Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Juli 2001
Aktenzeichen: 29 W (pat) 70/00

(BPatG: Beschluss v. 25.07.2001, Az.: 29 W (pat) 70/00)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. November 1999 insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke die Eintragung für die Dienstleistung "Geschäftsführung" versagt worden ist.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"Fun@home"

soll für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel).

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung.

Klasse 36: Finanzwesen; Immobilienwesen.

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen.

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I).

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 3. November 1999 für sämtliche Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen.

Die angemeldete Marke sei für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig und es fehle ihr jegliche Unterscheidungskraft. Die angemeldete Marke werde von den angesprochenen Abnehmern lediglich im Sinne von "Spaß, Vergnügen zuhause" verstanden und als reine Sachangabe in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen gewertet, denn die moderne Telekommunikation erlaube heute von zuhause aus die Erledigung von Einkäufen, Bankgeschäften, Informationsbeschaffung, umfassende Unterhaltung und die Inanspruchnahme vieler Dienstleistungen. Die Verwendung des "commercial at" als Hinweis auf einen Zusammenhang mit dem Internet sei verbreitet und allgemein verständlich.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig. Nach der heutigen Rechtsprechung reiche bereits ein geringer Grad an Unterscheidungskraft zur Begründung des Markenschutzes aus, den die angemeldete Kennzeichnung aufweise. Die angemeldete Kennzeichnung sei nicht lexikalisch nachweisbar und es handele sich um einen mehrdeutigen, unklaren fremdsprachigen Ausdruck, der keinen Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe und dem sich auch keine konkrete beschreibende Aussage in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen entnehmen lasse. Selbst wenn diese Zusammensetzung gewisse sachbezogene Assoziationen erwecke, so reiche dies zur Verneinung der Unterscheidungskraft nicht aus. Aus diesen Gründen habe die Markenstelle auch kein konkretes Freihaltungsbedürfnis belegen können.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung und auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Marke ist für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der Dienstleistung "Geschäftsführung" von der Eintragung ausgeschlossen, weil für die meisten der angemeldeten Waren und Dienstleistungen ein Freihaltungsbedürfnis besteht und der Marke jedenfalls für sämtliche Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs 2 Nr 2 und Nr 1, § 37 Abs 1 MarkenG).

1. Die angemeldete Marke stellt eine Wortzusammensetzung dar, deren Verwendung zwar derzeit nicht nachweisbar ist, die aber als beschreibende Angabe für viele der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen dienen kann, von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen insoweit als rein beschreibende Angabe verstanden und vom inländischen Verkehr in der Zukunft benötigt wird (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Zwar ist die angemeldete Wortkombination noch nicht allgemein gebräuchlich. Entgegen der Meinung des Anmelders können aber auch lexikalisch noch nicht belegbare Wortneuschöpfungen einem Freihaltungsbedürfnis unterliegen (bzw nicht unterscheidungskräftig sein), wenn sie sprachüblich gebildet sind und einen ohne weiteres verständlichen, für die jeweiligen Waren/Dienstleistungen im Vordergrund stehenden, eindeutigen, inhaltlich hinreichend umrissenen beschreibenden Sinngehalt aufweisen (vgl BGH GRUR 1996, 771 "THE HOME DEPOT"; BGH GRUR 1996, 770 "MEGA"; BGH GRUR 1995, 269 "U-KEY"; BGH GRUR 1995, 408 ff. "PROTECH"; BPatGE 37, 190, 192 "FERRO-BRAUSE"; vgl BGH WRP 2000, 95, 97, 98 "FÜNFER"; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl, § 8 Rn 142, 143, 17, 21, 26 m Nachw). Dies ist hier der Fall. Wie bereits die Markenstelle belegt hat und auch allgemein bekannt ist, wird der englischsprachige Begriff "Fun" für "Spaß" auch im deutschen Sprachgebrauch verwendet. So spricht man etwa von einer "Fun-Kultur", von "Fun-Sportarten" etc (vgl etwa Horx, Trendwörter, Econ Verlag; Loskant, Das neue Trendwörter Lexikon, Stichwörter "Fun ..."). Der weitere Bestandteil "home" entstammt ebenfalls ursprünglich der englischen Sprache und wird in vielen auch in Deutschland üblichen Ausdrücken und Wörtern verwendet wie in "Homepage, Homeshopping, Homeservice, Homebanking" usw. Die Verwendung des "Klammeraffen" @ in der Bedeutung von "at" ist auf dem Gebiet der Elektronik, der Telekommunikation und des Internets verbreitet (vgl Duden-Wörterbuch der Szenensprachen, S 118, 98/99; Lexikon Trendwörter, S 70; Rosenbaum, Oliver: Chat-Slang, 2. Aufl S 3; vgl auch 29 W (pat) 195/98 "@", veröffentlicht auf PAVIS CD-ROM). Da die mit Computer und Internet Vertrauten die Bedeutung des Zeichens @ als "commercial at" bzw als Präposition kennen, ersetzt dieses Zeichen insbesondere in Internettexten oft das ausgeschriebene Wort (Kreisel, Net Jargon, rororo, S 16). Insgesamt wird - wie die Markenstelle ebenfalls ausgeführt hat -, die angemeldete Wortzusammensetzung deshalb sprachüblich und von den angesprochenen an Telekommunikation und Internet interessierten Verkehrskreisen ohne weiteres als "Spaß daheim (in Verbindung mit dem Internet)" verstanden. Darin liegt ein werbeüblicher Hinweis darauf, dass die gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen dazu dienen, daheim Spaß zu haben. Anders als die Anmelderin meint, handelt es sich nicht um eine Wortneubildung mit mehrdeutigem, unklarem begrifflichem Inhalt. Die og Bedeutung der sprachüblich gebildeten Wortzusammensetzung drängt sich vielmehr in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von "Geschäftsführung" auf. Gerade auf dem Gebiet des Internets, der Elektronik und der Telekommunikation wird, vor allem wenn sich die Werbung an junge Leute richtet, die eine Hauptabnehmergruppe für diese Waren und Dienstleistungen darstellen, damit geworben, dass die Produkte und Dienstleistungen Spaß bereiten (können) und einer lust- und vergnügungsbetonten Lebensgestaltung dienen (zB "fun-Tarife"). Bei den beanspruchten Dienstleistungen handelt sich zum einen um solche, für die die angemeldete Marke als unmittelbar beschreibende Angabe dienen kann. Der Begriff der "Telekommunikation" stellt einen Oberbegriff dar, der etwa ua auch enge Bezüge zur Bereitstellung von Internetseiten für Homeshopping hat, also zum bequemen, Freude bereitendes Einkaufen von zuhause aus. Gegenstand von "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" können Programme sein, die zuhause über Internet Spaß bereiten oder Spaß ermöglichen (zB Spiele). Ebenso kann Unterhaltung, deren Zweck es ist, Spaß zu bereiten, über Internet oder auf dem Wege der Telekommunikation nach Hause übermittelt werden. Auch die übrigen angemeldeten Waren und Dienstleistungen können dazu dienen, zuhause Spaß zu bereiten oder zu vermitteln. Indessen liegen aber solche konkret beschreibenden Zusammenhänge insbesondere für "Elektrische, elektronische, Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Werbung; Finanzwesen; Immobilienwesen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern" und "Druckereierzeugnisse", "Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern ...." sowie weitere Waren und Dienstleistungen nicht ganz so nahe, so dass es fraglich sein kann, ob noch eine unmittelbare Beschreibung für diese angemeldeten Dienstleistungen und Waren vorliegt, und insofern ein ernsthaftes Freihaltungsbedürfnis jedenfalls zweifelhaft ist. Dies kann hier jedoch letztlich dahingestellt bleiben.

2. Der angemeldeten Marke fehlt jedenfalls für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von "Geschäftsführung" jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich auch sonst um einen verständlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (vgl BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES"; WRP 2000, 741 "LOGO"; BGH WRP 2001, 35 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"). Auch bei Wortfolgen wie etwa bei Werbesprüchen ist zu prüfen, ob diese einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt haben oder ihnen über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zukommt. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist daher bei Werbeslogans lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen oder Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen (vgl etwa BGH GRUR 2000, 321, 322 "Radio von hier"; BGH GRUR 2000, 323, 324 "Partner with the Best"; BGH GRUR 2000, 720, 721 "Unter uns"; BGH I ZB 55/98 "LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER"; vgl auch BGH BlPMZ 2001, 242, 243 "Test it."). Dies trifft hier auch für die Waren und Dienstleistungen, die nicht unmittelbar und konkret beschrieben werden zu, weil zu diesen Waren und Dienstleistungen jedenfalls ein sehr enger sachlicher Bezug besteht. So kann der Gegenstand von Druckereierzeugnissen sowie Lehr- und Unterrichtsmitteln der Spaß, den man zuhause durch oder in Verbindung mit dem Internet haben kann, sein. Ebenso kann "Werbung; Finanzwesen; Immobilienwesen" über des Internet erfolgen. Ein Beispiel hierfür ist etwa Homebankings; Auch werden zur Erstellung, Bereithaltung und zum Abruf von Websites und Programmen, die zuhause Spaß bereiten, elektronische und technische Apparate, Geräte, Computer und Zubehör (so etwa EDV-Anlagen, Telekommunikationseinrichtungen und -Endgeräte, Modems, Kabel usw) benötigt und diese Geräte selbst können zuhause Spaß bereiten, auch wenn dies in der Regel keine ganz speziellen Eigenschaften dieser Apparate und Geräte erfordern mag. Deshalb wird der Verkehr der angemeldeten Marke in Verbindung mit vielen der Waren und Dienstleistungen nicht eine unmittelbar beschreibende Bedeutung entnehmen, auf die der Verkehr zur Beschreibung dieser Waren und Dienstleistungen angewiesen ist. Die Kennzeichnung wirkt jedoch als eine rein sachbezogene Aussage, nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Eine gewisse begriffliche Unschärfe ist der Werbesprache und umfassenderen Oberbegriffen wie dem hier angemeldeten immanent, macht diese aber nicht zwangsläufig unterscheidungskräftig (vgl BGH WRP 2000, 1140 "Bücher für eine bessere Welt").

3. Diesem Ergebnis kann nicht die Rechtsprechung und die markenrechtliche Kommentarliteratur entgegengehalten werden. Zum einen handelt es sich bei der Marke - anders als bei den von der Anmelderin zitierten Entscheidungen - um eine für die entscheidungserheblichen Waren und Dienstleistungen klare, unmissverständliche Sachangabe, die keine noch so geringe Unterscheidungskraft besitzt. Solche Marken aber sind auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (und des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt) schutzunfähig. Zweitens ist die Frage der Schutzfähigkeit nicht anhand von Entscheidungen über Drittzeichen, die mit dem hier zu beurteilenden Zeichen keine Gemeinsamkeit aufweisen, sondern jeweils im Einzelfall zu beurteilen (vgl zur ähnlichen Problematik von Paralleleintragungen BGH GRUR 1989, 420, 421 "KSÜD"; BlPMZ 1998, 248 "Today").

4. In Bezug auf die Dienstleistungen "Geschäftsführung" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), denn die Marke stellt insoweit keinen hinreichend konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine hinreichend eng mit den Dienstleistungen zusammenhängende Eigenschaft dar. Zwar bedarf ein Unternehmen, das Produkte oder Dienstleistungen vertreibt, die Spaß zuhause bereiten sollen und in Verbindung mit Internet und Telefon stehen, der Geschäftsführung. Der Senat konnte jedoch nicht feststellen, dass diese Dienstleistungen speziellen Erfordernissen genügen und besondere Eigenschaften aufweisen müssen, die sie von für andere Zwecke verwendeten Dienstleistungen grundsätzlich unterscheiden und für die eine Beschreibung mit "Fun@home" denkbar ist. Die angemeldete Kennzeichnung weist darum insoweit nicht auf verkehrswesentliche Eigenschaften unmittelbar hin und wird auch nicht als reine Sachangabe verstanden werden.

Baumgärtner Pagenberg Guth Hu






BPatG:
Beschluss v. 25.07.2001
Az: 29 W (pat) 70/00


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