Landgericht Bonn:
Urteil vom 3. Februar 2004
Aktenzeichen: 3 O 371/03

(LG Bonn: Urteil v. 03.02.2004, Az.: 3 O 371/03)

Zur dreijährigen Verjährungsfrist von Schadensersatzansprüchen wegen Informations- und Beratungsfehlern beim Wertpapierkauf.

Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung durch die Beklagte beim Kauf von Investmentzertifikaten.

Die seinerzeit 11jährige Klägerin unterhielt Anfang des Jahres 2000 bei der Beklagten eine Spareinlage in Höhe von 20.000,- DM. Aufgrund eines Beratungsgesprächs mit der Mutter der Klägerin erwarb diese für die Klägerin unter dem 29.02.2000 50 Stück C Zertifikate zum Preis von 9.876,94 DM (=5.050,00 EUR). Soweit während des Gesprächs Informationsmaterial über dieses Zertifikat vorlag, wurde dieses der Mutter der Klägerin jedenfalls nicht übergeben. Der Ablauf des Beratungsgesprächs im Einzelnen ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Person des Mitarbeiters, der für die Beklagte tätig wurde.

Bei dem C Zertifikat handelt es sich um ein von der Beklagten herausgegebenes Investmentzertifikat, das am 10.03.2003 zur Rückzahlung fällig war und dessen Rückzahlungsbetrag sich nach der Entwicklung des Kurses einiger vorher festgelegter Aktien (dem Aktienkorb bzw. "basket") der Internetbranche richtete. Das Zertifikat war nach der Ausgabe an der Börse handelbar.

Unter dem 15.02.2003 wurde die Klägerin von der Beklagten über die bevorstehende Rückzahlung und den Inhalt des Aktienkorbes unterrichtet, der den Rückzahlungsbetrag bestimmen werde. Bei Rückzahlung des Zertifikats am Stichtag 10.03.2003 erhielt die Klägerin wegen des Verfalls der Aktienkurse der betreffenden Unternehmen nur noch einen Betrag von 360,50 EUR.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben mit Schreiben vom 19.03.2003 für diese Schadensersatzansprüche geltend gemacht, die die Beklagte mit Schreiben vom 08.04.2003 zurückgewiesen hat.

Mit der am 21.07.2003 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin Ersatz des Verlustes in Höhe von 4.689,50 EUR und einer angeblich zugesagten Mindestverzinsung von 5 % für die dreijährige Laufzeit. Sie behauptet, sie und ihre gesetzliche Vertreterin seien in Wertpapiergeschäften unerfahren gewesen. Im Januar 2000 sei ihre Mutter von einer Mitarbeiterin der Beklagten darauf angesprochen worden, dass der auf dem Sparbuch angelegte Betrag bei einer anderen Anlageform eine höhere Verzinsung bringe. In diesem Zusammenhang sei allein das C Zertifikat als sichere Alternative angeboten worden, ohne auf mögliche Verluste, Kursrisiken oder alternative Anlagen hinzuweisen. Es sei nur von mindestens 5 und bis zu 7 % Verzinsung gesprochen. Die Mutter der Klägerin habe darauf hingewiesen, dass das Geld der Vermögensansparung und der Sicherung der späteren Ausbildung der Klägerin dienen und mündelsicher angelegt werden solle. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe insoweit ihre Pflicht zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verletzt und müsse daher haften. Schadensersatzansprüche seien nicht verjährt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 5.447,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.04.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich in erster Linie auf die Einrede der Verjährung. Im Übrigen behauptet sie, dass die Beratung durch den Auszubildenden N erfolgt sei, der auch den Beratungsbogen mit der Mutter der Klägerin ausgefüllt habe. Aus der Wertpapierberaterkarte ergebe sich, dass am 22.02.2000 "eine Zeichnung von 140 J-Aktien und 50 Internet-Zertifikaten auf Kundenwunsch" erfolgt sei. Die Kundin habe diese möglicherweise aufgrund der Werbung kaufen wollen. Der Zeuge N habe das Zertifikat nicht als sichere Anlage empfohlen und keine Mindestverzinsung erwähnt. Aus den Informationsunterlagen gingen auch Risiken hervor. Im Übrigen habe die Mutter Vorkenntnisse mit Wertpapieren gehabt, was sie mit ihrer Unterschrift unter den Dokumentationsbogen bestätigt habe. Ihre Risikobereitschaft ergebe sich auch daraus, dass die Klägerin per 21.03.2003 auch noch U- und K-Aktien im Depot hatte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den eingereichten Urkunden sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2004 verwiesen.

Gründe

I.

Die Klage ist unbegründet. Einem etwaigen Schadensersatzanspruch der Klägerin steht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen (§ 214 Abs. 1 BGB). Unabhängig davon, ob ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung eines Beratungsvertrages oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) begründet wäre, war bei Einreichung der Klage am 21. Juli 2003 die dreijährige Verjährungsfrist nach § 37 a WpHG abgelaufen.

1.

a.

Zunächst sind vertragliche Schadensersatzansprüche nach § 37 a WpHG verjährt. Nach dieser Vorschrift verjähren die Ansprüche des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Damit sind nach dem aus den Materialien erkennbaren Willen des Gesetzgebers jedenfalls die vertraglichen Ansprüche des Kunden erfasst, denn Ziel der Einführung der nunmehr dreijährigen Verjährungsfrist durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz vom 24.03.1998 (BGBl. I 538) war, die bis dahin für vertragliche Ansprüche geltende dreißigjährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB a.F. zu verkürzen (vgl. nur Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl., § 37 a Rn 6; F. Schäfer, in: Festschrift Schimansky (1999), S. 699 (705, 712 f.); Ekkenga, in: Münchner Kommentar zum HGB, Bd. 5 (2001), Effektengeschäft, Rn 248). Nach der Einschätzung des Regierungsentwurfs zum 3. Finanzmarktförderungsgesetz (BR-Drs. 605/97, S. 96) war die bis dahin geltende Regelung angesichts der Schnelligkeit des heutigen Geschäftsverkehrs gerade im Wertpapierbereich überholt und im Vergleich zu den für andere beratende Berufe sowie den in anderen Ländern geltenden Regelungen unangemessen lang. Die Regelung wirke sich in der Praxis vielfach als Hemmnis bei der Beratung insbesondere in Aktienanlagen aus, da aufgrund des unüberschaubar langen Zeitraums einer potentiellen Haftung die Beratung sich vielfach auf festverzinsliche Standardprodukte beschränke, bei denen das Risiko einer fehlerhaften Beratung sehr gering sei. Diese Hemmnisse abzubauen war ausdrücklich Ziel der gesetzlichen Neuregelung, an die die Gerichte gebunden sind, mag man dies vielleicht auch aus verbraucherpolitischer Sicht bedauern.

Die Gesetzesbegründung stellt auch ausdrücklich klar, dass damit alle Informations- und Beratungsfehler erfasst werden sollen, unabhängig davon, ob sie sich aus dem Gesetz (insbes. den §§ 31, 32 WpHG) oder den zwischen den Parteien bestehenden vertraglichen Beziehungen ergeben (BR-Drs. 605/97 S. 96). Dies ist auch konsequent, da die §§ 31, 32 WpHG unmittelbar keine Ansprüche begründen, sondern nach dem Regelungsinhalt des Wertpapierhandelsgesetzes zunächst Bedeutung für die Finanzdienstleistungsaufsicht haben. Andererseits beschreiben und konkretisieren sie aber auch die zivilrechtlichen Pflichten des Wertpapierdienstleisters im Rahmen des Beratungsvertrages, deren Verletzung Schadensersatzansprüche nach sich ziehen können (so in Übereinstimmung mit der h.M. die st. Rechtsprechung, vgl. zuletzt BGH WM 2004, 24 ff.). Im Übrigen gehen Information und Beratung in der Praxis fast immer nahtlos ineinander über (vgl. hierzu Koller, a.a.O. Rn 4).

b.

Der hier allein in Betracht kommende Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung eines Beratungsvertrages (vgl. dazu BGH WM 2000, 1441 ff.), dessen Voraussetzungen wegen der mangelhaften Aufklärung über die Risiken des Verlustes des angelegten Kapitals am Fälligkeitstag naheliegen, da dieses Risiko bereits in den schriftlichen Informationsunterlagen nicht hinreichend beschrieben ist, ist im Februar 2003 verjährt. Insoweit ist auf die vertragliche Begründung des Schadensersatzanspruchs das BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anwendbar.

Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist ist nach § 37 a WpHG der Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstanden ist. Dies wird nach allgemeiner Ansicht (vgl. nur Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl., § 37 a Rn 7) so verstanden, dass dies der Zeitpunkt desjenigen Vertragsschlusses ist, den der Kunde bei sachgerechter Aufklärung und Beratung unterlassen hätte. Bereits in diesem Zeitpunkt ist der Kunde mit einem für ihn ungeeigneten Vertrag belastet und hat sein Geld weggegeben (vgl. BGH WM 1994, 504, 506). Für die Entstehung des Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Beratung, der sich zunächst auf die Rückgängigmachung der eingegangenen Verpflichtung richtet, ist somit unerheblich, ob und wann sich die Vermögensanlage negativ entwickelt und wann der Kunde hiervon oder von den Beratungsmängeln Kenntnis erlangt. Der maßgebliche Zeitpunkt für den Verjährungsbeginn der Ansprüche der Klägerin ist daher der 29.02.2000 als Tag des Kaufs der 50 Zertifikate. Bis zum Ablauf der Verjährungsfrist Ende Februar 2003 sind keine verjährungshemmenden Umstände ersichtlich.

Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, bei einer Anlage mit fester Laufzeit müsse der Zeitpunkt des Verjährungsbeginns anders bestimmt werden, überzeugt dies nicht. Der Anspruch auf Aufhebung des Wertpapier-Kaufvertrages aufgrund Beratungsfehlers entsteht - wie ausgeführt - sofort mit der Belastung durch den ungeeigneten Vertrag, unabhängig davon ob und wann sich das Risiko eines möglicherweise schadensträchtigen Verlaufs realisiert. Die von der Klägerin hierzu vorgetragenen Erwägungen betreffen vielmehr die hier nicht einschlägige Fragestellung des § 195 BGB n.F., ab wann der Käufer möglicherweise Kenntnis von dem Schaden haben muss. Im Übrigen fehlt es aber auch an der tatsächlichen Grundlage für die Argumentation der Klägerin, da die verkauften Investmentzertifikate jederzeit an der Börse handelbar waren und damit auch vor Ablauf der Rückzahlungsfrist von der Klägerin zu verkaufen waren. Eine feste Bindung war gerade nicht eingetreten.

c.

Eine unverjährte vertragliche Haftung ergibt sich auch nicht aus anderen Gesichtspunkten. Soweit die Klägerin unter Berufung auf Ellenberger (Prospekthaftung im Wertpapierhandel (2000), S. 121 ff.; Beilage zu WM 2001, 1, 15) von einer Sekundärhaftung der Bank entsprechend der Rechtsprechung zu §§ 51 b BRAGO, 68 StBerG, d.h. einer Haftung für einen unterbliebenen Hinweis auf den drohenden Verjährungsablauf und damit der Sache nach von einer Verlängerung der Verjährungsfrist ausgeht, vermag dies nicht zu überzeugen. So ist schon im Ansatz zweifelhaft, ob allein der Umstand, dass im Regierungsentwurf auf die Beraterhaftung von Rechtsanwälten und Steuerberatern als vergleichbare Fälle mit kürzerer Verjährungsfrist hingewiesen worden ist (vgl. BR-Drs. 605/97, S. 96), die Übernahme der für diese Berufsgruppen entwickelten Sekundärhaftung zu rechtfertigen vermag. Die für die Sekundärhaftung bei Rechtsanwälten und Steuerberatern maßgebliche Verpflichtung dieser Berufsgruppen zu einer umfassenden Wahrnehmung der Interessen des Mandanten, ggf. auch gegen den Berufsträger selbst, ist auf eine Beratung durch die Bank vor dem Erwerb eines Wertpapieres nicht übertragbar (vgl. insoweit auch einschränkend bzgl. des einmaligen Effektenkaufs Ellenberger, a.a.O. S. 123). Es liegt Im Übrigen auch nach dem Vortrag der Klägerin kein auf Dauer gerichtetes Geschäftsbesorgungsverhältnis bezüglich dieser Vermögensanlage vor, die eine erneute Hinweispflicht der Bank auf etwaige eigene Versäumnisse rechtfertigen würde.

2.

Die Klägerin kann Ansprüche auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 31 Abs. 2 WpHG ableiten, da ein derartiger Anspruch ebenfalls verjährt wäre. Dabei kann dahinstehen, ob die §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind (so die h.M. vgl. nur Kienle, in: Schimansky u.a., Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 110 Rn 8; F. Schäfer, FS Schimansky, 699, 713 jew. m.w.N.), was der Bundesgerichtshof immer noch offen gelassen hat (vgl. zuletzt BGH WM 2004, 24,26), da § 37 a WpHG auch die Verjährung dieses deliktsrechtlichen Anspruchs regelt.

Entgegen der von der Klägerin angeführten Ansicht von Koller (a.a.O. § 37 a Rn 6, so auch Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 124 ff.) beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 37 a WpHG nicht nur auf vertragliche Schadensersatzansprüche, sondern ist als Spezialregelung auch auf den konkurrierenden deliktischen Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Abs. 2 WpHG anwendbar. Die Kammer schließt sich in dieser, in der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschiedenen Frage der von weiten Teilen der Literatur vertretenen Annahme einer Verjährungsspezialität an (vgl. z.B. Lang, Informationspflichten im Wertpapierhandel (2002), S. 439 ff.; Ekkenga, a.a.O.; van Look, in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 1 Rn 137; F. Schäfer, a.a.O., 699, 713 ff.).

Zwar gilt im Falle einer Anspruchskonkurrenz der Grundsatz, dass jeder Anspruch selbständig verjährt (vgl. zum Meinungsstand Niedenführ, in: Soergel, BGB, 13. Aufl., § 195 Rn 42 m.w.N.). Es gelten also die jeweils für die konkurrierenden Ansprüche einschlägigen Verjährungsvorschriften, so dass insoweit für den Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB die Regelung des § 852 BGB a.F. bzw. § 199 BGB n.F. einschlägig wäre. Aus Gesetzessystematik und Gesetzesbegründung ergibt sich jedoch, dass § 37 a WpHG als Spezialvorschrift für jegliche Verletzung der Informations-, Aufklärungs- und Beratungspflichten des WpHG gelten soll. Der Wortlaut enthält ebenfalls keine Differenzierungen.

Der Gesetzgeber hat ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BR-Drs. 605/97, S. 96) die Verletzung der Informations- und Beratungspflichten gleich behandeln wollen, unabhängig ob sie auf einem Vertrag beruhen oder gesetzlich vorgegeben sind. Gegen eine derartige einheitliche Regelung für die Verletzung dieser Pflichten spricht auch nicht die weitere Gesetzgebungsgeschichte. Der Regierungsentwurf sah zwar zunächst noch eine sechsmonatige Verjährungsfrist, beginnend mit der Kenntnis des Kunden und insoweit beschränkt auf drei Jahre, vor. Erst im Gesetzgebungsverfahren ist der Text hin zu der dreijährigen Frist geändert worden, dann allerdings - entsprechend § 198 BGB a.F. - beginnend mit dem Entstehen des Anspruchs (vgl. eingehend zur Gesetzgebungsgeschichte F. Schäfer a.a.O. 699, 701 ff.). Da die Pflichten der §§ 31, 32 WpHG gleichzeitig auch den Inhalt der vertraglichen Beratungspflichten konkretisieren, bestehen Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung und § 823 Abs. 2 BGB - den Schutzgesetzcharakter unterstellt - regelmäßig nebeneinander. Eine Auslegung, die die Regelung des § 37 a WpHG damit leerlaufen ließe, weil es nach § 852 BGB a.F. immer auf die Kenntnis des Kunden ankam, würde dem Sinn der neu geschaffenen Vorschrift nicht gerecht, zumal bei fehlender Kenntnis des Kunden die Verjährungsfrist doch wieder in den vom Gesetzgeber als unangemessen empfundenen Zeitrahmen geraten würde. Hier würde es dem Gesetzeszweck der Vermeidung einer unüberschaubar langen potentiellen Haftung widersprechen, wenn unter dem Gesichtspunkt der deliktischen Haftung die Verjährungsfrist sich - wie im vorliegenden Fall - um das Doppelte verlängern könnte. Zudem würde die kürzere vertragliche Verjährungsfrist gerade dem Berater, der mangels eigener vertraglicher Bindung persönlich nur über §§ 823 Abs. 2 BGB haften kann, nicht zugute kommen, obwohl gerade bei ihm ausweislich der Gesetzesbegründung die Hemmung vor einer Empfehlung in Aktienanlagen etc. abgebaut werden sollte. § 37 a WpHG regelt somit ähnlich § 548 BGB oder § 51 b BRAGO (vgl. zu weiteren Bespielen die Nachweise bei Niedenführ a.a.O. Rn 43 ff.) als lex specialis im Falle der Verletzung von Informations- und Beratungspflichten für sämtliche Anspruchsgrundlagen die Verjährung.

Ausweislich der Gesetzesbegründung verbleibt es jedoch "nach allgemeinen Grundsätzen" bei der Verjährungsregelung in § 852 BGB a.F. bzw. § 195 BGB n.F., wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen über die fahrlässige Verletzung der Pflichten aus §§ 31, 32 WpHG hinaus wegen vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB oder §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 bzw. 264 a StGB haften würde (vgl. BR-Drs. 605/97, S. 97). Hierzu fehlt es jedoch auch nach dem Vortrag der Klägerin an Anhaltspunkten.

3.

Soweit die Klägerin in der von der Beklagten behaupteten Hinzuziehung des Auszubildenden N bereits ein Organisationsverschulden der Beklagten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB sieht, bietet diese Vorschrift keine Grundlage für den Ersatz von Vermögensschäden. Dieser Aspekt kann im Übrigen allenfalls bei der schuldhaften Verletzung der Beratungspflichten eine Rolle spielen. Insoweit greift jedoch - wie oben ausgeführt - die Verjährungseinrede.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: EUR 5.447,00






LG Bonn:
Urteil v. 03.02.2004
Az: 3 O 371/03


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