Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Juli 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 88/03

(BPatG: Beschluss v. 01.07.2003, Az.: 33 W (pat) 88/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 vom 27. Januar 2003 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 10. Mai 2001 die Wortmarke ETAX für folgende Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:

Klasse 35: Unternehmensberatung; Verwaltung fremder Geschäftsinteressen; Werbung;

Klasse 36: Kreditberatung; Kreditvermittlung; Nachforschung in Geldangelegenheiten; Grundstücks- und Hausverwaltung; Immobilien- und Hypothekenvermittlung; Schätzen von Immobilien, Vermögensverwaltung; Wohnungsvermietung; Versicherungswesen;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 27. Januar 2003 gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß sich das Zeichen erkennbar aus den Bestandteilen "E" und "TAX" zusammensetze. Der Buchstabe "E" sei im Deutschen und Englischen die Abkürzung für "elektronisch" bzw "electronic" und komme in vielen Wortverbindungen vor. Das Wort "TAX" gehöre dem englischen Grundwortschatz und damit der weitest verbreiteten Welthandelssprache an und sei in seiner Bedeutung "Steuer" ohne weiteres verständlich. In seiner Gesamtheit bedeutet der Begriff "elektronische Steuer", und weise auf Steuern auf elektronischen Weg bzw im elektronischen Geschäftsverkehr insbesondere über und im Internet hin. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen beschreibe die angemeldete Marke unmittelbar deren Art und Inhalt.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht hat sie sich nicht geäußert. Sie hat im Verfahren vor dem Patentamt vorgetragen, daß es sich bei "ETAX" um ein reines Phantasiewort handle, wobei aus dem Dienstleistungsverzeichnis zu entnehmen sei, daß an steuerliche Dienstleistungen überhaupt nicht gedacht werde. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, daß "ETAX" als ein Wort geschrieben sei und daß die Buchstaben "TAX" nicht nur auf Steuern im elektronischen Geschäftsverkehr sondern beispielsweise auch auf ein durch Elektromotor angetriebenes Taxi oder ein elektronisch gesteuertes Taxi hinweisen könnten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die angemeldete Wortmarke - entgegen der Beurteilung der Markenstelle - für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung gemäß § 33 Abs 2, 41 MarkenG stehen daher keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH WRP 2001, 1082 - marktfrisch; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr BGH aaO - marktfrisch; BGH GRUR 1999, 1089 - YES).

Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem Erlaß der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs "Farbe Orange" (MarkenR 2003, 227 ff) in Zukunft in vollem Umfang weiter aufrechterhalten werden können. Die angemeldete Marke ist jedoch auch unter Berücksichtigung der etwas strengeren Maßstäbe des Europäischen Gerichtshofes in der genannten Entscheidung schutzfähig.

Das angemeldete Zeichen ist aus vier Großbuchstaben, in einem Wort zusammengesetzt, gebildet. Ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, hier neben Fachkreisen teilweise auch das allgemeine Publikum, wird daher das Zeichen als ein Gesamtwort auffassen und nicht in "E-TAX", "etax" oder "eTax" aufspalten. Dieser Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird daher ohne weiteres das Zeichen als Phantasiewort und markenmäßige Kennzeichnung erfassen.

Soweit die angesprochenen Verkehrskreise den Buchstaben "E" als Abkürzung für elektronisch erkennen (vgl zB The Oxford Dictionary of NEW WORDS, 1998, S 97; Computer Lexikon Microsoft Press, 2003, S 239) bleibt der Gesamtbegriff ebenfalls unklar und verschwommen. Für den Markenbestandteil "TAX" ergibt sich nicht unbedingt als einzige Interpretationsmöglichkeit, daß es sich um den englischen Ausdruck für "Steuer" handelt. Wie die Anmelderin insoweit zutreffend vorgetragen hat, könnte insoweit auch ein Bezug zu dem Begriff "TAX" hergestellt werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 42 nicht ohne weiteres inhaltlich mit "Steuern" im Zusammenhang gebracht werden können.

Aber auch soweit ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise das angemeldete Wort als "elektronische Steuer" erkennen wird, läßt sich kein ausreichend eindeutiger Zusammenhang zu den angemeldeten Dienstleistungen herstellen. Zwar ist zutreffend, daß beispielsweise Steuererklärungen mittlerweile auf elektronischem Wege abgegeben werden können. Inwieweit die angemeldeten Beratungs- und Werbungsdienstleistungen der Klassen 35, die Finanzdienstleistungen der Klasse 36 und auch die Dienstleistungen der Klasse 42 damit im Zusammenhang stehen, ist ohne entsprechende analysierende Zwischenschritte nicht erkennbar.

Insgesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke im Sinne einer schlagwortartigen Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges Merkmal der damit gekennzeichneten Dienstleistungen werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.

2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (BGH Mitt 2001, 366 - Test ist; 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).

Solche Umstände werden durch die angemeldete Marke "ETAX" nicht klar und eindeutig verständlich genannt. Eine Verwendung der Gesamtbezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen konnte der Senat nicht nachweisen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

zugleich für Richter Baumgärtner, der wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert ist.

Dr. Hock Kätker Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 01.07.2003
Az: 33 W (pat) 88/03


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