ArbG Bielefeld:
Urteil vom 15. November 2004
Aktenzeichen: 3 Ca 1448/04

(ArbG Bielefeld: Urteil v. 15.11.2004, Az.: 3 Ca 1448/04)

Die Kündigung der Dienstwohnung bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses erfolgt vertragswidrig; sie beschreibt eine unzulässige Teilkündigung.

Der Widerrufsvorbehalt verstößt gegen §§ 305 ff BGB

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der von der Beklagten mit Schreiben vom 28.07.2003

vorgenommene Widerruf der Zuweisung der Nutzung der im 2. Obergeschoß des Dienstgebäudes gelegenen Dienstwohnung in der K1str. 12, 12345 G1, unwirksam ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs der Zuweisung der Nutzung einer Dienstwohnung.

Der am 07.12.1947 geborene und verheiratete Kläger ist seit dem 01.01.1981 bei der Beklagten, die jetzt unter "Bundesagentur für Arbeit" firmiert, in deren Nebenstelle in G1 beschäftigt. Mit Schreiben vom 28.08.1980 war dem Kläger unter Übersendung dieses Arbeitsvertrages die "Tätigkeit eines Kraftfahrers und Hausmeisters in der vorbezeichneten Dienststelle" übertragen worden (Ablichtung des Anschreibens Bl. 6 d.A., Anlage K 1 zur Klageschrift). Nach einem Arbeitsplan ab 01.01.1981 war der Kläger wöchentlich 57 ½ Stunden wie folgt beschäftigt:

Montags - freitags

6.30 bis 8.00 Uhr Hausmeisterdienst (Einschalten der Heizung, Aufschließen des Gebäudes und der Zimmer, Reinigung des Bürgersteigs und des Parkhauses (ggfls. von Schnee und Eis räumen)) 1,5 Stunden

8.00 – 16.30 Uhr Dienst als Kraftfahrer einschließlich Abholung und Wegbringen der Post (unter Anrechnung einer halben Stunde Mittagspause) 8 Stunden

16.30 – 17.15 Uhr Kraftfahrzeugdienst, Reinigung und Wagenpflege, Dreiviertelstunde

17.15 – 18.30 Uhr Hausmeisterdienst (Ausführung von kleineren Reparaturen etc., Reinigung des Bürgersteigs, Kontrolle der Heizung, Überwachung der Gebäudereinigung, Zimmerdurchgang schließen der Zimmer und des Gebäudes) 1 ¼ Stunde, somit täglich 11 ½ Stunden.

Ferner hatte der Kläger die Pflicht an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen den Bürgersteig von Schnee und Eis zu räumen (wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsplanes wird auf dessen Ablichtung Bl. 73 d.A. verwiesen).

In dem vom 11.11.1980 datierenden Arbeitsvertrag heißt es u.a.:

"§ 1

Herr S1 S2 wird ab 01.01.1981 auf unbestimmte Zeit unter Einreihung in die Lohngruppe V MTArb II beim Arbeitsamt B1, Nebenstelle G1, eingestellt.

§ 2 ....

§ 3

Die Vertragspartner vereinbaren die unmittelbare Anwendung der für die Arbeiter der Bundesanstalt für Arbeit maßgebenden Tarifverträge" (wegen der weiteren Einzelheiten dieses Vertrages wird auf dessen Ablichtung Bl. 7 d.A., Anlage K 2 zur Klageschrift verwiesen).

§ 69 MTArb lautet: "Für die in der jeweiligen Fassung (Kopie Bl. 62)

Dem Kläger wurde zu Beginn seines Arbeitsverhältnisses zunächst die Dienstwohnung der Geschäftsstelle G1 in der B2str. 12 zugewiesen, die er auch bewohnte. Wegen des Umzugs in ein neu errichtetes Gebäude, welches sich nunmehr in der K1straße 12 in G1 befindet, wurde diese Zuweisung mit Wirkung zum 31.08.1984 widerrufen und die Dienstwohnung zurückgenommen. Gleichzeitig wurde ihm die neue Wohnung mit Wirkung zum 01.09.1984 zugewiesen und zwar mit Schreiben vom 08.05.1984 sowie mit Übergabeprotokoll vom 17.08.1984. In dem Zuweisungsschreiben vom 08.05.1984 heißt es u.a.:

"Für die Zuweisung der Wohnung, die Festsetzung der Wohnungsvergütung und die Benutzung der Wohnung sind die Dienstwohnungsvorschriften (DWV) vom 16.02.1970 in der jeweils gültigen Fassung sowie die hierzu erlassenen Ausführungsbestimmungen der Bundesanstalt für Arbeit maßgebend. Für die Beendigung des Dienstwohnungsverhältnisses gelten nach § 37 Abs. 4 DWV die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Wohnraum, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen ist (§ 565 e BGB) (wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf dessen Ablichtung Bl. 52 d.A., hinsichtlich des Protokolls über die Wohnungsrücknahmeverhandlung bezüglich der Wohnung B2straße auf die Ablichtung Bl. 50 und der Wohnungsübergabeverhandlung bezüglich der K1straße 12 auf die Ablichtung Bl. 51 d.A. verwiesen).

In dem Übergabeprotokoll heißt es unter Ziffer 2.:

"Der Dienstwohnungsinhaber ist darauf hingewiesen worden, daß für Zuweisung und Benutzung der Dienstwohnung die Dienstwohnungsvorschriften und die etwa vorhandene Hausordnung maßgebend sind. Ihm ist bekannt, daß die Dienstwohnung widerruflich zugewiesen worden ist. Die Dienstwohnungsvorschriften und das Wohnungsblatt haben ihm zur Einsichtnahme vorgelegen;... sowie 1 Ausfertigung dieser Verhandlungsniederschrift hat er erhalten."

§ 565 e BGB lautet in der Fassung vom 01.01.1969 bis zum 31.08.2001:

"Ist Wohnraum im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen, so gelten für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften über die Miete entsprechend, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete den Wohnraum ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat oder in dem Wohnraum mit seiner Familie einen eigenen Hausstand führt."

Durch die Mietrechtsreform wurde diese Vorschrift im wesentlichen wortgleich in § 576 b Abs. 1 BGB übernommen. Der neu angefügte § 576 b Abs. 2 BGB lautet:

"Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam."

Im BA-Rundbrief Geschäftsanweisung 81/2003 vom 10.06.2003 wurde darauf hingewiesen, daß der Bundesrechnungshof die Notwendigkeit von Dienstwohnungen in der Bundesanstalt für Arbeit grundsätzlich als nicht mehr gegeben ansieht und eine weitgehende Aufgabe der Dienstwohnung und Umwandlungen von Dienstwohnungen in Mietwohnungen fordert. In dem Schreiben heißt es weiter:

"Mit BA-Schreiben vom 09.08.2002 wurden die Landesarbeitsämter beauftragt, in ihren Bezirken eine Überprüfung und detaillierte Erhebung der Dienstwohnungen vorzunehmen und ihre Einschätzung zur Umwandlung in Mietwohnungen bzw. in Diensträume mitzuteilen. Nach dem Ergebnis der Erhebung ist eine ständige Anwesenheit von Mitarbeitern einer Dienststätte zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft – künftig bis auf wenige Ausnahmefälle – nicht mehr erforderlich. Es gilt daher ab sofort folgende Regelung:

"(2.) Die Zuweisung der Dienstwohnungen sind unverzüglich mit der Begründung zu widerrufen, daß die Voraussetzungen für die Zuweisung gemäß § 4 Abs. 1 DWV nicht mehr vorliegen....

....

(5) Bei jedem Mieterwechsel oder bei der erstmaligen Vermietung von Wohnungen ist die (Erst-)Miete stets in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete festzusetzen und mietvertraglich zu vereinbaren."

Schließlich wird darauf hingewiesen, daß der Hauptpersonalrat beteiligt wurde ((wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Geschäftsanweisung 81/2003 Bl. 14 f d.A., Anlage K 6 zur Klageschrift verwiesen, Auszug aus dem Bericht des Bundesrechnungshofes Bl. 69 d. A.).

Mit Schreiben vom 28.07.2003 widerrief das Arbeitsamt Bielefeld gegenüber dem Kläger

"die Zuweisung der Dienstwohnung in der K1straße 12, G1, vom 08.05.1984 unter Hinweis auf den BA-Rundbrief 81/2003 mit sofortiger Wirkung, da die Voraussetzungen für die Zuweisung gemäß § 4 Abs. 1 Dienstwohnungsvorschrift nicht mehr vorliegen. Unter Berücksichtigung der Fristen nach § 573 c Abs. 1 BGB wird die Dienstwohnung mit Wirkung vom 01.05.2004 in eine Mietwohnung umgewandelt....." ((wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf dessen Ablichtung Bl. 13 d.A., Anlage K 5 zur Klageschrift verwiesen).

Der Kläger erwiderte darauf mit Schreiben vom 15.09.2003 durch seinen Prozessbevollmächtigten. Daraufhin wies die Beklagte mit Schreiben vom 26.11.2003 u.a. auf folgendes hin:

"Die Voraussetzungen für die Zuweisung einer Dienstwohnung sind in § 4 DWV geregelt, die sich hieraus ergebende Berechtigung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zum Beziehen der Dienstwohnung zu verpflichten, ergibt sich aus § 5 DWV. § 5 Abs. 3 DWV bestimmt im übrigen ausdrücklich, daß die Zuweisung jederzeit widerruflich ist. Diese Befugnis ist deswegen auch nicht an den Fortbestand des Dienstverhältnisses oder des Dienstpostens geknüpft" (wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf dessen Ablichtung Bl. 16, Anlage K 7 zur Klageschrift verwiesen).

Mit Schreiben vom 22.03.2004 berechnete die Bundesanstalt für Arbeit die durch die übliche Vergleichsmiete gekappte Kaltmiete für die Dienstwohnung nach der Umwandlung in eine Mietwohnung zum 01.05.2004 auf 415,06 € monatlich und bot dem Kläger den Abschluß eines Mietvertrages zu diesen Bedingungen an. Bislang zahlte der Kläger monatlich für die Nutzung der Dienstwohnung einen Betrag in Höhe von 315,51 €. Ihm wurde darüber hinaus ein entgeltwerter Mietvorteil in Höhe von 156,27 € angerechnet (beispielhaft wird auf die Abrechnung der Bezüge vom 19.02.2004, Bl. 12 d.A., Anlage K 4 zur Klageschrift verwiesen). Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 15.04.2004 Einwendungen, auf die die Beklagte mit Schreiben vom 22.04.2004 antwortete (Ablichtungen Bl. 27 ff bzw. 30 ff d.A., Anlagen K 10 und K 11 zur Klageschrift).

Die Parteien verhandeln weiter über den Abschluß eines Mietvertrages.

Mit Schriftsatz vom 30.04.2004, am gleichen Tag beim erkennenden Gericht eingegangen, hat der Kläger Klage erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, daß aufgrund des Verweises auf die Vorschrift des § 565 e BGB a. F., nunmehr § 576 b BGB n. F., das Recht des Dienstverpflichteten zur Nutzung der Dienstwohnung unabhängig vom Dienst-/Arbeitsverhältnis nach Mietrecht für Wohnraum endet, jedoch nicht vor Beendigung des Dienst-/Arbeitsverhältnisses. Darüber hinaus sei geltend zu machen, daß der Widerruf unbillig und unwirksam ist, weil die Dienstwohnungsvorschriften von dem unbefangenen Leser nur in dem vorgenannten Sinne verstanden werden können.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, daß der von der Beklagten mit Schreiben vom 28.07.2003 vorgenommene Widerruf der Zuweisung der Nutzung der im 2. Obergeschoß des Dienstgebäudes gelegenen Dienstwohnung in der K1straße 12, 12345 G1, unwirksam ist.

Die Beklagte bittet darum,

die Klage abzuweisen.

Die Bundesagentur meint, der Widerruf der Zuweisung der Dienstwohnung sei korrekt und rechtlich nicht zu beanstanden.

Bei der hier in Rede stehenden Werkswohnung handele es sich um eine Werkdienstwohnung und nicht um eine Werkmietwohnung. Werkdienstwohnungen seien solche Wohnungen, bei denen der Wohnraum im Rahmen eines Arbeitsvertrages überlassen werde, d.h. daß neben dem Arbeitsvertrag kein zusätzlicher Mietvertrag bestehe. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut des Zuweisungsschreibens und der zur Anwendung kommenden Dienstwohnungsvorschrift (die im Rahmen der Zuweisung ausdrücklich in Bezug genommen wurde). Gem. § 69 MTArb II i. V. m. §§ 1, 31 DWV gelten die DWV auch für Angestellte und Arbeiter des Bundes. Die DWV regelten weiterhin, daß bei Wegfall der Voraussetzungen für die Zuweisung einer Dienstwohnung eben diese Zuweisung zu widerrufen und die Dienstwohnung in eine Bundesmietwohnung umzuwandeln sei, § 4 Abs. 2 DWV. Gemäß § 4 Abs. 2 DWV seien Dienstwohnungen, bei denen die Voraussetzungen für die Zuweisung nach § 4 Abs. 1 DWV weggefallen sind, unverzüglich in Bundesmietwohnungen umzuwandeln. Die Zuweisung sei daher zu widerrufen, was gemäß § 11 DWV auch jederzeit und unabhängig vom Bestand des Arbeitsverhältnisses möglich sei. Dies sei dem Kläger ausweislich des Übergabeprotokolls vom 17.08.1984 bekannt. Der Kläger könne sich nunmehr im Nachhinein nicht darauf berufen, fest davon ausgegangen zu sein, daß er die Dienstwohnung dauerhaft bewohnen könne.

Der Anwendbarkeit der DWV stehe auch nicht der Hinweis auf die Vorschriften des BGB entgegen. Dieser Verweis beziehe sich lediglich auf die analoge Anwendung der Vorschriften über die Kündigungsfristen und zwar bezogen auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Rücknahme. Dies diene dem Schutz des Dienstwohnungsinhabers vor einem zu kurzfristigen "Aufdie-Straßegesetztwerdens". Eine andere Interpretation sei auch gar nicht möglich, denn die DWV regele expressis verbis die Tatsache, daß der Widerruf der Zuweisung der Dienstwohnung jederzeit und unabhängig vom Bestand des Arbeitsverhältnisses erfolgen könne. Es handelt sich hierbei also nicht um einen Rechtsgrund-, sondern lediglich um einen Rechtsfolgenverweis. Dies diene zugleich dem Schutz des Arbeitnehmers. Es sei von vornherein davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für die Zuweisung einer Dienstwohnung jederzeit wegfallen könnten. Damit aber hier nicht gleich das Arbeitsverhältnis beendet werden müsse (und dies wäre für den Betroffenen sicherlich ein deutlich größerer Nachteil), bestehe die Möglichkeit, die Zuweisung unabhängig vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu widerrufen. Hierdurch werde der Arbeitnehmer deutlich geschützt. Des weiteren werde er auch generell nicht benachteiligt, denn er müsse nicht aus der Wohnung ausziehen, sondern könne in ein Mietverhältnis eintreten und in der Wohnung verbleiben.

Der Kläger möge zwar im ersten Moment richtig liegen, wenn er grundsätzlich davon ausgehe, daß eine selbständige Beendigung des Dienstwohnungsverhältnisses ohne gleichzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht möglich sei, dies gelte aber dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber vertraglich eine einseitige Änderungsmöglichkeit vorbehalten habe. Dies sei hier aber der Fall. Denn § 69 MTArb II verweise auf die Anwendbarkeit der gültigen DWV, die sich wiederum in § 11 DWV den Widerruf der Zuweisung vorbehalten haben (unter Verweis auf LAG Köln vom 03.11.1998) – 13 (9) Sa 583/98 (in: MDR 1999, 887 f.)).

Schließlich sei der Widerruf sowohl nach den Regeln der DWV als auch nach den Anforderungen, welche an die Ausübung eines Widerrufsvorbehalts gestellt würden, wirksam ausgeübt worden. Hier habe der Widerruf der Zuweisung erfolgen müssen, da die dienstlichen Voraussetzungen für die Zuweisung weggefallen seien. Nach aktuellem Erkenntnisstand bestehe für eine selbständige Residenzpflicht auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten kein Bedürfnis mehr. So bestehe zum Beispiel die Möglichkeit, das Öffnen und Schließen der Dienstgebäude mittels einer automatischen und zentralen Schließanlage vorzunehmen, so wie es bereits in vielen Dienstgebäuden der Bundesagentur für Arbeit erfolge. Ebenso könnten Tätigkeiten wie der Winterdienst auf Gehwegen an Dienstgebäuden im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht durch beauftragte Fremdfirmen übernommen werden. Selbst wenn der Hausmeister diese Tätigkeiten weiterhin wahrnehme, sei es nicht erforderlich, daß er auch in einer Dienstwohnung wohne. Es genüge, wenn er zum Beispiel in erreichbarer Nähe seinen Wohnsitz beziehe. Gleiches gelte für die Überwachungs- und Kontrollfunktionen im Rahmen zum Beispiel von Veranstaltungen im Dienstgebäude nach Dienstschluß. Des weiteren bestehe heutzutage technisch die Möglichkeit, Alarmmeldungen bei Ausfall oder Fehlern der technischen Gebäudeausrüstung oder sonstiger Gebäudeschäden im Wege der Datenfernübertragung in die Wohnung des Hausmeisters zu schalten oder zum Beispiel direkt mit der Polizei, der Feuerleitstelle oder sonstiger Überwachungsfirmen zu verbinden. Auch hierzu sei es nicht mehr erforderlich, daß ein Hausmeister zwingend im Dienstgebäude seine Wohnung beziehe. Weiterhin könnten derartige und andere Tätigkeiten z.B. über sonstige Bereitschaftsdienste organisiert werden. Hierzu würde auch die Bereitstellung eines sogenannten Bereitschaftszimmer genügen. Bei der in der Dienstwohnungsvorschrift festgelegten Konsequenz, dem Widerruf der Zuweisung und der Umwandlung der Dienstwohnung in eine Mietwohnung, handelt es sich um Mussvorschriften. Durch das Widerruf werde das Arbeitsverhältnis nicht zugunsten einer Partei einseitig geändert, so daß das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung nicht grundlegend gestört wurde.

Es liege auch kein Eingriff in den geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses vor. Dieses werde in seiner Grundform nicht verändert. Denn der Kläger werde in erster Linie als Kraftfahrer tätig, wie sich auch aus dem ihm zugewiesenen Arbeits- und Dienstplan ergebe. Hieran werde sich auch künftig nichts ändern. Die Dienstwohnungsvergütung stellt auch keine besondere wirtschaftliche Zuwendung für den Kläger dar. Auch bisher musste der Kläger den geldwerten Vorteil versteuern.

Schlussendlich entspreche die Entscheidung auch billigem Ermessen nach § 315 BGB, weil die in § 5 Abs. 1 MTV festgeschriebene Residenzpflicht entfalle, so daß der Kläger außerhalb der regulären Arbeitszeit nicht mehr anwesend sein müsse. Der Widerruf sei auch mit einer angemessenen Frist zum 01.05.04 erfolgt. Der Kläger habe auch danach grundsätzlich die Möglichkeit, im Rahmen eines Mietverhältnisses in der Wohnung zu verbleiben und dies auch noch unterhalb der üblichen Vergleichsmiete.

Der Kläger hat darauf erwidert, nach seiner Ansicht seien die Vorschriften des § 69 MTV i.V.m. der Dienstwohnungsverordnung unwirksam, denn sie verstießen gegen die zwingende Vorschrift des § 576 b BGB, die nicht tarifdispositiv sei. Der Widerruf, auf den sich die Beklagte berufe, sei eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung im Sinne von § 576 b Abs. 2 BGB. Damit sei unbeachtlich, ob der Widerruf ermessensfehlerfrei im Sinne des § 315 BGB erfolgt sei. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, daß keinerlei Übertragung von Verkehrssicherungspflichten auf beauftragte Fremdfirmen existiere. Bestehe keine Residenzpflicht, sei der Kläger auch nicht verpflichtet, in erreichbarer Nähe seinen Wohnsitz zu nehmen, so daß er ggfls. seine Verkehrssicherungspflicht nicht wahrnehmen könne. Das Objekt verfüge über keine technischen Einrichtungen zur Meldung von Schäden, Einbrüchen etc. Im übrigen habe der Kläger die streitbefangene Wohnung mit erheblichem Aufwand unter Zustimmung der Beklagten umgestaltet. Die Investitionen des Klägers würden vollends entwertet, da diese (Fußbodenbeläge, Fliesenbeläge in Bad, Küche und Dachterrasse, zusätzlich große Ausgangstür) nicht abgebaut und mitgenommen werden könnten.

Die Beklagte hat darauf erwidert, da es hier nicht um die Beendigung des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses gehe, finde § 576 b BGB keine Anwendung.

Wegen des weiteren hier gemäß § 313 Abs. 2 S. 1 ZPO knapp zusammengefassten Sach- und Streitstandes wird gem. § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO auf den Inhalt der im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst in Bezug genommener Anlagen sowie der Sitzungsniederschriften verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist vorliegend der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sind die Arbeitsgerichte zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG sind sie ferner zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sofern nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist. Im vorliegenden Fall ist nicht die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gegeben. Zwar ist für Rechtsstreitigkeiten aus einem Mietverhältnis über Wohnraum gemäß § 23 Nr. 2 a GVG das Amtsgericht ausschließlich zuständig (dagegen ist § 29 a ZPO in diesem Zusammenhang nicht mehr maßgeblich, seitdem dort aufgrund des Gesetzes vom 11.01.1993 nicht mehr vom "Amtsgericht" sondern nur noch allgemein vom "Gericht" die Rede ist. Diese Vorschrift regelt zumindest jetzt nur noch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts des zulässigen Rechtsweges (LAG Berlin vom 14.09.1993, 6 Ta 14/93 in LAGE 15 zu § 2 ArbGG 1979)).

Trotz des Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis ist folglich der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für Streitigkeiten über Werksmietwohnungen nicht nach § 23 Nr. 2 a GVG gegeben (BAG vom 24.01.1990 – 5 AZR 749/87 in: AP Nr. 16 zu § 2 ArbGG 1979 = EzA Nr. 17 zu § 2 ArbGG 1979). Im Unterschied zu den Werkmietwohnungen sind Werkdienstwohnungen solche, die dem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses überlassen werden, § 565 e BGB. Hier besteht kein eigenständiges Mietverhältnis. Der Arbeitsvertrag ist die alleinige Rechtsgrundlage auch für die Nutzung des Wohnraums (BAG a.a.O. sowie vom 23.08.1989 – 5 AZR 569/88 in: AP Nr. 3 zu § 565 e BGB). Der Arbeitnehmer ist in der Regel verpflichtet, die Werkdienstwohnung auch tatsächlich zu beziehen. Häufig wird die Nutzungsvergütung auf das Arbeitsentgelt angerechnet. Im Fehlen eines Mietvertrages liegt der Unterschied zu funktionsgebundenen Werkmietwohnungen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte substantiiert vorgetragen, daß es sich bei dem vorliegenden Wohnraumüberlassungsverhältnis um einen Werkdienstwohnungsvertrag handelt. Dies wird vom Kläger ebenso gesehen, so daß sich eine weitere Erörterung erübrigt, weil die Kammer den Argumenten der Beklagten folgt.

Für Werkdienstwohnungen hat der 5. Senat mit Beschluss vom 02.11.1999 – 5 AZB 18/99 festgestellt, daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist. Es handelt sich um eine bürgerlich rechtliche Streitigkeit. Auch das Zuweisungsschreiben der Beklagten vom 08.05.1984 hat ein öffentlich rechtliches Verhältnis zwischen den Parteien nicht begründet. Der Rechtsstreit der Parteien betrifft einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Rechtsstreitigkeiten über die Überlassung von Werksdienstwohnungen sind solche aus dem Arbeitsverhältnis und fallen somit in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte. Auf Werksdienstwohnungen findet Mietrecht allenfalls subsidiär Anwendung. Lediglich im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt § 565 e BGB hinsichtlich des Wohnraumes die Vorschriften über Miete für anwendbar, vorausgesetzt der Wohnraum entspricht den gesetzlichen Erfordernissen. Während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses richten sich dagegen die Rechte und Pflichten der Wohnraumüberlassung nach den Regelungen des Arbeitsvertrages (BAG a.a.O. Randnummer 25 in Juris).

II.

Die Klage ist auch begründet. Der von der Beklagten mit Schreiben vom 28.07.2003 erklärte Widerruf der Zuweisung der Nutzung der im 2. Obergeschoß des Dienstgebäudes liegenden Dienstwohnung in der K1straße 12, 12345 G1, ist unwirksam.

1.

Entgegen der Ansicht des Klägers folgt dies nicht bereits aus der Vorschrift des § 576 b BGB.

Dabei ist dem Kläger grundsätzlich zuzugeben, daß nach dem Wortlaut dieser Vorschrift "für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums gelten die Vorschriften über Mietverhältnisse entsprechend", wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete – wie hier – den Wohnraum überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat, mehrdeutig ist. Der Kläger liest diese Vorschrift so, daß für die Beendigung des Wohnraumüberlassungsverhältnisses die Vorschriften über Mietverhältnisse entsprechend gelten. Die herrschende Meinung versteht diese Vorschrift jedoch so, daß sie im Falle der Beendigung des Rechtsverhältnisses über das Dienstverhältnis hinsichtlich des Wohnraumes die Geltung der Vorschriften über Mietverhältnisse "entsprechend" anordnet.

Dies ergibt sich bereits aus der soeben zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 02.11.1999, wo es wörtlich heißt:

"Lediglich im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt § 565 e BGB hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften über die Miete für anwendbar.... Während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses richten sich dagegen die Rechte und Pflichten aus der Wohnraumüberlassung nach den Regelungen des Arbeitsvertrages".

Bei einer Werkdienstwohnung erfolgt die Überlassung des Wohnraums im Rahmen des Dienstvertrages, ein gesonderter Mietvertrag besteht – im Gegensatz zu den vertraglichen Verhältnissen bei der Werkmietwohnung – nicht. Die Überlassung des Wohnraums stellt vielmehr einen Teil der Vergütung für die geleisteten Dienste dar (vgl. BAG v. 24.01.1990 – 5 AZR 749/87). Daher ist zwar während des Bestehens des gemischten Vertragsverhältnisses die entsprechende Anwendung der mietvertraglichen Vorschriften auf die Überlassung des Wohnraumes möglich. Die Beendigung richtet sich jedoch grundsätzlich nach Dienstvertragsrecht. Während § 576 b Abs. 1 BGB die entsprechende Geltung der Vorschriften über Mietverhältnisse für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums einordnet, bewirkt er bei Beendigung des Dienstverhältnisses eine Aufspaltung in zwei getrennte Vertragsverhältnisse. Denn durch eine wirksame Kündigung des Dienstverhältnisses wird eine Beendigung des mietrechtlichen Teils infolge der Geltung des Wohnraummietrechts nicht automatisch bewirkt. Es bedarf vielmehr einer gesonderten Kündigung der Wohnraumüberlassung.

Im vorliegenden Fall besteht das Dienstverhältnis zwischen den Parteien fort, so daß eine Aufspaltung des bestehenden Vertragsverhältnisses in zwei getrennte Vertragsverhältnisse damit ein Mietvertragsverhältnis bezüglich der vom Kläger bewohnten Dienstwohnung nicht in Betracht kommt.

2.

Eine Teilkündigung der Dienstwohnung bei Fortbestand des Dienstverhältnisses zwischen den Parteien ist nicht möglich, da die mietrechtliche Komponente einen unselbständigen Bestandteil des Vertragsverhältnisses darstellt (BAG vom 23.08.1989 – 5 AZR 569/88 in: AP Nr. 3 zu § 565 e BGB). Die Verpflichtung zur Benutzung der dem Arbeitnehmer überlassenen Werkdienstwohnung kann als Vertragsbestandteil des Arbeitsvertrages nicht selbständig aufgekündigt werden, denn das wäre eine unzulässige Teilkündigung des Gesamtvertrages. Von einer Kündigung des gesamten Vertragsverhältnisses unterscheidet sich die Teilkündigung dadurch, daß die Kündigung das Vertragsverhältnis in seinem gesamten Bestand erfasst, mit der Teilkündigung dagegen eine Vertragspartei sich unter Aufrechterhaltung des Vertrages im übrigen nur von einzelnen Rechten oder Pflichten aus dem Vertrag lösen will. Eine solche Teilkündigung ist grundsätzlich unzulässig, weil durch sie das von den Parteien vereinbarte Äquivalenz- und Ordnungsgefüge gestört wird und sie nicht darauf Rücksicht nimmt, daß Rechte und Pflichten der Parteien in vielfach inneren Beziehungen stehen. Durch die Teilkündigung entzieht sich somit eine Vertragspartei der Vertragsbindung, ohne gleichzeitig auf ihre Rechte aus der Bindung der anderen Partei zu verzichten.

3.

Die Beklagte hat die Zuweisung der Dienstwohnung mit Schreiben vom 08.05.1984 nicht durch ihr Schreiben vom 28.07.2003 wirksam widerrufen. Es ist schon fraglich, ob sich die Beklagte den Widerruf der Dienstwohnung wirksam vorbehalten hat (dazu unter a)).

Sollte dies der Fall sein, stellte ein derartiges einseitiges Widerrufsrecht eine unwirksame Klausel i. S. d. § 305 ff. BGB dar (dazu unter b)).

a)

Der Widerruf der Werkdienstwohnung ergibt sich insbesondere nicht aus den Dienstwohnungsvorschriften.

aa)

Zutreffend ist, daß in § 69 MTArb II vereinbart ist, daß für die Zuweisung von Dienstwohnungen und für die Bemessung der Dienstwohnungsvergütung die Bestimmungen der Bundesagentur über Dienstwohnungen in der jeweiligen Fassung gelten sollen. Auf dieser tarifvertraglichen Verweisung, die sich nur mit der "Zuweisung" einer Dienstwohnung beschäftigt, kann sie die Bundesagentur einen hinsichtlich des hier streitigen "Widerruf" der Zuweisung nicht stützen.

bb)

In dem Zuweisungsschreiben vom 08.05.1984 wird hinsichtlich der Zuweisung der Wohnung und der Festsetzung der Wohnungsvergütung und die Benutzung der Wohnung auf die Dienstwohnungsvorschriften vom 16.02.1970 in der jeweils gültigen Fassung sowie die jetzt erlassenen Ausführungsbestimmungen der Bundesanstalt für Arbeit verwiesen. Außerdem wird darauf hingewiesen, daß für die Beendigung des Dienstwohnungsverhältnisses nach § 37 Abs. 4 DWV die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Wohnraum, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen ist, gelten (somit seinerzeit u. a. § 565 e BGB).

cc)

Aus dem Protokoll der Wohnungsübergabeverhandlung ergibt sich weiterhin, daß der Dienstwohnungsinhaber darauf hingewiesen worden ist, daß für Zuweisung und Benutzung der Dienstwohnung die Dienstwohnungsvorschriften und die etwa vorhandene Hausordnung maßgebend sind. Darin heißt es weiter:

"Ihm ist bekannt, daß die Dienstwohnung widerruflich zugewiesen worden ist."

Die Dienstwohnungsvorschriften und das Wohnungsblatt haben ihm zur Einsichtnahme vorgelegen, eine Ausfertigung dieser Verhandlungsniederschrift hat er erhalten."

Allenfalls aus dem Verweis auf die Dienstwohnungsvorschriften könnte sich auch ein Verweis auf § 5 Abs. 3 Satz 2 DWV ergeben, wonach die Zuweisung "jederzeit widerruflich" ist.

Vor diesem Hintergrund ist für die Kammer fraglich, ob die Vorschriften der Dienstwohnungsverordnung überhaupt wirksam in das zwischen den Parteien vereinbarte "typengemischte Vertragsverhältnis" einbezogen worden sind. Die Vereinbarung eines Widerrufs verstößt vielmehr gegen das ........ Es dürfte sich vielmehr um eine überraschende Klausel i. S. v. § 305 c BGB handeln, weil weder im Arbeitsvertrag noch in der Zuweisung der Wohnung auf die Widerruflichkeit nach § 5 Abs. 3 DWV hingewiesen wird und diese sich allenfalls aus dem Übergabeprotokoll ergibt. Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Das Transparenzgebot erfordert, dass zumindest klar wird, unter welchen Voraussetzungen das Widerrufsrecht ausgeübt werden kann.

b)

Wenn dies bejaht werden sollte, wäre weiter zu prüfen, ob es sich nicht bei der konkreten Vorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 2 DWV um eine unwirksame" Klausel im Sinne der §§ 305 ff. BGB handelt.

Hierbei ist zwar einzuräumen, daß zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien bzw. auch zum Zeitpunkt der Zuweisung der konkreten Dienstwohnung eine Vertragskontrolle nach den Vorschriften des AGB-Gesetzes wegen der Bereichsausnahme in § 23 AGB-Gesetz für das Arbeitsrecht nicht stattfand. Nach Artikel 229 § 5 Satz 1 EG BGB gilt für Schuldverhältnisse, die vor dem 01.01.2002 entstanden sind, zunächst das bisherige Recht und damit das AGB-Gesetz in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung. Seit dem 01.01.2003 findet jedoch auf derartige Schuldverhältnisse das "neue Recht", d.h. die §§ 305 ff BGB Anwendung.

Selbst wenn man der Auffassung folgen sollte, daß es sich bei § 5 Abs. 3 Satz 2 DWV nicht um eine "überraschende" Klausel im Sinne von § 305 c BGB handelt, dürfte die Vorschrift an § 308 Ziffer 4 BGB scheitern. Danach sind im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere unwirksam die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder die Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist.

Denn durch die Vereinbarung eines einseitigen nicht an die Voraussetzung eines billigen Ermessens verbundenen Widerrufsrechts räumt sich die Bundesagentur für Arbeit faktisch das Recht einer "Teilkündigung" des zwischen den Parteien vereinbarten "typengemischten Vertragsverhältnisses" ein. Sie kann damit einseitig auf das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis einwirken, wenn sie beispielsweise die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 DWV für vorliegend erachtet, ohne auf entgegenstehende Interessen des Klägers Rücksicht nehmen zu müssen. Damit räumt sich die Bundesagentur faktisch das Recht einer "Teilkündigung" ein, die dem Kläger seinerseits verwehrt ist und die das Bundesarbeitsgericht in der bereits zuvor zitierten Entscheidung vom 23.08.1989 – 5 AZR 569/88 als "grundsätzlich unzulässig" angesehen hat, weil durch sie das von den Parteien vereinbarte Äquivalenz- und Ordnungsgefüge gestört wird und sie nicht darauf Rücksicht nimmt, daß Rechte und Pflichten der Parteien in vielfachen inneren Beziehungen stehen. Durch die Teilkündigung entziehe sich somit eine Vertragspartei der Vertragsbindung, ohne gleichzeitig auf ihre Rechte aus der Bindung der anderen Partei zu verzichten, wie die der Entscheidung des 5. Senats zugrunde liegende Fallgestaltung eindrucksvoll deutlich macht.

Die Bundesagentur kann auch nicht damit gehört werden, das LAG Köln habe in seiner Entscheidung vom 03.11.1998 – 13 (9) Sa 583/98 in: MDR 1999, 877- 878 darauf erkannt, die Zuweisung einer Dienstwohnung könne zulässigerweise widerruflich ausgestaltet werden und wirksam widerrufen werden. Auch das LAG Köln hat in der zitierten Entscheidung darauf erkannt, daß die Verpflichtung zur Benutzung der Werkdienstwohnung nicht selbständig aufgekündigt werden kann, da dies eine unzulässige Teilkündigung des Gesamtvertrages darstellen würde. Allerdings könne sich der Arbeitgeber auch dann, wenn die Nutzungsvereinbarung nicht abtrennbarer Teil des Arbeitsvertrages sei, vertraglich eine einseitige Änderung vorbehalten.

Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 15.12.1992 – 1 AZR 308/92 in: WuM 1993, 353-356 wörtlich ausgeführt:

"Da die Nutzungsvereinbarung nicht abtrennbarer Teil des Arbeitsvertrages ist, unterliegt sie dem gleichen Bestandschutz wie das Arbeitsverhältnis insgesamt. Sie nimmt also insoweit auch am Kündigungsschutz teil. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses kann daher auch die Nutzungsentschädigung nur unter Berücksichtigung des arbeitsrechtlichen Bestandschutzes geändert werden".

Dem folgt die Kammer. In der Entscheidung heißt es dann aber weiter:

"Ist dem Arbeitgeber vertraglich eine einseitige Änderung vorbehalten, unterliegt diese mindestens einer Überprüfung der Einhaltung der Grundsätze billigen Ermessens gemäß § 315 BGB. Ist diese Änderung – wie vorliegend durch § 65 BAT – tarifvertraglich geregelt, ist angesichts gleichstarker Tarifvertragsparteien von einer grundsätzlich sachgerechten Interessenwahrung auch der Belange des Arbeitnehmers auszugehen."

Dem folgt die Kammer nicht, jedenfalls nicht für die hier vorliegende Frage des Widerrufs der Zuweisung einer Dienstwohnung. Der erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte sich in der soeben zitierten Entscheidung mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Dienstwohnungsverhältnis den Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe vom 18.12.1974 unterlag. Die Frage des Widerrufs der Zuweisung einer Dienstwohnung ist vom Bundesarbeitsgericht in jener Entscheidung nicht zu überprüfen gewesen. In Anwendung dieser Grundsätze hat jedoch das LAG Köln in seiner Entscheidung vom 03.11.1998 die Widerruflichkeit der Zuweisung einer Dienstwohnung als zulässig angesehen und im konkreten Fall die vertraglich vorbehaltene einseitige Änderung des vertragsgemischten Rechtsverhältnisses aus § 60 a BMT-G in Verbindung mit der für die Beamten der Stadt K. geltenden Verordnung für Dienstwohnungen für die Beamten und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen, die Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände und die Beamten der Landesversicherungsanstalten Rheinprovinz und Westfalen (DWVO) abgeleitet. Dem folgt die Kammer bei einer Fallgestaltung, die - wie hier - der Beurteilung der §§ 305 ff BGB unterliegt, nicht.

4.

Selbst wenn man im vorliegenden Fall die Auffassung vertritt, die Bundesagentur für Arbeit habe sich durch eine wirksame Vereinbarung der DWO und seines § 5 Abs. 3 einen Widerruf der Dienstwohnung auch des Klägers wirksam vorbehalten, so scheitert dieser Widerruf jedenfalls im konkreten Fall, weil für einen Widerruf – auch aus Sicht der Bundesagentur – keine Gründe ersichtlich sind. Das mit dem Widerruf verfolgte Ziel – die wirtschaftliche Verwaltung der Liegenschaften der Bundesagentur – ließe sich auf "schonenderem" Wege erzielen.

Die Kammer verkennt nicht, daß der Bundesrechnungshof gerügt hat, daß durch die Bestimmungen über die höchste Dienstwohnungsvergütung die Bundesanstalt bei einer Dienstwohnung im Vergleich zu einer Bundesmietwohnung im Durchschnitt rund 470,00 DM monatlich weniger einnimmt (wenn man die Differenz zwischen den steuerlichen Mietwerten und den gezahlten Dienstwohnungsvergütungen der vom Bundesrechnungshof geprüften Dienstwohnungen zugrundelegt).

Für die wirtschaftlichere Verwertung der 206 Dienstwohnungen der Bundesagentur für Arbeit bedarf es aber nicht der Umwandlung der Werkdienstwohnungen in Mietwohnungen. Die soeben zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.12.1992 – 1 AZR 308/92 macht deutlich, daß eine wirtschaftliche Verwertung der 206 Dienstwohnungen auch im Rahmen eines Werkdienstwohnungsverhältnisses erfolgen kann. In der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde liegenden Fallgestaltung hatte das beklagte Land das vom Kläger zu entrichtende Nutzungsentgelt von 299,15 DM auf 497,94 DM erhöht und auf Widerspruch des Klägers auf 469,96 DM herabgesetzt. Der Kläger hatte die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe bei der Erhöhung der Dienstwohnungsmiete die Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG) beachten müssen. Das Bundesarbeitsgericht ist der Rechtsauffassung des Klägers nicht gefolgt, weil das Gesetz zur Regelung der Miethöhe keine Anwendung auf Werkdienstwohnungen findet, weil ein selbständiges Mietverhältnis nicht vorliegt. Das Bundesarbeitsgericht hat auch die Auffassung des Klägers, die Erhöhung habe höchstens 30 % betragen dürfen, als unbegründet zurückgewiesen.

Wenn somit die Bundesagentur für Arbeit die wirtschaftlichere Verwertung durch schlichte Heraufsetzung der Nutzungsentgelte für die von den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern bewohnten Werkdienstwohnungen herbeiführen kann, ist es unverhältnismäßig im Verhältnis zum Kläger, die von ihm bewohnte Werkdienstwohnung zu widerrufen und dem Kläger den Abschluss einer Mietwohnung (auf Basis eines marktüblichen Mietzinses) anzubieten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495 und 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Nach der letztgenannten Vorschrift trägt derjenige die Kosten des Rechtsstreits, der unterlegen ist. Dies ist im vorliegenden Fall die Beklagte.

Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Hierbei ist die Kammer der Auffassung des Klägers, da es um den Bestand oder Nichtbestand der Mietnutzung gehe, sei der dreijährige Betrag der zunächst geforderten Miete von 488,26 € zugrunde zu legen, nicht gefolgt. Maßgeblich dürfte vielmehr bei analoger Anwendung von § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG der dreijährige Unterschiedsbetrag zwischen dem vom Kläger tatsächlich gezahlten Nutzungsentgelt für die Dienstwohnung und der von der Beklagtenseite geforderten monatlichen Miete für das beabsichtigte Mietverhältnis in Höhe von 415,06 € sein. Weiter zu beachten ist jedoch, daß dem Kläger steuerlich ein geldwerter Mietvorteil in Höhe von 156,27 € angerechnet wird, der die Differenz zwischen den 315,51 € und den 415,06 € mindert. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer die Hilfsgebühr in Höhe von 4.000,00 € nach der BRAGO als angemessen erachtet.

K l e v e m a n






ArbG Bielefeld:
Urteil v. 15.11.2004
Az: 3 Ca 1448/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/81a7876ff0ee/ArbG-Bielefeld_Urteil_vom_15-November-2004_Az_3-Ca-1448-04




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