Finanzgericht Baden-Württemberg:
Beschluss vom 12. Juni 2014
Aktenzeichen: 8 KO 1022/12

(FG Baden-Württemberg: Beschluss v. 12.06.2014, Az.: 8 KO 1022/12)

Tenor

Unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 28. Februar 2012 wird der Erstattungsbetrag auf 737, 77 EUR festgesetzt.

Die Erinnerungsführer tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I. Der Erinnerungsgegner nahm aufgrund von Feststellungen des zuständigen amtlichen land- und forstwirtschaftlichen Sachverständigen eine Wertfortschreibung bzw. Neuveranlagung für den den verheirateten Erinnerungsführern je zur Hälfte zugerechneten Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, Lage X, A Straße 11 und 13 vor und erließ am 31.1.2007 einen Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid auf den 1.1.2005. Die Erinnerungsführer ließen daraufhin durch ihren steuerlichen Berater und späteren Prozessbevollmächtigten Einspruch einlegen. Die in nur einem Schreiben erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 20.7.2007 wies der Erinnerungsgegner die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Erinnerungsführer seien der ihnen obliegenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Sie hätten die Rechtsbehelfe nicht begründet.

Die Erinnerungsführer ließen am 18.8.2007 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage gegen den €Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid auf den 1.1.2005 vom 31.1.2007€ erheben und trugen vor, die Feststellungen der Finanzbehörde seien teilweise unzutreffend und teilweise noch nicht einmal nachprüfbar. Der Erinnerungsgegner habe den Anspruch auf rechtliches Gehör übergangen, während sie ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen seien. Sie bestritten daher vorsorglich die Berechtigung sämtlicher Abweichungen von den bisherigen Feststellungen. Jedenfalls sei nicht einzusehen, dass sie Grundsteuer für das Wohnhaus des Sohnes schuldeten. Auch die Erhöhung des Einheitswerts von 31.597 EUR auf 52.100 EUR sei nicht nachvollziehbar.

Mit Beschluss vom 4.3.2010 übertrug der Senat den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter, der am 11.5.2010 zu einem Erörterungstermin lud. Auf der Ladung wies er darauf hin, dass die Klage gegen den Grundsteuermessbescheid unbegründet sein dürfte, da dieser Folgebescheid zum als Grundlagenbescheid sei und die Einwendungen nur den beträfen.

Am 19.7.2010 fand der Erörterungstermin statt. Der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführer nahm bereits zu Beginn der Erörterung die Klage gegen den Grundsteuermessbescheid zurück. Im weiteren Verlauf der Erörterung wies der Einzelrichter u.a. darauf hin, dass der von den Erinnerungsführern bewohnte Altbau wohl nicht gemäß § 34 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) als Altenteilerhaus berücksichtigt werden könne, weil sie mangels Übergabe keine Altenteiler, sondern Eigentümer/Verpächter seien. Demgegenüber sei die vom Sohn im Neubau bezogene Wohnung als Betriebsleiterwohnung im zu erfassen.

Mit Beschluss vom selben Tag trennte der Einzelrichter das Verfahren wegen Grundsteuermessbescheid auf den 1.1.2005 ab und stellte es unter dem neu vergebenen Aktenzeichen 8 K 2707/10 ein.

Der Erinnerungsgegner erließ am 18.10.2011 auf den 1.1.2005 einen geänderten Einheitswertbescheid für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft A Straße 13 in X und setzte den Einheitswert von 52.100 EUR um 20.503 EUR auf den ursprünglichen Wert von 31.597 EUR herab. Gleichzeitig erfolgte auf 1.1.2005 eine Nachfeststellung für das Einfamilienhaus (€Altenteiler€) mit einem Einheitswert von 36.659 EUR.

Der neu zuständig gewordene Einzelrichter richtete am 24.10.2011 ein ausführliches Aufklärungsschreiben an den Prozessbevollmächtigten, das er mit einer Fristsetzung nach § 79b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verband. Gleichzeitig erließ er einen Beweisbeschluss und veranlasste eine Ladung zur Beweisaufnahme und mündliche Verhandlung auf 28.11.2011.

Am 14.11.2011 erklärte der Prozessbevollmächtigte den Rechtsstreit für erledigt, da das Klageziel voll umfänglich erreicht worden sei. Nachdem die Erledigungserklärung der Finanzbehörde am 22.11.2011 einging, legte der Einzelrichter dem Erinnerungsgegner durch Beschluss vom selben Tag die Kosten des Verfahrens auf.

Am 6.12.2011 ging bei Gericht ein Antrag auf Kostenfestsetzung ein. Begehrt wurde durch die Erinnerungsführer eine Erstattung von insgesamt 2.920,97 EUR. Geltend gemacht wurden aus einem Gegenstandswert von 5.126 EUR (25% von 20.503 EUR) eine Geschäftsgebühr für das außergerichtliche Vorverfahren von 507 EUR sowie für das Klageverfahren eine 1,9 Verfahrens-, 1,5 Termins- und eine 1,8 Erledigungsgebühr, jeweils zzgl. einer Auslagenpauschale für Porto, Telefon, Fotokopien usw. von 40 EUR. Beantragt wurde auch in Höhe von 32 EUR die Erstattung von einem Drittel der Fahrtkosten zum Finanzgericht von insgesamt 96 EUR (2 x 160 km x 0,30 EUR).

In seiner Stellungnahme brachte der Erinnerungsgegner vor, die Höhe des Streitwerts sei pauschal zu bemessen. Die grundsteuerliche Auswirkung betrage lediglich 393,60 EUR. Eine Erledigungsgebühr falle nicht an. Die Änderung des Bescheids sei auf richterlichen Hinweis hin und nicht aufgrund des Vortrags des Prozessbevollmächtigten erfolgt. Die Erinnerungsführer blieben in ihrer Erwiderung vom 18.1.2012 bei ihrer Rechtsauffassung.

In einem ausführlichen Schreiben vom 30.1.2012 gewährte die Urkundsbeamtin der Senatsgeschäftsstelle daraufhin rechtliches Gehör und legte ihre Rechtsansicht dar. Sie errechnete eine Gesamterstattung von 713,20 EUR.

Mit Beschluss vom 1.2.2012 erklärte der Einzelrichter die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig.

In ihrer Stellungnahme vom 15.2.2012 rügten die Erinnerungsführer die Absicht der Urkundsbeamtin, die Geschäftsgebühr auf 60% zu kürzen, die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG-VV) nicht zu gewähren und keine Erledigungsgebühr anzusetzen.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.2.2012, dem Prozessbevollmächtigten zugestellt am 5.3.2012, lediglich eine Gesamterstattung in Höhe von 678,40 EUR fest. Die Geschäftsgebühr für das durchgeführte Einspruchsverfahren ermittelte sie aus einem Streitwert von 4.723,20 EUR und einer Mittelgebühr von 11,5/10, wobei sie wegen des erfolgten Verfahrens auf Aussetzung der Vollziehung noch eine Kürzung von 10 v. H. vornahm und die so berechnete Geschäftsgebühr von 311,53 EUR im Hinblick auf den mit demselben Schreiben eingelegten Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid nochmals um 50 v. H. kürzte. Eine Auslagenpauschale gewährte sie nur in Höhe von 10 EUR. Die Verfahrensgebühr für das Klageverfahren berechnete sie aus einem Streitwert von 2.361,60 EUR, d.h. dem Sechsfachen der jährlichen Auswirkung des strittigen Einheitswerts auf die Grundsteuer von 393,60 EUR. Die Verfahrensgebühr kürzte sie gemäß § 45 der Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV) i. V. m. der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 RVG-VV um 77,89 EUR, d. h. um die Hälfte der von ihr zugebilligten Geschäftsgebühr von 155,77 EUR. Die Terminsgebühr berechnete die Urkundsbeamtin aus einem Streitwert von 4.723,20 EUR, kürzte diese jedoch um 50 v. H., da die Klage wegen Grundsteuermessbescheids erst im Erörterungstermin zurückgenommen worden sei. Weder bei der Verfahrens- noch bei der Terminsgebühr berücksichtigte sie die Erhöhung um das 0,3-fache nach Nr. 1008 RVG-VV für das Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten für zwei Auftraggeber. Die Mehrheit der Auftraggeber habe sich bereits im Streitwert durch die Zusammenrechnung der Bruchteile ausgewirkt. Eine Erledigungsgebühr gewährte sie nicht. Der Prozessbevollmächtigte habe keine über die normale Prozessführung hinausgehende, auf eine außergerichtliche Erledigung zielende Tätigkeit entfaltet. Eine Auslagenpauschale setzte sie nur einmal in Höhe von 20 EUR an. Die geltend gemachten Fahrtkosten zum Prozesstermin kürzte sie gemäß Vorbemerkung 7 Abs. 3 Satz 1 RVG-VV auf 24 EUR, da sie nur in dieser Höhe auf den Rechtsstreit wegen Einheitswertbescheids entfallen seien.

Die Erinnerungsführer legten fristgerecht Erinnerung ein, mit der sie u.a. vortragen, der Streitwert für das Klageverfahren habe unverändert 4.723,20 EUR betragen. Eine Trennung der Verfahren liege nicht vor. Es sei der gesamte Komplex eingeklagt worden. Die Rücknahme der Klage wegen Grundsteuermessbescheid sei unbeachtlich, da das Ziel der Klage durch die Wirkung des Einheitswertsbescheids als Grundlagenbescheid erhalten geblieben sei.

Die Verweigerung einer Erhöhung der Gebühren wegen Vorliegens mehrerer Auftraggeber sei unangemessen. Der Streitwert habe sich durch die Mehrzahl an Klägern nicht erhöht. Es habe sich allerdings durch die mehreren Kläger ein erhöhter Aufwand, sowohl bei Besprechungen als auch bei den Informationen ergeben. Alternativ zu einer Erhöhung der Gebühren könne bei der Berechnung auch fiktiv von 2 Klagen ausgegangen werden.

Weiterhin machen die Erinnerungsführer geltend, die Streichung der Erledigungsgebühr sei unberechtigt. Nr. 1002 RVG-VV stelle allein auf die Tätigkeit nach Änderung des angefochtenen Bescheids ab. Sie werde nicht für die Änderung des Bescheids verdient, sondern für die Erledigung des Gerichtsverfahrens, die erst dann anstehe, wenn der Bescheid bereits geändert worden sei. Sie falle immer dann an, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt ohne Urteil ändere. Es reiche daher die Abgabe der Erledigungserklärung.

Die Halbierung der Terminsgebühr sei nicht berechtigt. Auch nach erfolgter Trennung der Verfahren bleibe dasselbe Klageergebnis bestehen, da der Einheitswertbescheid zugleich Grundlagenbescheid des Grundsteuermessbescheids sei.

Die Teilung der Fahrtkosten durch vier sei mit der Begründung, dass zwei Verfahren vorlägen, nicht nachvollziehbar,

Hinsichtlich des außergerichtlichen Vorverfahrens machen die Erinnerungsführer geltend, die Geschäftsgebühr sei in voller Höhe anzusetzen. Es seien zwei Verfahren zusammengefasst worden. Daher könnten auch zwei Telefonpauschalen à jeweils 20 EUR angesetzt werden. Auch die Kürzung der Gebühr um 10 v. H. sei nicht rechtmäßig. Der Bevollmächtigte habe die Kosten für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung direkt mit den Erinnerungsführern abgerechnet und so von der Möglichkeit, die Geschäftsgebühr zu erhöhen, Gebrauch gemacht.

Die Erinnerungsführer beantragen sinngemäß,den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.2.2012 zu ändern und den Erstattungsbetrag auf 2.920,97 EUR festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt sinngemäß,die Erinnerung abzuweisen.

Der Erinnerungsgegner verweist lediglich auf die Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss.

Die Urkundsbeamtin entschied mit Beschluss vom 17.4.2012, der Erinnerung nicht abzuhelfen.

Gründe

II. Die Erinnerung ist zulässig, jedoch nur in geringem Umfang begründet.

Nach § 149 Abs. 2 FGO kann gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss innerhalb einer Frist von zwei Wochen Erinnerung eingelegt werden. Die Frist wurde gewahrt.

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Erinnerungsbegehrens liegen jedoch ganz überwiegend nicht vor.

Die einem Prozessbeteiligten zu erstattenden Aufwendungen werden gemäß § 149 Abs. 1 FGO auf Antrag von dem Urkundsbeamten des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Gemäß § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO sind die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt ist, stets erstattungsfähig. Der Prozessbevollmächtigte ist Steuerberater und daher nach § 3 Nr. 1 StBerG unbeschränkt zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Die ihm von Gesetzes wegen zustehenden Gebühren sind daher grundsätzlich zu vergüten.

Auf die Vergütung des Steuerberaters sind im finanzgerichtlichen Verfahren gemäß § 45 StBGebV die Vorschriften des RVG sinngemäß anzuwenden. Die Höhe der vom Prozessbevollmächtigten im Verfahren 8 K 1169/07 zu beanspruchenden und vom Erinnerungsgegner den Erinnerungsführern zu erstattenden Gebühren bestimmt sich dabei gemäß § 2 Abs. 2 RVG nach dem RVG-VV.

Auch wenn der Prozessbevollmächtigte vorliegend für zwei Auftraggeber auftrat, stehen ihm die Gebühren gemäß § 7 Abs. 1 RVG nur einmal zu, da er in derselben Angelegenheit i. S. d. § 15 Abs. 1 RVG tätig wurde. Dafür ist bestimmend, ob der Berufsträger aufgrund eines einheitlichen Auftrags auftritt, ein innerer Zusammenhang zwischen den vermeintlich verletzten Rechten der Mandanten besteht und der Prozessvertreter einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen wahrt (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts -BVerwG- vom 9.5.2000 11 C 1/99, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2000, 2289; Finanzgericht -FG- des Landes Brandenburg, Beschluss vom 27.2.2001 1 KO 3064/00, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2001, 653; FG Düsseldorf, Beschlüsse vom 15.10.2009 3 Ko 439/09 KF, EFG 2010, 161 und vom 8.9.2011 10 K 3255/09 Kg, EFG 2012, 662; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, § 15 Rz. 5 ff). Die weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen müssen sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung übereinstimmen, um von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit sprechen zu können (Urteile des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 11.1.2011 VI ZR 64/10, NJW 2011, 784 und vom 21.6.2011 VI ZR 73/10, NJW 2011, 3167; BGH-Beschluss vom 19.10.2006 V ZB 91/06, NJW 2007, 769). Ein einheitlicher Auftrag kann auch dann vorliegen, wenn der Prozessbevollmächtigte von mehreren Mandanten beauftragt wird (BGH-Urteile vom 11.1.2011 VI ZR 64/10, NJW 2011, 784 und vom 21.6.2011 VI ZR 73/10, NJW 2011, 3167; BGH-Beschluss vom 19.10.2006 V ZB 91/06, NJW 2007, 769).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der angefochtene Einheitswertbescheid vom 31.1.2007 ist ebenso wie der am selben Tag ergangene Grundsteuermessbescheid an beide Erinnerungsführer als hälftige Miteigentümer gerichtet. Die Eheleute haben dem Prozessbevollmächtigten auch offensichtlich gemeinsam ein Mandat mit einem von diesem auch eingehaltenen einheitlichen Tätigkeitsrahmen erteilt.

1. Gegenstandswert

Für die Höhe der Gebühren ist neben dem in der einschlägigen Ziffer des RVG-VV ausgewiesenen Gebührensatz gemäß § 2 Abs. 1 RVG der Wert maßgebend, der dem Gegenstand der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten zukommt.

Der Gegenstandswert bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Nach § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ist in Verfahren vor den Finanzgerichten der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Das Gericht bemisst den Gegenstandswert mit 2.361,60 EUR und damit dem Sechsfachen der jährlichen grundsteuerlichen Auswirkung von 393,60 EUR. Nachdem das Vermögen-steuergesetz (VStG) aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - mit Ablauf des 31.12.1997 nicht mehr anzuwenden ist (siehe hierzu Beschlüsse des BVerfG vom 22.6.1995 2 BvL 37/91, Sammlung der Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 93, 121 und vom 30.3.1998 1 BvR 1831/97, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1998, 422), beschränkte sich das finanzielle Interesse der Erinnerungsführer auf die letztlich begehrte Herabsetzung der Grundsteuer. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) ist der Einheitswert die Grundlage für die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags. Es erscheint sachgerecht von der bisherigen pauschalen Ermittlung der durchschnittlichen Belastung mit den Folgesteuern abzuweichen und der Berechnung des Gegenstandswerts die nunmehr mögliche exakte grundsteuerliche Auswirkung zugrunde zu legen, die sich am regelmäßigen Hauptveranlagungszeitraum der Grundsteuer von 6 Jahren (§ 16 Abs. 2 Satz 3 GrStG) ausrichtet (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 16.10.1996 II R 17/96, BStBl II 1997, 228; wohl auch Gräber/Ratschow, FGO, 7. Auflage, Vor § 135 Rz.110, Streitwert-ABC, Stichwort Einheitsbewertung).

Das Gericht folgt nicht der wohl herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, die den Streitwert bei einer Wirkungsdauer des Einheitswertsbescheids von mindestens 6 Jahren für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft pauschal mit Sätzen zwischen 50 und 100 v. T. des strittigen Wertunterschieds berechnet (Hessisches FG, Beschluss vom 15.10.2004 3 K 1128/01, EFG 2005, 567; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 139 FGO, Streitwert-ABC, Stichwort Einheitswertfeststellungen Rz. 277; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vorbemerkung zu §§ 135 bis 149 FGO, ABC der Streitwerte Rz.183). Danach wäre bei der von den Erinnerungsführern begehrten Minderung des Einheitswerts um 20.503 EUR lediglich von einem Streitwert zwischen 1.025,15 EUR und 2.050,30 EUR auszugehen, der die finanzielle Bedeutung des verfolgten Klageziels nur unzureichend wiedergibt. Andererseits ist der von den Erinner-ungsführern als richtig angesehene Gegenstandswert von 5.126 EUR und damit von 25 v. H. des strittigen Einheitswerts im Hinblick auf die konkrete steuerliche Auswirkung überhöht.

Der Gegenstandswert der im Erörterungstermin am 19.7.2010 zurückgenommenen Klage wegen Grundsteuermessbescheids auf den 1.1.2005 beträgt ebenfalls 2.361,60 EUR und damit das Sechsfache der jährlichen Belastung mit Grundsteuer (Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 139 FGO, Streitwert-ABC, Stichwort Grundsteuer Rz. 296; Gräber/Ratschow, FGO, 7. Auflage, Vor § 135 Rz. 110, Streitwert-ABC, Stichwort Grundsteuer). Das identische Klageziel lässt keine unterschiedlichen Streitwerte zu. Soweit der BFH den Gegenstandswert in älteren Entscheidungen mit dem Vierfachen der auf den strittigen Messbetrag entfallenden Jahressteuer ansetzt (BFH-Urteil vom 12.11.1965 III 34/62 U, BStBl III 1966, 95; BFH-Beschlüsse vom 7.8.1981 III R 47/81, juris und vom 10.2.1994 VII E 16/93, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1994, 818) ist diese Rechtsprechung überholt.

Der Gegenstandswert ist auch nicht deswegen gemäß § 22 Abs. 1 RVG zu verdoppeln, weil 2 Steuerpflichtige den Auftrag erteilt haben. Nach dieser Vorschrift werden in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet. Gegenstand ist das Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des Prozessvertreters richten soll (BVerwG-Urteil vom 9.5.2000 11 C 1/99, NJW 2000, 2289; BGH-Urteil vom 21.6.2011 VI ZR 73/10, NJW 2011, 3167; FG Düsseldorf, Beschluss vom 15.10.2009 3 Ko 439/09 KF, EFG 2010, 161; FG Köln, Beschluss vom 23.4.2012 10 Ko 1766/11, EFG 2012, 1498; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, § 15 Rz. 6 und § 22 Rz. 3; Hartmann, Kostengesetze, 43. Auflage, § 15 RVG Rz. 12). Regelmäßig wird deshalb bei mehreren Auftraggebern das Vorliegen desselben Gegenstandes nur angenommen, wenn diese ein einheitliches Recht in gemeinschaftlicher Trägerschaft geltend machen. Selbständig nebeneinander bestehende Rechte, auch wenn sie jeweils den gleichen Inhalt haben und auf das gleiche Ziel gerichtet sind, erfüllen dagegen nicht den Begriff desselben Gegenstandes.

Die Erinnerungsführer strebten mit der Klage letztlich eine Herabsetzung der für ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu entrichtenden Grundsteuer an, für die sie gemäß § 10 Abs. 3 GrStG jeweils in voller Höhe als Gesamtschuldner einzustehen haben. Der Auftrag an den Prozessvertreter beschränkte sich darauf, die Höhe des Einheitswerts für den in gemeinsamer Trägerschaft unterhaltenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit dem zulässigen Rechtsbehelf anzufechten. Der Prozessbevollmächtigte befasste sich daher nach der Rücknahme der Klage gegen den Grundsteuermessbescheid mit einem einzigen Gegenstand (vgl. zur Gesamtschuld Hartmann, Kostengesetze, 43. Auflage, Nr. 1008 VV Rz. 11; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, § 15 Rz. 6, Nr. 1008 VV Rz. 147, 148 und 185; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO Rz. 51). Bei der Ermittlung des Gegenstandswerts hat daher keine Zusammenrechnung zu erfolgen, sondern lediglich die einfache Berücksichtigung der erstrebten jährlichen Herabsetzung der gemeinsam geschuldeten Grundsteuer.

2. Verfahrensgebühr

Gemäß Nr. 3200 RVG-VV steht dem Prozessvertreter eine Verfahrensgebühr zu. Deren Höhe wurde von der Urkundsbeamtin der Senatsgeschäftsstelle jedoch falsch berechnet. Sie ließ unbeachtet, dass die Erinnerungsführer mit der Klage vom 18.8.2007 in Verfolgung desselben Klageziels und mit identischer Begründung sowohl den Einheitswertbescheid als auch den Grundsteuermessbescheid auf den 1.1.2005, jeweils vom 31.1.2007, angefochten hatten. Aufgrund der einheitlichen Auftragserteilung, des inneren Zusammenhangs und des einheitlichen Tätigkeitsrahmens liegt nur eine Angelegenheit vor. Zwar ist bei einer Abtrennung von Verfahrensteilen verfahrens- und kostenrechtlich davon auszugehen, als ob von Beginn an zwei Klagen vorgelegen hätten (BFH-Beschluss vom 22.09.2008 II E 14/07, juris; Gräber/Ruban, FGO, 7. Auflage, § 73 Rz 29). Besteht jedoch - wie vorliegend - keine inhaltliche oder formale Differenzierung zwischen den selbstständigen Verfahren wird der Prozessvertreter in derselben Angelegenheit tätig (BVerwG-Urteil vom 9.5.2000 11 C 1/99, NJW 2000, 2289; FG des Landes Brandenburg, Beschluss vom 27.2.2001 1 KO 3064/00, EFG 2001, 653; Oberverwaltungsgericht -OVG- für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.5.2011 17 E 1418/10, Der Deutsche Rechtspfleger 2012, 47). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn wie hier vom Prozessbevollmächtigten die verschiedenen Bescheide mit identischer Begründung angefochten werden (BVerwG-Urteil vom 9.5.2000 11 C 1/99, NJW 2000, 2289; FG Düsseldorf, Beschluss vom 15.10.2009 3 Ko 439/09 KF, EFG 2010, 161)

Das Gericht folgt jedenfalls für das vorliegende Verfahren, in dem durch den Einzelrichter erst nach dem durchgeführten Erörterungstermin und der dort erfolgten Rücknahme der Klage wegen Grundsteuermessbescheids eine Trennung der in nur einer Klage verfolgten Klagebegehren angeordnet wurde, ausdrücklich nicht der Rechtsansicht, dass formal selbstständige Klageverfahren auch kostenrechtlich stets getrennt zu behandeln sind (so aber FG Düsseldorf, Beschluss vom 11.5.2012 11 Ko 3244/11 KF, EFG 2012, 1779; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.7.2009 18 E 373/09, Juristisches Büro -JurBüro- 2009, 529; Hartmann, Kostengesetze, 43. Auflage, § 15 RVG Rz. 17). War der Prozessvertreter vor der Trennung der selbstständigen Klagebegehren in einer einheitlichen Angelegenheit im Sinn des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG tätig und war der Gebührenanspruch bereits entstanden, vermag hieran die durch die Trennung bewirkte fiktive Rückbeziehung der Verfahrensteile auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung nichts zu ändern. § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG ordnet unmissverständlich an, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Dies muss auch dann gelten, wenn bei einer Klagehäufung ein Verfahren deswegen abgetrennt wird, weil es zurückgenommen wurde (a. A. BVerwG, Beschluss vom 4.9.2009 9 KSt 10/09 u.a., Buchholz 310 § 164 VwGO Nr. 4)

Allerdings sind die Gegenstände nicht identisch. Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid beruhen auf differierenden Rechtsgrundlagen mit unterschiedlichen Regelungsbereichen. Der Prozessvertreter kann daher zwar gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG die Gebühren nur einmal fordern. Die beiden Gegenstandswerte von jeweils 2.361,60 EUR sind jedoch gemäß § 22 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen, die sich so ergebende Verfahrensgebühr von 571,90 EUR aber aufgrund der Rücknahme der Klage wegen Grundsteuermessbescheids nur zur Hälfte in Höhe von 285,95 EUR anzusetzen.

Darüber hinaus ist den Erinnerungsführern entgegen der Rechtsauffassung der Urkundsbeamtin der Senatsgeschäftsstelle eine 1,9 Verfahrensgebühr zu erstatten. Zwar weist Nr. 3200 RVG-VV nur einen Satz von 1,6 aus. Der Prozessbevollmächtigte macht jedoch zu Recht eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV um das 0,3-fache geltend.

Zwar kommt bei der im Streitfall vorliegenden Wertgebühr gemäß Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 1008 RVG-VV eine Erhöhung der Verfahrensgebühr lediglich dann in Betracht, wenn der Anwalt nicht nur in derselben Angelegenheit für die mehreren Auftraggeber tätig wurde, sondern auch der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Dies ist jedoch wie oben unter Tz. II.1 ausgeführt der Fall.

Eine unzulässige Kumulation der gesetzlichen Gebührenerhöhungssysteme besteht nicht (vgl. zu diesem Verwerfungsgrund z. B. FG Düsseldorf, Beschlüsse vom 12.5.2010 15 Ko 4622/09 KG, EFG 2011, 271 und vom 23.4.2012 10 Ko 1766/11, EFG 2012, 1498; FG Köln, Beschlüsse vom 23.4.2012 10 Ko 1766/11, EFG 2012, 1498 und vom 7.8.2012 10 Ko 783/11, EFG 2012, 2237, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Mehrheit der Auftraggeber hat sich - wie unter Tz. II.1 ausgeführt - im Gegenstandswert nicht ausgewirkt. Wie bei einer von zusammenveranlagten Eheleuten angefochtenen Einkommensteuerfestsetzung ist deshalb auch hier die Erhöhungsgebühr anzusetzen (vgl. zur Klage zusammenveranlagter Eheleute FG Köln, Beschluss vom 5.7.2010 10 Ko 4058/09, EFG 2010, 1638 m. w. N.; Eckert, StBGebV, 5. Auflage, § 40 Tz. 5.7.3).

Nach Anrechnung der hälftigen, unter dem Gebührensatz von 0,75 liegenden Geschäftsgebühr von 91,43 EUR (siehe zu deren Höhe die Berechnung unter Tz. II.5) gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV ist vom Erinnerungsgegner statt bisher 179,71 EUR eine Verfahrensgebühr in Höhe von 194,52 EUR zu erstatten.

Diese Anrechnung gilt auch für Steuerberater (vgl. FG Köln, Beschluss vom 26.2.2007 10 Ko 1308/06, EFG 2007, 953; FG Düsseldorf, Beschluss vom 11.5.2012 11 Ko 3244/11 KF, EFG 2012, 1779; FG Münster, Beschluss vom 10.7.2012 11 Ko 3705/11 KFB, EFG 2012, 1962 und Hessisches FG, Beschluss vom 31.1.2013 1 Ko 2202/11, EFG 2013, 64; a. A. Eckert, StBGebV, 5. Auflage, § 40 Tz. 6). Zwar weist der Wortlaut der Vorschrift lediglich eine nach Nr. 2300 bis 2303 RVG-VV entstandene, nicht aber eine nach § 40 StBGebV vergütete Geschäftsgebühr aus. § 45 StBGebV ordnet jedoch eine sinngemäße Anwendung des RVG und damit auch des RVG-VV an. Zweck der Anrechnungsvorschrift ist es zu verhindern, dass die gleiche oder annähernd gleiche Tätigkeit zweimal honoriert wird, wenn die Angelegenheit zunächst als außergerichtliche und später als gerichtliche betrieben wird. Die unterbliebene Erwähnung des § 40 StBGebV beruht offensichtlich auf einer unzureichenden Koordinierung der Vorschriften. Ein solches gesetzgeberisches Versehen kann aber vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks nicht dazu führen, dass eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr zu unterbleiben hat. Das Gebot, eine Doppelhonorierung zu verhindern, gilt unabhängig davon, auf welcher Grundlage die Geschäftsgebühr für das Vorverfahren berechnet wird.

3. Terminsgebühr

Die Terminsgebühr wurde von der Urkundsbeamtin korrekt ermittelt. Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Alt. 1 RVG-VV entsteht die Terminsgebühr (Nr. 3202 RVG-VV) u.a. für die Vertretung in einem Erörterungstermin. Da die Erinnerungsführer die Klage wegen Grundsteuermessbescheids erst im Erörterungstermin am 19.7.2010 zurückgenommen haben, bemisst sich die Terminsgebühr aus den unter Tz. II.2 genannten Gründen nach der Hälfte des sich bei einem Gegenstandswert von 4.723,20 EUR und einem Satz von 1,2 ergebenden Gebühr. Hieraus folgt eine vom Erinnerungsgegner für das Verfahren wegen Einheitswertbescheids den Erinnerungsführern zu erstattende Terminsgebühr von 180,60 EUR.

Eine Erhöhung um 0,3 sieht der Gebührentatbestand der Nr. 1008 RVG-VV nur für die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr, nicht jedoch für die Terminsgebühr vor.

4. Erledigungsgebühr

Nach der Anmerkung zu Nr. 1002 RVG-VV entsteht eine Erledigungsgebühr dann, wenn sich eine Rechtssache durch die anwaltliche Mitwirkung ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts erledigt.

Das RVG ist am 1.7.2004 an die Stelle der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) getreten. Nach § 24 BRAGO erhielt der Rechtsanwalt eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts erledigte und der Rechtsanwalt bei der Erledigung mitgewirkt hatte.

Die Vergütung einer Erledigungsgebühr nach § 24 BRAGO setzte nach der absolut herrschenden Meinung ein über die allgemeine Prozessführung hinausgehendes, auf die außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil gerichtetes, besonderes Tätigwerden des Rechtsanwalts voraus, das nicht bereits durch andere Gebühren (Prozess-, Verhandlungs-, Erörterungsgebühr) abgegolten war (BFH-Beschlüsse vom 6.8.1968 VII B 1230/67, BStBI II 1968, 772 und vom 16.12.1969 VII B 45/68, BStBI II 1970, 251; FG Baden-Württemberg € Beschluss vom 2.10.1985 XII Ko 1/85, EFG 1986, 309; Niedersächsisches FG, Beschluss vom 17.7.1995 IX 3/94 Ko, EFG 1995, 1076; FG Hamburg, Beschluss vom 2.12.1996 IV 60/95, juris und FG Köln, Beschluss vom 2.7.2001 10 Ko 2725/01, EFG 2001, 1321; aus der früheren Literatur z.B. Tipke/Kruse, AO/FGO, 16. Auflage, § 139 FGO Rz. 99 und Hartmann, Kostengesetze, 32. Auflage, § 24 BRAGO Rz. 9 ff mit einer Vielzahl von Nachweisen).

Die Anmerkung zu Nr. 1002 RVG-VV ist zwar mit § 24 BRAGO nicht wortgleich, jedoch inhaltlich kongruent. Ebenso wie früher § 24 BRAGO einen Ersatz für die Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO darstellte, so ist die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 RVG-VV ein Ersatz für die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 RVG-VV, die im finanzgerichtlichen Verfahren ebenso wie zuvor die Vergleichsgebühr grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Es ist daher kein Grund ersichtlich, das Entstehen einer Erledigungsgebühr nach dem RVG von weniger strengen Voraussetzungen abhängig zu machen. Nach ganz überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur erfordert die Vergütung der Erledigungsgebühr Nr. 1002 RVG-VV daher ebenso wie die Erledigungsgebühr nach § 24 BRAGO, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht allgemein auf Verfahrensförderung gerichtet ist, sondern ein besonderes Bemühen um eine Erledigung der Rechtssache ohne förmliche Entscheidung erkennen lässt (BFH-Beschluss vom 12.2.2007 III B 140/06, BFH/NV 2007, 1109; FG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 27.08.2007 8 KO 1/07, EFG 2007, 1972 und vom 10.3.2011 11 KO 5287/08, juris; FG Köln, Beschluss vom 17.6.2009 10 Ko 4491/08, EFG 2009, 1597; FG Hamburg, Beschluss vom 19.4.2011 3 KO 24/11, juris; Hessisches FG, Beschlüsse vom 10.5.2011 13 KO 276/11 u.a, juris und vom 31.1.2013 1 Ko 2202/11, EFG 2013, 644; Niedersächsisches FG, Beschluss vom 29.5.2012 9 KO 1/12, EFG 2012, 2153 ; FG des Saarlandes, Gerichtsbescheid vom 16.8.2012 2 K 1014/12, EFG 2012, 310; Gräber/Stapperfend, FGO, 7. Auflage, § 139 Rz. 78; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 139 FGO, Rz. 471; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO, Rz. 85; Hartmann, Kostengesetze, 43. Auflage, 1002 VV Rz. 9; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, VV 1002 Rz. 40). Der Prozessbevollmächtigte muss eine besondere, gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit entfalten, die über eine bereits mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 RVG-VV abgegoltene Verfahrensförderung hinausgeht. Nur mit dieser Einschränkung lässt sich eine Privilegierung des Prozessbevollmächtigten im finanzgerichtlichen Verfahren gegenüber einem Rechtsanwalt im Zivilprozess vermeiden, der an einer einvernehmlichen, auf einen Kompromiss ausgerichteten, vertraglichen Regelung mitwirken muss.

Der Prozessbevollmächtigte hat keinen nennenswerten Beitrag für die Entscheidung des Rechtsstreits geleistet. Die Stattgabe des Klagebegehrens durch den Erinnerungsgegner erfolgte allein aufgrund eines rechtlichen Hinweises des Einzelrichters im Erörterungstermin am 19.7.2010. Die Begründung der Klage allein führte nicht zu einem Erfolg der Klage. Allerdings hätte der Prozessbevollmächtigte die Erledigungsgebühr selbst dann nicht verdient, wenn der Beklagte den Bescheid unter dem Eindruck der Klagebegründung aufhoben hätte (FG Köln, Beschluss vom 28.6.2007 10 Ko 715/07, EFG 2007, 1474; FG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 1.6.2010 2 Ko 4/10, EFG 2010, 1447; FG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 27.08.2007 8 KO 1/07, EFG 2007, 1972 und vom 23.8.2010 13 KO 1170/10, EFG 2011, 373; Gräber/ Stapperfend, FGO, 7. Auflage, § 139 Rz. 79; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 139 FGO, Rz. 471; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO, Rz. 85; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, 1002 VV Rz. 49 m. w. N.) .

Die bloße Abgabe einer Erledigungserklärung ist entgegen der Rechtsauffassung des Prozessbevollmächtigten keinesfalls geeignet, den Anspruch auf eine Erledigungsgebühr zu begründen (Niedersächsisches FG, Beschluss vom 29.5.2012 9 KO 1/12, EFG 2012, 2153; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, 1002 VV Rz. 46 m .w. N.). Dies gilt selbst dann, wenn sich der Mandant ohne die Einwirkung seines Prozessvertreters nicht zur Abgabe einer Erledigungserklärung bereit erklärt hätte (FG Köln, Beschluss vom 13.3.2008 10 Ko 3867/07, EFG 2008, 1235). Hierfür bestehen allerdings auch keinerlei Anhaltspunkte. Es erstaunt, dass der Prozessbevollmächtigte meint, allein für die Abgabe einer prozessbeendigenden Erklärung eine Erledigungsgebühr fordern zu können. Diese Tätigkeit gehört zum allgemeinen Betreiben des Geschäfts und ist durch die Verfahrensgebühr abgegolten.

5. Geschäftsgebühr

Das Gericht hat die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt, so dass gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO auch die für das Einspruchsverfahren vorgesehenen gesetzlichen Gebühren und Auslagen erstattungsfähig sind.

Für die Vertretung im Rechtsbehelfsverfahren enthält der Steuerberater gemäß § 40 Abs. 1 und 2 StBGebV bei Fehlen besonderer Anforderungen 13/10 einer vollen Gebühr. Da der Prozessvertreter mit identischer Begründung in nur einem Schriftsatz sowohl Einspruch gegen den Einheitswertbescheid als auch gegen den Grundsteuermessbescheid vom 31.1.2007 eingelegt hatte, liegt nur eine Angelegenheit aber verschiedene Gegenstände vor. Der Gegenstandswert für die Berechnung der Geschäftsgebühr beträgt damit 4.723,10 EUR (2 x 2.361,60 EUR). Nachdem der Bevollmächtigte bereits im Verwaltungsverfahren tätig war und sich für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der beiden Bescheide eine Gebühr nach § 28 StBGebV verdient hatte, steht ihm gemäß § 40 Abs. 2 StBGebV nur eine Mittelgebühr von 11,5/10 zu. Diese ist jedoch noch gemäß § 40 Abs. 5 Satz 1 StBGebV um 2/10 zu erhöhen, da der Bevollmächtigte in derselben Angelegenheit bei identischem Gegenstand der Tätigkeit für 2 Auftraggeber handelte (vgl. die Ausführungen unter Tz. II.2). Danach würde die Geschäftsgebühr 406,35 EUR (13,5/10 von 301 EUR) betragen.

Der Bevollmächtigte hat jedoch mit Schriftsatz vom 23.2.2007 gegen beide Bescheide nicht nur gemeinsam Einspruch eingelegt, sondern jeweils auch die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Die Geschäftsgebühr beinhaltet gemäß § 40 Abs. 7 StBGebV auch die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Aussetzungsverfahren werden nicht in einem Klageverfahren fortgesetzt, so dass der Anteil am Anfall der Geschäftsgebühr zu schätzen ist. Der Ansatz von 1/10 durch die Urkundsbeamtin ist nicht zu beanstanden, da er auch bei der Bemessung des Streitwerts zur Anwendung kommt (FG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 18.12.2001 3 Ko 1/00, EFG 2002, 497 und vom 22.8.2007 3 KO 1/04, JurBüro 2007, 650). Unerheblich ist, dass der Bevollmächtigte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit den Mandanten getrennt abgerechnet hat, obwohl er gemäß § 12 Abs. 2 StBGebV die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Erstattungsfähig sind nur die gesetzlich vorgesehenen Gebühren. Sein Vorgehen widerspricht jedoch § 40 Abs. 7 StBGebV.

Danach beträgt die Geschäftsgebühr 365,72 EUR, wovon allerdings nur 50 v.H. erstattungsfähig sind, da die Klage wegen Grundsteuermessbescheid zurückgenommen und damit die Überleitung in das Klageverfahren rückgängig gemacht wurde. Darüber hinaus war das Einspruchsverfahren wegen Grundsteuermessbescheids zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich. Um das Ziel, eine Herabsetzung der Grundsteuer zu erreichen, war es gemäß § 13 Abs. 1 GrStG ausreichend, den Einheitswertbescheid anzufechten. Da die Erinnerungsführer nur Einwendungen vorgebracht haben, die den Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid betrafen, konnte der Einspruch wie auch die sich anschließende Klage gegen den Grundsteuermessbescheid gemäß § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) keinen Erfolg haben. Der auf das Einspruchsverfahren wegen Grundsteuermessbescheids entfallende Anteil an der Geschäftsgebühr war gemäß § 139 Abs. 1 FGO von vornherein nicht erstattungsfähig. Hieraus folgt eine Geschäftsgebühr von 182,86 EUR statt bisher von 155,77 EUR.

6. Auslagenpauschale für Porti, Telefon und Fotokopien

Einen pauschalen Ansatz ohne Nachweis kennt das Gesetz nur für die Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (§ 16 Satz 2 StBGebV, Nr. 7002 RVG-VV). Dieser beträgt für jede Angelegenheit höchstens 20 EUR. Sowohl für das Vorverfahren als auch das Klageverfahren kommen daher nur jeweils 10 EUR zum Ansatz, da die Angelegenheit sowohl den Einheitswert- als auch den Grundsteuermessbescheid umfasste. Eine Kürzung um 10 EUR gegenüber dem Ansatz der Urkundsbeamtin unterbleibt jedoch, da der Bevollmächtigte für die Wahrnehmung von 3 Verfahren ein Tagegeld von mindestens 10 EUR beanspruchen kann.

7. Fahrtkosten

Die Urkundsbeamtin kürzte die Fahrtkosten zu Unrecht von 32 EUR auf 24 EUR. Der Prozessbevollmächtigte machte im Antrag auf Kostenfestsetzung vom 6.12.2001 nur ein Drittel der ihm in Höhe von 96 EUR zustehenden Fahrtkosten geltend. Der Berichterstatter geht davon aus, dass für den Prozessbevollmächtigten am 19.07.2010 Ladungen zu drei getrennten Gerichtsterminen vorlagen. Obwohl die Erinnerungsführer die Klage wegen Grundsteuermessbescheids im Erörterungstermin zurücknahmen, ist weiterhin von 3 Verfahren auszugehen. Auch nach der Trennung liegt nur eine Angelegenheit vor (vgl. Tz. II.2).

Unter Einbeziehung der erstattungsfähigen Umsatzsteuer von 117,91 EUR ergibt sich hiernach eine Gesamterstattung von 737,77 EUR.

Da die Erinnerungsführer nur zu 2,65 v. H. obsiegt haben, werden ihnen gemäß § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO die Kosten des Verfahrens in vollem Umfang auferlegt.

Die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ergeht gerichtsgebührenfrei, weil das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum GKG) eine Gebühr für diesen Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung beschränkt sich demgemäß auf die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsgegners.

Das Gericht konnte über die Erinnerung gemäß § 149 Abs. 4 FGO durch Beschluss des Vorsitzenden entscheiden, der nach dem internen Geschäftsverteilungsplan des Senats zugleich Berichterstatter in allen Erinnerungsverfahren wegen Kosten ist. Der Anwendungsbereich des § 79 a Abs. 1 Nr. 5 FGO schließt die Kostenerinnerung nach § 149 Abs. 2 FGO mit ein (FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.08.2007 8 KO 1/07, EFG 2007, 1972; FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.12.2011 3 KO 965/10, EFG 2012, 1312; FG Münster, Beschluss vom 10.7.2012 11 Ko 3705/11 KFB, EFG 2012, 1962; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 79a FGO Rz. 11; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 79a FGO Rz. 82; a. A. Gräber/Koch, AO/FGO, 7. Auflage, § 79a FGO Rz. 15 m. w. N.).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 4 Satz 1 FGO).






FG Baden-Württemberg:
Beschluss v. 12.06.2014
Az: 8 KO 1022/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/81b35c06bb20/FG-Baden-Wuerttemberg_Beschluss_vom_12-Juni-2014_Az_8-KO-1022-12




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