Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Oktober 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 208/03

(BPatG: Beschluss v. 19.10.2004, Az.: 27 W (pat) 208/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. April 2003 abgeändert und der Widerspruch aus der Marke 395 44 351 insgesamt zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 28. Februar 1997 veröffentlichte Eintragung der Wortmarke MR. SANDMAN für

"Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; kosmetische Badezusätze; Zahnputzmittel; Kondome; Matratzen für medizinische Zwecke; Heizdecken für medizinische Zwecke; Möbel, Spiegel, Rahmen; Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen; Kissen; Bettzeug; Bettbeschläge, nicht aus Metall; Schlafsäcke für Campingzwecke; Betten; Wasserbetten; Betten für Haustiere; Matratzen, nicht für medizinische Zwecke; Lattenroste, nicht aus Metall; Webstoff und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bettwäsche; Inletts; Kissenbezüge; Schlafsäcke (zu Hüllen genähte Leintücher); Stoffe; Textilservietten; Bettdecken; gewerbsmäßige Beratung (ausgenommen Unternehmensberatung); Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Dienstleistungen eines Designers; Druckarbeiten; Entwicklungs- und Recherchedienste bezüglich neuer Produkte (für Dritte); Dienstleistungen eines Graphikers; technische Projektplanungen"

hat die Widersprechende Widerspruch eingelegt aus ihrer am 28. Februar 1997 unter der Nr. 395 44 351 für "Schlafzimmermöbel, Einrichtungsgegenstände zur Verwendung in Schlafzimmern, nämlich Betten, Schlafsofas, Schlafcouches, Schlafsessel, Garderobenschränke, Anbauschränke, Drehtürenschränke, Falttürschränke, Schwebetürenschränke, Schiebetürenschränke, Nachtschränke, Kommoden, Nachttische, Spiegel, Beistelltische, Beistellmöbel, Kleiderständer, Matratzen, Bettrahmen, Bettfederungssysteme (Lattenroste, Metallfederungen, verstellbare Kopf- und Fußteile); Leuchten für Schlafzimmer" eingetragenen Wortmarke Mr. Sandman Sleepstore.

Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 23. April 2003 unter Zurückweisung des Widerspruchs im übrigen die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren und Dienstleistungen "Matratzen für medizinische Zwecke; Heizdecken für medizinische Zwecke; Möbel, Spiegel, Rahmen; Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen; Kissen; Bettzeug; Bettbeschläge, nicht aus Metall; Schlafsäcke für Campingzwecke; Betten; Wasserbetten; Betten für Haustiere; Matratzen, nicht für medizinische Zwecke; Lattenroste, nicht aus Metall; Webstoff und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bettwäsche; Inletts; Kissenbezüge; Schlafsäcke (zu Hüllen genähte Leintücher); Stoffe; Textilservietten; Bettdecken; gewerbsmäßige Beratung (ausgenommen Unternehmensberatung)" angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt: Zwischen beiden Marken bestehe wegen der teilweisen Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen im Umfang der Löschungsanordnung die Gefahr der Verwechslung. Der inländische Verkehr werde die Widerspruchsmarke auf den Markenbestandteil "Mr. Sandman" verkürzen, weil er den weiteren Markenteil "Sleepstore" nur als beschreibenden Sachhinweis ansehe. Da unter der mit der Widerspruchsmarke somit klangidentischen angegriffenen Marke teilweise hochgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen aus dem Sektor "Einrichtungsgegenstände", zu denen auch Zubehör zähle, angeboten würden, sei die jüngere Marke für diese Waren und Dienstleistungen zu löschen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Ihrer Ansicht nach ist der erforderliche Zeichenabstand noch gewahrt; darüber hinaus hat sie hinsichtlich der älteren Marke die Nichtbenutzungseinrede erhoben.

Die Markeninhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Widersprechende hat auf die Nichtbenutzungseinrede zwei eidesstattliche Versicherungen ihres Geschäftsführers sowie weitere Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass sie in R.../Niederlande zwei Einrichtungshäuser be- treibt, von denen eines mit einer die Widerspruchsmarke enthaltenden Kennzeichnung versehen ist und von denen aus sie zwischen 2001 und 2003 Schlafzimmermöbel und -einrichtungsgegenstände im jährlichen Gesamtwert von mindestens ... € an in Deutschland wohnhafte Kunden geliefert haben will.

Die Markeninhaberin hat auf diese Unterlagen ihre Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalten und insbesondere eingewandt, dass die Unterlagen verspätet vorgelegt worden seien und daher nicht berücksichtigt werden könnten; aus ihnen ergebe sich auch allenfalls eine Benutzung der Widerspruchsmarke als Firmenkennzeichen, nicht aber für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die anderweitig gekennzeichnet seien; im übrigen erfolge eine Benutzung der Widerspruchsmarke, soweit sie überhaupt vorliege, ausschließlich im Ausland; dass dort deutsche Kunden Einrichtungsgegenstände kauften, die anschließend nach Deutschland speditiert würden, stelle keine Benutzung im Inland dar.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Denn ungeachtet der Frage der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken und der von ihnen erfaßten Waren und Dienstleistungen ist der Widerspruch aus der älteren Marke nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG schon deshalb insgesamt zurückzuweisen, weil die Widersprechende auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht hat.

Nachdem die Markeninhaberin im Beschwerdeverfahren zulässigerweise die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 MarkenG erhoben hat, hätte die Widersprechende nach §§ 26, 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG glaubhaft machen müssen, dass die ältere Marke für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen in der Zeit von Oktober 1999 bis Oktober 2004 im Inland ernsthaft benutzt worden ist. Dies kann den von ihr eingereichten Unterlagen nicht entnommen werden.

Allerdings scheitert die Glaubhaftmachung entgegen der Ansicht der Markeninhaberin nicht bereits daran, dass die Glaubhaftmachungsmittel entgegen § 82 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 296 Abs. 2 ZPO verspätet vorgelegt worden wären. Denn es fehlt erkennbar an einer Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits im Sinne des § 296 Abs. 2 ZPO, weil es im vorliegenden Fall, in dem eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat, auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ankommt; zu diesem Zeitpunkt lagen die streitigen Unterlagen aber unter Wahrung des rechtlichen Gehörs der Markeninhaberin vor.

Die eingereichten Unterlagen lassen aber nicht erkennen, dass die eingetragenen Waren unter der Widerspruchsmarke angeboten worden sind. Schon der Wortlaut der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden vom 23. März 2004, derzufolge die vorgelegten Prospekte "in den Ausstellungsräumen von sowohl Sijben Wooncenter wie Mr. Sandman Sleepstore" auslägen, spricht dafür, dass die Widerspruchsmarke allein als Bezeichnung eines in den Niederlanden betriebenen Einrichtungshauses verwendet wird. Etwas anderes kann auch dem gleichzeitig eingereichten deutschsprachigen Prospekt nicht entnommen werden. Zwar werden am unteren rechten Rand der Seite 12 dieses Prospekts in zwei Zeilen und unterschiedlichen Größenverhältnissen, Farben und Schrifttypen die Wörter "Mr. Sandman" und "Sleepstore" unter der Abbildung eines in einer Schlafzimmerecke dargestellten Bettes wiedergegeben, wobei diesen Worten ein stilisierter runder Kopf mit Schlafmütze beigefügt ist. Es ist aber nicht erkennbar, ob es sich hierbei um die markenmässige Kennzeichnung des abgebildeten Bettes handelt oder lediglich um einen Hinweis auf das auf derselben Seite in einem kleinen Bild dargestellte Einrichtungshaus, welches deutlich sichtbar mit derselben bildlichen Kennzeichnung versehen ist. Der Eindruck, dass es sich lediglich um die Wiedergabe des Namens des Einrichtungshauses handelt, wird noch dadurch verstärkt, dass auf der gegenüberliegenden Seite 13 am unteren Rand unter der Überschrift "Die großen Marken bei Mr. Sandman" verschiedene Marken von Drittanbietern und -herstellern genannt sind. Es braucht auch nicht der Frage nachgegangen zu werden, ob die Widerspruchsmarke unter Umständen in Form einer Handelsmarke neben den "eigentlichen" Kennzeichnungen verwendet worden ist, wobei äußerst fraglich erscheint, ob eine solche Verwendung überhaupt noch als rechtserhaltende Benutzung für die eingetragenen Waren gelten kann (vgl. hierzu BPatGE 46, 108, 111 ff. - NORMA). Denn den eingereichten Unterlagen kann nicht einmal entnommen werden, dass mit der Widerspruchsmarke überhaupt Waren, für welche sie geschützt ist, in irgendeiner Weise gekennzeichnet worden sind.

Darüber hinaus ist nach den eingereichten Unterlagen auch eine Benutzung der Widerspruchsmarke im Inland äusserst fraglich. Denn diese beziehen sich unbestritten allein auf eine Verwendung der Marke im Rahmen des im Ausland befindichen Einrichtungshauses der Widersprechenden. Zwar kann auch die grenzüberschreitende Verwendung einer inländischen Marke eine rechtserhaltende inländische Benutzung i.S.d. § 26 MarkenG darstellen, wozu - neben den hier nicht einschlägigen Fällen von Exportmarken (§ 26 Abs. 4 MarkenG) oder einer aufgrund zwischenstaatlicher Verträge als inländische Benutzung anerkannten Verwendung im Ausland (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 26 Rn. 188) - auch ihre Verwendung als Importmarke gehört (vgl. Althammer/Ströbele, a.a.O., § 26 Rn. 192), wofür die Lieferung einer im Ausland gekauften Ware ins Inland auch an (End-) Abnehmer ausreichen kann (vgl. BPatGE 43, 58, 62 ff. - COBRA CROSS). Es ist aber fraglich, ob es - worauf die Markeninhaberin zutreffend hingewiesen hat - hierfür genügt, dass Inländer im Ausland Waren erwerben, die anschließend an ihren inländischen Wohnsitz speditiert werden; denn nur dann, wenn die Lieferung der im Ausland (schuldrechtlich) erworbenen Ware sich noch als Teilakt des rechtlichen Erwerbsvorgangs darstellt, also mit anderen Wortes der dinglichen Erfüllung der schuldrechtlichen Übereignungsverpflichtung durch Verschaffen der Verfügungsmacht dient, stellt sie sich auch als eine Benutzung im Inland dar (vgl. BPatGE a.a.O., S. 64); ist demgegenüber der Erwerbsvorgang bereits im Ausland vollendet, kann es keinen Unterschied machen, ob der Verkäufer die bereits rechtlich in der Verfügungsmacht des Erwerbers befindliche Ware an dessen Wohnort versendet oder ob der Käufer selbst eine solche Versendung durch Dritte vornimmt oder veranlasst. Diese Voraussetzung wird allerdings außer im Fall des Art. 29 EGBGB nur dann erfüllt sein, wenn das auf das Erfüllungsgeschäft internationalprivatrechtlich anwendbare Recht, das in aller Regel derselben Rechtsordnung zu entnehmen ist, die auch auf das zugrundeliegende Schuldgeschäft anzuwenden ist, ähnlich dem im deutschen Recht geltenden Abstraktionsprinzip schuldrechtliche und dingliche Wirkungen eines Rechtsgeschäfts voneinander unterscheidet, so dass sich der Erwerb erst mit der Lieferung im Inland vollendet; vielfach wird dies - wie es etwa die kaufrechtlichen Vorschriften in romanischen Ländern vorsehen - gerade nicht der Fall sein, so dass die bloße Lieferung der Ware an den inländischen Wohnsitz des Abnehmers wegen des bereits zuvor im Ausland abgeschlossenen Erwerbsvorgangs für eine Verwendung der Marke im Inland nicht ausreichen wird. Dies bedarf allerdings keiner weiteren Vertiefung. Denn zum einen hat die Widersprechende über die Art und den Rechtsgrund der Lieferung keine weiteren Angaben gemacht, was aufgrund des Einwands der Markeninhaberin, die gelieferten Waren seien bereits am Ort des Einrichtungshauses in den Niederlanden erworben und anschließend lediglich nach Deutschland speditiert worden, erforderlich gewesen wäre; zum anderen scheitert eine rechtserhaltende Benutzung auf jeden Fall an der oben dargelegten fehlenden Glaubhaftmachung einer Anbringung der Marke an den eingetragenen Waren oder zumindest einer Verwendung der Marke in einem konkreten Bezug zu den einzelnen in dem Einrichtungshaus der Widersprechenden angebotenen Waren.

Da die Widersprechende somit auf die erst im Beschwerdeverfahren erhobene Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat, konnte ihr Widerspruch gegen die Eintragung der angegriffenen Marke letztlich keinen Erfolg haben. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin war der Beschluss der Markenstelle daher abzuändern und der Widerspruch insgesamt zurückzuweisen.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

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BPatG:
Beschluss v. 19.10.2004
Az: 27 W (pat) 208/03


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