilette und ein After Shave Balm, jeweils in den Linien "Classic" und "Sport", angeboten.

c) Nach § 26 Abs. 1 MarkenG bzw. nach der dieser Vorschrift zugrundeliegenden Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 Markenrechts-Richtlinie muß die Marke ernsthaft benutzt worden sein.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist unter einer ernsthaften Benutzung eine Benutzung zu verstehen, die nicht allein symbolisch zum Zweck der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte erfolgt (EuGH GRUR 2004, 425, 427 Nr. 36 "Ansul/Ajax"). Sie muß sich auf Waren (oder Dienstleistungen) beziehen, die entweder bereits vertrieben werden oder deren Vertrieb von dem Unternehmen zur Gewinnung von Kunden insbesondere im Rahmen von Werbekampagnen vorbereitet wird und unmittelbar bevorsteht (EuGH aaO, S. 428 Rn. 37 "Ansul/Ajax"). Des weiteren sind insoweit sämtliche Umstände zu berücksichtigen, die belegen können, daß die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird (EuGH aaO Rn. 38 "Ansul/Ajax"). Nach diesen Grundsätzen sieht der Senat im vorliegenden Fall keine durchgreifenden Bedenken gegen die Anerkennung einer ernsthaften Benutzung. Dem steht auch nicht entgegen, daß mit der tatsächlichen Markteinführung der oben b) genannten Waren, soweit ersichtlich, erst begonnen wurde, nachdem vom Inhaber der angegriffenen Marke Nichtbenutzungseinrede erhoben worden ist. Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des gemeinschaftsrechtlichen Benutzungszwangs im deutschen Recht sieht eine solche Nachbenutzung ausdrücklich vor. Soweit vorher bereits Löschungsreife eingetreten ist, hat die Nachbenutzung heilende Wirkung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 25 Rn. 27, § 43 Rn. 25, 27).

Die Widersprechende ist nach ihrem insoweit unbestritten gebliebenen Vortrag bis vorwiegend auf dem Bekleidungssektor tätig. Mit der Widerspruchsmarke soll dieses Sortiment um den Bereich der Parfümerie- und Körperpflegeprodukte erweitert werden. Diese Erweiterung des Produktangebots liegt, wie allgemein bekannt ist, im gegenwärtigen Trend und ist insoweit ohne weiteres als wirtschaftlich sinnvoll anzuerkennen.

Wie die Widersprechende im einzelnen glaubhaft gemacht hat, ist die Widerspruchsmarke für die genannten Waren seit April 2003 in mehreren überregionalen, u.a. in D... und der S... vertriebenen Zeitschriften und Magazi- nen wie "FACTS", "GOOD LIFE", "GQ", "PLAYBOY" beworben worden (Anlagen 3 bis 9 zum Schriftsatz vom 21. Oktober 2003). Außer Betracht zu bleiben hat insoweit lediglich die Werbebroschüre gemäß Anlage 10, da diese, soweit ersichtlich, nur in Ö... vertrieben worden ist. Nach Größe und Aufmachung wurden für die insoweit relevanen Anzeigen nicht unerhebliche Mittel aufgewendet. Darüber hinaus hat die Widersprechende dargelegt, daß die Parfümeriekette D... - Filiale ...straße in M... - im Dezember 2003 eine verhältnismäßig große Menge der oben b) genannten Waren im Wert von insgesamt ca. ... ... € bei der Widersprechenden bestellt hat. Die Bestellung umfaßte, wie aus den Anlagen 15 und 16 zum Schriftsatz vom 29. Dezember 2003 ersichtlich ist, 1728 Flaschen Eau de toilette, 864 Einheiten All-Over-Shampoo, 432 Deo-Sticks sowie 540 sogenannte Travel-Sets, welche neben den genannten weitere Körperpflegeprodukte enthalten (vgl. hierzu Anlage 1 zum Schriftsatz vom 21. Oktober 2003). Nach der in der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 2004 übergebenen eidesstattlichen Versicherung von Frau C... sind diese Waren an D... geliefert worden und waren mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet wie aus den Warenmustern gemäß Anlage 1 zum Schriftsatz vom 21. Oktober 2003 ersichtlich. Hinzu kommen einzelne, für sich gesehen allerdings unbedeutende Bestellungen von Privatkunden (Anlage 17 zum Schriftsatz vom 16. Juli 2004).

In der Zusammenschau ergibt sich somit, daß die Widerspruchsmarke für das Stammsortiment der Widersprechenden sinnvoll ergänzende Produkte aus dem Parfümerie- und Körperpflegebereich eingesetzt wird. Die Produkte befinden sich noch in der Markteinführungsphase, wobei einer verhältnismäßig aufwendigen Werbung immerhin bereits ein größerer Verkauf an eine bedeutende Parfümeriekette gefolgt ist. Dies kann als ernsthafte und damit rechtserhaltende Benutzung anerkannt werden (vgl. auch Ströbele/Hacker, aaO, § 26 Rn. 40).

Die Widersprechende kann die Widerspruchsmarke nach alledem im vorliegenden Verfahren im Umfang der Waren "savons", "parfumerie" und "cosmetiques" verteidigen.

2. Auf dieser Grundlage kann eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken nicht verneint werden (§§ 107, 42 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei besteht eine gewisse Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und der Identität oder Ähnlichkeit der von ihnen erfaßten Waren (oder Dienstleistungen) sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 "Ferrari-Pferd"; GRUR 2004, 598 "Kleiner Feigling" m.w.N.). Stehen sich aus mehreren Bestandteilen gebildete Marken gegenüber und sind die Vergleichsmarken nur im Hinblick auf einen dieser Bestandteile identisch oder ähnlich, kann eine Verwechslungsgefahr nur angenommen werden, wenn der Gesamteindruck der mehrbestandteiligen Marke(n) gerade durch diesen betreffenden Bestandteil geprägt wird (vgl. BGH GRUR 1999, 995, 997 "HONKA"; GRUR 1999, 583, 584 "LORA DI RECOARO"; GRUR 1996, 775, 777 "Sali Toft").

Die Waren der angegriffenen Marke sind mit den Waren, für welche die Widerspruchsmarke im vorliegenden Verfahren verteidigt werden kann, überwiegend identisch bzw. liegen - im Hinblick auf die ätherischen Öle - in deren engstem Ähnlichkeitsbereich.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist im Hinblick auf deren beschreibende Anklänge (s. dazu nachfolgend) insgesamt als leicht unterdurchschnittlich einzustufen. In Berücksichtigung der weitgehenden Warenidentität und der Identität der angegriffenen Marke mit dem prägenden Kenn- und Merkwort der Widerspruchsmarke kann jedoch eine Verwechslungsgefahr gleichwohl nicht verneint werden.

Mit Recht ist die Markenstelle davon ausgegangen, daß der Gesamteindruck der mehrbestandteiligen Widerspruchsmarke durch das Wort "ADONIS" geprägt wird. Der weitere Wortbestandteil, bestehend aus dem Spruch "SIMPLY THE BEST FOR MEN", weist einen im wesentlichen glatt beschreibenden Sinngehalt auf. Dies hat die Markenstelle zutreffend dargelegt. Nachdem der Inhaber der angegriffenen Marke diese Beurteilung im Beschwerdeverfahren nicht angegriffen hat, wird insoweit auf die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Der Spruch "SIMPLY THE BEST FOR MEN" verbindet sich mit dem vorangestellten Wort "ADONIS" auch nicht - wie der Markeninhaber im patentamtlichen Verfahren gemeint hat - zu einer gesamtbegrifflichen Einheit. Nach graphischer Ausgestaltung und begrifflichem Sinngehalt sind die beiden Wortbestandteile vielmehr deutlich voneinander getrennt.

Ebenfalls zu Recht hat die Markenstelle angenommen, daß bei der Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr dem Wortbestandteil "ADONIS" auch gegenüber dem Bildbestandteil der Widerspruchsmarke (Darstellung eines Löwen) eine prägende Stellung zukommt. Allgemein gilt insoweit der Erfahrungssatz, daß der (klangliche) Gesamteindruck einer aus Wort- und Bildbestandteilen zusammengesetzten Marke von dem Wortbestandteil geprägt wird, weil er die für den Verkehr einfachste Bennenungsform der Marke darstellt (Ströbele/Hacker, aaO, § 9 Rn. 434 m.w.N.). Der vom Markeninhaber in diesem Zusammenhang angesprochene Umstand, daß Waren zunehmend auf Sicht gekauft werden, steht dem nicht entgegen (Ströbele/Hacker, aaO m.w.N.). Eine andere Beurteilung ist allerdings geboten, wenn der betreffende Wortbestandteil für sich gesehen schutzunfähig oder doch so kennzeichnungsschwach ist, daß eine Prägung durch diesen aus Rechtsgründen ausscheidet (BGH, Urteil v. 22.4.2004, I ZR 189/01, Umdr. S. 8 "URLAUB DIREKT"; vgl. auch BGH GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder"; GRUR 2003, 792, 793 "Festspielhaus II"; OLG Frankfurt Mitt. 2003, 314, 315 "BranchenKompass"; Ströbele/Hacker, aaO, § 9 Rn. 411). So liegt der Fall hier aber nicht.

Zwar wird der Begriff "Adonis", der ursprünglich eine Figur der antiken Mythologie bezeichnet, häufig als Synonym für einen "schönen jungen Mann" verwendet. Dies geschieht aber weniger in einem gattungsmäßigen und insoweit glatt beschreibenden als in einem auf eine bestimmte Person bezogenen, poetischüberhebenden, auch übertreibenden Sinn. Dem graphisch deutlich hervorgehobenen Markenwort "ADONIS" haftet insoweit zwar eine gewisse Kennzeichnungsschwäche an, die aber im Verhältnis zu den übrigen Bestandteilen nicht so weit reicht, daß ihm die Stellung eines den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke prägenden Kenn- und Merkwortes aus Rechtsgründen abgesprochen werden müßte.

Da die angegriffene Marke mit dem prägenden Kennwort der Widerspruchsmarke identisch übereinstimmt, sind Verwechslungen unausweichlich.

3. Es bestand kein Anlaß, einem der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Ströbele Kirschneck Hacker Hu






BPatG:
Beschluss v. 20.07.2004
Az: 24 W (pat) 10/03


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