Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 16. April 2004
Aktenzeichen: 38 O 39/04

(LG Düsseldorf: Urteil v. 16.04.2004, Az.: 38 O 39/04)

Tenor

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht X

für R e c h t erkannt:

Der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 5. Februar 2004 wird aufgehoben.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgelehnt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 2.000,-- € abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Sicherheitsleistungen können durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist ein Verband, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des lauteren Wettbewerbs zählt.

Die Antragsgegnerin betreibt in S eine Apotheke.

In einem lokalen Anzeigenblatt ließ die Antragsgegnerin eine Werbeanzeige veröffentlichen, in welcher es unter anderem heißt:

Setzen Sie den Joker! Mit jedem Joker-Coupon erhalten Sie auf ein OTC-Produkt (= rezeptfreies Medikament) Ihrer Wahl 10 % Sonderrabatt".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Textes und der Gestaltung der Anzeige wird auf die Anlage 1 zur Antragsschrift (Bl. 5 d.GA) verwiesen.

Die Antragstellerin sieht in der Ankündigung und Gewährung solcher Rabatte eine im Sinne von § 7 Heilmittelwerbegesetz unzulässige Werbegabe. Die Antragsgegnerin bewerbe den Absatz von rezeptfreien Medikamenten mit einer nicht unerheblichen Rabattgewährung.

Auf Antrag der Antragstellerin hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung durch Beschluss vom 5. Februar 2004 untersagt:

Im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Anzeigen oder sonst werblich sogenannte Joker-Coupons abzubilden und/oder anzubieten und/oder abzudrucken, bei deren Vorlage man in der Apotheke J einen 10 %-igen Sonderrabatt auf ein OTC-Produkt seiner Wahl erhält

und/oder

diesen Rabatt entsprechend der Ankündigung zu gewähren.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt. Sie hält ihr Vorgehen für wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Das Heilmittelwerbegesetz finde keine Anwendung, da nicht produktbezogen geworben werde. Die Antragsgegnerin werbe nicht für bestimmte Arzneimittel sondern für ihr Unternehmen im Sinn einer Imagewerbung.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 5. Februar 2004 aufzuheben und die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung aufrecht zu erhalten, hilfsweise es der Antragsgegnerin zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegen Vorlage eines sogenannten Joker-Coupons einen 10 %-igen Sonderrabatt auf ein OTC-Produkt nach Wahl des Kunden anzubieten

und/oder gegen Vorlage eines sogenannten Joker-Coupons einen 10 %-igen Sonderrabatt auf ein OTC-Produkt nach Wahl des Kunden zu gewähren

weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegen Vorlage sogenannter Joker-Coupons einen 10 %-igen Sonderrabatt auf ein OTC-Produkt nach Wahl des Kunden zu gewähren.

Sie hält die Werbung der Antragsgegnerin weiterhin für ausschließlich produkt- und nicht unternehmensbezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung ist aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag abzuweisen.

Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Unterlassung der im Beschlusstenor und im Antrag wiedergegebenen Verhaltensweise. Das von der Antragstellerin beanstandete Verhalten der Ankündigung und Gewährung eines Sonderrabattes auf sogenannte OTC-Produkte verstößt nicht gegen die §§ 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz, § 1 UWG.

Das Heilmittelwerbegesetz ist nicht einschlägig. Die von der Antragsgegnerin veröffentlichte Anzeige stellt keine Werbung für eine Arzneimittel im Sinne von § 1 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz dar. Eine derartige Werbung liegt nur dann vor, wenn produktbezogen geworben wird. Nach ganz herrschender Meinung in der Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, ist eine allgemeine Firmenwerbung, obwohl sie mittelbar auch dem Absatz von Produkten dient, nicht in dem Geltungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes einbezogen (vgl. BGH GRUR 1992, 873 ff. "Pharma-Werbespot").

Eine produktbezogene Werbung durch die Antragsgegnerin ist nicht erkennbar. Sie wirbt vielmehr für alle rezeptfrei erhältlichen Arzneimittel, ohne ein bestimmtes Produkt, eine Produktgruppe oder einen bestimmten Hersteller werblich herauszustellen. Eine Individualisierung ist nicht möglich. Noch nicht einmal ein Anwendungsgebiet wird genannt.

Der Sinn des Heilmittelwerbegesetzes liegt darin zu verhindern, dass der Verbraucher durch Werbeeinflüsse verschiedener Art, beispielsweise also auch Zuwendungen im Sinne von § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz, bei der Auswahl eines Arzneimittels in unsachlicher Weise beeinflusst wird. Die Rabattaktion der Antragsgegnerin ist nicht geeignet, die Gefahr zu begründen, dass ein bestimmtes, in seinen Wirkungen und Nebenwirkungen vom Publikum nicht überschaubares Mittel ohne ärztliche Aufsicht oder missbräuchlich angewendet werden könnte oder dass es den Werbeadressaten ermöglicht wird, bei Arztbesuchen auf die Verschreibung eines bestimmten Arzneimittels zu drängen.

Die Werbung der Antragsgegnerin wendet sich nach Form und Inhalt an potentielle Kunden rezeptfreier Medikamente jeglicher Art und verspricht einen bestimmten Preisvorteil, ohne Einfluss auf die Auswahl durch den Kunden zu nehmen. Derartige Werbung und Rabattgewährung widerspricht nicht dem Heilmittelwerbegesetz und verstößt damit auch nicht gegen die guten Sitten im Wettbewerb im Sinne von § 1 UWG.

Dementsprechend sind auch die Hilfsanträge der Antragstellerin unbegründet. Das Anbieten und Gewähren des angekündigten Rabatts bei Vorlage des streitigen Coupons begründet auch dann nicht die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes, wenn der Kunde sich für ein bestimmtes Medikament bereits entschieden hat. Der Schutzzweck des Gesetzes ist weiterhin nicht berührt. Der Verbraucher wird in seiner Auswahl eines bestimmten Arzneimittels nicht beeinflusst. Die Rabattgewährung kennzeichnet kein Produkt sondern die Verkaufsstätte, bei der der Verbraucher alle Arzneimittel zu gleichen Bedingungen erwirbt.

Die einstweilige Verfügung vom 5. Februar 2004 war daher mangels Verfügungsanspruch aufzuheben und die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Es bedurfte keiner Entscheidung, ob ein Verfügungsgrund besteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 6 und § 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 12.000,-- € festgesetzt.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 16.04.2004
Az: 38 O 39/04


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